• Zitat von "ulgemax"

    der grund für die begeisterung diesem bauwerk gegenüber verschlägt mir immer wieder die sprache. der berliner dom ist doch das hässlichste, unproportionierteste gebäude der ganzen stadt, ein ästhetischer terrorangriff auf das alte museum und die alte nationalgalerie. als dieses krümelmonster seinerzeit fertiggestellt wurde, ziehen es die zeitgenossen als kaufhausarchitektur, während der neubau von messels warenhaus wertheim in der leipziger straße als eigentliche kathedralenarchitektur gerühmt wurde. in diesem sinne: rekonstruktion des schinkel-doms! tod dem krümelmonster!!

    Komm an mein Herz und lass dich küssen :bussigelb:

    Endlich einmal jemand, der hier die Wahrheit über diesen Monsterbau ausspricht!!

    Nur historische Förmchen allein lassen eben noch kein großes Baukunstwerk entstehen.

    In diesem Sinne: Wer gründet mit mir einen Verein für den Abbruch des Raschdorffschen und zur Reko des Schinkel-Doms? :lachen:

  • Ich nicht. Der Berliner Dom ist mir eines der schönsten Bauwerke in Mitte. Der Schinkel-Dom darf aber gerne in Marzahn rekonstruiert werden.

  • Immer wieder interessant, wie unterschiedlich deftig die Geschmäcker sind. Ein Streit darüber lohnt nicht. Ich liebe die historistische Version mit alten und neuen Kuppeln. Den Vorgänger finde ich fuuurchtbar langweilig. :gaehn:

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Dito ! und ich finde es immer wieder erstaunlich mit welcher Heftigkeit hier gegen andere Geschmacksrichtungen vorgegangen wird. Aber genug davon.

  • Der Schinkel-Dom ist meiner Meinung nach total verunglückt und schaut eher wie ein Wasserturm aus. Die aktuelle Domarchitektur ist außen übrigens auch nicht viel besser mit seiner Verstümmelung von Raschdorffs Architektur. Ein Schatten seiner selbst mit seinen totalverunglückten Dachkonstruktionen.

  • Ich steh wohl kaum in Verdacht übermäßige Sympathie für historistische Schinken zu haben, muss aber dennoch sagen, dass die Ausfälligkeiten gegen den Berliner Dom zu weit gehen. Ich finde ihn nicht schlecht proportioniert, schon gar nicht mit der neuen Kuppel. Eine Art Petersdom nördlich der Alpen, wie schon gesagt wurde, natürlich in historistischer Form und Machart, aber in sich stimmig.
    Der Hass gegen ihn mag um die Jahrhundertwende verständlich gewesen sein, aber heute? Was ist heute jenseits der Schlossbrücke von Berlin übrig geblieben? Der Dom ist hier neben dem Fernsehturm der einzige identitätsstiftende Großbau der Stadt. Hier verschandelt er kein Stadtbild, da er es bildet, da ohne ihn von einem solchen gar keine Rede sein könnte.
    Auch ist Berlin nicht Potsdam, dh sein wertvolles barock-klassizistisches Stadtbild ist (abgesehen von den Linden) weitestgehend bereits im Wilhelminismus untergegangen, was sicher damals beklagenswert war (im Hinblick auf WC jedoch heute bedeutungslos ist). Vom Schloss bis zum Alex nur historistische Dutzendbauten, deren Untergang wahrlich die allerverkraftbarste Wunde in D.s vielgeschundener Städtelandschaft war. Der Dom erschien schon damals in dieser Beliebigkeit die einzige Ausnahme halbwegs verbindlichen Bauens. Dazu kommt sein Rang als in Zentraleuropa einzigartiges Bauwerk - andere Städte haben immerhin mittelalterliche, im Extremfall barocke Dome, das schon sehr östliche Pest ausgenommen. Durch den Wiederaufbau hat er mE sogar gewonnen, die archaische Kuppel lässt ihn älter und gewichtiger erscheinen, außerdem passt er perfekt in das heute postmoderne Stadtbild und harmoniert bestens mit dem Fernsehturm.
    Den Schnickschnack an den Kuppeln fehlt mir nicht, es entwertete den Dom insgesamt, nahm ihm die staatstragend-sakrale Würde.
    Der Vorgängerbau erscheint mir extrem provinziell gewesen zu sein, ihm haftet förmlich der Geruch orthodoxer Kirchen des Ostens an, rumänischer oder ukrainischer Prov(en)i(e)nz. Karasek schrieb etwas von preußischer Zurückhaltung, aber das hier schien mir zu weit zu gehen. Allein diese Sparvariante von Portikus mit nur zwei Säulen zwischen diesen dicken Außenpfeilern! Eine prototypisch-provinzielle Ausgabe von Helsinki.
    Keine Frage, dass der jetzige Dom eine Verbesserung darstellt, eines der wenigen gelungenen Beispiele dieser architektonisch unseligen Zeit.
    Den alten Dom zu rekonstruieren kann ein nicht ernst gemeinter Vorschlag sein. Wenn man dies wirklich wollte, wäre auf dem Marx-Engels-Forum wahrlich genug Platz. Hier könnte man eine bunte Mischung wertvoller im Laufe der Zeit untergeganger Altberliner Bauten auferstehen lassen, in unhistorisch-verspielter Anordnung, à la Nicolaiviertel. Bedeutendes stand dort am Ende ohnehin nicht mehr.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ich stimme mit "ursus carpaticus" oftmals nicht überein, in diesem Punkt bin ich aber auf seiner Linie. Ich finde sogar auch, daß der Dom durch die modernere Kuppel des Wiederaufbaus ästhetisch gewonnen hat. Das alte Dach war etwas zu überladen und lenkte zu sehr von der Fassade ab. Nun, das ist natürlich alles Geschmackssache. Aber eigentlich kann man sich diese Diskussion schenken, denn niemand beabsichtigt realistisch, den Dom abzureißen, um dort den vorherigen Schinkel-Dom wieder hinzustellen. Wer letzteren unbedingt wieder haben möchte, kann ja gerne anregen, ihn auf irgendeinem Brachgrundstück wieder zu errichten. Oder gleich ein eigenes Grundstück zur Verfügung stellen. Möglichenfalls wäre eine solche Transloka-Rekonstruktion ja ein Gewinn für manches geschundene Stadtviertel.

  • Ich mag die aktuelle Kuppel gar nicht. Irgendwie sieht der Dom so aus wie eine russisch-orthodoxe Kirche mit den Kuppelkrönungen. Ich hoffe ja, dass irgendwann der Wilhelminische Dom komplett rekonstruiert wird - mit Denkmalkirche und Kuppel.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat von "ursus carpaticus"


    Den Schnickschnack an den Kuppeln fehlt mir nicht, es entwertete den Dom insgesamt, nahm ihm die staatstragend-sakrale Würde.
    Der Vorgängerbau erscheint mir extrem provinziell gewesen zu sein, ihm haftet förmlich der Geruch orthodoxer Kirchen des Ostens an, rumänischer oder ukrainischer Prov(en)i(e)nz. Karasek schrieb etwas von preußischer Zurückhaltung, aber das hier schien mir zu weit zu gehen. Allein diese Sparvariante von Portikus mit nur zwei Säulen zwischen diesen dicken Außenpfeilern! Eine prototypisch-provinzielle Ausgabe von Helsinki.

    Natürlich macht der wilhelminische Bau mehr her, und natürlich ist der Schinkel- Bau einfach und provinziell. Beide sind Zeugen ihrer Zeit. Das Preussen vor Wilhelm war überzogen mit einfachen Kirchen, deren alte Bezeichnung Bethäuser den Kern der Sache viel mehr trifft. Das waren Häuser die auf den Kern der Sache zurückgeführt waren, ohne Schmuck und Pomp nur dem Glauben verpflichtet. In einem Land mit konfessioneller Diversität war Zurücknahme und Bescheidenheit Pflicht und Tugend zugleich. Der jetzige Dom dagegen ist Zeugnis wilhelminischer Prunksucht, das Auftrumpfen mittels eines protestantischen Petersdom in einem Staat mit kirchlichen Konflikten illustriert bis heute jene Anmaßung die den Wilhelminismus gerade so unpreussisch machte.
    Unter diesem Aspekt ist mir der Schinkel- Bau dann tatsächlich lieber, denn er symbolisierte das Gute in Preussen. Das Ergebnis mag man als provinziell empfinden, ich aber empfinde gerade diese Zurückhaltung als angenehm und für den Ort passend.

  • Und ich wiederum kann das Herumgehacke auf den beiden Domen nicht nachvollziehen - weder das Lästern über den Schinkelbau noch die Haßausbrüche gegen den Raschdorf-Dom. Beide Bauwerke sind Kinder ihrer Zeit. Den alten Dom hätte man weiß Gott nicht abreißen sollen, es ist schade drum; allerdings wurden in der damaligen Zeit (Anfang des 20. Jahrhunderts) noch ganz andere Bauwerke dem Zeitgeschmack geopfert - wo will man da anfangen? Der "neue" Dom ist nun mal da, seit über 100 Jahren, und er ist um Längen angenehmer als so ziemlich alles, was in der näheren Umgebung danach gebaut wurde.

    Nebenbei: Ulbricht sagte um 1950: "Wir hatten die Wahl, entweder den Dom oder das Schloß abzureißen. Hätten wir den Dom abgerissen, hätten wir die ganzen Kirchenleute gegen uns gehabt. Mit den paar Kunsthistorikern hingegen werden wir schon fertig." Daß es tausendmal besser gewesen wäre, wenn Ulbricht sich für die Alternative entschieden hätte, bedarf wohl keiner Diskussion. Aber trotz des Verlaufs der Geschichte jetzt noch Abrißgelüste gegen den Dom zu hegen - halte ich angesichts der gefühlten 100.000 wirklich schlimmen Bausünden in Berlin für mehr als abwegig, so daß ich solche Sprüche nicht ernstnehmen kann.

  • natürlich kommt ein abriss des krümelmonsters nicht ernsthaft in frage. aber so, wie es in der architektur des 20. jahrhunderts - und nicht zuletzt in berlin - neben einigen wenigen ganz hervorragenden architekten und architekturen eine große zahl harmloser epigonen und leider auch viele missgriffe gab, gab es dieses auch in vorherigen zeiten. ich halte es mit oktavian: historische förmchen allein ergeben noch keine große baukunst. im grunde sind doch sämtliche kirchen des ausgehenden 19. jahrhunderts in berlin künstlerisch wertlos.

  • Zitat von "ulgemax"

    krümelmonsterns


    Muss das sein?

    Zitat

    historische förmchen allein ergeben noch keine große baukunst


    Was ist denn Deine subjektive Definition des Begriffes "Baukunst"? Evtl. habe ich eine andere auf Lager. :zwinkern:

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
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  • bitte sehr: "baukunst ist der räumliche vollzug geistiger entscheidungen" (ludwig mies van der rohe), nicht das prunksüchtige anhäufen von einzelelementen, ohne, dass damit einer raumidee gedient wird. der raschdorff-dom zeigt genau diesen krämergeist, daher auch kerrs damaliger spott, dass am lustgarten ein neues kaufhaus eröffnet habe. pantheon und parthenon verkörpern idealtypisch die polaren grundideen des architektonischen raums, und deswegen bewundern wir sie, ebenso wie andere, auf ähnlich konzeptuelle weise einer raumidee verpflichteten bauwerke (die stereometrie der romanischen dome, die in farbe und licht aufgelösten kathedralen der gotik, die idealgeometrien der renaissance-villen...) noch heute. das beweist, dass ideen zeitlos sind, weshalb der heute so viel strapazierte begriff der innovation im reich der baukunst eine untergeordnete rolle spielt. die architektur unserer zeit krankt wie die architektur des wilhelminismus an einer bevorzugung des einfalls gegenüber der idee, gepaart mit der prunksucht der innovation (damals des ornaments).

  • Der Schinkeldom war in der Tat etwas kleinstädtisch für seinen Standort, aber nun wirklich hässlich. Nicht zu vergessen, dass es sich lediglich um den umgebauten barocken Dom von Fr.d.Gr. handelt und er aufgrund der schon unter F.IV. aufkommenden Abrissplänen etwas heruntergekommen war. Anderersits frage ich mich, ob die Stülerentwürfe so passend gewesen wären. Schön sind sie, aber ob ne ital. oder neogot. Kathedrale zw. den Barock und Klassizismus gepasst hätte...? Allerdings weiß ich auch nicht, was an dem neuen Dom so krümelmonströs ist...Monströs ist vielleicht die Größe, aber bis auf diese ganzen Figurengruppen vielleicht, ist die Fassade doch eigentlich recht "glatt", verglichen mit den Kaufhäusern. Ich finde die Nicolaikirche in Potsdam weitaus unattraktiver. Irgendwas gefällt mir an ihr nicht, weiß nicht genau was.

    Was meint ihr, wie der Lustgarten aussähe, hätte man den Dom abgerissen? Hätte der PdR dann dort gestanden? Die Fläche ist ja schließlich kleiner. Gäbe es auch ne Reko-Diskussion? Wäre es der Raschdorf- oder Schinkeldom? Schinkeldom=Disneyland?

  • Neobarock, vor allem so prunkvoller (oder überladener, wie manch einer findet), ist und war nun mal nicht jedermanns Sache. Ich kann durchaus verstehen, dass man den Dom deshalb nicht sonderlich mag. Manch einer bevorzugt es nun einmal schlichter, okay! Aber den Dom dafür als monströs und hässlich hinzustellen...? In Berlin steht oder stand gleich in nächster Umgebung so einiges, was um vieles schlimmer anzusehn ist/war. Wie würde man diese Kisten dann bezeichnen, wenn der Dom doch schon an Negativsuperlativen kaum mehr zu überbieten ist? Hier, finde ich, geht die Ablehnung etwas über das Maßvolle hinaus. :zwinkern:
    Und was ist an dem Dom wirklich monströs? Man sehe sich die Kathedralen und Dome in anderen europ. Hauptstädten an. Dagegen ist der Dom ein Winzling. Nicht nur musste er eng zwischen Lustgarten und Spree gequetscht werden, nein, es fehlt heute auch noch die Denkmalkirche. Ohne das Kuppelkreuz würde die Kuppel noch nicht einmal über 100 Meter aufragen... Monströs ist er keines Falls, höchstens etwas unproportioniert und teilweise entstellt, ja! Das haben wir aber Krieg und DDR zu verdanken.

    Man verpasse dem Dom ein Sandstrahlpeeling und überarbeite nochmal die zu mickrige Laterne über der Hauptkuppel (wenn schon keine originale Rekonstruktion) und schon würde er für mich sogar zum schönsten gehören, was Berlin architektonisch so zu bieten hat.

  • Treverer: genau!! Aber vergess bitte nicht das ohne 4 Laternen auf die Türme der Dom immer noch nicht schön aussieht. Die "plumpe" Wirkung der heutige Dom hat viel zu tun mit der "massige" Aufbau. Mit Taufkappelle und mit Laternen und Spitzen wirkt alles am Dom auch mehr "filigran" und hat der Dom ein weniger plumpe Ausstrahlung.

    Die 5 laternen sollen dann auch bald kommen müssen............................

  • Schortschi / Algenmax / Oktave / ...

    Warum ist es eigentlich so schwer, zu sagen: Der historistische Dom gefällt mir nicht. :?:
    Warum muß bei Bauwerken dieser Stilistik damit immer der Versuch einhergehen, sie als objektiv wertlos und einfältig darzustellen? Geht mir sooooo auf den Keks...

    Ist es nicht interessant, dass ich Eure von allerlei theoretischem und pseudoobjektivem (aber durchaus interessantem 8) ) Gedöns begleiteten Stilistiken häufig als die deutlich schlechtere Alternative bewerte? Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht durch die Zahlen-Formeln-Kunsthistorik-Brille blicke, sondern ausschließlich die Gefühle betrachte, die ein Gebäude in mir auslöst. Der Berliner Dom ist nicht objektiv mißraten. Manchen Personen erscheint er mißraten. Also subjektiv. Goldener Schorsch!

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zitat von "Treverer"

    Neobarock, vor allem so prunkvoller (oder überladener, wie manch einer findet), ist und war nun mal nicht jedermanns Sache.


    Gotik, Bauhaus, Schinkel & Co ebenso wenig. Was ist daran historismusspezifisch?

    Zitat

    Manch einer bevorzugt es nun einmal schlichter, okay!


    Und manch einer bevorzugt es prunkvoll. Eigentlich kein Anlaß zu Problemdiskussionen. Gäbe es da nicht die bemerkenswerte Deutungshoheit Einiger, dass ein bestimmter Stil objektiv unterlegen und minderwertig zu sein hätte. :zwinkern:

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!