Nach längerer Abwesenheit melde ich mich auch mal wieder im Forum.
Leider habe ich nur schlechte Nachrichten: Die Sparkasse Ulm möchte noch einen weiteren Neubau an der Neuen Straße bauen. Dafür sollen drei etwas heruntergekommene Häuser mit traditionellem Giebel - alle angeblich aus den Fünfzigerjahren - abgerissen und durch eine häßliche Kiste ersetzt werden. Schon im Januar wurde der Wettbewerb zugunsten des Büros Lederer + Ragnasdóttir + Oei entschieden. Sind glaube ich die gleichen, die auch das Straßenbahndep...äh, das Historische Museum in Frankfurt bauen sollen.
Informationen zum Bauvorhaben aus der Presse:
Südwest-Presse: Der erste Preis überzeugt auf allen Ebenen
Augsburger Allgemeine: Sparkasse Ulm baut Neue Mitte weiter
Hier Bilder von mir zur gegenwärtigen Situation:
1 Blick vom Weinhofberg. Rechts angeschnitten der schon in die Jahre gekommene riegelartige Sparkassenbau, links daneben die drei abzureißenden Häuser
2 Hier die beiden unteren Häuser vom Fischerviertel aus fotografiert
3 Die die Altstadt durchschneidende Neue Straße mit den drei abzureißenden Häusern, ganz links Sparkassenriegel
4 Neue Straße mit Neuem Bau (16. Jh.), Blick zu den Neubauten der Neuen Mitte, dann wieder alter Sparkassenriegel und die abzureißenden Häuser
5 Eines der Häuser vom Flüßchen Blau aus gesehen. Man beachte die seltsame Einteilung der Fenster
6 Die schwäbische Trias aus Baumarkthaustüre, gefliestem Sockelbereich und Mülltrennung - unglaublich, wie geschmacklos man ein Haus verunstalten kann
Die folgenden Bilder zeigen die unmittelbare Umgebung, die geprägt ist von der Barbarei der Neuen Straße einerseits und andererseits vom direkt an der Straße beginnenden Fischerviertel:
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Ich sehe nun zwei Probleme bei dem ganzen Projekt:
Erstens wird mit dem Neubau erneut eine unmaßstäbliche, häßliche, einfallslose, die lokale Tradition negierende Kiste mitten ins Stadtzentrum gesetzt, und zwar direkt an den Rand des historischen Fischerviertels.
Zweitens bin ich mir nicht ganz sicher, ob es sich bei zweien von den drei Häusern wirklich um Nachkriegsbauten handelt. Hier nochmal Bild Nr. 2 und im Vergleich dazu eine Aufnahme von ca. 1930:
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Quelle: Bildindex Marburg
Die linke Hälfte ausfüllend ein noch heute existierendes Fachwerkhaus, rechts daneben weiter im Hintergrund eines der beiden Häuser, das andere noch ein wenig angeschnitten. Bei der Fenstereinteilung fällt auf, daß sie - soweit ich das beurteilen kann - in den unteren Geschossen weitgehend übereinstimmt mit dem jetzigen Haus. Man beachte z. B., daß der Abstand zwischen den linken beiden Fenstern kleiner, der zum rechten Fenster größer ist.
Könnte es sich also doch um einen Altbau handeln, der nach außen hin verunstaltet wurde? Möglicherweise waren die Häuser auch teilbeschädigt, und der Dachstuhl ist beispielsweise modern. Es wäre doch eigenartig, 1955 (wie z. T. als Baujahr angegeben) oder in den Sechzigerjahren (wie aus anderen Quellen zu erfahren) einen Neubau mit solch einer merkwürdigen Fenstereinteilung zu bauen, die dazuhin noch dem Altbau an einer Seite zumindest sehr ähnlich ist. Ich kann mich aber auch irren.
Vielleicht wollen sich einige Leute mit größerer Expertise als ich dazu äußern? Die Häuser sind auf jeden Fall nicht unter Denkmalschutz und befinden sich im Besitz der Sparkasse, so daß der Abriß wohl ganz schnell über die Bühne gehen wird. Die Häuser in gegenwärtigem Zustand sind nicht sehr ansprechend, weswegen sich wohl auch wenige Stimmen gegen ihren Abbruch erheben dürften. Vor der Sanierung des Fischerviertels sahen aber viele Häuser dort ähnlich schmuddelig und verunstaltet aus.
Von offizieller Seite ist leider in Ulm nichts zu erwarten, die Stadt leidet, ähnlich wie Nürnberg und Augsburg, unter dem Süddeutsche-Reichsstadt-Will-Nicht-Mehr-Provinziell-Sein-Komplex.