• ...Die Baumeister wussten darum und haben damit gelebt oder wie im Barock ab und zu die Oberflächen überfasst, was bei Großbauten nicht möglich ist. Auch bedarf eine Überfassung ständiger Pflege sonst sieht´s nach wenigen Jahren viel schlimmer aus als etwas dunkler Sandstein.

    Es ist nicht nur ein "etwas dunkler" Sandstein; er weicht vom ursprünglichen Zustand vollkommen ab.

    Ein Problem, dass man in anderen Ländern bzw. mit anderen Materialien eben so nicht hat.

    Also es gibt eine ständige Weiterentwicklung der Möglichkeiten und diese sollte man m.E. auch so weit es geht nutzen.

    Denn eines sollten sich auch die Freunde schwarz-grauer Fassaden, die darin (aus welchen Gründen auch immer) noch etwas Würdevolles sehen, bewusst sein:

    Der Großteil der Bevölkerung mag keine düstere Stimmung, sondern eine helle, freundliche Farbgestaltung.

    Mit dieser steht und fällt auch oft der Wunsch nach Rekonstruktionen.

    Vor Jahren wurde z.B. mit großflächigen Planen bzw. der Abbildung von knallgeben Schlossfassaden für deren Rekonstruktion geworben. Die notwendige Unterstützung wäre sicher so nicht gekommen, hätte man damals dort die schwarz-graue Fassade von 1940 abgebildet.

    Ebenso verhält es sich oft bei restaurierten Altstädten. Wenn man etwa mit älteren Leuten dort spricht, freuen diese sich zwar auch über den heutigen Zustand, sagen aber oft auch, dass es "so schön nie war" und sie diese Altstädte als grau und düster in Erinnerung hatten.

  • Dennoch ist doch für jeden Laien offensichtlich, dass es erhebliche regionale Unterschiede in der Behandlung ein und derselben Sandsteinsorte gibt. Allein entlang der Elbe findet man die unterschiedlichsten Vorgehensweisen. Während beispielsweise die Hamburger stolz auf die nahezu perfekt entschwärzte Sandsteinfassade ihres Rathauses sind und Berlin in dieser Hinsicht eine Mittelstellung einnimmt, legt man in Sachsen größten Wert darauf, alles weitgehend so zu lassen, wie es ist. Die Erklärung scheint eben darin zu liegen, dass die Wertigkeit einer "schönen", hellen, gleichmäßigen Erscheinung der Sandsteinfassade ebenso regional unterschiedlich eingeschätzt wird wie die Erhaltung der originalen, konservierenden Oberfläche.

    Es ist nicht zu übersehen, dass es zu diesem Thema unterschiedliche Traditionen, Einstellungen, Prioritäten und Vorgehensweisen gibt. Hier täte es den Vertretern bestimmter denkmalpflegerischer Dogmen sicherlich gut, auch mal etwas über den Tellerrand zu blicken.

    Der gut informierte Laie weiß aber eben auch, dass Sandstein nicht gleich Sandstein ist, selbst beim Elbsandstein gibt es erhebliche Unterschiede. Das hat nix mit subjektivem Wahrnehmen zu tun, das ist einfach Geologie und Physik/Chemie. Schon innerhalb Dresdens gibt´s schon die unterschiedlichsten Sandsteine mit unterschiedlichsten Verwitterungseigenschaften/Neigungen zur Verschwärzung. Die Steine der Fassade des Hamburger Rathauses neigten nie so extrem zum Verschwärzen wie z. B. die Frauenkirche oder Teile des Kölner Dom. Jedes Baudenkmal ist ganz individuell und erfordert individuell abgewogene Entscheidungen. Das war das, was ich mit "regionaler Vielseitigkeit" meinte. Auch wenn ich Ihnen recht gebe, dass es natürlich unterschiedliche "Schulen der Denkmalpflege" gibt: Das Dresdner Landesamt für Denkmalpflege hat z. B. vielfach eine andere Nuancierung als Brauweiler, München oder eben Hamburg.

  • Ich bin auch kein Freund düsterer Fassaden, aber man muss einige naturwissenschaftlichen Fakten einfach akzeptieren. Auch wenn man z. B. mit Ultraschall tolle Ergebnisse erzielt. Man ist da offen für neue Techniken. Dazu gab und gibt es zahlreiche Fachkongresse, Abhandlungen, Forschungsprojekte und Versuche. Man ist da durchaus dran. Aber zaubern kann man eben immer noch nicht. Ich gebe aber auch ein weiteres Problem zu bedenken: Gerade der Berliner Dom hat unglaublich viele Vierungen, Steinergänzungen in den unterschiedlichen Gesteinsarten und "Flicken", die zwar immer noch optisch weh tun, aber durch das Verschwärzen viel weniger auffallen als bei einer strahlend gereinigten Fassade.

  • Kurprinz

    Ich muss nochmal nachhaken (Restauratoren und sonstige Fachleute mögen mir ggf. meine naive Frage nachsehen):

    Was genau spricht dagegen, die Sandsteinfassade des Doms nicht nur gründlich zu reinigen, sondern sie anschließend mit einer hellen Silikatfarbe, die dem Originalfarbton entspricht, zu streichen?

  • Der Sandstein der Tafelberge und Felsnadeln der nahen Sächsischen Schweiz, aus denen das Material der Dresdner Monumentalbauten stammt, sind halt auch dunkel. Es ist einfach die Natürlichkeit, ein gewisser Grad der Gewohnheit, dass Sandstein eben schwarz wird. Vielleicht auch ein Grund, warum wir's in Sachsen nicht so mit dem Aufhellen haben.

    P. S. Ich als Grufti habe eh kein Problem mit dem dunklen Sandstein, verleiht's den Gebäuden doch eine gewisse schaurige Mystik.

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Die Gewohnheit - ein gewichtiger Aspekt, den Du da erwähnst. Hier zu sehen:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Pfaffenstein

    Allerdings könnte man auch argumentieren, dass durch das Brechen und Bearbeiten der Sandsteine eine Veredelung stattfindet, und diese Veredelung massgebend für ein Bauwerk ist - also der gebrochene, helle Naturstein. Ich bin hin und her gerissen, was richtig ist.

  • Anbei der Hinweis zu einer interessanten Neuerscheinung zur Denkmalskirche:

    Tubbesing, Markus (Hrsg.), Peter Stephan/Sonja Tubbesing, Denkmalpflege und Entwurf. Die Denkmalskirche auf der Spreeinsel Berlin, Berlin 2020

  • Kurprinz,ist ja schon erst einmal sehr gut ,das die Dombaumeisterin sich für die Denkmalskirche stark macht.Sie kann natürlich auch nicht die Finanzierung aus dem Ärmel zaubern, aber sie steht erst einmal hinter der Denkmalskirche.Ich denke,deren eventueller Aufbau wird sicher noch sehr,sehr lange auf sich warten lassen.Die Denkmalskirche war ja nicht nur ein kleiner Anbau sondern ein sehr aufwendig gestaltetes Gebäude für sich.Bedeutend einfacher würde der Neuaufbau der Kaiserlichen Unterfahrt sein.Aber deren Verlust ist längst nicht so tragisch wie der Verlust der Denkmalskirche.

  • DAS is genau was ich denke dass am meisten für ganz Berlin bedeuten und aufwerten kann, ohne dass die 5 Kuppeln mit Laternen viel Kosten bedeuted. Schätze 40 Mi.

  • Offensichtlich treibt das viele um, die (anfangen) sich mit dem Thema auseinandersetzen. Ich erinnere mich, als ich das erste mal so vor 17 Jahren anfing, mich näher über den Dom zu informieren, war auch eine große Frage/Hoffnung "Die originalen Kuppeln kommen doch noch oder?!" weil ich sie instinktiv als wesentlich besser proportioniert und auch von den reichhaltigeren Details besser zur Fassade passend hielt und halte als die neuen Kuppeln. Früher war es ein Gesamtkunstwerk, heute erlebt - zumindest der Kundige - einen Bruch. Besonders die kleineren Kuppeln fallen ggü. dem Original ab, bei der großen könnte man vielleicht sogar noch diskutieren.

  • Es ist ja verständlich das sich sehr viele die alten Kuppelformen auf dem Dom wünschen.Ich denke aber ,wenn am Dom zukünftig etwas wiederhergestellt wird,sind es nicht als erstes die Kuppeln denn die sind ja da, nur in verändert/vereinfachter Form,sondern in erster Linie dann die Denkmalskirche als ein sehr wichtiges Gebäudeteil,denn die fehlt am Dom.

  • Ich bin scheinbar einer der ganz wenigen in diesem Forum, der nicht findet, dass die Hauptkuppel und die vier kleinen Kuppeln früher so viel besser proportioniert waren. Ehrlich gesagt, empfand ich sie als ziemlich überladen und zu sehr in die Vertikale gezogen. Sie machten eine Art Karrikatur aus Kuppeln, wie wir sie aus dem Barock oder der Renaissance kannten. Die heutige Kuppel liegt viel näher an traditionellen barocken oder renaissance Kuppeln. Die Kuppel erinnert mich generell stark an die des Petersdoms, in ihren Proportionen sowie in ihrer Gestaltung. Ich finde, die Laterne ist höchstens etwas zu mickrig geraten, ansonsten gefallen mir die Proporionen und die Gestaltung recht gut. Die heutige Hauptkuppel und die vier kleineren Kuppeln wirken auf mich strenger, aber auch würdiger, als die originalen "Hochzeitstochtenkuppeln".
    Abgesehen davon, hätte ich allerdings nichts gegen eine originalgetreue Rekonstruktion der Kuppeln, es würde mich sogar sehr freuen.

  • Ich finde es macht keinen Sinn die Kuppeln noch lange zu Thematesieren.In Sachen Kuppeln wird sich auf sehr sehr lange Zeit nix tun,wenn überhaut.

    Nur weil einige Leute die Kuppeln in ihrer jetzigen Form als nicht so passend auf dem Dom empfinden,wird man nicht die jetzigen völlig intakten Kuppeln mal eben für einige Millionen€ gegen die dann neuzuschaffenden hist. Kuppelformen ersetzen.Das ist doch nun völlig illusorisch! Realistisch und wichtig als Wiederherstellung am Dom wäre nur die Denkmalskirche.

  • Treverer Ich kann Dir nur zustimmen. Die Kuppeln wurden schon von den Zeitgenossen als überladen und schlecht proportioniert kritisiert, zumal sie auch von Raschdorffs ursprünglichen Plan abweichen. Das Problem des Domneubaus war von Anfang an, schon unter FW IV, dass er die Maßstäbe der Spreeinsel sprengte. Der ausgeführte Dom war zwar deutlich kleiner als manches der gigantomanischen Projekte, aber er trug dennoch dazu bei, Altes Museum und Schloss zu marginalisieren. Die heutige Kuppel hingegen lässt das Schloss mit der Stülerkuppel besser zur Geltung kommen. Und dann muss man auch ganz grundsätzlich sagen: Raschdorff hatte als Architekt auch nicht dieselben Qualitäten wie Ernst von Ihne oder Paul Wallot. Das merkt man dem Dom deutlich an.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Seinsheim Man sieht den damaligen Kuppeln einfach an, dass man, oder sehr wahrscheinlich speziell Wilhelm II., da noch jeden Höhenzentimeter rausquetschen wollte, der noch irgendwie möglich war, um Kathedralen wie St. Pauls in London zu überbieten und möglichst nahe an St. Peter in Rom heranzureichen. Das Ergebnis zeigt übergroße und langestreckte Laternen und absurd lange Wetterfahnenmasten. Würde man beides bei einer Rekonstruktion reduzieren und vielleicht noch auf etwas Schmuck verzichten, wie frühe Zeichnungen den Dom zeigten, wäre ich voll und ganz dafür.

  • Treverer Volle Zustimmung.

    So wäre es deutlich besser geworden:
    Julius Carl Raschdorff, Entwurf zum Neubau des Domes und zur Vollendung des Koeniglichen Schlosses in Berlin, Aufriss der Westseite des Domes, (Entwurf II), 1888, | Quelle_Archiv Berliner Dom, Blatt 18-6561

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Bin ich eigentlich der Einzige, der gleichermaßen schockiert und wütend auf den Abriss der Denkmalskirche ist, der aber auch sehr beindruckt ist, mit wieviel Gefühl und Können man die Nordfassade des Doms nach dem Abriss der Denkmalskirche zu gestalten wusste? Faszinierend...
    Wenn man es nicht besser wüsste, käme doch niemand auf die Idee, dass ein Großteil der Nordfassade eine Neuschöpfung ist, teils unter Verwendung von Bauteilen und Schmuk, die man nach Abriss der Denkmalskirche und anderer Teile des Doms wiederverwendet hat. Hier ein Bild der Nordfassade und dann eine Grafik die zeigt, wieviel eigentlich davon Neuschöpfung ist:


    Quelle: Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Dom)


    Quelle: Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Dom)

    Ein interessantes Detail ist z.B., dass man so viel Feingefühl besaß, unter dem Kranzgesims des mittigen Portikus blattähnliche Ornamentik (mir fehlt gerade der Fachbegriff) anzubringen (blau umrandet), die wir auch an den großen Ecktürmen finden (hier rechts) und auf der Südseite an genau dieser Stelle. Als die Denkmalskirche noch stand, fehlte hier die Ornamentik komplett. Mit Wegfall des Anbaus, sorgt die Ornamentik nun für ein stimmigeres Gesamtbild der Fassade.

    Ich würde mir nur wünschen, man würde endlich mal den ebenerdigen Teil des Portals vernünftig zu Ende bauen. Sieht ja scheußlich aus mit dieser ewigen Behelfstreppe/Rampe/Platform.