Institutionen des Denkmalschutzes in der Kritik

  • Natürlich hast du Recht. Ich störe mich - nebenbei auch als Hauseigentümer und Vermieter - am Vokabular. Du könntest Deinen Punkt ebenso gut rüberbringen, wenn Du "Geld verdienen" statt "Kohle machen" sagen würdest...

  • Wallgauer Kirchenböbl kein Baudenkmal

    Zitat
    Der Kirchenböbl ist kein Baudenkmal. Zu dieser Erkenntnis kommt Dr. Detlef Knipping. Der Mann weiß, wovon er spricht. Der promovierte Kunsthistoriker arbeitet beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. In seiner Funktion als Hauptkonservator hebt und senkt er bei zumeist in die Jahre gekommenen Immobilien regelmäßig seinen Daumen.

    Beim Kirchenböbl musste er bei seiner Expertise nicht lange überlegen. „Der im Zentrum Wallgaus liegende ehemalige Bauernhof hat durch die Umbauten und Erneuerungen des 20. Jahrhunderts in beträchtlichen Umfang an Zeugniswert verloren“, stellt Knipping in seinem Schreiben an die Gemeinde und das Landratsamt fest. Eine geschichtliche, künstlerische, städtebauliche, wissenschaftliche oder volkskundliche Bedeutung im Sinne von Artikel 1, Absatz 1, Bayerisches Denkmalschutzgesetz sei nicht erkennbar. „Denkmaleigenschaft besteht daher nicht.“

    Quelle: https://www.merkur.de/lokales/garmis…Z6dkPvXr_DSMtdc

    Die hochgepriesenen "Experten", die einmal mehr auf Gedeih und Verderb über das Schicksal der Ortsbilder im Stile eines römischen Kaisers bestimmen ...

  • Die hochgepriesenen "Experten", die einmal mehr auf Gedeih und Verderb über das Schicksal der Ortsbilder im Stile eines römischen Kaisers bestimmen ...

    Ich sehe eher das Problem darin, dass man eben gerade dieses nach Gutdünken Urteilen scheut, sondern man verbissen versucht die Frage quantitativ zu beantworten. Es geht einzig darum, wie viel Prozent noch des "ursprünglichen" Hauses vorhanden ist und wie zusammenhängend dieser noch ist. Sind die Fragmente zu klein, wird gleich die ganze Denkmalfähigkeit in Abrede gestellt. Was natürlich widersinnig ist, denn die Bauten sind in der Regel kein statisches Museum über die Jahrzehnte und Jahrhunderte. Auch macht diese Vorgabe bereits erklärte Denkmalgebäude zu Museumsbauten, weil jede Anpassung sich negativ auf diese quantitative Wertbetrachtung schlägt.

  • Zitat

    Eine geschichtliche, künstlerische, städtebauliche, wissenschaftliche oder volkskundliche Bedeutung im Sinne von Artikel 1, Absatz 1, Bayerisches Denkmalschutzgesetz sei nicht erkennbar.

    Interessant ist ja, dass es ja doch eine ausdrücklich auch städtebauliche Bedeutung oder volkskundliche Bedeutung als Kriterium gäbe, wo das doch von so manchem amtlichen Denkmalschützer bei Begründungen oft unter den Tisch gefallen lassen wird oder sogar verneint wird und der Substanzwert überbetont wird. Und genau da wird es spannend: denn ich denke man könnte sehr viel öfter pro Denkmal argumentieren würden diese Kriterien wesentlich stärker beachtet. Aber womöglich sind die Leute dort zu sehr Archäologen/Architekten/Bauingenieure und zu wenig mit volkskundlichem/immateriellen/städtebaulichen Themen vertraut. (Wobei gerade der Hauptkonservator als promovierter Kunsthistoriker durchaus zumindest auch eine Ahnung darüber haben sollte, das Substanz alleine nicht das Kriterium sein kann, aber auch da: womöglich zu sehr in formalen Anforderungen verhaftet)

    Zu sehr Tunnelblick, zu wenig Fähigkeit, die eingetretenen Wege zu verlassen und zu bequem sich außerhalb des vermeintlich sicheren Terrains zu bewegen. "Ah nur noch 30% Originalsubstanz: Kann weg...", relativ einfach messbar...

    Dabei könnte mit einer städtebaulich/immateriell begründeten Unterschutzstellung und einer anschließenden denkmalgerechten Sanierung ja gerade eben das Haus wieder an Wert auch in der Substanz gewinnen und ein "Original" für die kommenden Generationen geschaffen werden, das wiederum seinen eigenen Zeugniswert hat.

  • Dabei könnte mit einer städtebaulichen Begründung und einer denkmalgerechten Sanierung ja gerade eben das Haus wieder an Wert auch in der Substanz gewinnen und ein "Original" für die kommenden Generationen geschaffen werden, das wiederum seinen eigenen Zeugniswert hat.

    Super geschrieben Thommystyle. Genau das stört mich an der vorherrschenden Betrachtungsweise, dass man so nicht anerkennen kann, dass auch spätere Handlungen im Sinne der schützenswerten Substanz zu einer Vergrößerung der Menge an denkmalwürdiger Substanz effektiv führen kann. So ergäbe sich nämlich eine Aufwärtsspirale und nicht nur eine Abwärtsspirale mit immer weniger "Original"substanz.

    Dieser ganze Gedanke, dass man alles was zum "Ursprungsentwurf" dazu kam, abtrennen muss, ist eigentlich ein recht moderner Gedanke, wenn ich es richtig verstehe. Dieses Verständnis basiert darauf, dass ein Architekt einen in sich geschlossenen und rechtlich durch Urheberschutz abgesicherten Entwurf für ein "fertiges" Produkt entworfen hat. Entsprechend muss man auch hier das "Original" wahren und Ergänzungen klar trennen. Ein Verlust von Teilen des Entwurfs ist beschränkt, im Zweifel bleibt nur der Komplettabriss, ergo im Denkmalschutz keine Anerkennung der Schutzwürdigkeit. Dagegen gab es Zeiten, in denen ganz selbstverständlich Gebäude organisch gewachsen sind, gefühlvoll ergänzt wurden, ohne dass ersichtlich wurde, was zum "Original" gehört.

  • Ich lege das mal hier ab: Denkmalschutz für AKW?

    https://www.german-architects.com/de/architecture-news/meldungen/denkmalschutz-fur-akw

    Meine erste Reaktion: Auf den ersten Blick eine absurde Idee. Auf der anderen Seite handelt es sich um Zeugnisse unserer (im weitesten Sinne) Industriegeschichte. Industriekultur ist gerade in aller Munde und wird vielfach erfolgreich erhalten und vermarktet. Vielleicht wird man in 50 Jahren einen anderen Blick auf AKW haben.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen