• Mehr Geld für den Stadtumbau

    Bundesbauminister verspricht weitere Millionenförderung für Ost und West

    http://www.welt.de/data/2006/02/24/850571.html

    Auszüge:

    Zitat

    Tiefensee: "Es muß wieder in Richtung Aufwertung gehen." Teilnehmer wollten darin eine Unterstützung für die Kritik sehen, die erst jüngst der Präsident von "Haus & Grund Sachsen", Thomas Ungethüm, an der Aufwertung von Plattenbaugebieten und der gleichzeitigen "Perforation von großteils erhaltenen Gründerzeitquartieren" in Städten wie [lexicon='Leipzig'][/lexicon] geübt hatte.


    Zitat

    Für den Deutschen Städtetag verlangte Rosemarie Wilcken, Stellvertreterin des Städtetagspräsidenten und Bürgermeisterin von Wismar, die strategischen Ziele des Stadtumbaus obenan zu stellen: Rückbau von außen nach innen, Vermeidung der Perforation, Schutz von denkmalwerter Substanz. Beim brandenburgischen Infrastrukturminister Frank Szymanski fand sie Rückendeckung: "Die Abrißzahlen werden sich erhöhen, wir müssen sie in Größenordnungen ausweiten. Und deshalb gilt es, den Fokus konsequent auf die Aufwertung der Innenstädte zu legen. Nur das hat Zukunft."


    Zum Thema noch ein positives Beispiel aus Hessen:

    http://www.wiesbadener-kurier.de/rhein-main/obj…ikel_id=2274208

  • Es wurde irgendwann sehr negativ über Weissenfels berichtet. Dort hat man sehr viele Plattenbauten saniert wobei die barocke Altstadt weiter zerfiel.

    Auf http://www.weissenfels.de/bas_stadtteilzeitung.html gibt es jetzt Infos zum Stadtumbau in der Altstadt. Sehr viele interessante Beiträge. Es gibt schlechte und gute Nachrichten. Schlecht ist, dass weitere barocke Häuser abgerissen worden sind (Marienstrasse). Positiv ist, das eine Trendwende zu erkennen ist: es gibt jetzt viele Projekte in der Altstadt, und die Stadt versucht die wichtigsten Bauten zu retten.

    http://www.weissenfels.de/bas_projekte_projekt24.html

    http://www.weissenfels.de/bas_projekte_projekt38.html

    Es gibt aber noch viel zu tun:

    http://www.weissenfels.de/bas_lerrstansdsboersealtstadt.html

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Ich verstehe nicht, daß das Programm zum "Stadtumbau Ost" so einen weiten Interpretationsspielraum zuläßt. Vor dem Hintergrund der künftigen demographischen Entwicklung müßten solche Programme viel eindeutiger formuliert werden.

    Ich sehe einerseits die Chance, die (in meinen Augen von Unkultur zeugenden) Plattenbauten in den nächsten Jahrzehnten fast zur Gänze wieder loszuwerden, dies aufgrund der demographischen Entwicklung und der minderen baulichen Qualität der Platte.

    Andererseits wird die demographische Entwicklung von den meisten Beteiligten unterschätzt. Die Bevölkerung Ostdeutschlands wird aller Voraussicht nach in den nächsten Jahrzehnten weiter MASSIV abnehmen, möglicherweise um ein Drittel oder die Hälfte. Selbst wenn alle Platten abgerissen werden sollten (was sicherlich nicht passieren wird), gäbe es einen nicht beherrschbaren Leerstand.

    Ein Problem in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ist, daß die Stadt jetzt schon zu groß für ihre Bevölkerung ist. Vor dem zweiten Weltkrieg hatte [lexicon='Leipzig'][/lexicon], man glaubt es kaum, annähernd die Einwohnerzahl von Köln oder München ([lexicon='Leipzig'][/lexicon]/Köln/München 1939: 750 000/ 800 000/ 825 000; heute: 500 000/ 980 000/ 1 280 000).

    Vielleicht werden Städte wie [lexicon='Leipzig'][/lexicon] und Dresden nicht so stark betroffen sein (immerhin haben sich ihre Einwohnerzahlen nach einem massiven Aderlaß in den Neunzigern stabilisiert), dann würden aber kleinere, periphere Städte (z.B. Görlitz) eben umso mehr leiden.

    Deswegen ist meine Prognose, daß der Stadtumbau in seiner jetzigen Form zu einem massiven Verlust an historischer Bausubstanz führen wird, der in einigen Städten die Auswirkungen des Bombenkriegs noch übertreffen wird. Verhindern oder wenigstens abmildern könnte man dies nur durch EINDEUTIGE gesetzliche Regelungen, die z.B. einen weitgehenden Abriß aller Plattenbauten im Osten und vieler Trabantensiedlungen aus den Fünfziger- bis Siebzigerjahren im Westen vorsehen. Außerdem müßten Förderungen wie die Pendlerpauschale abgeschafft werden, um eine weitere Zersiedlung zu vermeiden.

    Bin ich zu pessimistisch...?

  • Heute habe ich bei Wikipedia ein bisschen was über das Hansaviertel in Berlin gelesen. Unglaublich mit welchem optimissmus die Stadtplaner von gestern diese Art von Städtebau vorantrieben.

    Ein sehr interessanter und lesenswerter Artikel.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Hansaviertel\r
    de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Hansaviertel

    und wusstet ihr das das komplette Hansaviertel unter Denkmalschutz steht ? Kaum zu glauben. Was meint Ihr ? Ist dieses Stadtviertel wirklich "Denkmalschutzwürdig"?

    Am Ufer der Sonne wo die wesen vom sehen träumen ist in Echtzeit überall Nacht

  • Ich denke - ja. Schließlich ist es eine Art Architekturmuseum der Nachkriegszeit und da die gesamte Vorkriegsbebauung damals abgerissen wurde stören die Häuser auch kein Gründerzeit- oder Altstadtensemble.
    Außerdem sind die Häuser zum Teil von der damaligen Topriege der Architekten entworden worden, mit noch deutlich mehr Eigenarbeit als es die meisten CAD-Bastler heute machen.

    Schön sind sie in meinen Augen nicht... aber immerhin ziemlich einmalig, kein Katalogprodukt.

    ... wenn sich für die Häuser aber keine Mieter mehr finden sollten... was dann?

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Als ich mir das Viertel angeschaut habe, war ich maßlos enttäuscht. Schon vorher hatte ich damit gerechnet, daß mir die Bebauung nicht gefallen wird. Die Enttäuschung erklärt sich dadurch, daß ich die Bebauung als äußerst banal, alltäglich und nicht originell empfand. Einfach ein Viertel, wie man es in jeder beliebigen deutschen Nachkriegsstadt am Stadtrand findet.

    Das besondere am Hansaviertel liegt vermutlich darin, daß es das erste diesert Art war und Vorbildcharakter für zahlreiche andere Nachkriegsprojekte bekam.

    Es ist schade um die schöne innenstadtnah gelegene Fläche - auch ist es schade um die Vorkriegsbebauung, die keinesweg völlig zerstört war, sondern mutwillig abgerissen wurde. Aber zu einem Abriß wird es ohnehin nicht kommen, weil dies zu einem internationalen Aufschrei der Modernisten führen würde. Ich würde ja vorschlagen, daß es als Mahnmal für einen verfehlten, ideologischen Städtebau dienen kann, leider aber fallen mir nur ganz wenige Viertel in deutschen Großstädten ein, die keinen derartigen Mahnmalcharakter haben.

    Da unsere Kräfte allerdings begrenzt sind, sollten wir uns am besten auf Quartiere konzentrieren, wo noch Altbaureste vorhanden sind. In diesem Sinne kann ich mich Booni anschließen. Von diesen Kernen aus könnte dann eine behutsame Erneuerung unserer Städte ausgehen.

  • Denkmalwürdigkeit ist zunächst ja keine ästhetische Frage.

    Was mich am Hansaviertel neben den üblichen Ärgernissen (Vorstadt in der Stadtmitte, etc.) am meisten gestört hat: Da bröckelt der Sichtbeton genauso wie die Farbe und alles ist sehr heruntergekommen. Und Moderne ist bekanntlich nur jung schön.


    Vielleicht nur beruhigend, daß solche Denkmäler genauso wenig von ihrem Status haben wie andere Altbauten. Oder eben beunruhigend...

  • Betrifft Bautzen:


    http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=1144021\r
    http://www.sz-online.de/nachrichten/art ... id=1144021

  • Eine Autogarage für Novalis
    Serie zur Stadtabwicklung, Teil IV: Weißenfels plant Reihenhäuser in der Altstadt - Historische Gebäude sollen fallen
    von Dankwart Guratzsch

    Anmerkung: War ja klar, wenn man denjenigen Geld in die Hände gibt, die Plattenbauten ohnehin schon immer besser, weil sozialistischer, fanden, und die bösen bürgerlichen Bauten verfallen liesen, stecken die jenes ohne zu zögern in die Platte. Da hääte man einfach merh auf die Finger schauen müssen.
    Ansonsten das Typische: natürlich gewinnt im Vergleich sanierte Platte und unsanierter Altbau bei den meisten die Platte, im Vergleich sanierte Platte und sanierter Altbau gewinnt aber fast immer der Altbau.
    Schon ärgerlich, dass meine West-Steuern in solche Ost-Blöcke gesteckt werden. :(
    Und Einfamilien- oder Reihenhäuser inmitten einer Stadt können nur in Ausnahmefällen sinnvoll sein.

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • also mal wieder ein artikel von guratzsch (und diesmal ganz ohne statements von herrn ungethüm von "haus und grund").

    natürlich fordert er den abriss sämtlicher plattenbauten und beklagt:
    "aber zu einer derartigen massnahme hat sich bisher noch keine einzige kommune bekannt."
    den grund dafür benennt der gleich im nächsten satz:
    "sie wäre weder gegen die bevölkerung, noch ... gegen existenzielle interessen der ... kommunen durchzusetzen."

    na wenn er das selbst schon einsieht, braucht er auch nicht mehr zu fordern, dass die kommunen all ihre eigenen wohnungen abreissen.

    mit herrn ungethüm als stichwortgeber wäre ihm so ein fauxpas wahrscheinlich nicht passiert. hoffentlich bekommt er jetzt keinen ärger mit der anzeigenabteilung...

  • Zitat von "snitch"

    Heute habe ich bei Wikipedia ein bisschen was über das Hansaviertel in Berlin gelesen. Unglaublich mit welchem optimissmus die Stadtplaner von gestern diese Art von Städtebau vorantrieben..?

    Es gibt auch ein tolles Buch über das alte Hansaviertel in Berlin. Man glaubt es nicht, was für wunderschöne gründerzeitliche Paläste den Charakter dieses Wohngebietes ausmachten. Die Bilder sind einmalig.
    Das, was nach dem Krieg dort entstand ist, in keinster Weise vergleichbar mit der Vorkriegssituation. Deshalb bin ich schon dafür, dieses Gebiet als Negativbeispiel unter Denkmalschutz zu stellen: Als warnendes Beispiel dafür, was die unmenschliche Nachkriegsarchitektur fabriziert hat. Diese Architektengeneration ist ja so was von "bescheiden"...

    Der Tiefpunkt der Baukultur wurde in den 60er und 70er Jahren des 20sten Jahrhunderts erreicht...

  • @ memet: Steht es doch schon längst. Ich denke auch dass der Denkmalschutz hier angebracht ist, besser spiegeln nur wenige Wohngebiete den Geist der 50er wieder.
    ... wohnen möchte ich dort jedoch nicht.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Ein schönes Beispiel ist Pirna:

    Zitat

    ...Die Häuser am Markt gehören zu den 53 Grundstücken der Altstadt, die noch nicht saniert sind. Das sind 15 Prozent der 365 Grundstücke, die im Sanierungsgebiet liegen. Stolze 80 Prozent (294 Objekte) sind in Stand gesetzt.[...]
    Doch die zunehmende Zahl an sanierten Häusern hat noch andere Folgen: Immer mehr Bürger ziehen in die Altstadt. So stieg laut Statistik die Einwohnerzahl von 1998 (984) stetig an, auf 1 485 im Jahre 2005. Mit Gewerbe- oder Geschäftsansiedlungen, so Schmitt, tue man sich dagegen schwer. Und: Immer mehr Touristen laufen durch die Gassen und staunen über die Schönheit Pirnas.


    http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=1192737\r
    http://www.sz-online.de/nachrichten/art ... id=1192737

  • Übrigens ist es auch ganz interessant das Hansaviertel in Westberlin mal mit dem in Beziehung zu setzen was gleichzeitig in Ostberlin gebaut wurde, nämlich die Stalinallee. Was da wohl sowohl städtebaulich als auch vond er Beliebtheit beim Mieter besser abschneidet? :)