• Dann muss man sich allerdings fragen, wozu die Bauten nachträglich in die Denkmalliste aufgenommen wurden, wenn man sie nun doch einfach abreißt. Ein absoluter Irrsinn! Das Ganze hätte man sich doch gleich sparen können. Ich fürchte, dass es beim so genannten Bahnhofsareal ähnlich verlaufen wird. Auch hier gibt es noch zahlreiche Häuser, die ein hohes Alter aufweisen dürften, von der Denkmalpflege bisher aber unbeachtet geblieben sind. Ich denke da an diese schöne geschlossene Häuserzeile:
    https://www.stadtbild-deutschland.org/forum/wcf/imag…67-5f21d40c.jpg

    Unter Denkmalschutz steht bisher erstaunlicherweise nur das rechte Haus (Goldenes Rad)!

    Einmal editiert, zuletzt von Ravensberger (10. Mai 2016 um 19:26)

  • Die Entwicklung in Memmingen ist exemplarisch und besonders dramatisch, aber nicht verwunderlich:
    Die "unverfälschte Bausubstanz" der Nachkriegsarchitektur rückt zunehmend in den Fokus der Denkmalschützer - und nicht nur bei diesen. Mit der Doktrin der Substanz, darüber hinaus der besonderen Wertschätzung gegenüber der Modernen, welche seit Jahrzehnten an den Architekturfakultäten propagiert wird sowie den finanziellen Einsparungen im Bereich der Denkmalpflege aus ökonomischen Gesichtspunkten bei Stellen und Fördermitteln, bleibt unterm Strich logischerweise weniger übrig für schutzwürdige vorindustrielle Denkmalobjekte. An Flächenabrisse (z.B. Tuttlingen) oder die fortschreitende Salamitaktik mit größer werdenden Lücken (z.B. Memmingen) werden wir uns bei den vormodernen Bauepochen gewöhnen müssen, ...

  • An Flächenabrisse (z.B. Tuttlingen) oder die fortschreitende Salamitaktik mit größer werdenden Lücken (z.B. Memmingen) werden wir uns bei den vormodernen Bauepochen gewöhnen müssen, ...

    Daran möchte ich mich aber nicht gewöhnen.

  • Zitat von Ravensberger

    Das rechte Nachbarhaus sieht auch schon recht mitgenommen aus. Ist das etwa als nächstes dran?


    Meinst Du das mit der gelben Fassade?


    RE: Haus Cumberland - Kurfürstendamm

    Da ist die Front wohl kürzlich erst erneuert worden. Das Dach hat aber scheinbar bei den Abbrucharbeiten etwas abbekommen. Möglich ist jedoch alles.

  • Ein Gebäude von 1399? Das ist ja absoluter Wahnsinn. Das Gebäude hat nahezu 617 Jahre überlebt, mit allen Kriegen und politischen Umwälzungen. Und nur weil es nicht so hübsch anzusehen war wie sein rechter Nachbar hat man seinem Abriss zugestimmt?? Als das Gebäude gebaut wurde, hat es manche der heutigen Städte noch nicht einmal gegeben.

    Ich kenne die "alt, kann weg"-Mentalität ja auch aus Westfalen, allerdings betrifft es hier in letzter Zeit vor allem Gründerzeithäuser. Das sich jemand an so alten Gebäuden vergreift, kann ich mir hier auch mittlerweile nicht mehr so richtig vorstellen. Es gibt sie ja auch kaum noch.

    Was haben Bauherr und Entscheidungsträger eigentlich für ein Kulturverständnis? Sowas ist wirklich absolut unverständlich...

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Beim Haus Bretschergäßle erkennt man am Giebel durch den Putz hindurch ein Kopf- und ein Fußband, ferner die Ansätze vom Sturz- und Brustriegel und ein Rahmenholz eines ehemaligen Fensters. Meines Erachtens ein Bau des 15. Jahrhunderts (oder älter).
    Die Erdgeschosswand wurde als Ziegelwand neu aufgeführt, vermutlich ebenfalls die gesamte Straßenfassade.

    Lass mich raten, das Haus wurde nicht einmal beim Abriss dokumentiert.

    PS: Das Haus im Hintergrund mit dem Halbwalmdach dürfte, allein der Dachkonstruktion nach zu urteilen, mindestens genauso alt sein.

    Einmal editiert, zuletzt von Mündener (15. November 2016 um 22:36)

  • Ich habe mir mal erlaubt, das Photo des Hauses etwas zu bearbeiten, um meine These zum Alter besser erklären zu können:

    (Das Originalphoto stammt von Zeno)

  • Zumal das Erdgeschoß so tief liegt, ist ein hohes Alter anzunehmen.

    Das Gebäude könnte ursprünglich das Haus eines Webers gewesen sein, wofür Alter, Lage und insb. die Tiefe des Erdgeschosses sprechen.

    Es scheint aber vielfach umgebaut worden zu sein, wobei worauf Mündener bereits hingewiesen hat, wohl die gesamte Fassade erneuert wurde (nach den Fenstern im Obergeschoss im 19 Jhd?). Die Fenster im Erdgeschoss der Fassade dürften dann in den 60iger oder 70iger Jahren des 20 Jhd vergrößert worden sein.

    Interessant wäre zu wissen in wie viel von der Rückfront noch im Originalzustand war.

    Der Dachstuhl war zum Zeitpunkt er Aufnahme wohl schon teilweise zusammengebrochen.

    Trotz allem ein Haus, das noch erhebliche erhaltenswerter teile aufwies und dessen Instandsetzung sicher zu einer Bereicherung des Stadtbildes geführt hätte.

  • Gute und schlechte Nachrichten aus Memmingen:

    Zuerst die gute: Lindentorstraße 8 und 10 wurden tatsächlich saniert! Ich hatte daran eigentlich nicht mehr geglaubt. Daran sollten sich die anderen Bauherren und Investoren wirklich mal ein Beispiel nehmen. Es geht doch, wenn man es nur will. http://www.all-in.de/anzeigen/sonde…rt18002,2307859

    http://www.all-in.de/storage/med/ko…1_9846907-1.pdf

    Und nun die schlechten:

    Kempter Straße 22 (dendro.dat. 1398/99) wurde bekanntlich trotz zwischenzeitlicher Unterschutzstellung mittlerweile zusammen mit dem linken grünen Nachbarhaus abgebrochen: http://muetheundgaissmaier.de/memmingen-kempter-str-22/


    Und so sollen die drei Neubauten aussehen: http://www.hausundheim.eu/media/images/l…mp-08-large.jpg


    Ein öder, viel zu hoher Gebäuderiegel, der dem historischen Straßenbild den Rest gibt. Es ist wirklich eine Schande, was man aus der Kempter Straße innerhalb weniger Jahre gemacht hat! Noch vor gar nicht allzu langer Zeit bot die Straße noch ein einigermaßen geschlossenes Bild. Mittlerweile stehen lediglich 6 Häuser in dieser Straße noch unter Schutz.

    Neubau Hotel Weber am Bach: http://www.memmingen-sind-wir.de/wp-content/upl…08/dsc02359.jpg

    Einmal editiert, zuletzt von Ravensberger (28. Dezember 2016 um 17:35)

  • Ich bin ja gegen so Einzeiler-Beiträge, aber im Fall Memmingen kann man fast nicht anders. Was dort an Abbrüchen generell passiert, macht einen sprachlos, sodass nicht mal mehr ein Einzeiler resultieren kann. So eine positive Meldung lässt einen doch noch an den Frühling in dieser Stadt glauben (nachdem es bei uns letzte Nacht wieder geschneit hat).

  • Wahre Altstadtidylle, der Würde einer alten Reichsstadt voll und ganz entsprechend.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zitat von Zeno

    (...) Kempter Straße 29 von 1396 ... Kempter Straße 22 von 1399.


    eye:) Sind die in der Stadt total durchgeknallt? Ist das eine denkmalschutzfreie Zone, oder was geht in Memmingen ab?
    Dann doch noch lieber ein City-Outlet, wenn die Häuser dadurch wenigstens erhalten bleiben. ;)