• War das wirklich so? Ja man hatte gewisse Tabus aber dieses hysterische in Bezug auf die eigene Geschichte kam doch erst nach '90 oder? In den 80er wurde auch in Hildesheim, Frankfurt äußerst ikonische und bedeutende Bauten rekonstruiert ...

    Da hast du schon recht. Und das Hysterische in Bezug auf die deutsche Geschichte hat mE nach 2000 und jetzt in den letzten Jahren noch mal an Dynamik zugelegt..

    1983/84 produzierte das DDR-Fernsehen den sechsteiligen Fernsehfilm: "Sachsens Glanz und Preußens Gloria" (Erstaustrahlung: Dezember 1985) Darin wurde die Geschichte dieser beiden herausragenden deutschen Staaten und deren Verhältnis zueinander in der Zeit von 1697 bis 1763 thematisiert. Ohne ideologische Aufladung - wohlwollend, ja mit Verständnis und zum Teil auch Sympathie für die Hauptakteure jener Zeit - wurde ein faszinierendes historisches Bild gezeichnet.

    Die ARD strahlte vier Teile davon 1987 aus, welche ich als Heranwachsender mit Begeisterung sah. Bis dahin hatte ich in Schule (Bayern) und westdeutschen Medien im Grunde genommen nichts über Sachsen erfahren und das wenige, was über Preußen vermittelt wurde, war beinahe durchweg negativ.

    Am 13. Februar 1985, dem Wiedereröffnungstag der Semperoper, stellte der damalige Staatschef Erich Honecker in Aussicht, dass der Außenbau des Schlosses 1990 wiederhergestellt sein würde.

    Meiner Auffassung nach hat dieser DEFA-Mehrteiler gerade in Sachsen und hier allen voran in Dresden die Sehnsucht nach der glanzvollen Vergangenheit noch einmal verstärkt.

    Das positive Selbstbild der Sachsen, der Dresdner - in Bezug auf die Geschichte ihres Staates, ihrer Stadt - wurde also in der späten DDR sogar gefördert.

    Der Nürnberger Blick auf die eigene Geschichte ist in erster Linie schamerfüllt und dies wird mE auch gefördert.

    Interessanterweise ist die Münchner Eigenbetrachtung eine gänzlich andere als die Nürnberger und durchweg positiv und dies obwohl München ja die "Stadt der Bewegung" war.

    Es ist also vielschichtiger und doch nicht so einfach - und vor allen Dingen nicht so pauschal - in einen Ost-West-Gegensatz abzubilden.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Interessante Meinung. Offenbar gibt es für manche noch nicht genug gesichtslose Pseudoaltstädte in Deutschland. Für manche scheint es in der Tat zu reichen, dass ein Altstadthaus ein schönes rotes Dach hat. Dafür kann man schon auf authentische Bauformen verzichten.

    Nein. Besser ein "gesichtsloser" Stadtraum als gar kein Stadtraum, so wie er in Dresden im Zentrum oft oder besser gesagt nicht vorzufinden ist.

  • Es kommt noch was anderes dazu, nämlich das "normale Volksempfinden". Dieses identifiziert sich im Westen durchaus mit den in den Wiederaufbaujahren tätigen politischen Kräften. Dadurch entsteht im Ganzen eine positivere Konnotation in Richtung: was haben wir nicht alles geleistet, oder bravo, alles richtig gemacht. Das fehlt in der Regel im Osten. Und dort, wo eine gewisse Verbundenheit trotzdem vorhanden ist, siehe Kulturpalast, scheitert die Stadtbildreparatur auf ähnliche Weise.

    Letztlich zeigt sich jedoch, dass eine halbwegs größer-flächige Stadtreparatur nur dort möglich ist, wo freie Flächen zur Verfügung stehen (Dresden, Ulm) oder durch Abrisse ungeliebter Solitäre (FF, Potsdam) geschaffen werden können. In dicht bebauten Städten wie Nürnberg ist das kaum mehr möglich (Ausnahmen bestätigen die Regel: Lübeck. Aber dort war man glücklicherweise nicht der Meinung, dass das neue Gründerviertel so wunderschön bebaut gewesen ist). Der Wiederaufbau Nürnbergs hat sich für (gemäßigte, aber umso hässlichere) Moderne entschieden, und heute ist man dort so stolz darauf, dass auch kleine Verbesserungsansätze kaum denkbar sind. Daran gibt es nichts mehr zu rütteln, aber es ist mühsam, dass der aus konservativer Sicht trostlose Nürnberger Ist-Zustand in einem Forum für traditionelle Architektur von bestimmter Seite permanent geleugnet oder gepriesen wird.

    Dies ist momentan ein DD-Strang, und der DDner Bürgerwille wird oft und zurecht gelobt. Noch beeindruckender aber erscheint mir, das was in Potsdam passiert, denn dort sind die ideologischen Widerstände (die mir in DD oft ökonomisch-kommerziell verbrämt erschienen) noch um ein Vielfaches größer. Und trotzdem geht dort soviel weiter.

    Das Großartigste, was an postumer Reko im Westen zustandebracht worden ist, ist neben FF wohl der Hildesheimer Markt gewesen. Sicher waren es ideologische Gründe gewesen, dass das Projekt dann nicht (oder kaum) fortgesetzt werden konnte. Braunschweig gilt wohl nicht als Musterstadt für Geschichts- und Altstadtbewusstsein, aber auch dort hat es bedeutende Rekoprojekte gegeben. Nürnberg kann hier nur den Pellerhof nennen, also nicht einmal ein einziges ganzes Gebäude. Das ist die Realität, und dies mit DD in Bezug setzen zu wollen, ist lächerlich.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • In dicht bebauten Städten wie Nürnberg ist das kaum mehr möglich.

    Das sehe ich nicht als Gesetzmäßigkeit an. Auch einzelne Gebäude eines dichten Bestandes können jederzeit durch Rekonstruktionen ersetzt werden.

    Viel einleuchtender bezüglich der zögernden bis ablehnenden Haltung gegenüber Rekos in Westdeutschland scheint mir dieses Argument:

    Der Wiederaufbau Nürnbergs hat sich für (gemäßigte, aber umso hässlichere) Moderne entschieden, und heute ist man dort so stolz darauf, dass auch kleine Verbesserungsansätze kaum denkbar sind.

    Also mehr eine Mentalitätsfrage (Stolz auf den Wiederaufbau als einer der Gründungsmythen der BRD). Aber auch hier gilt, dass ein Umdenken in Zukunft durchaus möglich ist.

    Aber nochmal zur Erinnerung: Nürnberg hat die Altstadtfreunde. Dieser tatkräftige Verein hat schon vieles für das Stadtbild erreicht, davon können andere westdeutsche Städte nur träumen.

    In dubio pro reko

  • Aber auch hier gilt, dass ein Umdenken in Zukunft durchaus möglich ist.

    Das sehe ich ähnlich. Es muss nicht besser werden, es kann aber. Wenn sie in Nürnberg kein Geld zur Sanierung des Pellerhauses haben, und die Altstadtfreunde bieten eine Rekonstruktion an, dann können die Denkmalschützer und der BdA meckern so viel sie wollen. Und das Toplerhaus sehe ich weiterhin als Top-Rekonstruktionskandidaten an. Steht es, werden auch Verbesserungen am Umfeld möglich sein.

  • Was mir als Wessi in DD auffählt, ist die Geisteshaltung der Dresdner ihrer Stadt gegenüber. Diese hat sich bis heute bewahrt und dürfte in D einmalig sein. Hierzu empfehle ich folgendes Video.

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  • Besser ein "gesichtsloser" Stadtraum als gar kein Stadtraum, so wie er in Dresden im Zentrum oft oder besser gesagt nicht vorzufinden ist.

    Was hört man lieber? Keine Musik oder eine hässliche Musik? Nichts oder Lärm? Bei so was erübrigt sich die Diskussion.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ich schließe mich Henry an, lieber die alten Strukturen mit "Platzhaltern" (die irgendwann mal ersetzt werden könnten) nachbilden und Stadt erfahrbar machen, als grüne Wiese mit den immer gleichen Standard-DDR-Bauten oder einfach überhaupt nichts. Wobei die Wahrscheinlichkeit, daß die DDR-Wohnbauten abgerissen werden, sehr sehr gering ist.

    Das Dresdner Zentrum kann z. B. so aussehen:

    IMG_1528_DxO.jpg

    Das ist aber nun wirklich kein Stadtraum mehr (nein, das ist kein Park).

    Easy does it.

  • Was mir als Wessi in DD auffählt, ist die Geisteshaltung der Dresdner ihrer Stadt gegenüber. Diese hat sich bis heute bewahrt und dürfte in D einmalig sein.

    Hm Jein.

    Die "alten Dresdner", die die Stadt vor 1945 noch kannten, sind mittlerweile fast alle gestorben. Ganz viele neue Leute sind aus West und (fernem und nahem) Osten neu hinzugezogen, von denen ich durchaus annehme, das sie die (alte) Stadt schon lieben, bzw. die wissen, was sie an Dresden haben.

    Aber wer engagiert sich noch dafür - außer der GHND? Wenige bis kaum jemand, da sich immer mehr andere, existentielle Probleme auftun.

    Und der Hauptverbündete der konservativen Dresdner Bürger - die ehrenwerte, stets traditionsbewusste und rekonstruktionsfreundliche Sächsische Landesdenkmalpflege - gibt es in dieser Form und Einstellung nicht mehr. Frau Prof. Pohlack in Rente. Prof. Magrius tot. Das war es - leider....

  • lieber die alten Strukturen mit "Platzhaltern" (die irgendwann mal ersetzt werden könnten) nachbilden und Stadt erfahrbar machen, als grüne Wiese mit den immer gleichen Standard-DDR-Bauten oder einfach überhaupt nichts. Wobei die Wahrscheinlichkeit, daß die DDR-Wohnbauten abgerissen werden, sehr sehr gering ist.

    Letzteres gilt leider für die BRD-Wohnbauten in noch verstärktem Maße. Überdies hat niemand gesagt, dass die DDR Platten irgendwas vorzuziehen wäre. Wenn aber im Gegenteil behauptet wurde, dass so etwas:

    Theresienplatz - Nürnberg 003 Theresienplatz - Nürnberg 001


    dem DDner Neumarkt vorzuziehen ("mit diesem einzutauschen") wäre, so ist dies, bei allem Respekt, schon ein bisschen mehr als skurril. Da fragt man sich wirklich: was diskutieren wir hier über einzelne Quartiere I bis VIII, wenn man am Nürnberger Theresienplatz sieht, wie's richtig gemacht wird. Aber leider scheint halt mir die Fähigkeit zu fehlen, um das alte Nürnberg anhand solch toller Bauten "erlebbar" oder "erfahrbar" vermittelt zu bekommen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • @"ursus". Bitte gelegentlich Deine Links überprüfen. Sie funktioneren nämlich manchmal nicht.

    Ich persönlich finde eine Grünfläche, sofern sie nicht zum Müll abladen genutzt wird, besser, als ein Areal mit Schrott-Architektur. Ein Straßenzug mit weißen Blöcken (z.B. so) ist für mich kein ästhetischer Gewinn, sondern verzichtbar. Eine Brache in einem bestehenden Straßenzug mit einem halbwegs angepassten Füllbau zu bebauen, ist eine andere Sache. Das unterstütze ich, somit auch viele Bemühungen, ein urbaneres Umfeld Dresdens im Bestand zu schaffen. Ich sehe nur die Gefahr, dass bestehende Grünareale einfach mit hässlichen Blöcken zugestellt werden. Außer Wohnraumschaffung sieht für mich Urbanität anders aus. Somit kommt es auf die architektonische Qualität an. Ich denke, da kann auch "ursus" mitgehen.

  • dem DDner Neumarkt vorzuziehen ("mit diesem einzutauschen") wäre, so ist dies, bei allem Respekt, schon ein bisschen mehr als skurril.

    Es geht doch überhaupt nicht darum, irgendwelche mittelprächtigen Bauten aus Nürnberg gegen den Neumarkt einzutauschen, ich habe das in meinen vorherigen Beiträgen schon erläutert.

    Es geht darum, ob man ein Modell bevorzugt, bei dem eine sehr kleine Fläche ziemlich gut* und stimmig wiederhergestellt wird und der Rest überhaupt nicht. Ich nenne das mal "Modell Danzig" oder eben "Modell Dresden" (daneben gibt es leider auch noch ein Modell, bei dem alles grauenhaft ist, wie in Hannover).

    Oder ein Modell, bei dem flächendeckend mit vielen Schwächen versucht wird, die alten Stadträume nachzugestalten, "Modell Nürnberg" oder ungleich besser "Modell Würzburg".

    Vermutlich ist für den Tagestouristen das jetzige Dresdner Entwicklungsmodell attraktiver, der besucht Neumarkt, Elbhang und Blaues Wunder und fährt dann wieder. Für die Einwohner ist aber das zweite Entwicklungsmodell deutlich besser.

    Mir wäre ein Dresden nach dem "Modell Würzburg" aber prinzipiell wesentlich lieber, denn dann stünde z. B. die Annenkirche nicht zwischen lauter DDR-Zeilen oder völligem Nichts wie am Freiberger Platz (man vergleiche mal die Fotos von früher mit der völlige Leere heute).

    Mein anderes Beispiel von oben mit dem Wäldchen stammt übrigens aus der Inneren Neustadt, gleich neben dem Goldenen Reiter, da sah es früher so aus: klick

    Heute hingegen so: klick

    Da wäre mir ein Wiederaufbau wie in Würzburg schon deutlich lieber, halbwegs passende 50er-Jahre-Gebäude und dazwischen ein paar rekonstruierte Fassaden oder verbliebene Gebäude.

    Man mag zwar einwenden, die Nichtbebauung würde irgendwann mal den Weg freimachen für eine flächendeckende Rekonstruktion, nur werden wir das garantiert nicht mehr erleben.

    *ich bin überrascht, daß der Neumarkt plötzlich so gelobt wird, ging es vor 15 Jahren hier eher um all das, was nicht gefiel, von unpassenden Dachaufbauten bis zu umstrittenen Fassaden wie der grauen Steinfassade im Prisco-Areal

    Easy does it.

  • Naja, wenn man bedenkt, wie wenig Rekos am Neumarkt noch vor 20 Jahren geplant und gesichert waren und nun 20 Jahre später doch mehr als gedacht rekonstruiert wurde und vermutlich sogar das Hotel Stadt Rom und sogar das Narrenhäusel kommen wird, dann ist das schon eine wunderbare Leistung der Dresdner Bürger. Gerade der Erfolg des Dresdner Neumarkts war sicherlich DAS Initial der Rekos in Potsdam und Frankfurt am Main! Wer weiß, vielleicht kommt auch das kleinbürgerlich gewordene Nürnberg auf den Geschmack und möchte an seine frühere, glorreiche Vergangenheit (vor 1933) anknüpfen! Immerhin war Nürnberg einst eine der bedeutendsten Städte des HRRDN! Daran gilt es anzuknüpfen und das wird nur mit Rekonstruktionen funktionieren.

  • Es geht darum, ob man ein Modell bevorzugt, bei dem eine sehr kleine Fläche ziemlich gut* und stimmig wiederhergestellt wird und der Rest überhaupt nicht. Ich nenne das mal "Modell Danzig" oder eben "Modell Dresden" (daneben gibt es leider auch noch ein Modell, bei dem alles grauenhaft ist, wie in Hannover).

    Oder ein Modell, bei dem flächendeckend mit vielen Schwächen versucht wird, die alten Stadträume nachzugestalten, "Modell Nürnberg" oder ungleich besser "Modell Würzburg".

    Noch besser: "Modell München".
    Viele Traditioninseln herstellen und gleichzeitig flächendeckend die alten Stadträume vereinfacht wiederherstellen mit wiederaufgebauten/rekonstruierten Einsprengseln.
    Und das aller beste Modell dürfte dann wohl das "Modell Rothenburg ob der Tauber" sein: Komplettrekonstruktion, und da wo nicht möglich oder nötig im traditionellen Stil ergänzt.

  • Es geht doch überhaupt nicht darum, irgendwelche mittelprächtigen Bauten aus Nürnberg gegen den Neumarkt einzutauschen, ich habe das in meinen vorherigen Beiträgen schon erläutert.

    Das war auch nicht auf dich bezogen, sondern auf Henry. Der hat das so geschrieben:

    Ich bin geneigt zu behaupten, dass ein kleinteiliger und auf dem alten Stadtgrundriss durchgeführter Wiederaufbau innerhalb des 26er Rings überwiegend im 50er Jahre Stil wie in Nürnberg, Dresden heute weitaus besser zu Gesicht stünde als die aktuelle Situation und würde dafür sogar auf den rekonstruierten Neumarkt in heutiger Form verzichten.

    Nun ja.

    Es geht darum, ob man ein Modell bevorzugt, bei dem eine sehr kleine Fläche ziemlich gut* und stimmig wiederhergestellt wird und der Rest überhaupt nicht. Ich nenne das mal "Modell Danzig" oder eben "Modell Dresden" (daneben gibt es leider auch noch ein Modell, bei dem alles grauenhaft ist, wie in Hannover).

    Gut, das ist die crux. Meine Einstellung ist diese: Nürnberg Theresienplatz bzw DDR Platten ist beides null wert, Differenzierung sinnlos. Daher muss Modell Dresden/Danzig obsiegen.

    Das ist jetzt sehr vereinfacht: - Einem "Modell Würzburg" muss auch ich die vielen wiederhergerichteten Kirchen zugute halten, wenngleich es umso unverständlicher erscheint, dass man "zwischen diesen" so überhaupt nichts gemacht hat. Die DDR-Alternative des Alles -Abräumens ist natürlich hier indiskutabel. "Modell Magdeburg" mag zwar was einzelne monumentale Straßenzüge betrifft, tatsächlich hübscher sein, aber die Kirchenverluste sind nicht akzeptabel. Kurz gefasst: Weder Würzburg noch Magdeburg haben so etwas wie ein "Stadtbild" , aber Würzburg hat seine Kirchen erhalten.

    b) Ein "Modell Dresden" gibt es gar nicht, hier hat nach der Wende ein Paradigmenwechsel stattgefunden (außer Acht lassend, was schon vor 1989 "geplant" gewesen ist oder nicht. Der Verweis auf den Neustädter Markt ist natürlich ein sehr wirkungsvolles Totschlageargument, denn dessen Wiederaufbau ist so inferior, dass man das auch mit Würzburger Methoden besser hingekriegt hätte. Geschenkt.

    Das Neumarkt Modell hat natürlich "Dresden gerettet".

    Ich kann daher mit so etwas überhaupt nichts anfangen:

    Oder ein Modell, bei dem flächendeckend mit vielen Schwächen versucht wird, die alten Stadträume nachzugestalten, (Würzbug)

    Mir wäre ein Dresden nach dem "Modell Würzburg" aber prinzipiell wesentlich lieber, denn dann stünde z. B. die Annenkirche nicht zwischen lauter DDR-Zeilen oder völligem Nichts wie am Freiberger Platz (man vergleiche mal die Fotos von früher mit der völlige Leere heute).

    Nun, da wären wir aber doch wieder beim "Eintauschen", oder? Mir fehlt dafür der Sinn. Die Frauenkirche zwischen schäbigen, hoffnungslos in die Jahre gekommenen Mietskasernen, die halt gegenüber Platten den Vorzug eines schönen roten Daches haben, dies zur Belohnung dafür, dass sich ein solches Häusermeer über die gesamte Innenstadt erstrecken darf? Nein, danke! "Würzburgen" gibt es schon genug, exquisite Stadträume à la Neumarkt hingegen nicht, schon gar nicht im großstädtischen Bereich. Was die Annenkirche betrifft, so handelt es sich um eine Vorstadtkirche. Wenn man sich das Umfeld gewisser Würzburger Altstadtkirchen ansieht, ist dieses nicht besser.


    wie in Würzburg---, halbwegs passende 50er-Jahre-Gebäude und dazwischen ein paar rekonstruierte Fassaden oder verbliebene Gebäude.

    die 50er Jahr-Gebäude sind halt in den allermeisten Fällen nicht halbwegs, sondern überhaupt nicht passend, und rekonstruierte Fassaden hat es keine gegeben, nur ein paar zufällig stehengebliebene, was ein gewaltiger Unterschied ist, da nämlich das Prinzip Rekonstruktion zur sinnfälligen Lückenschließung damit ausfällt. Was erhalten blieb, ist naturgemäß Stückwerk, Zufall, Fragment. Hier wäre ein gestalterischer Wille gefragt gewesen, und den hat es nicht gegeben.

    phoenix-on-tour

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Tut mir leid, Franka, aber Deine Begeisterung für Dresden werde ich doch nicht teilen können, seitdem ich heute dieses Bild gesehen habe:

    https://www.nuernbergluftbild.de/luftbilder/262…risches-zentrum

    Ist das alles, was Dresden zu bieten hat? Wenn ich das in natura sehen würde, würde ich wohl einen Tag lang begeistert sein. Aber ab dem nächsten Tag wäre ich wohl angeödet, denn diese paar Gebäude, das ist doch keine Altstadt! Und schon gar keine, die der von Nürnberg, der unserer großartigen Noris, das Wasser reichen könnte.

    https://www.nuernbergluftbild.de/luftbilder/128…-altstadt-osten


    (Realsatire am Rande: Auch die Bilder von Dresden sind von "Nürnberg-Luftbild" :smile: )

  • Das von dir gezeigte Luftbild ist ein Jahrzehnt veraltet, seitdem steht in Dresden schon deutlich mehr. Wenn ich beide Städte aus der Luft sehen würde, fände ich Nürnberg auf jeden Fall beeindruckender, aber noch haben wir nicht die Fähigkeit zu fliegen, sondern sind an die Erde gefesselt und genötigt, die Häuserfassaden anzusehen.

  • Zeno

    Ich will mich hier jetzt gar nicht in die Diskussion einklinken, denn es ist müßig, wenn man die Hintergründe kennt, wie unendlich hart und schwer errungen das in Dresden Erreichte war und ist. Arbeit von Jahrzehnten (ich rede nicht nur vom Neumarkt) und mit etlichen auf der Strecke Gebliebenen auf diesem Weg....

    Das Luftbild, das du zeigst, ist mindestens 10 Jahre alt und nicht mehr aktuell. Altes, Rekonstruiertes und Neues/Modernes haben mittlerweile besser zueinander gefunden, sprich: Es wurde dichter.

    Dresden von oben ist bis heute immer noch sehr nur mit Vorsicht zu genießen und kann und wird nie wieder das zeigen, was die Stadt vor 1945 war. Ich vermeide es mittlerweile sogar, auf die Kuppel der Frauenkirche zu steigen, weil ich weiß, was mich ostwärts dort erwartet. Günstiger und fast schon "Nürnberg-like" ist aber der Blick vom Hausmannsturm des Schlosses auf dessen und des Neumarktes Dachlandschaften zur Frauenkirche rüber.

    Nochmals, wie hier im Forum schon so unendlich oft gesagt: Deutschland war 1945 gerade in den Großstädten ein vollkommen verwüstetes, baulich und kulturell so gut wie gar nicht mehr existentes Land. Seine Städte mit Wien, Prag, Paris, Rom u. a., die nie zerstört wurden [ok, Exilwiener wird mir bezüglich Wiens widersprechen], zu vergleichen, ist Irrsinn m. E.

    Bitte seid hier im Forum auch mal dankbar, für das, was erreicht wurde und noch werden könnte. Deutschlandweit. Sich zu zerfleischen, bringt rein gar nichts. Etwas in der Realität zu erreichen, ist aber leider etwas anderes und kostet unendlich viel mehr an Lebenskraft, als immer nur hier im Forum zu schreiben..... Davon bewegt sich in der Realität des politischen, gesellschaftlichen und architektonischen Lebens absolut nichts. Wilhelm von Boddien hat die letzten 30 Jahre auch nicht im Netz verbracht.... Sorry.

    In diesem Sinne nochmals vielen Dank Franka für Deine Bildergalerie und die extrem (!) wertschätzenden Worte über meine Stadt und letztlich unser aller Arbeit hier, auch wenn es nur eine etwas größere Traditionsinsel ist.

    Niemals werde ich die Worte einer guten Freundin von mir nach einer Vorstellung in der Staatsoper (ich mag den üblichen Verballhornungsnamen nicht) vor 30 Jahren, bei einem meiner ersten Besuche, vergessen: Mit weit ausgebreiten Armen stand sie vor dem festlich angestrahlten Gebäude: "Kann man nicht alles andere vergessen, wenn man das hier sieht?". Unendlich viel mehr ist seit 1991 hinzugekommen......

  • Vollste Zustimmung. Und wenn wir irgendwie helfen können, dann sagt Bescheid!

    Nur bei einer Sache möchte ich widersprechen, es ist kein Frevel seine Zeit im Netz zu verbringen und ich empfinde solche Diskussionen keinesfalls als zerfleischend. Manche schauen Fernsehen und manche machen sich Gedanken über das Stadtbild oder Debattieren...

    Zeno ich habe sogar ein Herz für den 50er Jahre Stil. Die Häuser wären nicht schlecht an einem anderen Ort aufgestellt. Würde so ein Neubaugebiet gebaut werden, wäre ich überglücklich. (Bei den Slums, die gerade entstehen...).

    Zugegeben, war mein Zeitfenster tatsächlich nur sehr kurz. Als Dresdner würde das mir reichen. Ein kleines Paradies zum Verweilen und Nachdenken.

    Zum Abschluss:

    Im Informationspavillon sieht man wie kleinteilig Dresden auch war.


    Das hat schon was städtisches. Bei den Bäumen war ursprünglich etwas ganz schlimmes geplant.

    Aussicht am Morgen..


    Eine Braut..

    Alles neu

    Beauty matters!