Bruchsal - Schloss Bruchsal

  • Die Beletage soll rekonstruiert werden - à la Mannheimer Schloss:

    Zitat

    Zwei Konsoltische aus den Prunkzimmern in Schloss Bruchsal
    Von Dr. Ulrike Grimm

    Die in Paris ersteigerten Konsoltische waren raumbestimmende Glieder der Ausstattung im Roten, bzw. Gelben Zimmer in der Beletage von Schloss Bruchsal. Genauso wie an Türen, Fenstern oder Öfen war deren Dimensionierung, aber insbesondere auch deren Oberflächengestaltung und Schmuckformen auf die Gestaltung der Wandvertäfelung, Gesimse und Lambris abgestimmt bzw. gestalterisch aufeinander bezogen. Wie die historischen Aufnahmen zeigen, gehörten die vergoldeten Konsolen weniger als Einzelstücke zur mobilen Raumeinrichtung, sondern waren vielmehr in die Gesamtgestaltung der Interieurs als prägende Elemente eingesetzt. Die Konsolen in Gold bildeten vor der holzansichtigen Wandvertäfelung in der südlichen Raumfolge den Gegensatz zu den weiß-golden Konsolen in der ganz in weiß-gold gehaltenen nördlichen Raumfolge.

    Schließlich ergibt sich die einzigartige Bedeutung dieser originalen Reste aus den und Franz Christoph von Hutten eingerichteten Paradezimmern heute vor allem aus dem Umstand, dass deren aufwendige Wand- und Deckendekorationen in Folge der Kriegzerstörungen verloren sind.

    Selbst für eine abstrahierte Gestaltung der Raumschale in der künftigen Präsentation der Beletage, aber auch für eine in langfristiger Zukunft beabsichtigte Rekonstruktion der historischen Interieurs, liefern die Konsolen einzigartige Daten. Allein die Konsolen geben uns die Möglichkeit Angaben zur Dimensionierung der auf den Innenraumaufnahmen überlieferten Strukturen und Proportionen der Innenräume und ihrer Ausstattung durch Messen zu ermitteln.

    Quelle: http://www.bruchsal-net.de/news/2320/index.php\r
    http://www.bruchsal-net.de/news/2320/index.php

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Der bisherige Wiederaufbau des Bruchsaler Barockschlosses ist wirklich besonders gelungenen ( http://www.belle-alliance.com/bruchsal/wiederaufbau/wiederaufbau.html\r
    http://www.belle-alliance.com/bruchsal/ ... ufbau.html http://www.schloss-bruchsal.de/de/schloss-bruchsal/Schloss/237878.html\r
    http://www.schloss-bruchsal.de/de/schlo ... 37878.html ). Dass nun auch die Beletage wiederaufgebaut werden soll, ist an sich natürlich eine gute Nachricht. Von der derzeit wohl geplanten abstrahierenden Präsentation erwarte ich mir aber nicht viel. So war ich damals auch von den vor ein paar Jahren in vereinfachten Formen hergerichteten und neu eröffneten Räumen in der Mannheimer Residenz nicht sehr begeistert: http://www.architekturforum.net/viewtopic.php?f=40&t=328&p=42283">viewtopic.php?f=40&t=328&p=42283 . Laut deines Berichts scheint aber im Gegensatz wohl zur Planung in Mannheim, in Bruchsal eine langfristige Rekonstruktion der Innendekorationen auch dieser Räume realistisch zu sein. Das stimmt mich doch hoffnungsfroh.

  • Jein. Ich habe z. Z. telefonischen Kontakt nach Bruchsal und kann berichten:

    Die vernichteten Beletage-Räume wurden mittlerweile komplett nachgebaut und zwar in Holz (!), d..h. aus statischen Gründen eine Fachwerkkonstruktion, aber das war es auch schon vor 1945!
    Ferner werden gerade sämtliche Hauptstuckleisten in historischer (!) Profilierung rekonstruiert, jedoch wohl ohne allen "Schnörkel" (der soll/kann/darfspäter kommen). Wie man das mit den Übergängen in den freien Antragsstuck löst, ferner was man mit den Farbfassungen und Vergoldungen macht, weiß ich jedoch nicht.
    Ich werde erst im Frühjahr die Baustelle besichtigen. Im Sommer 2016 soll alles fertig sein. Es wird sicher sehr gut werden, Bruchsal stand immer für Qualität. Der Entschluss zur Reko ist noch von 2002 - man überlege sich mal, wie lange das jetzt gedauert hat!
    (Dies auch im Hinblick auf die Berliner-Schlossraum-Reko-Enthusiasten: Solche Räume schüttelt man nicht einfach in 1-2 Jahren aus dem Ärmel...).

  • So, es gibt Neues aus Bruchsal, das ich ja so sehr liebe.

    Die Eröffnung der teilrekonstruierten Beletage wird nun also endlich am 29. April 2017 (leider doch nicht mehr dieses Jahr) stattfinden. Es hatte also doch noch etwas gedauert.

    Aktuell sind die Kronleuchter vergeben worden, welche alle historisch rekonstruiert werden sollen - toll:
    https://bund.vergabe24.de/?token=ae53b7459fd9b96f809d95416c

    Damit aber die Zeit bis dahin nicht so lange wird, hier ein Schmankerl für alle APHler: Die Beletage als Papp-Modell von mir nach den aktuelen Abwicklungen gebastelt. Ich denke, da kann man es sich schon sehr gut vorstellen. Trotz fehlenden Rokokostucks und Vergoldungen (aber echte Stuckprofile kommen sonst - nicht wie in Mannheim!) scheinen die Räume mit den Massen an historischem Inventar wieder absolut originales Ambiente verspüren zu lassen.

    Hier also ein kleiner fiktiver Rundgang.

    Blick aus dem gartenseitig gelegenen Marmorsaal in den Gelben Saal:


    Gelber Saal (hier sind als einziger Raum des Schlosses sogar noch die Ofen- und die Fensternischen mit originalem Rokokostuck ausgestattet):

    Roter Saal:

    Schlafzimmer des Fürstbischofs:

    Watteau-Kabinett (leider ohne die kostbaren 1945 verbrannten Boiserien):

    Pagenzimmer:

    Galeriezimmer (dahinter Blaues Zimmer):

    Winterspeisezimmer:

    Dort kommt man stadtseitig im Fürstensaal raus und der zweite Teil der Enfilade beginnt. Ich geh' jetzt aber erst mal was essen.... ;)

    3 Mal editiert, zuletzt von Oktavian (20. August 2016 um 13:55)

  • Danke für Fotos über die Beletage, das wird fantastisch wenn sie eröffnet wird nächstes Jahr! Ja Bruchsal hat ein großartiges Schloss, war dort grade noch vor einer Woche ;) . Eine sehr interessante Dauerausstellung haben sie über die Zerstörung und dem teilweise Wiederaufbau der Innenräume des Schlosses nach dem Krieg! Als ich diese Ausstellung gesehen habe, wo sie alte Fotos von den Restauratoren zeigen wie sie den Stuck auftragen und die Fresken neu bemalen, da hab ich sofort an euch und das ApH gedacht :D !

  • Ja, na ich war am Anfang doch erst etwas skeptisch, da ja die unendlich vielen wandfesten Details nicht mehr kommen. Ich sag mal: vorerst - aber man weiß ja nie.

    Anbei nochmals die Bilder von der Realität dort (Juli 2016). Man sieht, dass der Stuck originalgetreu und sehr schön wird:

    Watteaukabinett

    Jagdzimmer (als Musterraum):

  • So - mit neuen Kräften nun der zweite Rundgang durch mein gebasteltes Schloss Bruchsal...

    Vom Fürstensaal aus betritt man auf der anderen Seite das Vorzimmer der Amalia-Wohnung. Besonders beachtenswert sind ja die Gobelins in Bruchsal, die wohl die bedeutendsten in Deutschland sind und mit zu den bedeutendsten in Europa gehören sollen:

    Nach einem weiteren Empfangszimmer folgt das Arbeitszimmer:

    Dann hier das Schlaf- und Sterbezimmer der Markgräfin ("Die Mutter Europas"):

    Nach der Hauskapelle der einstigen Fürstbischöfe (im vorigen Bild am rechten Rand) kommt dann der ehem. Thronsaal, der wohl besonders schön und aufwendig zu werden verspricht:

    Und zum Abschluss das Jagdzimmer (davor ist noch das sog. Konzertzimmer, von dem ich aber keine Aufnahme habe), das weiter oben als Rekoprobe im Schloss schon einmal gezeigt worden war (hier nun nochmals als Bastelmodell mit Blick aus dem Marmorsaal, zu dem man nun zurückgekehrt ist):


    Ja und ganz zum Abschluss mein allerliebstes Bruchsal-Bild - Dalí lässt grüßen: cclap:)

  • Ich will das Ganze ja nicht schlecht machen. Grundsätzlich ist´s ein Riesengewinn im Vergleich zu vorher. Aber es ist eben keine Rekonstruktion: Die Grundrisse und Raumhöhen wurden wiederhergestellt. Statt des aufwendigen Rokokostucks gibt´s schlichte Stuckprofile. Supraportenrahmen, Boiserien und Lambrien zitieren in ihren Umrissen die verlorenen Originale usw. In diesen "anempfundenen", recht neutralen, farbig gefassten Räumen werden dann Teile der originalen beweglichen Ausstattung präsentiert; ähnlich wie etwa in Mannheim. Wie gesagt, ein großer Fortschritt, aber es ist wichtig, sich bewusst zu machen, und dies auch den Besuchern zu vermitteln, dass das Ganze keine Rekonstruktion, sondern lediglich eine Annäherung an das Original ist. In Mannheim geht das leider immer etwas unter; dort gehen Besucher mit dem Gefühl "jetzt ist alles wieder schön, wie vor dem Krieg" aus dem Schlossmuseum raus.

  • Ich kenne ein wenig die näheren Umstände. Mehr war die Bauverwaltung in BW nicht breit zu machen - leider.
    Angebllich soll es aber möglich sein, den Antragstuck später zu ergänzen...Und: Die Details sind in Br. auf jeden Fall stimmiger als in Mannheim.

  • Hallo,
    anbei ein neuer, aktueller Film mit Einblicken in die laufenden Wiederherstellungsabreiten der Beletage in Bruchsal:

    http://www.swr.de/swraktuell/bw/…3kfs/index.html

    In 7 Wochen werde ich sie mir selbst anschauen, aber ich muss sagen dass ich jetzt von dem, was man jetzt sieht, doch etwas enttäuscht bin...
    Immer mehr mancht sich z. Z. in mir der Eindruck breit, dass - ganz anders als man es hier im Forum vermuten könnte - Reko-Wünsche und -Sehnsüche nur von einem ganz, ganz kleinen und halbwegs informierten Teil der Bevölkerung geäußert werden.... Gerade für die Intellektuellen in Kunstgeschichte, an den Unis und in den Museen ist dies - so scheint's - immer noch "bäh" und stattdessen würde man wohl nach wie vor die reinen Originale am liebsten in Ruinenräume stellen möchte.

    Schade, aber mal sehen wie das Endergebnis sein wird.

  • Die letzten Sätze des Beitags sind entlarvend: Es wird suggeriert, dass man den Vorkriegszustand wiederhergestellt hat-genau wie im Mannheimer Schloss und das entspricht ebenso wie dort nun leider nicht den Tatsachen. Die Raumkubatur ist rekonstruiert, aber eben nicht das künstlerisch wertvolle, wie Boiserien oder Stuckdecken.
    Es ist ein Gewinn im Vergleich zum Zustand nach dem Wiederaufbau, es ist ganz wichtig den Besuchern das es eben nur eine Annäherung und keine Rekonstruktion ist. In Mannheim versäumt das die Baden-Württembergische Schlösserverwaltung; ich bin gespannt, ob sie das in Bruchsal besser hinkriegt.

  • Ja genau, wie gesagt, ich kenne etwas die Hintergründe und weiß, wie sich die verantwortliche Architektin (sie kommt im Film vor) - sie stand völlig allein auf ihrer Position - stark bemüht hat, mehr rauszuholen. Aber gegen Besserwisserei, Geiz und ideologische Vorbehalte ist leider kein Gras gewachsen.
    Angeblich soll die Ergänzung des Stucks - Fensternischen und v. a. die Decken wären wichtig, Boiserien halte ich aus Kostengründen (ja mei, im Schwabeländle hält man halt das Geld z'samme) für nicht mehr umsetzbar - jederzeit möglich sein. Leider hats aber aber auch hier leichte Geometrieänderungen gegeben (Decken etwas niedriger, Wände etwas eingezogen, wegen Hinterlüftungsabständen für die Gobelins (das verlangten die Restauratoren). Das ist von hier in DD auch bekannt: Das Original ist heilig und danach hat sich dann eben die Reko im wahrsten Sinne des Wortes "zu strecken".

    Na mal sehen, wie's wird. Ich denke, besser als in Mannheim allemal!

  • Auch von meiner Seite vielen Dank für den Hinweis auf diese tolle Seite mit den ebensolchen Aufnahmen.

    Schloss Bruchsal ist einfach hinreißend - als geniales Baukunstwerk und als Wiederaufbauleistung.

    Es gehört in diesen beiden Kategorien zu den Spitzenwerken in Deutschland.