• Mir ging es bei diesem Punkt nur darum, dass man die Bedürfnisse des Menschen besser erkennt, wenn man ihn selbst machen lässt, als wenn selbst ernannte Erlöser im Kämmerchen darüber nachdenken (das alte Lied: Freiheit vs. Bevormundung). Die gute Annahme von Friedrichswerder zeigt z.B., dass Kleinteiligkeit eher gut ankommt. Man hätte den dortigen Bauherrn viell. anbieten sollen, von ihrem Geld gemeinsam eine große Luxusplatte zu bauen. Ich denke, ich kennte das Ergebnis.

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Es gibt jetzt genaue Zahlen zum Stadtumbau in Sachsen:

    Rückbau:

    Altbau: 21,6 %, vor 1914 3,5 %
    Neubau: 78,4 %, 1971-1990 59,2 %

    Die Altbaubestände machen aber 53,3 % des gesamten Wohnraums aus, während die Platten aus 1971-1990 26,5 % ausmachen. Das heisst, dass die Platten ziemlich hart getroffen wurden. Erfreulich finde ich, dass die ältesten Altbauten am Wenigsten abgerissen wurden.

    Quelle: http://www.iwh-halle.de/d/publik/wiwa/8-07.pdf

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Licht und Schatten in Chemnitz:

    http://www.welt.de/welt_print/article1418820/Chemnitz_leuchtet.html\r
    http://www.welt.de/welt_print/article14 ... chtet.html

    Zitat

    Dass dieselbe Städtische Wohnungsgesellschaft GGG, die bei vielen dieser Vorhaben die Federführung hatte, gleichzeitig eines der rabiatesten Konzepte zur Zerstörung gründerzeitlicher Wohnviertel verfolgt, steht auf einem anderen Blatt.Die Hoffnung vieler Chemnitzer Bürger, die frühere sächsische Kultusministerin Barbara Ludwig (SPD), seit einem Jahr neue Oberbürgermeisterin von Chemnitz, werde diesem Treiben Einhalt gebieten, haben bisher getrogen. Laut Insidern sollen noch 2007 weitere 14 Häuser fallen.

  • Zitat

    Bund und die Länder haben sich geeinigt, den Abriss von das Stadtbild prägenden Altbauten nicht mehr mit Mitteln des Programms Stadtumbau Ost zu fördern. Der Abriss Ost in vielen historischen Innenstädten ist damit gebremst. Das ist ein großer Erfolg. Der Denkmalschutz kann aufatmen. Viele historische Altbauten entgehen so hoffentlich noch der Abrissbirne.

    Bund und Länder haben sich darauf geeinigt, den Abriss von das Stadtbild prägenden Altbauten bis zum Baujahr 1918, sowie aller denkmalgeschützten Gebäude ohne Begrenzung des Baualters, nicht mehr zu fördern. Das geht aus einer Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Achim Großmann, auf meine Anfrage hervor. Zwar wurden und werden beim Stadtumbau vorwiegend Plattenbauten abgerissen. Jedoch betreffen 9 Prozent aller Abrisse eben auch Altbauten. Gerade bei prägenden Altbauten entstehen so unansehnliche Lücken in ansonst intakten Straßenzügen und Häuserzeilen.

    Gleichzeitig ist sich der Bund auch seiner Verantwortung den Kommunen gegenüber bewusst. Er stellt mehr Geld für Sicherungsmaßnahmen zur Verfügung. Die Sicherungsmaßnahmen von Altbauten (Förderkomponente ohne Eigenanteil der Kommune) werden von jetzt 5 Prozent auf 15 Prozent des Finanzvolumens Stadtumbau angehoben. Den Wohnungsunternehmen wird zudem eine Überprüfung der Altschuldenhilferegelung in Aussicht gestellt. Das unterstütze ich ausdrücklich. Eine Verlängerung der Abrissfrist über das Jahr 2010 hinaus bis 2013 oder länger würde den Druck von den Wohnungsunternehmen und den Kommunen nehmen, ihre Altbauten in den nächsten zwei Jahren auf Teufel komm raus abzureißen, um so noch Fördermittel zu erhalten.

    Die Bundesregierung bekennt sich ausdrücklich zur Fortführung des Förderprogramms. Erste Empfehlungen sollen im Frühjahr veröffentlicht werden. Der Stadtumbau Ost hat zu einer Stabilisierung des Wohnungsmarktes beigetragen. Die Leerstandsquoten sind zurückgegangen, und auch die wirtschaftliche Lage der Wohnungsunternehmen hat sich verbessert. Historische Hüllen allein sind noch keine Garantie für einen innerstädtischen Aufschwung. Es liegt noch eine lange Wegstrecke vor uns, um die Innenstädte weiter aufzuwerten. Die öffentliche Debatte zu den Perspektiven des innerstädtischen Altbaubestandes wird jedenfalls von der Bundesregierung fortgeführt. Vorgesehen ist ein Kongress im Herbst 2008

    ich weiss schon, dass Sachsen sich gegen diese Änderung weigert und nur Häuser die älter als 1850 nicht mehr abreissen will. Aber wie sieht's jetzt aus:

    1) Haben die anderen Länder die Änderung des Stadtumbaus akzeptiert?
    2) Kann Sachsen die Änderung in ganz D. verhindern?

    Sollte die neue Regelung schon gelten, wäre es wirklich ein Durchbruch für den Erhalt der Altbauten in Deutschland.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Natürlich, im ersten Moment hat das nichts mit Architektur zu tun, aber, gute Entwicklungspotentiale tragen auch zu reger (und manchmal wertigerer) Bautätigkeit bei.


    Studie: Dresden mit guten Entwicklungschancen, Chemnitz Schlusslicht

    Dresden gehört laut einer Studie zu den fünf zukunftsfähigsten Städten Deutschlands. [lexicon='Leipzig'][/lexicon] landete in der vom Hamburger WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) im Auftrag der Berenberg Bank erarbeiteten Untersuchung nur auf dem 25. Platz, Chemnitz bildete das Schlusslicht. Die Stadt habe ähnlich wie Gelsenkirchen und Wuppertal den Strukturwandel noch nicht vollzogen, sagte HWWI-Direktor Thomas Staubhaar am Freitag. Sie befänden sich in einer Abwärtsspirale anhaltenden Arbeitsplatzabbaus und fortschreitender Bevölkerungsverluste. An der Spitze rangierten Frankfurt/Main, München und Stuttgart.

    In der Studie wurden die Perspektiven der 30 größten deutschen Städte bis 2020 abgeklopft. Berücksichtigt wurden unter anderem das Bildungsniveau, die Bevölkerungsentwicklung und ökonomische Kennzahlen wie Arbeitslosigkeit. Allerdings flossen nach Angaben der Autorin Silvia Stiller nur Daten aus den Jahren 2000 bis 2005 ein.

    Zuletzt hatte gerade in Chemnitz mit seinem aufstrebenden Maschinenbau der Abbau der Arbeitslosigkeit an Dynamik gewonnen. Im Mai lag die Quote in der Region nur noch bei 11,9 Prozent. Zudem hatte die Stadt zuletzt mehr Zu- als Wegzüge. Von einer „Abwärtsspirale“ könne keine Rede sein, sagte Stadtsprecherin Katja Uhlemann. „Diese Studie bedeutet für uns einen herben Schlag, weil sie eben nicht die jetzige Situation abbildet, sondern auf Zahlen aufbaut, die längst nicht mehr aktuell sind.“

    Insgesamt kommt die Studie zu dem Schluss, dass die Chancen von Städten künftig außer von ihrer Bedeutung als Wirtschaftszentren vor allem von ihrem internationalen Ruf, von der Verkehrsanbindung sowie ihrer Attraktivität für Arbeitskräfte und Unternehmen abhängen. Wie ein Vergleich der führenden Städte der Studie zeige, gebe es dabei keine Patentrezepte, sagte Straubhaar. Klar erkennbar sei nur, dass die Städte schlecht abschnitten, die den Strukturwandel hin zu einer wissensbasierten Volkswirtschaft noch nicht begonnen hätten.

    Für die Städterangliste haben Wissenschaftler des HWWI Daten von 30 deutschen Großstädten mit einer Einwohnerzahl von mehr als 250 000 Einwohner verglichen. Erfasst wurden dabei zum einen aktuelle Trends bei Wirtschaftsleistung, Arbeitslosenquote und Bevölkerungszahl. Zum anderen untersuchten die Experten Faktoren wie die Qualität von Bildungs- und Forschungsangeboten, die Verkehrsverbindung zu anderen Metropolen, die Anziehungskraft von Städten für ausländische Studenten und Besucher sowie andere Standortfaktoren für innovative Wirtschaftszweige.

    dpa
    © LVZ-Online vom: Freitag, 30. Mai 2008

    PUBLICO CONSILIO PUBLICAE SALUTI

  • Bezugnehmend auf den vorherigen Beitrag: Dresden, [lexicon='Leipzig'][/lexicon] und mit (großen) Abstrichen Chemnitz sind nicht die Hauptadressaten des "Stadtumbau Ost" (immer wieder ein toller Euphemismus). Das sind die Klein- und Mittelstädte, die auf Kosten der Leuchttürme schrumpfen.

  • Weißenfels ist wohl das schlimmste Beispiel für einen irreversiblen Substanzverlust durch falsch verstandene Dogmen (gut, Merseburg und Halle sind nicht weit weg). Würde es sich um ein Tier handeln, wäre der Gnadenschuß wohl schon längst erfolgt.

    Daß man quasi generalstabsmäßig ganze Regionen abschreibt und mit Vorbedacht der sozialen Desertifikation überläßt - prinzipiell läßt sich an der Notwendigkeit der geordneten Evakuierung nichts ändern. Ähnlich wie bei einer radioaktiven Flächenkontaminierung ist die Nichtbeachtung ein sträfliches Unterfangen - man muß der Bevölkerung reinen Wein über ihre Aussichten einschenken, auch wenns den eigenen Posten kosten wird. Daß es sich, wie in diesem Falle, um eine geplante Rückentwicklung in mittelalterliche Maßstäbe handelt; zugunsten einer rechtzeitigeren Umstellung der Restbevölkerung.

    Aber daß man die wenigen Schätze, die einem geblieben sind, zugunsten völlig wertfreier Strukturen die Toilette der Geschichte runterspült, kann aus keinem Standpunkt heraus verstanden oder hingenommen werden. Wenn man in Weißenfels noch ein paar Jahre so weitermacht, kann die Stadt tatsächlich so aufgegeben werden wie Pripjat. Vielleicht müßte eine Art Bundesverwaltung für gescheiterte, aber wertbefundene Städte gegründet werden.

    Nein, die werden gedünstet

  • Also bei Speer bin ich erstmal vorsichtig geworden... meistens liefert er ja nicht besonders gutes ab. Aber der Artikel klingt gut. Wenn die Kölner jetzt noch verstärkt historische Fassaden freilegen, besonders wichtige Gebäude des Stadtbildes rekonstruieren und ansonsten mit angenehmer traditionell-moderner Architektur baut hat Köln wieder eine echte Chance schön zu werden. Und dann kommen qualitätsvolle moderne Bauten wie das P&C-Weltstadthaus auch wieder besser zur Geltung.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Auf jeden Fall ganz wichtig, dass der Rückbau der autogerechten Stadt einmal in den Mund genommen wurde. Da müssen wir hin. Gerade im autokaputten Deutschland.