Potsdam - Quartier Synagoge und Acht-Ecken-Kreuzung

  • Ja, das war auch meine erste Assoziation. Also, vielleicht nicht ausgerechnet Doros Palace, aber eben diese ganzen Lückenfüller in Mitte und Umgebung. Sehen ja eh alle gleich aus...Naja, aber Recht hat er insofern schon. Man kann hier nicht grad mit einem bedeutenden Architekten für ne Reko werben.

  • Zitat

    Oberbürgermeister Jann Jakobs fügte lächelnd hinzu, diesmal gebe es keinen Knobelsdorff-Bau, den man wieder errichten könnte.

    Ich glaube, dieses "könnte" bedeutet "unter dem Druck der mich so nervenden Potsdamer Bevölkerung müsste". JJ ist geradezu erleichtert, endlich mal was modern-flippiges bauen zu können und nicht immer diesen völlig unsozialdemokratischen Monarchoscheiß.

    "Nichts zeichnet eine Regierung mehr aus als die Künste, die unter ihrem Schutze gedeihen."
    Friedrich der Große

  • Denke ich nicht. Jakobs war Befürworter des historischen Stadtschlosses. Aber er scheint die permanente und künstlich politisierte Debatte nicht zwei mal erleben zu wollen. Aber es werden noch weitere folgen...

    Ein Artikel über die Tüte Buntes aus dem Architekturwettbewerb.

    http://www.pnn.de/potsdam/175193

  • Interview mit dem Berliner Architekten Jost Haberland über seinen Sieger-Entwurf für die neue Potsdamer Synagoge:

    Zitat


    Haben Sie in der Architektur Vorbilder?

    Ja viele, klassische, etwa die Potsdamer Schule mit Schinkel und Persius. Ansonsten bin ich aufgrund meines beruflichen Werdegangs der Schweizerischen Schule verpflichtet: Daher vielleicht auch meine Vorliebe zu traditionellem Städtebau mit traditionellen Materialien und dem Respekt vor gewachsenen Stadtstrukturen und der Tradition der europäischen Stadt – aber alles in einer modernen, reduzierten Formensprache.

    http://www.pnn.de/potsdam/178745

  • Abseits der Aussagen zur Religion kann ich Herrn Joffe sehr zustimmen; hatte ich der jüdischen Gemeinde anlässlich ihres Spendenaufrufs damals auch in ähnlicher Form geschrieben.


    Potsdam verdient eine echte Synagoge

    Quelle und vollständiges Gespräch: PNN

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Würd ich als Potsdamer, egal ob Jude oder Gojim, genauso sehen...

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Wie sieht denn eine echte Synagoge aus?

    Abgesehen davon, dass ich den Entwurf für Potsdam entsetzlich fand, gefallen mir die Neubauten in Dresden oder München eigentlich recht gut. Kann denn so eine Synagoge aussehen?

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Du irrst. In Lemgo wird die nach der Reichsprogromnacht zerstörte Synagoge derzeit rekonstruiert. Allerdings nur vom Außenbau, das Innere wurde den modernen Anforderungen eines Gemeinde- und Bethauses angepasst.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ich weiß jetzt auch nicht genau, was sein Problem ist. Außer nem Davidstern und vielleicht den Gesetzestafeln fallen mir auch keine weiteren Gestaltungselemente ein, die ein Gebäude zu einer Synagoge machen. Zu Grünbderzeiten sahen die schließlich auch nicht selten wie (neo)romanische Kirchen aus. Mir sagt dieses Exemplar alleridngs mehr zu, als diese monströsen Solitäre in DD und M. Am meisten regt er sich ja eh über die Raumverteilung auf.

    Tja, für ne Reko bedürfe es erst eines Abrisses. Den gibts bestimmt nicht so einfach.

    @ursus
    "Gojim" ist Plural. "Goi/j/y" tuts auch ;). Nur mal so nebenbei...

  • Zitat von "Benni"


    @ursus
    "Gojim" ist Plural. "Goi/j/y" tuts auch ;). Nur mal so nebenbei...

    Benni
    danke. Klar doch, Goi. War mir offenbar zu einfach. Wenn man sich immer gekünstelt ausdrücken will, flüchtet man sich in so pseudo-komplexe Abwandlungen. :zwinkern:

    Zitat

    Wie sieht denn eine echte Synagoge aus?


    Na ja, da gibt s schon klar erkennbare Muster, vor allem im Mittelalter.
    Später dann überwog die, wenn man so will, Pseudoorientalistik.
    Auf jeden Fall sind Synagogen in aller Regel als Sakralbauten erkennbar, was bei diesem Kubus da nicht der Fall ist. Ich verstehe die Joffesche Enttäuschung recht gut.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • In diesem Quartier geht es ebenfalls voran, der Plattenbau ist abgerissen.

    Ein schlechtes Handybild gegen das Licht, aber zum Beweis reicht es aus. Rechts im Bild ist der Rest der Acht-Ecken-Kreuzung. Das Pendant links dazu wird ja einer der Leitbauten für dieses Quartier.

    Kann man den Thread umbenennen in:
    Potsdam - Quartier Synagoge und Acht-Ecken-Kreuzung

    Moderationshinweis (Palantir): Ja, das ist wohl sinnvoll - und bereits geschehen. :smile:

  • Der Baugrund von oben:

    2/8 Ecken von unten:

    ---
    Ach ja:

    Zitat

    Der Architekt Jost Haberland lehnt in einer Erklärung eine Umplanung des Synagogenneubaus nach den Wünschen seiner Kritiker strikt ab. Den Einwänden gegen den Entwurf fehle "jedes architektonische Niveau", der gesamte Planungsprozess würde von den Kritikern "ad absurdum" geführt. Inzwischen hätten die Polemiken gegen den Architekten und seine Arbeit "jedes Maß verloren".


    http://www.synagoge-potsdam.de/userfiles/images/201103_Erklärung%20Haberland.pdf

    Ja, diese vielen Idioten sollen bitte alle die Fr... halten - schließlich werden ja nur überwiegend öffentliche Gelder verbaut und ich (J. Haberland) bin doch ohnehin über jeden Zweifel erhaben. :ueberkopfstreichen:

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Und die Standardargumentation gibt's obendrein:

    Zitat

    Wir respektieren in allen unseren Projekten die Geschichte des Ortes, um sie den Bedingungen unserer Zeit entsprechend zu interpretieren. Aus diesem Grund stehe ich dem zur Zeit starken Trend zur Rekonstruktion ablehnend gegenüber. Diese Haltung provoziert in Potsdam Polemiken gegen mich und meine Arbeit, die mittlerweile jedes Maß verloren haben. Die Tradition der europäischen Stadt besteht aus einem Nebeneinander von Architekturen unterschiedlicher Zeiten und einer Vielfalt von Stilen, die die Zeitauffassungen und das Lebensgefühl Ihrer Erbauer widerspiegeln. Dies macht Ihr Wesen und ihren Reiz aus.


    Dass deutsche Städte zumeist flächenmäßig zerstört und ihrer Identität beraubt worden sind (und somit andere Ansätze erfordern als die baugeschichtlich konstante "europäische Stadt"), spielt im modernistischen Denken keine Rolle.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Dass der Plattenbau weg ist, ist schon mal toll. Aber erklärt bitte einem Außenstehenden, was hier jetzt hinkommt. Unify hatte geschrieben, dies wäre ein Leitbau und ich meine auch schon mal gelesen zu haben, dass das zweite Viertel der acht Ecken ergänzt werden sollte. Kommt hier der historische Bau wieder hin?

  • Also, auf der Zeichnung in diesem Link lässt sich auch eine zweite "runde Ecke" erkennen. Das ist doch ein positives Zeichen.

    Aber das ist doch nun wirklich schon ein alter Hut!
    Dass eines der Acht-Ecken-Häuser rekonstruiert werden würde, war also schon lange bekannt. Allerdings nützt einem diese Tatsache allein reichlich wenig, waren die Häuser doch nur im Ensemble zu begreifen und erst in diesem Zusammenhang wirklich wertvoll. Insofern könnte man sich die Reko eines Hauses sparen.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe