Ich hatte dich schon verstanden und ich kannte diese Prämissen der modernen Denkmalpflege schon, es ist bloß so, dass ich diese Richtung nicht ganz teile und finde, dass sich die moderne Denkmalpflege in einen Elfenbeinturm der wissenschaftlichen Korrektheit zurückgezogen hat, der teilweise wesentliche Grundlagen und Motivationen der Urheber der Denkmäler missachtet. Tutto qua il discorso.
Dies:
es geht in der Denkmalpflege nicht nur um künstlerische Werte, sondern ganz wesentlich um geschichtliche Zeugnisse. Es geht allgemein darum, Spuren der Vergangenheit zu bewahren.
empfinde ich als Verdrehung der Tatsachen: es geht sicher nicht nur um künstlerische Werte, aber es geht schon hauptsächlich darum. Ein Kunstwerk ist in den Augen des schaffenden Künstlers eben in erster Linie ein Kunstwerk und nicht ein geschichtliches Zeugnis - dies anders zu sehen, wäre eine Geringschätzung und Beleidigung für jeden Künstler. Meint Ihr wirklich, dass Balthasar Neumann die Residenz Würzburg in erster Linie als geschichtliches Zeugnis seiner Zeit geschaffen hat und nicht als Ausdruck seiner individuellen künstlerischen Fähigkeiten? Glaubt Ihr wirklich, dass sich die Beatles damals hingehockt haben und gesagt haben "so, jetzt schreiben wir mal ein paar Songs, die eines Tages als typische Zeitzeugnisse der 60er Jahre gelten können"? Das ist lächerlich. Ohne die vielen, vielen schaffenden Künstler und ihre Kunstwerke hätte der Denkmalschutz kaum ein Betätigungsfeld und ergo keine Daseinsberechtigung. Für unkünstlerische Denkmäler interessieren sich nur wenige Leute, dafür wäre niemals die Disziplin des Denkmalschutzes aus der Taufe gehoben worden. Man will Dinge bewahren, weil sie einen seelisch oder emotional ansprechen, weil man ihre künstlerische Aussage spürt, weil man sie "schön" findet und sie deshalb über die Zeiten retten will. Und nicht, weil sie typische Zeiterzeugnisse sind. Wieviele Leute interessieren sich für mittelalterliche Töpfe oder Pfannen? Und wieviele für gotische Dome? Die Beispiele, die Rastrelli aufgezählt hat, die keine Kunstwerke sind und nicht als solche intendiert waren, sind unter den denkmalgeschützten Objekten absolut in der Minderheit und von daher im Endeffekt nicht bestimmend.
Aber wie gesagt, ich weiß, dass die moderne Denkmalpflege dies anders sieht, ich kenne die Argumente, aber ich lehne sie eben zu einem gewissen Teil ab. Von daher bringt es auch nicht viel, diese Diskussion weiterzuführen, jeder hat seine Argumente vorgebracht und seine Position klar gemacht. Ist schon in Ordnung