• Dieses Verfahren der Aufstockung wünsche ich mir für die Zukunft für die zahlreichen Flachdachkisten, die derzeit entstehen. Es könnte eine herrliche Orgie an Walmdächern, Kuppeln und Giebeln entstehen.

  • Schlechte Architektur befördert soziale Verwerfungen. Beispiel: Das Iduna-Zentrum in Göttingen. 1975 gebaut. Einst Symbol des Fortschritts, als modernes Prestigeobjekt am Rand der Altstadt erbaut. Heute: Roma-Clans, Junkies und Müllberge, wie der Stern im letzten Jahr berichtete. Nun ein neuer Höhepunkt: Corona-Ausbruch bei Bewohnern des Betonmonsters und Ende der Lockerungen in Göttingen. Danach Drohgebärden der Großfamilien gegenüber der Polizei und gegen Journalisten. Ein Bau der Moderne, der mit einem Teil seiner Bewohner eine ganze Stadt in die Krise stürzt.

    ...

  • Snork 23. Juli 2022 um 13:41

    Hat den Titel des Themas von „Die "Moderne"“ zu „Moderne“ geändert.
  • War Le Corbusier Autist?

    It has been suggested Le Corbusier was deeply Autistic - he did not experience the world as the neurotypicals do. His maxim House is a machine for living is a red sign. He did not see the humongous high-rises as houses and certainly not as homes, but “vertical roads”. He did not see the vast open spaces as hostile deserts and glaciers, but as “gardens”. He did not see the inter-city motorways as chasms which effectively divide the city into separate parts, but as “arteries for city life”. And most of all, he hated the streets - the life, the chaos, the uncontrollable going what happened on the Parisian streets - it gave him bad vibes “The street has no right to exist” was another of his maxims.

    It has been assumed he suffered from hyperarousal - the senses being overloaded all the time - and that is why he declared any decoration and ornamentation and any stylistic elements as crime. The Plan Voisin, with its wind tunnel like long passageways, straight motorways and discipined rows of edifices reflect this horror on anything organic, anything chaotic, anything self-organizing.

    One of his well-known quirks has been his obsession on unfinished concrete - beton brut - which gave name to a certain style, Brutalism. While neurotypicals experience concrete as cheap, crude and outright hostile material, Le Corbusier spoke of "my friendly and cosy concrete". It is as if Le Corbusier had not understood even the basics of human psychology. He was a revolutionary, but so was Pol Pot.

    The ingredients of hostile city planning - humongous high-rises, vast open spaces, chasm-like motorways, bad public transport, lack of small and medium businesses - create slums.

    Übersetzt mit Google Translate:

    Es wurde vermutet, dass Le Corbusier zutiefst autistisch war – er erlebte die Welt nicht so, wie es die "Neurotypischen" tun. Seine Maxime "Haus ist eine Wohnmaschine" ist bereits ein Warnzeichen. Er sah die riesigen Hochhäuser nicht als Häuser und schon gar nicht als Wohnungen, sondern als „vertikale Straßen“. Er sah die Weiten nicht als lebensfeindliche Wüsten und Gletscher, sondern als „Gärten“. Er sah die Intercity-Autobahnen nicht als Abgründe, die die Stadt effektiv in einzelne Teile teilen, sondern als „Ader für das Stadtleben“. Und am meisten hasste er die Straßen – das Leben, das Chaos, das unkontrollierbare Treiben, was auf den Pariser Straßen passierte – es machte ihm schlechte Laune „Die Straße hat keine Existenzberechtigung“, war eine weitere seiner Maximen. Es wurde angenommen, dass er unter Hypersensitivität litt – die Sinne waren ständig überlastet – und erklärte deshalb jeglichen Schmuck und jedes Stilmittel als Verbrechen. Der Plan Voisin mit seinen windkanalartigen langen Gängen, geraden Autobahnen und disziplinierten Häuserzeilen spiegelt diesen Horror auf alles Organische, alles Chaotische, alles Selbstorganisierende,

    Eine seiner bekannten Macken war seine Besessenheit von unfertigem Beton – beton brut – die einem bestimmten Stil, dem Brutalismus, den Namen gab. Während Neurotypische Beton als billiges, rohes und geradezu feindseliges Material erleben, sprach Le Corbusier von meinem freundlichen und gemütlichen Beton. Es ist, als hätte Le Corbusier nicht einmal die Grundlagen der menschlichen Psychologie verstanden. Er war ein Revolutionär, aber Pol Pot war es auch.

    Die Zutaten feindseliger Stadtplanung – riesige Hochhäuser, weite Freiflächen, abgrundtiefe Autobahnen, schlechte öffentliche

    Verkehrsmittel, Mangel an kleinen und mittleren Unternehmen – schaffen Slums.

    Diesen Text habe ich im Internet hier gefunden. Ist ein Großteil der menschenfeindlichen Moderne der Tatsache geschuldet, dass ein "nicht-Neurotypischer" einen enormen Einfluss auf den Städtebau des 20. Jahrhunderts gehabt hat? Denn es sind gerade Stadtstraßen, die ich so liebe, und auch das Chaos, das Leben und die Unübersichtlichkeit. Die autogerechte Stadt ist in - wenn man das weiterdenkt - tatsächlich traumhaft für den eher introvertierten Typ, der mit Menschen wenig anfangen kann und schon gar nicht mit Fremden. Man begegnet in ihr anderen Menschen maximal in Gebäuden oder vielleicht auf dem Weg zum Parkplatz. Man ist geschützt vor den Zumutungen, die das Stadtleben, der Lärm, die vielen Menschen auf Straßen in europäischen Städten nun einmal bedeuten.

  • Die Frage ist interessant. Ohne jetzt hier die Diskussionen anderer Threads anzufangen, erlaube ich mir den Einwurf, dass Autisten des öfteren größeren gesellschaftlichen Einfluss zu haben scheinen. Die eigentlich interessante Frage ist dabei allerdings, warum so viele andere Menschen solchen Autisten folgen?

    Eine These: Könnte es an der in gewissen Maßen "rücksichtslosen" und "zielkonzentrierten" Strategie der Autisten liegen? Sie geben womöglich verunsicherten und nach Orientierung suchenden Menschen durch ihre "Radikalität" Halt und so etwas wie "Lebenssinn".

  • Mich führt die Überlegung in eine Sackgasse. Was ändert es, dass einer der einflussreichsten Planer der Moderne Autist gewesen sein könnte? Hätte jemand mit entsprechendem Einfluss und selbigen Eigenschaften in der Spätrenaissance den Barock verhindert und stattdessen puristische Wohnblocks überall sprießen lassen? Nein, natürlich nicht. Die Zeit muss in allen entscheidenden Kriterien entsprechend dafür geschaffen sein. Wer dann die Ikone jener Zeit wird, was manchmal ja sogar erst postmortem geschieht, deutet eher auf Zufälle hin, wennauch ich Heimdalls Überlegung dazu für nicht aus der Luft gegriffen erachten würde.

  • Es gibt mittlerweile Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass eine größere Zahl der früheren radikalen Modernismusanhänger rund um CIAM schwere Traumata und neurologische Auffälligkeiten aufwiesen. Darunter auch Behrends, Gropius, van der Rohe und Marcel Breuer. Aber so richtig spruchreif und wasserfest ist das alles noch nicht. Da muss man sich wohl noch etwas gedulden, bis ausführlichere wissenschaftliche Papers das aufdröseln.

    Was auf jeden Fall im Frühjahr kommt, ist eine Ausstellung in der UdK Berlin über das Wirken der Nazi-Architekten nach dem Krieg. Die hatten dann fast alle nahtlose Lebensläufe und haben sich als radikale Modernisten, Autofreunde und "Bewältiger der Vergangenheit" positioniert.

  • Snork 4. Januar 2023 um 18:13

    Hat den Titel des Themas von „Moderne“ zu „Die Moderne“ geändert.
  • Mir erscheinen solche retrospektiven Psycho-Diagnosen immer ziemlich unseriös. Auch die psychiatrischen Fachgesellschaften lehnen so etwas aus guten Gründen ab. Glaubwürdig wäre es vielleicht, wenn ein Arzt nach einer persönlichen Untersuchung Le Corbusiers zum damaligen Zeitpunkt zu dieser Diagnose gekommen wäre.

    Im übrigen, wer schon mal mit wirklich autistischen Menschen zu tun hatte, würde wohl schnell zu dem Schluss kommen, dass diese Patienten auf Grund ihrer generellen kognitiven Defizite im allgemeinen nicht in der Lage sein werden, überzeugende Architekturwettbewerbsbeiträge einzureichen.

    Es ist doch nicht ganz unwahrscheinlich, dass die meisten von uns selbst in den 1920er und 30er Jahren Anhänger der frühen Moderne gewesen wären. Wenn etwas völlig selbstverständlich ist, wie etwa das quirlige europäische Straßenleben in schon leicht renovierungsbedürftigen Gründerzeitvierteln um 1930, dann hätte man vielleicht eher wenig Probleme damit gehabt, sich ein Stück erhabene, puristische Ruhe der "Moderne" herbeizusehnen. Auch intellektuell war und ist jeglicher Minimalismus doch durchaus attraktiv. Dass keine wirklich liebenswerten Stadträume daraus hervorgehen, hat man damals so wenig kommen sehen wie Stalin als Ergebnis der kommunistischen Revolution.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Mich führt die Überlegung in eine Sackgasse. Was ändert es, dass einer der einflussreichsten Planer der Moderne Autist gewesen sein könnte? Hätte jemand mit entsprechendem Einfluss und selbigen Eigenschaften in der Spätrenaissance den Barock verhindert und stattdessen puristische Wohnblocks überall sprießen lassen? Nein, natürlich nicht. Die Zeit muss in allen entscheidenden Kriterien entsprechend dafür geschaffen sein. Wer dann die Ikone jener Zeit wird, was manchmal ja sogar erst postmortem geschieht, deutet eher auf Zufälle hin, wennauch ich Heimdalls Überlegung dazu für nicht aus der Luft gegriffen erachten würde.

    Ich will das gar nicht als riesige Geschichte verticken. Es wird auch wenig Einfluss haben auf das, was nun als "Diskurs" bezeichnet wird. Ich finde es nur interessant, weil ich mir ziemlich sicher bin, nicht allein zu sein in diesem Gefühl des völligen Unverständnisses gegenüber den für mich nicht anders als "Horrorvisionen" zu bezeichnenden, geradezu dystopischen Ideen der radikalen Moderne. Ich möchte auch nicht "retrograd psychologisieren", zumal es keine Konsequenzen hätte - trotzdem finde ich den Gedanken wenn auch nicht realistisch, so doch vielleicht tröstlich, dass jemand wie Le Corbusier im Kern ein unerfreulicher Zeitgenosse mit Problemen war.

    Wir können uns hier sehr lange über Fassadengestaltungen streiten und darüber, wie genau der Weg hinaus führt (ich glaube ehrlich gesagt, dass wir einen Teil dieses Weges bereits gegangen sind) aus der Misere. Wir können über Materialien streiten, über Solar auf dem Dach, über die Rolle des Autos in der Zukunft, aber uns eint doch alle das vollkommene Unverständnis gegenüber den Planern der modernen Trabantensiedlungen in West wie Ost. Im Prinzip kann man nur blind sein, neurologisch herausgefordert oder Menschen hassen, um Le Corbusiers Vision eines neuen Paris zu befürworten.

    Bei der Frage, was diese Leute geritten hat, finde ich diese Erklärung auf jeden Fall ganz interessant. Im Prinzip hat sich Le Corbusier vor Menschen geekelt, deswegen wollte er in "seiner" Stadt auch keine sehen. Nun ist Städtebau auch in der schlimmsten Zeit immer von Kompromissen geprägt gewesen, so dass es nicht ganz so schlimm gekommen ist, wie es hätte werden können. Nicht einmal zur naheliegendsten Zeit des deutschen Wiederaufbaus, als einfach alles passte, Zeitgeist, finanzielle Möglichkeiten und Kriegszerstörungen, wurde Le Corbusier fast nie 1:1 umgesetzt, wurden Kompromisse gemacht und an vielen Stellen von tabula rasa-Ansätzen abgesehen.

    Sehr interessant auch im Hinblick auf eine mögliche zukünftige Entwicklung, die sich wieder deutlich mehr an der europäischen Stadt und der Kontinuität orientiert und weniger am klamaukigen Kontrast ist zum Beispiel die Dokumentation des Neubaus, der anstelle des C&A-Gebäudes in der Mönckebergstraße entstehen soll:

    An der Mönckebergstraße 9 verschwIndert der hässliche Nachkriegs-C&A - dafür kommt der ansehnliche Elisenpalais https://www.mopo.de/hamburg/ca-mus…-elisen-palais/

    Dieses Youtube-Video mit dem Architekten des Gewinnerbüros zeigt, was für außerordentliche Gedanken sich das Team gemacht hat für den Neubau. Sie wollen den historischen Zustand, der durch den Brutalumbau (!) eines Kontorhauses aus der Schumacher-Zeit, das den Krieg überstanden hatte zerstört wurde, im Prinzip wiederherstellen oder sich ihm klar annähern.

    Das Video ist relativ lang und auf Englisch und man kann es an vielen Stellen durch vorspulen etwas beschleunigen - aber klar ist, dass der Neubau ein gutes Stück Stadtreparatur ist und dass es von diesen Maßnahmen in unseren Innenstädten in letzter Zeit eindeutig eher mehr als weniger gibt. Die Architekten haben das Prinzip der Schumacherschen Gestaltung der östlichen Hamburger Innenstadt, die zusammen mit dem Bau des Hauptbahnhofs ab etwa 1905 in Gang kam, eindeutig verstanden und aufgenommen und somit ein kleines Stück Stadt wiederhergestellt, nicht historisierend, aber doch erkennbar um Einfügung bemüht.

    Sowas macht mir Mut. Und den können wir gebrauchen. Es ist schon ganz gut, dass in unseren Innenstädten jetzt besser gebaut wird, aber es ist genauso wichtig, dass wir die modernen Stadterweiterungen ähnlich gut hinbekommen. Da hakt es noch gewaltig und viele Projekte atmen immer noch den Geist der 1960er Jahre mit etwas ansprechenderen Fassaden.

  • Mir erscheinen solche retrospektiven Psycho-Diagnosen immer ziemlich unseriös.

    Es ist doch nicht ganz unwahrscheinlich, dass die meisten von uns selbst in den 1920er und 30er Jahren Anhänger der frühen Moderne gewesen wären. Wenn etwas völlig selbstverständlich ist, wie etwa das quirlige europäische Straßenleben in schon leicht renovierungsbedürftigen Gründerzeitvierteln um 1930, dann hätte man vielleicht eher wenig Probleme damit gehabt, sich ein Stück erhabene, puristische Ruhe der "Moderne" herbeizusehnen. Auch intellektuell war und ist jeglicher Minimalismus doch durchaus attraktiv. Dass keine wirklich liebenswerten Stadträume daraus hervorgehen, hat man damals so wenig kommen sehen wie Stalin als Ergebnis der kommunistischen Revolution.

    Im Prinzip Zustimmung. Wenn ich Videos oder Bilder aus den 1920er Jahren sehe, dazu die gedrängten Wohnverhältnisse in den Arbeitervierteln, die Toiletten auf halber Treppe oder im Hinterhof, die Lichtarmut und den, ja, Dreck und Verfall, dann kann ich mir eine Sehnsucht nach Sauberkeit und Klarheit auch gut vorstellen.

    Interessant ist ja auch, dass die Moderne den Kampf um die Innenarchitektur im Prinzip gewonnen hat. Die allermeisten wollen nicht mehr mit schweren Teppichen, düsteren Eichenschränken und zu verschnörkelten Möbeln wohnen. Ein antikes Weichholzmöbel geht dann immer noch als Kontrast, sonst gilt kühle Klarheit. Auch ich bin "innen" klar modernistisch aufgestellt und das sind eigentlich alle Altbaufreunde, die ich kenne und die unter 50 sind.

    Insofern Zustimmung, aus der Zeit heraus war dieser Bruch sicherlich verständlich. Aber diese totale Besessenheit mit allem Alten, die Le Corbusier auszeichnete, ist dann doch noch etwas anderes als dort bei einem Gebäude das Stuckdekor reduzieren oder hier einen strengeren Klinkerbau in den Stadtgrundriss einzufügen. Ich bin ja ein großer Freund des Kompromisses und glaube weder an den "Endsieg" der Nachkriegsmoderne noch an eine Art erfolgreiche Reaktion mit endgültiger "Durchsetzung" der klassischen Architektur, sondern das realistischste Szenario ist ein "Ausschwingen" der extremen Kontraste und Wellen in eine Art klassische Moderne, wie wir sie aus meiner Sicht auch jetzt schon sehen können. Ikonische Gebäude werden im Idealfall rekonstruiert, ansonsten herrscht ein bunter Stilmix vor, der sich aber wieder stark an den Leitlinien der europäischen Stadt orientiert. Übrigens wird auch in Budapest und in Warschau an vielen Stellen sehr modern gebaut, es ist nun nicht so, dass da nur noch herrliche Rekos entstehen. Und wenn ich mir die moderne Architektur unserer Nachbarn so anschaue, bin ich sogar immer ganz froh, in Deutschland zu wohnen, denn aus meiner Sicht ist die Architekturqualität zumindest renommierter Projekte hier zur Zeit höher als in den meisten Nachbarländern.

    Wir werden auch damit leben müssen, dass die Moderne ihrerseits historisch wird, immerhin sind die ältesten "modernen" Bauten nun schon 100 Jahre alt. Eine Rückkehr in eine Art verbreiteten Hurra-Historismus sehe ich auch nicht. Am realistischsten ist einfach ein ewiges Weiterwursteln und Schwingen der Pendel in verschiedene Richtungen, ohne dass eine Seite "gewinnt". Und so ist das für mich auch in Ordnung. Le Corbusier wird dabei für mich aber immer für die hässliche Fratze des Exzesses stehen. Und warum das so sein könnte, da fand ich diese Zeilen einfach ganz interessant, mehr nicht.

  • sondern das realistischste Szenario ist ein "Ausschwingen" der extremen Kontraste und Wellen in eine Art klassische Moderne, wie wir sie aus meiner Sicht auch jetzt schon sehen können. Ikonische Gebäude werden im Idealfall rekonstruiert, ansonsten herrscht ein bunter Stilmix vor, der sich aber wieder stark an den Leitlinien der europäischen Stadt orientiert.

    Ich fürchte das bist Du in Deinem Beitrag etwas überoptimistisch. Wie zahllos hier im Forum vorgestellt, sind viele heutige Bauschaffende nicht mehr befähigt sich wirklich integrativ in eine Umgebung einzuarbeiten und ästhetische, angenehme Bauten zu entwerfen, selbst wenn sie sich eigentlich wirklich darum bemühen. Die Rahmenbedingungen stimmen auch einfach nicht. Es muss zu schnell zu viel zu hohen Renditen gebaut werden. Die Moderne war das bequeme Vehikel dafür und bestimmt auch zukünftig entscheidend, wenn es kein Umdenken gibt.

  • Es ist doch nicht ganz unwahrscheinlich, dass die meisten von uns selbst in den 1920er und 30er Jahren Anhänger der frühen Moderne gewesen wären. Wenn etwas völlig selbstverständlich ist, wie etwa das quirlige europäische Straßenleben in schon leicht renovierungsbedürftigen Gründerzeitvierteln um 1930, dann hätte man vielleicht eher wenig Probleme damit gehabt, sich ein Stück erhabene, puristische Ruhe der "Moderne" herbeizusehnen.

    Das Argument habe ich auch mal von einer Studienfreundin gehört. Es stimmt aber nicht. Denn in den 1920er und 1930er Jahren wurde längst nicht mehr im opulenten Neobarock der 1890er Jahre oder im Jugendstil um 1900 gebaut. Längst waren die Erzeugnisse der Reformarchitektur bzw. des Heimatschutzstils (Vgl z.B. hier oder hier oder hier) oder des Expressionismus (Vgl. hier) zum modernen Baustil geworden. Auch der Neoklassizismus kann in diesem Zusammenhang erwähnt werden. (Vgl. hier) Es kann von überbordendem Ornament, das die Menschen erdrückte, also gar keine Rede mehr sein. Es gab also gar nicht "die Moderne" im Bauhaus-Stil, sondern ganz verschiedene moderne Antworten. Erst nach dem zweiten Weltkrieg setzte sich die Bauhaus-Richtung als dominante Stilrichtung durch.

    die Moderne den Kampf um die Innenarchitektur im Prinzip gewonnen hat. Die allermeisten wollen nicht mehr mit schweren Teppichen, düsteren Eichenschränken und zu verschnörkelten Möbeln wohnen.

    Aktuell mag das so sein, wobei ich die von "East_Clintwood" beklagte Uniformität auch bemerke. Jedes Mal, wenn ich spätabends spazieren gehe und in die hell beleuchteten Neubauwohnungen gucke, sehe ich faktisch einen ähnlichen Einrichtungsstil. Weiße Wände, Heller sachlicher Holztisch, graue oder beige Fernsehcouch in L-Form, Flatscreen, ein abstraktes Bild oder ein Fotodruck an der Wand usw...

    Aber auch hier stimmt es nicht, dass Schlichtheit ahistorisch wäre. Man sehe sich Zeichnungen und Gemälde alter Biedermeier-Zimmer aus dem frühen 19. Jahrhundert an. Dort sieht man geschmackvoll eingerichtete Räume, die dennoch schlicht, jedenfalls nicht überbordend sind. (Vgl. hier oder hier)

  • Das Argument habe ich auch mal von einer Studienfreundin gehört. Es stimmt aber nicht. Denn in den 1920er und 1930er Jahren wurde längst nicht mehr im opulenten Neobarock der 1890er Jahre oder im Jugendstil um 1900 gebaut. Längst waren die Erzeugnisse der Reformarchitektur bzw. des Heimatschutzstils (Vgl z.B. hier oder hier oder hier) oder des Expressionismus (Vgl. hier) zum modernen Baustil geworden. Auch der Neoklassizismus kann in diesem Zusammenhang erwähnt werden. (Vgl. hier) Es kann von überbordendem Ornament, das die Menschen erdrückte, also gar keine Rede mehr sein. Es gab also gar nicht "die Moderne" im Bauhaus-Stil, sondern ganz verschiedene moderne Antworten. Erst nach dem zweiten Weltkrieg setzte sich die Bauhaus-Richtung als dominante Stilrichtung durch.

    Aktuell mag das so sein, wobei ich die von "East_Clintwood" beklagte Uniformität auch bemerke. Jedes Mal, wenn ich spätabends spazieren gehe und in die hell beleuchteten Neubauwohnungen gucke, sehe ich faktisch einen ähnlichen Einrichtungsstil. Weiße Wände, Heller sachlicher Holztisch, graue oder beige Fernsehcouch in L-Form, Flatscreen, ein abstraktes Bild oder ein Fotodruck an der Wand usw...

    Aber auch hier stimmt es nicht, dass Schlichtheit ahistorisch wäre. Man sehe sich Zeichnungen und Gemälde alter Biedermeier-Zimmer aus dem frühen 19. Jahrhundert an. Dort sieht man geschmackvoll eingerichtete Räume, die dennoch schlicht, jedenfalls nicht überbordend sind. (Vgl. hier oder hier)

    Im Grundsatz Zustimmung zu beiden Beobachtungen. Deshalb meine ich ja auch, dass die pervertierte "Bauhausmoderne" sich eher nicht als dauerhafter Stil durchsetzen wird, sondern die Referenzen zur Zeit eher die Zwischenkriegs- und frühe Nachkriegszeit sind, in denen eben expressionistische und Heimatstilelemente dominierten. Dass diese Stile nicht 1:1 kopiert werden, sondern eben verändert und zeitgeistig "interpretiert" werden, ist auch klar und schon immer so gewesen.

    Als am wichtigsten empfinde ich aber, dass wir im Städtebau erkennbar wegkommen von der "modernen Stadtplanung", die auf das Primat des Autos ausgerichtet war und allem, was dranhing von der Funktionstrennung bis hin zu den Zeilen- und Einzelbauten statt einer Bebauung im Blockrand. Es ist nachgerade erschütternd, was noch in den 2000er und 2010er Jahren an veraltendem Städtebau in unsere Städte gebaut wurde (Hafencity, ebenfalls dominiert von dicken, trennenden Verkehrstrassen, Überseestadt in Bremen das ganze dann nochmal in bedeutend piefiger).

    Bei der Inneneinrichtung ist auch klar, dass das Pendel irgendwann wieder Umschwingen wird, vielleicht tut es das ja schon, zumindest sind der etwas opulentere "Mid-Century"-Stil, der gerade in ist ja schon ein Schritt weg von der "weiße Oberflächen"- und Glasästhetik, die lange dominierte. Umgekehrt muss ich sagen, dass ich mit dem Einrichtungsstil im Sinne des deutschen Massengeschmacks schon immer gefremdelt habe. Wenn ich jetzt Aufnahmen aus der Kaiserzeit und auch aus wohlsituierten Haushalten sehe, oder aus den 1950ern oder 1970ern, dann gefällt mir eigentlich keiner der Stile so richtig. Wirkt auf mich oft zu wuchtig, zu voll, zu dunkel, fast durchgehend. Auch die hier gelegentlich gezeigten Gaststätteneinrichtungen und Innenaufnahmen von Hotels aus der Vergangenheit vermögen mich selten zu überzeugen.

    Umgekehrt bin ich selbst -wie wohl die meisten Deutschen- relativ "geschmacklos", was Einrichtung angeht, also kein großer Ästhet oder Gestalter, eher so der "Abwohner"-Typ und bei uns ist auch nicht jede Wand weiß, sondern alles ziemlich durcheinander und v.a. zu vollgestopft.

  • Ich fürchte das bist Du in Deinem Beitrag etwas überoptimistisch. Wie zahllos hier im Forum vorgestellt, sind viele heutige Bauschaffende nicht mehr befähigt sich wirklich integrativ in eine Umgebung einzuarbeiten und ästhetische, angenehme Bauten zu entwerfen, selbst wenn sie sich eigentlich wirklich darum bemühen. Die Rahmenbedingungen stimmen auch einfach nicht. Es muss zu schnell zu viel zu hohen Renditen gebaut werden. Die Moderne war das bequeme Vehikel dafür und bestimmt auch zukünftig entscheidend, wenn es kein Umdenken gibt.

    Das mag sein, bzw. ist sicher so. Mich erfreut zumindest schonmal, dass wir in unseren Zentren wegkommen von diesen kontrastigen Schrottentwürfen hin zu repräsentativeren und angepassteren Neubauten, viele Beispiele aus Hamburg und Köln sind hier schon gezeigt worden, sogar aus Bremen gibt es ein paar gelungene Neubauten im altstädtischen/innerstädtischen Kontext. Es ist nicht so, dass dieses Wissen verloren gegangen ist, es lag nur lange brach und muss erst wiederbelebt werden UND es ist leider auch oft teurer, so zu bauen, was eben dazu führt, dass eine periphere Lage in Gelsenkirchen tendenziell nicht von dieser Entwicklung profitiert.

    Ich empfehle wirklich, sich mal dieses Video von dem Neubau des "Elisenpalais" in Hamburg anzuschauen. Das Architektenbüro hat sich ganz intensiv mit der Geschichte des Ortes und den umgebenden Stilen beschäftigt, der Gewinnerentwurf ist ein würdiger Nachfolger des Anfang der 1960er bis zur Unkenntlichkeit entstellten Ursprungsbaus.

    Klar, das ist eine Toplage in einer der reichsten Städte Deutschlands, zudem bieten die Stile der Umgebung, die an der Schwelle zur Moderne standen, reichlich Anknüpfungspunkte, aber das ist schon ein richtiger Schritt und eine Sache, die vor 20 Jahren so nicht möglich gewesen wäre.

  • Die allermeisten wollen nicht mehr mit schweren Teppichen, düsteren Eichenschränken und zu verschnörkelten Möbeln wohnen. Ein antikes Weichholzmöbel geht dann immer noch als Kontrast, sonst gilt kühle Klarheit.

    Ist mir noch nie so bewusst geworden... Aber es stimmt. Die Moderne hat den Kampf um die Innenarchitektur gewonnen. Die Auswirkungen auf Städtebau und Stadtbild in Wirtschaft und Politik wären eine Untersuchung wert. Ich muss sagen, ich wohne nicht so, in keinem meiner Wohnsitze. Schlimmstenfalls ist es kleinbürgerliche Nachkriegszeit mit großräumigen Einbaumöbeln und fauteuilartigen Sitzgarnituren. Günstigstenfalls "echt antik". Ich muss sagen, ich verachte die "kühle Klarheit" des modernen Wohnens. Leute, die auf sich etwas halten, wohnen einfach nicht so. Nicht bei uns in Wien. Leider sind das nicht mehr viele.

    Ich könnte gar nicht so wohnen, weil ich mein Leben hindurch viel zu viel Meublage ererbt, angesammelt, mitgeschleppt etc habe und einfach nicht wüsste, wo sonst hin damit. Und ich hab auch viel zu viele "Sachen" - Bücher, Schallplatten, Bilder, Porzellan, die einfach irgendwo "sein müssen". Ich sag mir: wie in den Wohnungen sieht es auch im Inneren der Köpfe oder der Psyche aus.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Bei der Frage, was diese Leute geritten hat, finde ich diese Erklärung auf jeden Fall ganz interessant.

    Ich auch. Wir brauchen keine Angst davor haben, nach den Wurzeln und Ursachen des modernistischen Bauens zu schauen.
    Es ist wichtig, diesen Aspekt tiefer zu verstehen und zu untersuchen, um die heutigen Probleme lösen zu können.
    So wie bei allen Problemen die Ursachenforschung idR der erste Schritt ist, statt Symptombekämpfung.

  • Bei der Inneneinrichtung ist auch klar, dass das Pendel irgendwann wieder Umschwingen wird, vielleicht tut es das ja schon

    Ja, das tut es schon seit einigen Jahren. "Vintage", "Shabby Chic", "Boho", "antik" - das alles ist zumindest hier in Berlin sehr hoch im Kurs. Auch in vielen anderen Orten.

    Man will sicher nicht mehr die Schwere und Überladenheit der Wohnungen bis in die 1950er hinein. Doch viele wollen auch nicht die totale minimalistisch-technische Kühle. Man will wieder Massivholzmöbel mit Dekor, Ornament an den Wänden (und sei es in Form von farblichen Zierleisten, Wandteppichen, Holzdekoren, Goldapplikationen u.ä.), viel Natürliches und mehr klassisch-eleganten Chic.

    Im High-End-Spektrum sieht man solche Trends z.B. bei AD Interior: https://www.ad-magazin.de/interior

    Zum für Normalverdiener erschwinglicheren Wohnen gibts etliche Magazine, Blogs und Pinterest-Sammlungen.
    Z.B. für Boho-Stil: https://www.pinterest.de/couchmagazin/wohnen-im-boho-stil/
    Landhausstil: http://www.landhausliving.de/start/

    Natürlich, Schöner Wohnen: https://www.schoener-wohnen.de/einrichten/rae…2-13225230.html

    Und viele mehr.