Wien – was vom alten Wien nicht blieb (Galerie)

  • Zitat von "ursus carpaticus"

    Aber wie sieht s aus mit Rom und den anderen italienischen Metropolen, Neapel, Venedig, Florenz, Bologna?
    Auch in Prag wehrten sich die Nationalisten erfolgreich dagegen, das als tschechisch empfundene Erbe nach Wiener Vorbild über Bord zu werfen (anders im dt. Brünn, das seine tw gotische Altstadt völlig einbüsste), auch Krakau blieb gut erhalten.

    Wobei du hier Äpfel mit Birnen vergleichst, gerade an manchen italienischen Gebieten ist die Industrialisierung spurlos vorbeigegangen, Krakau war Peripherie, Brünn wohl eine Ausnahme, sonst wäre wohl Graz auch verunstaltet worden. Prag lass ich gelten!

    Zitat von "ursus carpaticus"


    Die schönsten Städte Europas sind sicher nicht Paris und Wien, sondern weit eher Rom und Prag.

    Ja, find ich auch, da hast du meine Zustimmung. Paris oder Wien spielen heute sicher nicht mehr in einiger Liga mit Städten wie Prag oder Rom (meiner Meinung nach die beiden schönsten Europas). Obwohl mir in Rom auch das Herz geblutet hat ob der faschistischen Zerstörungswut, z.B. beim Vatikan.

    lg

    "Ich denke an Wien, so wie Sie an Brüder, an Freunde denken, die jetzt an der Front sind. Nun sind sie fern von Ihnen und Sie wissen sie in Gefahr, ohne ihnen beistehen, ohne diese Gefahr teilen zu können" - Stefan Zweig 1940

  • Alles subjektiv, ich finde z.B. Wien oder auch Budapest mit ihrer gründerzeitlichen Pracht- und Monumentalarchitektur subjektiv
    beeindruckender und vor allem großstädtischer als Prag, das wiederum malerischer und vielleicht architektonisch von größerer
    historischer Tiefe ist, ihr mögt da andere Kriterien haben. :)

    In dubio pro reko

  • Zitat von "ursus carpaticus"

    Du verstehst noch immer nicht. Einen derartigen massiven Substanzverlust gab es - in Wien zumindest - niemals. Was ab 1860 in Wien geschah, war ein ganz einzigartiger, nur als destruktiv zu bezeichnender Prozess.


    Ich wiederhole mich gerne:

    Zitat

    Dass es die Gründerzeit manchmal übertrieben hat, ist vor allem der Aufbruchstimmung und Industrialisierung in Verbindung mit erhöhtem Wohnbedarf dieser Epoche zu verdanken. Der Baustil an sich kann da nicht viel dafür.


    Außerdem habe ich bereits mehrfach zu erkennen gegeben, dass ich Wien diesbezüglich dank Deiner Informationen inzwischen einen Sonderstatus einräume, der dann aber bitte auch als Solcher zu behandeln ist und keine allgemeinübergreifende Historismus-Hetze rechtfertigt. Es gibt durchaus Gegenbeispiele wie Jena, Freiburg oder Wiesbaden, in denen der Historismus für mich eindeutig und ausschließlich als Bereicherung zu sehen ist, selbst wenn es auch hier manchen Abbruch gab. Und auch mit diesen positiven Aspekten könnte man ganze Stränge füllen! Alles, was ich verlange, ist eine differenzierte und seriöse Beurteilung dieser Zeit und dieses Stils. :augenrollen:

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Das jüngste Beispiel einer "Stadtzerstörung" dieser Art kann man in Bukarest bewundern. Das ist echt die Härte. Würde gerne mal Deine Meinung dazu hören Jungwörf.

  • Kannst Du das mal näher definieren? Meine Meinung wird wahrscheinlich nicht viel anders ausfallen: Flächendeckende Abrisse von Vorkriegsarchitektur sind wohl kaum zu entschuldigen, sei es nun Gründerzeit oder früher - aber schon gar nicht in unserer heutigen Zeit, und schon dreimal nicht, wenn an deren Stelle modernistische Architektur tritt. Aber wie gesagt, dazu müsstest Du Deinen Vergleich erst mal konkretisieren: Wie jung? Redest Du vom Wahn-Umbau der Ceau?escu-Ära?

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
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  • Zitat von "youngwoerth"


    Ich wiederhole mich gerne:


    Außerdem habe ich bereits mehrfach zu erkennen gegeben, dass ich Wien diesbezüglich dank Deiner Informationen inzwischen einen Sonderstatus einräume, der dann aber bitte auch als Solcher zu behandeln ist und keine allgemeinübergreifende Historismus-Hetze rechtfertigt. Es gibt durchaus Gegenbeispiele wie Jena, Freiburg oder Wiesbaden, in denen der Historismus für mich eindeutig und ausschließlich als Bereicherung zu sehen ist, selbst wenn es auch hier manchen Abbruch gab. Und auch mit diesen positiven Aspekten könnte man ganze Stränge füllen! Alles, was ich verlange, ist eine differenzierte und seriöse Beurteilung dieser Zeit und dieses Stils. :augenrollen:

    Wien als Sonderbeispiel wär zwar schön, ist es aber leider nicht. Der Historismus ist doch nie eine Bereicherung, wenn er altes ausradiert hat, weder in Jena noch in Freiburg noch sonstwo. Vor allem nicht eindeutig und ausschließlich. Je weiter dieser Strang geht, desto stärker beziehst du Gegenposition und igelst dich darin ein.

    "Ich denke an Wien, so wie Sie an Brüder, an Freunde denken, die jetzt an der Front sind. Nun sind sie fern von Ihnen und Sie wissen sie in Gefahr, ohne ihnen beistehen, ohne diese Gefahr teilen zu können" - Stefan Zweig 1940

  • Zitat von "youngwoerth"

    Kannst Du das mal näher definieren? Meine Meinung wird wahrscheinlich nicht viel anders ausfallen: Flächendeckende Abrisse von Vorkriegsarchitektur sind wohl kaum zu entschuldigen, sei es nun Gründerzeit oder früher - aber schon gar nicht in unserer heutigen Zeit, und schon dreimal nicht, wenn an deren Stelle modernistische Architektur tritt. Aber wie gesagt, dazu müsstest Du Deinen Vergleich erst mal konkretisieren: Wie jung? Redest Du vom Wahn-Umbau der Ceau?escu-Ära?

    Nein nein, das ist hochaktuell, hab da vor kurzem einen Artikel darüber gelesen. Bukarest, das einstige Paris des Ostens, ist verloren!

    "Ich denke an Wien, so wie Sie an Brüder, an Freunde denken, die jetzt an der Front sind. Nun sind sie fern von Ihnen und Sie wissen sie in Gefahr, ohne ihnen beistehen, ohne diese Gefahr teilen zu können" - Stefan Zweig 1940

  • Zitat von "Dirk"

    Alles subjektiv, ich finde z.B. Wien oder auch Budapest mit ihrer gründerzeitlichen Pracht- und Monumentalarchitektur subjektiv
    beeindruckender und vor allem großstädtischer als Prag, das wiederum malerischer und vielleicht architektonisch von größerer
    historischer Tiefe ist, ihr mögt da andere Kriterien haben. :)

    Hmmm, naja, Prag ist für mich der Inbegriff einer Großstadt, eben des 16. Jhdts.

    "Ich denke an Wien, so wie Sie an Brüder, an Freunde denken, die jetzt an der Front sind. Nun sind sie fern von Ihnen und Sie wissen sie in Gefahr, ohne ihnen beistehen, ohne diese Gefahr teilen zu können" - Stefan Zweig 1940

  • "Der Historismus ist doch nie eine Bereicherung, wenn er altes ausradiert hat, weder in Jena noch in Freiburg noch sonstwo."

    Wieder ein SUBJEKTIVES Urteil. :zwinkern: Ich sehe das ganz anders.

    In dubio pro reko

  • Zitat

    Wie jung? Redest Du vom Wahn-Umbau der Ceau?escu-Ära?


    Ja sicher. Der letzte großangelegte (zum Glück nie vollendete Umbau) einer Stadt mit Häusern historistischer Prägung, wohlgemerkt bis 1989. Ich war selbst letztes Jahr dort und muss sagen, dass die Boulevards schon beeindruckend sind, ja sogar nett anzuschauen sind, wenn man sich jedoch vor Augen hält, was dafür alles abgerissen wurde- ein Jammer. Diese Stadt ist völlig verhunzt. Da hat es Wien besser getroffen.

  • Zitat von "Dirk"

    Wieder ein SUBJEKTIVES Urteil. :zwinkern:


    Schön, dass es noch jemand anders merkt. :)

    Erbsli, den anderen Strang gibt es ja bereits - mit den selben sturen Argumentationen beider Seiten. :lachen:
    Von mir aus muß nicht weiter drüber geredet werden. Und - da hast Du Recht - natürlich schon gar nicht hier...

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
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  • Zitat von "Dirk"

    "Der Historismus ist doch nie eine Bereicherung, wenn er altes ausradiert hat, weder in Jena noch in Freiburg noch sonstwo."

    Wieder ein SUBJEKTIVES Urteil. :zwinkern: Ich sehe das ganz anders.


    Öhem .... willst du allen Ernstes behaupte, daß es eine "Bereicherung" sein kann, ein gotisches oder barockes Stadtviertel abzureißen und durch Gründerzeitbebauung zu ersetzen??? Tut mir leid, aber da komme ich wirklich nicht mit.

    In den mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bauten und Vierteln lebt nun einmal die Seele einer Stadt, das, was sie im innersten ausmacht und das, was unsere Identität als geschichtliche Wesen in einer alteuropäischen Lebenswelt ausmacht (und das ist im übrigen kein "subjektives Urteil"; überhaupt ist die Diskussion über "subjektiv" und "objektiv" hier müßig, weil es um existenziale Fragen der Geschichtlichkeit unserer Existenz geht und die liegen quer zu Differenz "subjektiv-objektiv"), in den Gründerzeitbauten als Neo-Stil eben nicht.
    So nett Gründerzeit manchmal sein mag, die existentiell-geschichtliche Bedeutung der vormodernen Bauten und Viertel haben sie nunmal nicht. In der Hinsicht sehe ich übrigens nicht mal einen großen Unterschied zwischen dem Historismus und dem Bauhaus. Auf ihre Weise sind beides Modernismen und insofern ist der Unterschied zwischen ihnen allenfalls graduell und ästhetisch, aber nicht prinzipiell. Meine generellen Vorbehalte gegen den Modernismus in der Architektur treffen beide, Historismus wie Bauhaus.

  • Zitat von "Philon"

    ...Meine generellen Vorbehalte gegen den Modernismus in der Arhcitektur treffen beide, Historismus wie Bauhaus.


    Was ist nicht kapiere ist, in welchem Stil du denn heutzutage am liebsten bauen würdest (sofern keine Rekonstruktion irgendeines Vorgründerzeitlers möglich ist). Bei mir würde es irgendwie immer ein wenig historistisch aussehen. Und bei dir?

  • Bitte hier weiter diskutieren!!!

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zitat von "Philon"

    [
    In den mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bauten und Vierteln lebt nun einmal die Seele einer Stadt, das, was sie im innersten ausmacht und das, was unsere Identität als geschichtliche Wesen in einer alteuropäischen Lebenswelt ausmacht (und das ist im übrigen kein "subjektives Urteil"; überhaupt ist die Diskussion über "subjektiv" und "objektiv" hier müßig, weil es um existenziale Fragen der Geschichtlichkeit unserer Existenz geht und die liegen quer zu Differenz "subjektiv-objektiv"), in den Gründerzeitbauten als Neo-Stil eben nicht.
    So nett Gründerzeit manchmal sein mag, die existentiell-geschichtliche Bedeutung der vormodernen Bauten und Viertel haben sie nunmal nicht. In der Hinsicht sehe ich übrigens nicht mal einen großen Unterschied zwischen dem Historismus und dem Bauhaus. Auf ihre Weise sind beides Modernismen und insofern ist der Unterschied zwischen ihnen allenfalls graduell und ästhetisch, aber nicht prinzipiell. Meine generellen Vorbehalte gegen den Modernismus in der Architektur treffen beide, Historismus wie Bauhaus.

    Wahre Worte, denen eigentlich nichts hinzuzufügen ist.
    Vielleicht soviel: Als Einzelphänomene können sowohl Historismus als auch Bauhaus durchaus angehen, siehe Weimar. als inflationäres Massenphänomen jedoch können sie unerträglich werden. Hier wird ihre Seelenlosigkeit gnadenlos offengelegt. Beliebig reproduzierbare Industrieware eben.

    Die kritiklose Historismusverherrlichung von einigen hier ist in der Tat mehr als befremdlich und trägt ignorante Züge. Ich hätte mir tatsächlich angesichts der enormen Qualität und Quantität des gezeigten Verlorenen mehr erwartet als: das muss man wertfrei ('objektiv') sehen, auch die Nachfolgebebauung ist schön, oder gar: ich würde ohnhin lieber in gründerzeitlichen Bauten wohnen. Hier besteht in der Tat kein Wesensunterschied etwa zu den Nürnberger 50er-Jahre-Verherrlichern. Diskussionen über Altstadterhaltung oder -schutz sind auf dieser Ebene eigentlich müssig. Hauptsache die Fassaden sind schick geschmückt...
    Völlig im Ernst: warum den NM originalgetreu rekonstruieren, wenn es x-beliebige Historismusfassaden genauso tun, wenn gar kein substantieller Unterschied zwischen Barock und Gründerzeit bestehen soll?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zitat von "youngwoerth"

    Bitte hier weiter diskutieren!!!

    Nichts da, das gehört schon HIERHER, ins gründerzeitliche Sündenregister.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • :gehtsnoch:

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zur Auflockerung und Beruhigung unserer Historismusfreunde was weniger Verfängliches:

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    farm4.static.flickr.com/3310/358 ... 1cf0_b.jpg
    Die Tiefe Graben-Brücke vor der Demolierung und Ersetzung durch die heutige hüsche Stahlkonstruktion.
    Aber ruhig Blut, sie war nur neogotisch. :gg:

    Der im Weltkrieg übel getroffene, aber hervorragend rekonstruierte Platz am Hof sieht heute nicht viel schlechter aus, wie Kleists angekündigte Bilder belegen werden. So gesehen passt dieses Bild nicht ganz in diesen Strang.

    http://farm3.static.flickr.com/2447/3589053257_4ba0f8ac3a_b.jpg\r
    farm3.static.flickr.com/2447/358 ... ac3a_b.jpg
    Was heute anders ist?
    Der Barockbau links war ein Totalverlust, wurde jedoch gut rekonstruiert, auch das Zeughaus war beschädigt. Mittlerweile durch Sturmtief Emma zerstört, wartet der Attikaschmuck mW immer noch auf die Wiederherstellung.
    Die beiden Häuser in Bildmitte jedoch gehören zu unserem Thema. Hier werden wieder einige sagen, halb so wild, da gibt s Schlimmeres, und sie haben recht dabei. Der historistische Nachfolgebau wurde nach 45 vereinfacht wiederhergestellt, was dem Gesamtbild keineswegs abträglich ist.
    Bald wird es leider mit etwas Substanziellerem weitergehen...
    (beide Bilder HM dStW)

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zitat von "ursus carpaticus"


    Bald wird es leider mit etwas Substanziellerem weitergehen...
    (beide Bilder HM dStW)

    mmh...vielleicht das ehemalige Kriegsministerium am Hof?