Bamberg - Renaissance in Bamberg (Galerie)

  • Renaissance in Bamberg

    Weil ich in ein paar Monaten mit meinem Studium fertig bin und dann aus dieser schönen Welterbe-Stadt wegziehen werde, möchte ich vorher noch einige Themen-Specials zu Bamberg veröffentlichen. Neben dieser Galerie plane ich ein Special zu Kriegszerstörung und Wiederaufbau, zu Bausünden und zum Historismus in Bamberg. Wer noch weitere Ideen oder Wünsche hat, möge sie mir bitte mitteilen. Noch bin ich da und kann alles fotografieren :)

    Wie der Thread-Titel schon zeigt, soll es hier um Bauten und Bauteile der Renaissance in Bamberg gehen. Die Stadt wurde zwar im Barock stark überformt und vor allem den zahllosen Fachwerkbauten aus Spätmittelalter und früher Neuzeit eine massive Fassade vorgeblendet (oder die Fachwerkfassade nur verputzt und mit großen Fenstern versehen), jedoch haben einige Gebäude oder zumindest einzelne Bauteile diesen Modernisierungswahn überstanden und können wenigstens ansatzweise noch ein Bild des Bamberg vor dem Dreißigjährigen Krieg geben, das abgesehen vom Straßengrundriss und den Kirchen völlig anders aussah als das überkommene Stadtbild (wobei auch das 19. Jahrhundert, der Historismus, der Zweite Weltkrieg und die Wirtschaftswunderzeit noch einiges aus der vorbarocken Zeit beseitigt haben).

    Beginnen möchte ich am Kranen, mit dem Hochzeitshaus. Dieses wurde in den Jahren 1610-12 als Städtisches Tanzhaus erbaut, erfuhr jedoch im Laufe der Zeit viele Umnutzungen und Veränderungen, so diente es ab 1794/95 als Zeichen- und Gewerbeschule, bis 1945 als Berufsschule und beherbergt heute die Geschichts- und Geowissenschaften der Uni Bamberg (sodass ich dieses Gebäude kenne wie kein zweites in der Altstadt - mal abgesehen von dem Haus, in dem ich wohne). Die gravierendsten Veränderungen erlebte es 1877, als der Dachstuhl abbrannte und das Haus seiner Renaissancegiebel und des Zwerchhauses auf der Traufseite zum Kranen beraubt wurde. 1945, in den letzten Kriegswochen, brannte es schließlich völlig aus und verlor bis auf den massiven Treppenturm auch seinen kompletten Innenausbau. Es gab sogar Pläne, die Ruine (deren Umfassungsmauern allerdings bis zum Dachansatz erhalten waren) abzureißen. Das geschah glücklicherweise nicht, sodass das Hochzeitshaus nach wie vor steht, auch wenn es ohne seine Giebel nur noch durch seine Dimensionen, das Portal und den Treppenturm von der Renaissance zeugen kann.

    Übrigens waren die Kriegszerstörungen in Bamberg so punktuell, dass das direkt neben dem Hochzeitshaus stehende Haus Am Kranen 10 völlig unbeschädigt bliebt. Selbst der historische Dachstuhl ist erhalten.


    Rückseite mit Treppenturm:

    Portal und Inneres des Treppenturms:


    Das Rückgebäude Austraße 17 gehört heute ebenfalls zur Uni und wurde um 1600 erbaut. Leider wurde es 1973/74 komplett abgerissen. Es hatte eine der wenigen nahezu komplett überlieferten Renaissancefassaden der Stadt. Lediglich die beiden linken Erdgeschossfenster wurden im Barock verändert:

    Dass ich dennoch aktuelle Fotos des Hauses liefern kann, liegt daran, dass vor dem Abbruch die Werksteinteile der Fassade (sowie ein Fenstergewände und das Portal der Rückfassade, die ich jedoch nicht fotografiert habe) geborgen und am Neubau, der exakt dieselben Dimensionen hat wie der Altbau, wieder angebracht wurden. Das verstand man in den Siebzigern offenbar unter Denkmalschutz. Die historischen Innenwände und der vermutlich noch aus der Bauzeit stammende Dachstuhl wurden restlos beseitigt - bis auf eine Spolie, die in der neuen Erdgeschosshalle wirkungsvoll platziert wurde. Ein passend zurechtgestutzter Unterzug samt gedrehter Stütze, die nur noch erahnen lassen, was für ein wertvolles Baudenkmal damit verloren ging:

    Direkt auf der anderen Straßenseite von Austraße 17 befand sich bis 1945 die Alte Maut, deren Hauptgiebel zum Grünen Markt zeigte. Sie wurde 1361 als Kaufhaus mit gotischen Ziergiebeln erbaut (wie sie auch auf der Vogelschau des Petrus zweidler von 1602 noch dargestellt sind) und diente im 16./17. Jahrhundert auch als Rathaus. Die Renaissancegiebel (je einen zum Grünen Markt und zur Austraße) erhielt sie nach der schriftlichen Überlieferung 1625/26 (damals wurde das Gebäude als "Altes Rathaus" bezeichnet). 1905 wurde sie restauriert (detaillierte Aufmaßzeichnungen mit Bauuntersuchungen sind erhalten) und im Erdgeschoss zu Läden umgebaut (samt großen Schaufenstern). Am 22.02.1945 wurde das Gebäude von einer Sprengbombe getroffen, wodurch der vordere Teil des Dachstuhls sowie ein Großteil des Schaugiebels zum Grünen Markt zerstört wurden. Bei den Endkämpfen wurde das Gebäude am 13.04.1945 bis auf Reste des Erdgeschosses und den Keller völlig dem Erdboden gleich gemacht. Heute erinnert nur eine Tafel am Nachkriegsneubau an das einst so bedeutende Gebäude:

    Der 1951/52 errichtete Neubau am Grünen Markt (Haus-Nr. 5) ist trotz seiner zurückhaltenden Erscheinung kein Ersatz für den Altbau und nimmt nur die Parzellenbreite wieder auf, nicht jedoch deren Tiefe (1957/58 wurde auch die Rückseite an der Austraße 4 neu bebaut; dort gab es auch eine Parzellenänderung, da die Hälfte von Austraße 2 ebenfalls auf der ehemaligen Grundfläche der Alten Maut steht):

    In der Nähe befindet sich auch das Gebäude An der Universität 7, das 1611/12 als Kollegiumsschule des Domkapitels errichtet wurde und die Keimzelle der späteren Universität war. Hier beeindruckt vor allem das schöne Spätrenaissance-Portal. Im Inneren wurde es leider vielfach umgebaut. Der Saal im ersten Obergeschoss ist übrigens seit fast zwei Wochen von aufmüpfigen Studenten besetzt :) :

    Nun begeben wir uns von der Inselstadt in die Bergstadt. Hier befindet sich das bedeutendste (und bekannteste) Renaissancegebäude der Stadt, die Alte Hofhaltung, der ehemalige Sitz des Fürstbischofs. Sie stammt im Kern aus der Zeit der Bistumsgründung, das Aufgehende stammt jedoch größtenteils aus dem 13. bis 15. Jahrhundert. Die "Neue Ratsstube", die den Gebäudekomplex heute dominiert, wurde jedoch erst 1570/71 errichtet. Der Bauteil rechts des Treppenturms wurde leider später abgebrochen:


    Hier mal das Feld über dem Hofportal (mit etwas verstärkten Kontrasten - die Figurenreliefs sehen also in Wirklichkeit nicht ganz so schmuddelig aus):

    Besonders schmuckvoll ist der Erker. Witziges Detail. Er wird von einem Selbstporträt des Baumeisters Erasmus Braun getragen:

    Abbruchkante und Portal am Treppenturm:

    Auch am Küchenflügel aus dem 15. Jahrhundert finden sich im Erdgeschoss Spuren eines Renaissanceumbaus:

    Neben der Alten Hofhaltung wird der Domplatz von der Neuen Residenz dominiert, für deren Erweiterungsbau ab 1697 (durch Leonhard Dientzenhofer) einige ältere Domherrenhöfe abgerissen wurden. Auch die Alte Hofhaltung war eigentlich zum Abriss vorgesehen, um Platz für einen dritten Flügel zu machen (der Durchgang zur oberen Karolinenstraße wäre dann nur noch durch ein Tor möglich gewesen), was aber zum Glück aus finanziellen Gründen nicht geschah:

    Uns interessiert hier jedoch nur der hintere Flügel des Baukomplexes, der ab 1602 unter Fürstbischof Gebsattel (darum auch als Gebsattel-Bau bekannt) errichtet wurde (rechts im Bild die Anschlussstelle für den geplanten dritten Barockflügel):

    Auch einer der ehemaligen Domherrenhöfe hinter der Alten Hofhaltung, der so genannte Nadlershof von 1566, zeigt noch Renaissance-Formen:

    Der letzte bedeutende Renaissancebau der Stadt steht auf dem Geyerswörth, einer künstlichen Insel, die vom linken Regnitzarm und dem Alten Kanal umschlossen wird. Und - welche Überraschung - er nennt sich Schloss Geyerswörth. Die Familie Geyer stammte aus Nürnberg und ließ sich bereits im 14. Jahrhundert in Bamberg nieder. Im Kern stammt es auch aus dieser Zeit, fiel jedoch 1580 in die Hände des Hochstifts und wurde zum Wohnsitz des Fürstbischofs umgebaut (offenbar hatten die zu viel Geld, wenn sie sich neben der Alten Hofhaltung und der Neuen Residenz noch ein drittes Wohnhaus leisten konnten). Auch hier gingen die Renaissancegiebel später verloren, das Hauptportal, die Fenster und der Treppenturm zeugen jedoch noch von dieser Zeit:





    Damit sind wir allerdings noch nicht am Ende, auch wenn man nach weiteren Spuren der Renaissance etwas genauer suchen muss, da man diese meist nur noch in Form von Portalen oder einzelnen Zierelementen an später veränderten Gebäuden findet, so zum Beispiel am Pfahlplätzchen 4 (Konsolen unter dem Fachwerkgeschoss und Portal aus dem frühen 17. Jh.):

    Portal am "Haus zur Rose", Lugbank 3 (1541 bezeichnet), barocke Fenstergewände mit grottiger Verglasung später:

    Obere Sandstraße 7 ("Haus zum güldenen ochsen") besteht aus zwei Gebäudeteilen, die wohl um 1600 an der Fassade vereinheitlicht wurden (davon ist das Portal erhalten) und im 18. Jahrhundert barockisiert wurden:

    Besonders interessant ist das Portal des Hauses Schrottenberggasse 8 (dorthin verirrt sich auch kaum ein Tourist). Das eher schlichte Gebäude wurde um 1700 erbaut und 1777 sowie 1883/85 um je ein Geschoss erhöht, weshalb es heute aus der größtenteils zweigeschossigen Nachbarbebauung heraussticht:

    Beim Umbau 1777 wurde dem Haus das Portal des damals abgebrochenen Hauses Grüner Markt 18 eingesetzt, das die Jahreszahl 1560 trägt. Man kann nur erahnen, wie prachtvoll dieses Renaissancehaus ausgesehen haben muss:

    Das ist auch eine gute Überleitung zum letzten Haus. Das Haus Grüner Markt 22 steht nur zwei Häuser vom ehemaligen Standort des obigen Renaissanceportals entfernt und zeigt trotz mehrerer Umbauten in den beiden Obergeschossen noch eine relativ gut erhaltene Renaissancefassade. Interessanterweise habe ich bis vor kurzem immer geglaubt, es würde sich um eine historistische Fassade halten, aber wesentliche Bauteile stammen noch aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, vor allem die Gewände und Bekrönungen der Obergeschossfenster:

    Im 18. Jahrhundert wurde die Fassade um die barocken Ecklisenen und die Hausmadonna ergänzt, um 1800 wurden die Bänder unter den Fenstern hinzugefügt und um 1900 wurde das Portal im Erdgeschoss beseitigt (und vermutlich in der Nachkriegszeit bis auf die Ecklisenen völlig in Schaufenster aufgelöst). Dennoch überraschend, dass sich inmitten von barocken und historistischen Häusern diese Renaissancefassade recht gut behaupten konnte:

    So, damit wäre mein kleiner Rundgang beendet. Die übrigen Rundgänge zu Historismus, Kriegszerstörung/Wiederaufbau und Bausünden folgen demnächst.

  • auch danke für den interessanten Beitrag, Bamberg interessiert mich ganz besonders, insofern freue ich mich auf alles weitere. Die Fassade vom Haus Grüner Markt 22 gefällt mir in Bamberg mit am besten.
    Was mir so spontan noch einfällt, hast du vom Böttingerhaus oder ein paar anderen interessanten Bürgerhäusern in der Karolinenstraße (Nr. 11, 18 oder 24)oder Nonnenbrücke 1 usw. vielleicht ein paar Innenaufnahmen? Gibt es aktuell eine Möglichkeit, das Böttingerhaus innen zu besichtigen? Auch würden mich Rückseiten zu den Höfen, z.B. von ein paar Häusern in der Kapuzinerstraße, interessieren.

  • Hallo Markus, Innenaufnahmen vom Böttingerhaus oder den anderen Gebäuden habe ich leider nicht, weil die meisten als ganz normale Wohn- und Geschäftshäuser genutzt werden und man deshalb kaum hineinkommt. Lediglich einige Unigebäude, z.B. Kapuzinerstraße 20, 22 und 25 (Rotenhan-Palais) oder das Jesuitenkolleg könnte ich bei Interesse mal von innen fotografieren. Und bei einigen Geschäftshäusern in der Kapuzinerstraße steht auch oft das Durchfahrtstor zum Hof offen. Ist wahrscheinlich nicht gerne gesehen, wenn sich Touris dort umschauen, aber wenn ich mich vorsichtig in die Innenhöfe schleiche, kann ich vielleicht auch mal ein, zwei Fotos machen :)

  • Die weiteren genannten Uni-Gebäude wären auch schon was, bei der Kapuzinerstr. 1 habe ich mich auch schon mal reingeschlichen, sogar bis zur Regnitz, ebenso zu dem tollen Innenhof von Jakobsplatz 15, ansonsten war auch meist nichts zu machen.