Institutionen des Denkmalschutzes in der Kritik

  • Wahrlich traurig, dass der Denkmalschutz in letzter Zeit vom Partner schon fast zum Gegner der Freunde historischer Stadtbilder geworden ist.

    Normalerweise schützt der Denkmalschutz einfach nur Denkmäler. In NRW scheint er aber die "einfachen Leute" vor "bösen Denkmälern" aus "dunklen Zeiten" schützen zu wollen, und stellt deshalb massenhaft die "betongewordene Demokratie" unter Denkmalschutz... 8o

    3 Mal editiert, zuletzt von Niederländer (26. August 2018 um 15:10)

  • Zitat

    "Zum Denkmal gehört auch der Verfall" habe sich das Denkmalamt zu einer möglichen Sanierung geäußert. Ausbesserungsarbeiten mit neuen Elementen, wie sie in diesem Fall wohl notwendig wären, entsprächen nicht den Denkmaleigenschaften, so die Meinung der Denkmalschützer...

    ...nach dieser neuerlichen Einschätzung des Denkmalamtes wird das Kleinod nun wohl endgültig dem Verfall Preis gegeben.

    Quelle: https://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.rangend…e40d818614.html

    Sollte der Denkmalschutz ursprünglich und die entsprechende Behörde nicht gerade auch rechtzeitig Maßnahmen zum Erhalt, also gegen den Verfall, ergreifen? Offensichtlich tut das zuständige Amt in Baden-Württemberg ganz offen kund, dass ihm an der Konservierung von derlei Kleindenkmalen nichts liegt. Die Ausbesserung und Erneuerung schadhafter Elemente ist indes ein Vorgang, der zur Rettung eines Denkmals selbstverständlich dazu gehört.
    Vermutlich ist seitens der Denkmalbehörde noch mit einer finanziellen Strafe zu rechnen, sollten sich Geldgeber, Handwerker etc. finden, die zur Bewahrung des Kleindenkmals sich nun eigeninitiativ der Sache annehmen...

  • Ich weiss nicht, ob es schon Thema hier war (und ob das hier der richtige Thread ist):


    Warburger Planungsausschuss stimmt geplantem Gebäude-Abriss zu


    "Denkmalschutz: Investor will Schuhhaus Pennig abreißen, um dort zehn Mietwohnungen zu errichten. Aus Sicht der Stadtverwaltung handelt es sich bei diesem Objekt nicht um historisch erhaltenswerte Bausubstanz."

    Aus dem Text: "Der Landschaftsverband (LWL), Inventarisation und Bauforschung, kommt jedoch nach einer Begehung des Objektes zu dem Schluss, es handle sich um ein Denkmal und sei in die Denkmalliste einzutragen. Es bestünden wissenschaftliche, ortsgeschichtliche, sozialgeschichtliche und städtebauliche Gründe für das öffentliche Erhaltungsinteresse. "

    Die Begründung der Stadtverwaltung zum Abriss: Nicht denkmalwürdig, es sei ja schliesslich sanierungsbedürftig...


    Quelle:

    https://www.nw.de/lokal/kreis_ho…-Abriss-zu.html

  • Da sieht ein Eigentümer schon die Münzen in der Hosentasche klingeln. Damit er sich ein neues Auto kaufen kann.

    Erbärmlich. Aber vor allem die Haltung dieser Stadtverwaltung. :daumenunten:

  • Auch im Westfalen Blatt ist ein entsprechender Artikel:

    https://www.westfalen-blatt.de/OWL/Kreis-Hoex…timmt-Abriss-zu

    Man möchte doch am liebsten nach Warburg fahren und den Menschen vor Ort ganz gewaltig in den ........!

    Ich kenne Warburg durch diverse Ausflugsfahrten am Sonntagnachmittag. Ein fast einheitliches, gewachsenes Stadtbild mit sehr vielen alten Häusern. Sowohl Fachwerk -, als auch Gründerzeitbauten. Die Unterstadt (Altstadt) hat im Kern sogar noch mehr Charme als die Oberstadt (Neustadt).

    Aber, dann fährt man eben nicht mehr nach Warburg, sondern genießt das Kaffeetrinken zum Beispiel in Höxter!

  • Bei der ehemaligen denkmalgeschützten Zehntscheuer der Universität Freiburg in Villingen im Schwarzwald (die Geschichte des und nähere Informationen zum Gebäudes finden sich u.a. hier: http://wiki.ghv-villingen.de/?p=2034), die von einem örtlichen Fasnachtsverein umgebaut wurde und seit 2013 als Vereinshaus genutzt wird, steht eine Fassadensanierung an, deren Konzeption vom Vorstand des Vereins den Mitgliedern in der jüngsten Jahreshauptversammlung präsentiert wurde. Anliegen oder Idee des Vereins ist die traditionelle örtliche Fasnachtsumzugszene auf dem an sich schlichten Gebäude mit überwiegend verputzten Wänden darzustellen. Dabei wurde im Rahmen der Präsentation der geplanten Fassadengestaltung die ausdrückliche Forderung der zuständigen Landesdenkmalbehörde in Baden-Württemberg betont, keine historisierende oder realistische Darstellungsformen, sondern ausschließlich eine abstrahierende, zeitgenössische zu wählen.
    Hier das Ergebnis, das exakt so umgesetzt werden soll: https://www.schwarzwaelder-bote.de/media.media.9e…riginal1024.jpg

    Das Projekt oder Vorhaben des Vereins kann für sich betrachtet aus unterschiedlichen Gründen natürlich schon kritisch betrachtet werden: Warum soll oder muss bei diesen Vorgaben der Behörde überhaupt eine solche Maßnahme vollzogen werden? Wäre beispielsweise eine sachgerechte Fassadengestaltung, vielleicht auch nicht unbedingt in einem sterilen Weiß, mit einem zurückhaltenden klassischen Schriftzug aus Metall nicht die stilistisch angemessenere Antwort auf die aktuelle Nutzung des Gebäudes?

    Überregional und gemessen an der reversiblen Maßnahme ist dieser Vorgang natürlich kein Drama. Er zeigt aber offensichtlich mit welcher Ideologie und einseitigen Machtinszenierung der Landesdenkmalschutz (in Baden-Württemberg) auffährt, treu dem modernistischen Architekturbetrieb, und die Wiederherstellung harmonischer Architektur und Stadträume nicht etwa nur aus fehlender Zuständigkeit außer Acht lässt, sondern diese durchaus bewusst be- und verhindert!

    Quellen: Besuch der Hauptversammlung sowie
    https://www.suedkurier.de/region/schwarz…372541,10009874

  • Die Vorgabe des Denkmalschutzes ist eine Verbeugung gegenüber dem Zeitgeist. Ich kann sie zwar nachvollziehen, denn historisierende Neuschöpfungen muss der Denkmalschutz ja als "Kitsch" ablehnen, damit nicht echte Denkmale ebenfalls zu Kitsch werden. Da stemmt sich der Denkmalschutz aber gegen etwas unaufhaltsames, etwas, dass schon weltweit Praxis ist. In den USA werden die meisten Gebäude im historisierenden Stil renoviert, man soll absichtlich nicht sehen können was original ist und was später hinzugefügt wurde damit es ein stimmiges Gesamtbild wird.
    Im Privaten würde ich auch so vorgehen, die Dinge sollten immer so repariert und ergänzt werden dass sie aus einem Guss wirken und nicht aus sich heraus entstellt sind. Bei der Restauration vom Möbeln, Gemälden, Spielzeug oder Fahrzeugen usw. usf. ist das auch akzeptierte Praxis, nur in der Architektur nicht. Und das ganz besonders in Deutschland. Offenbar haben die Päpste der Moderne (van der Rohe, le Corbusier usw.) damals ordentlich ausgeteilt mit Vorwürfen des Kitsches, der Blenderei und der Verschwendungssucht gegen das traditionelle Gestalten, dass es sich tief eingebrannt hat in die Seele und die Lehre der Architekturtheorie. Anders kann ich mir nicht erklären wieso es das nur in der deutschen Architektur gibt und in keiner anderen Kunstgattung.

  • historisierende Neuschöpfungen muss der Denkmalschutz ja als "Kitsch" ablehnen

    Hier das Ergebnis, das exakt so umgesetzt werden soll: schwarzwaelder-bote.de/media.m…27744d9d.original1024.jpg

    Sorry, aber das ist Kitsch, wenn man schon dieses Wort gebrauchen möchte. Sieht aus wie eine Kindergarten-Bemalung.

    Offenbar haben die Päpste der Moderne (van der Rohe, le Corbusier usw.) damals ordentlich ausgeteilt mit Vorwürfen des Kitsches, der Blenderei und der Verschwendungssucht gegen das traditionelle Gestalten, dass es sich tief eingebrannt hat in die Seele und die Lehre der Architekturtheorie. Anders kann ich mir nicht erklären wieso es das nur in der deutschen Architektur gibt und in keiner anderen Kunstgattung.

    Du kannst es auch damit erklären, dass der Deutsche traditionell ein autoritätshöriger Anpasser und Kriecher ist. Der gute Deutsche wird der letzte sein, der sich eine Gelbweste anzieht, aber stets der erste, der fragt, was wohl der Chef und die Nachbarn denken mögen. (Oder wahlweise der Fachkollege oder der Uniprofessor.)

  • Ich habe das so verstanden dass die visualisierte Bemalung diejenige ist, die der Denkmalschutz vermeiden möchte. Das sieht ja so ähnlich aus wie der Nürnberger Kaufmannszug am IHK-Gebäude. Fände ich jetzt seltsam wenn etwas anderes geplant war und der Denkmalschutz genau diese Visualisierung fordert. Aber mei, passt auch, ist schließlich ein Karnevalsthema. Ich wüsste nichts kitschigeres als Fasching und Karneval.

  • Die Vorgabe des Denkmalschutzes ist eine Verbeugung gegenüber dem Zeitgeist. Ich kann sie zwar nachvollziehen, denn historisierende Neuschöpfungen muss der Denkmalschutz ja als "Kitsch" ablehnen, damit nicht echte Denkmale ebenfalls zu Kitsch werden

    Da war man auch schon mal weiter: Zwei Beispiele, die zwar nicht repräsentativ sein mögen, aber doch zeigen, dass man auch in 50er/60er an manchen Stellen durchaus Gespür hatte:
    Einmal das Deutschhaus in Mainz, dem heutigen Landtag. Dort wurde der zwar nicht perfekte, aber doch im großen und ganzen stimmige Ergänzungsbau aus der Nachkriegszeit geopfert: Siehe im Nachbarforum ab Beitrag 11 ff. Ähnliches plant man nun in Schloss Nymphenburg, dort wird eine stimmige Erweiterung aus den 60er, die die Symmetrie der ganzen Anlage kongenial ergänzte und abschloss, wohl ebenfalls für Brachialmoderne geopfert. Interessant und auch nicht einer gewissen Logik entbehrend, dass beide Beispiele aus einer Zeit kommen, in der es noch keine eigenen (oder allenfalls rudimentäre) Denkmalschutzgesetze/-behörden gab.

    Überhaupt sind in den letzten 20 Jahren immer mal wieder Gebäude(-erweiterungen) gefallen, die stilistisch ganz nah am Hauptgebäude oder der Umgebung angepasst waren, aus den 50er/60er, und durch Bauten ersetzt worden, die als störend empfunden werden. In der Lokalpresse wird dann das gerne mit "umstritten" beschrieben mit der Volksstimme (hier schön zu sehen bei der zukünftigen Verschandelung von Schloss Gottorf, hier allerdings als reine Ergänzung), die solchen Neubauten dann überwiegend ablehnend gegenübersteht und auf der anderen Seite aber auch mit "Der Denkmalschutz sagt..." dann auch immer die gleiche Leier bringt mit den Stichworten "zeitgenössisch", "modern", "Kontraste", "schlechte Kopie", "nicht erhaltenswert" etc... ohne das wirklich zu hinterfragen. Sind ja die Experten. Wo wir dann wieder bei diesem Punkt sind:

    Zitat von heimdall

    Du kannst es auch damit erklären, dass der Deutsche traditionell ein autoritätshöriger Anpasser und Kriecher ist.


    Ich meine einerseits sind solche zeitgenössischen "Bauten im (Denkmal-) Bestand" natürlich brutal ehrlich, also genau das, was die heutige Denkmalschutzdoktrin/ideologie fordert. Diese Bauten sind ein Abziehbild der Gesellschaft: Effekthascherei, stumpf und tumb stehen sie beziehungs- und zusammenhanglos in der (städtischen) Landschaft. Bar jeglichen Geschichtsbewusstseins oder Gespür für die Umgebung. Gebauter Autismus sozusagen. Auch wenn Architekten und Denkmalschützer wahrscheinlich etwas ganz anderes im Sinne haben, wenn sie von "Ehrlichkeit" und "Authentizität" sprechen.
    Obwohl, ganz ohne Geschichtsbewusstsein sind Architekten oder Denkmalschützer dann doch nicht, es gibt dort natürlich so etwas wie ein negatives Geschichtsbewusstsein. Insbesondere wenn irgendwas nach "nazi" riecht. Da wirds dann auch schnell kitschig. Freilich ist dieser Kitsch dann eher auf einer Metaebene, beim bedeutungsschwangeren Aufblasen mit irgendwelchen Pseudosymbolen zu sehen ("Transparenz", "(Welt-)Offenheit", "Ehrlichkeit", "Demokratisch", "Schuldbewusst", "Gegen das Vergessen", "moderne Interpretation" "nichts ungeschehen machen" etc.)

  • Ich habe das so verstanden dass die visualisierte Bemalung diejenige ist, die der Denkmalschutz vermeiden möchte. Das sieht ja so ähnlich aus wie der Nürnberger Kaufmannszug am IHK-Gebäude. Fände ich jetzt seltsam wenn etwas anderes geplant war und der Denkmalschutz genau diese Visualisierung fordert. Aber mei, passt auch, ist schließlich ein Karnevalsthema. Ich wüsste nichts kitschigeres als Fasching und Karneval.

    Das wurde dann tatsächlich falsch interpretiert. Die gezeigte "Kindergarten-Bemalung" ist exakt die Art von "abstrakter, zeitgenössischer" Lösung, welche von der Landesdenkmalschutzbehörde nicht nur favorisiert, sondern auch bei einer Umsetzung gefordert wird.

  • Der Verein, der die Fassadenbemalung initiert hat, meldet aktuell auf seiner FB-Seite, dass für das Projekt bereits sämtliche Patenschaften im Zuge der Hauptversammlung vergeben wurden und die "stilisierten" Figuren bei der anstehenden Instandsetzung wie dargestellt umgesetzt werden.

  • Das denkmalgeschützte Mannschaftsgebäude auf dem Villinger Lyautey-Areal wurde von einem Investor gekauft und soll einschließlich des Dachgeschosses zu Wohnungen umgebaut werden. Für die Maisonette-Wohnungen im Dachraum über zwei Etagen ist aus Sicht des Investors für deutlich bessere Lichtverhältnisse die Beseitigung der Fledermausgauben (https://static4.suedkurier.de/storage/image/…w-Dq_R7LNW4.jpg) zugunsten von Freisitzen mit Lamellen (https://www.schwarzwaelder-bote.de/media.media.94…riginal1024.jpg) notwendig. Die staatliche Denkmalpflege lehnt solche Eingriffe ab, fordert die Erhaltung der Dachgauben und regte für eine zusätzliche Belichtung Dachflächenfenster an. Nun soll der neue Rathauschef der Stadt im Sinne des Investors die Interessen des Denkmalschutzes ausräumen, u.a. mit dem Argument, dass dringend Wohnraum benötigt werde.

    Quelle: https://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.villing…15aff57587.html


    Anmerkungen:

    Mir will nicht einleuchten, warum eine Erhaltung der Fledermausgauben unter Einplanung der angedachten Freisitze in den Zwischenräumen partout nicht möglich sein soll?

    Vielleicht sind vergleichbare Objekte bekannt, bei denen dieser Spagat vorbildlich gelungen ist?

  • Für mich völlig unverständlich - der Denkmalschutz sollte darauf hinarbeiten, Denkmale erlebbar zu halten. Das wichtigste ist doch die Idee (der Entwurf) sowie die Wahl der Materialien.
    Die Substanz sollte wo möglich bewahrt werden, aber wenn die fehlende Originalsubstanz die Aberkennung des Denkmalschutzes bewirkt, muss es schon ein Gebäude sein, bei dem die Bauausführung das Hauptmerkmal für den Denkmalschutz ist (z.B.Spuren mittelalterlicher Schlagmethoden im Bauholz). Alles andere ist doch Mumpitz.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Man schaue sich die Lösung am Haus Gropius in D. an. Hier war man unfähig, zu rekonstruieren. Gewählt wurde deshalb das "Konzept der Unschärfe", welches nur die Kubatur bewahrt. Mir gefällt diese Lösung nicht.