Potsdam - Quartier Synagoge und Acht-Ecken-Kreuzung

  • Hier kommen mehrere Probleme zusammen. 1) Die Kenntnis des Vorgängerbaues, der in unseren Augen eine "gesetzte Reko" hätte sein müssen 2) der Umstand, dass die Achteckenkreuzung durch die Straßenverbreiterung nicht mehr die alte Wirkung erzielen wird 3) die grundsätzliche ästhetische Unterkühlung des modernen Städtebaus, der wiederum einhergehen kann mit einem Aspekt von 4) einer stilistischen Janusköpfigkeit des alten Potsdams zwischen preußischer Kargheit und italienisierendem Reichtum.

    Alles in allem hat das bisher von diesem Block Gezeigte sehr wohl so etwas wie ein Gesamtgesicht. Es ist nicht das, was wir uns am meisten gewünscht hätten, aber es ist auch nicht das Gegenteil. Durch die Hohe Straße wird eine Art Bruch gehen, wodurch die Achteckenwirkung nur noch als verfremdetes Zitat wahrgenommen werden kann. Andererseits ist das Stadtbild alles andere als unattraktiv. Moderne Kleinteiligkeit im Bestzustand.

  • Also die Kenntnis des Vorgängerbaus war allen bekannt und ist auch dem Käufer der Parzelle, der Wohnungsbaugenossenschaft "Karl Marx" als Dokumentation übergeben wollen. Und nicht nur bei uns ist die Kenntnis der Vorkriegssituation vorhanden sondern sie wird ja fortwährend über Artikel und Postkarten verbreitet. Schuld daran, dass wir z.B. die Ostfassade des Berliner Schlosses nicht gut finden ist nicht die Kenntnis der Renaissancefassade sondern das Wissen um den barocken Entwurf Schlüters.

    Dass die "Achtecken" durch die Verbreiterung nicht mehr ihre ursprüngliche Wirkung erzielen kann war immer klar - es war eine Abwägungsentscheidung zwischen dem Funktionieren des ÖPNV und dieser städtebaulichen Situation. Deshalb wäre es wichtig gewesen die verbindenen Elemente der vier Bauten zu stärken und nicht deren Unterschiede. Die Karl Marx wollte aber - wie am Markt - partout keine Reko sondern alles neu machen weil "unsere Zeit das auch können muss". Das Ergebnis ist bekannt

    Die "Unterkühlung des Städetbaus" ist nicht der Punkt sondern die Abstraktion der Architektur. Städtbaulich kann man mit der Aufweitung der Straße Leben, man hätte aber architektonisch reagieren müssen.

    Die Frage bleibt nun, was man heute noch tun kann, nachdem die mit den Potsdamer Behörden extrem robust vorgehende "Karl Marx" eine Reihe von Vorgaben aus den Gebäudepässen schlicht nicht umgesetzt hat. Die Denkmalpflege hat hier in der Auseinandersetzung mit der WBG die Unterstützung des Sanierungsträgers und der Stadtspitze nicht gehabt, sodass die Vorgaben (unterschiedliche Putzkörnungen und Farben für Sockel und Obergeschossen) nur homöopathisch umgesetzt worden. Selbst wenn man das vierte Haus, deren Bauherr die andere Wohnungbaugenossenschaft von 1956 ist, noch Richtung Reko trimmen würde ist der Schaden schon zementiert.

    Nötig wäre auf irgendeine Weise die vier Ecken zu verbinden. Das geht - auch angesichts der Oberleitungen der Straßenbahn - eigentlich nur mit einem verbindenden, ovalen Muster im Pflaster/Asphalt - die Referenz von Michelangelo auf dem Kapitalsplatz in Rom ist ja in vielen Städten Europas variierend eingesetzt worden. So würde das Augen durch ein Mosaik im Boden den Platz in seiner Form lesen.

  • Noch entscheidender wäre es aber gewesen, dass alle vier Eckbauten diese markante Horizontalbänderung vom Erdgeschoss bis zum 2. Obergeschoss hätten erhalten müssen. Diese Bänderungen hätten den gewünschten Zusammenhalt der vier Bauten wesentlich gefördert.

  • Noch entscheidender wäre es aber gewesen, dass alle vier Eckbauten diese markante Horizontalbänderung vom Erdgeschoss bis zum 2. Obergeschoss hätten erhalten müssen. Diese Bänderungen hätten den gewünschten Zusammenhalt der vier Bauten wesentlich gefördert.

    Es geht ja darum, was man jetzt noch machen könnte.

  • Sind schon mal die Risse aufgefallen, die im Kabinetthaus aufgetreten sind? Links neben der Synagoge sind die ersten drei Fensterachsen jeweils von oben bis unten durch das gesamte Haus mit je einem Riss durchzogen.

    Kabinetthaus 27.10.24

    Kabinetthaus 27.10.24

  • Also diese auffällige Affinität zur Farbe "grau" (in allen Variationen) in diesem Quartier ist für mich ein großer Minuspunkt. Diese Farbe wirkt einfach zu monoton und trist, erst recht bei häufigerer Verwendung in unmittelbarer Nachbarschaft.

    Ich fühle mich hierbei irgendwie an Loriot erinnert:

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  • glaubst dass das in zuckerlrosa oder knallgelb besser wäre?

    Wieso bringst du solche Übertreibungen ins Spiel? Der Alte Fritz als auch später der Romantiker auf dem Thron haben sich architektonisch und farblich sehr oft an Italien orientiert. Passend dazu ein Bild aus dem Dorf Pontremoli in der Toskana, wo Fassaden mit einer warmen und heiteren, aber gleichzeitig unaufdringlichen Farbgebung dominieren. Sowas hätte ich mir an dieser Stelle Potsdams (vermehrt) gewünscht.

  • Den Vergleich versteh ich nicht. Das sind doch SCHÖNE Bauten, die durch gediegene farbliche Akzentuierung noch schöner werden. Natürlich hätt ich mir solche Bauten in Potsdam auch mehr gewünscht. Aber für diesen tristen Füllbau wäre jegliche Akzentuierung nur störend, da ist doch mausgrau die absolut angemessene Farbe. Einen schlechten Bau muss man eben verstecken und nicht hervorheben.

  • Aber für diesen tristen Füllbau wäre jegliche Akzentuierung nur störend, da ist doch mausgrau die absolut angemessene Farbe.

    Wir reden vom Gebäude in Beitrag 768, oder? Das ist kein Füllbau, sondern ein räumlich herausragender Bau, eines der Acht-Ecken-Häuser. Einen einzelnen Füllbau mit grauer Fassade halte ich für kein Problem, aber en masse verwendet kommt Ostblock-Feeling auf.

  • Nein, das war einmal ein herausragender Bau, heute ist es ein nichtssagenden Füllsel, der gerade das Allernotwendigste erfüllt, nämlich die Weiterführung der Achteckenidee, aber darüber hinaus keine wie immer geartete Eigenleistung für das Stadtbild erbringt. Bestenfalls ist es ein ärmlicher, entstuckter Gründerzeitler in einer provinziellen Vorstadt, also völlig ohne Anspruch. So etwas zu akzentuieren wäre verfehlt. Dieses dritte Achteckenhaus hat auch schon allein darum farblich hinter den ebenfalls sehr dezenten beiden wirklichen Achteckenhäusern zu bleiben.

  • Nein, das war einmal ein herausragender Bau,

    Du musst schon genauer lesen, ich habe geschrieben dass (auch) der heutige Bau "räumlich herausragend" ist.

    heute ist es ein nichtssagenden Füllsel, der gerade das Allernotwendigste erfüllt, nämlich die Weiterführung der Achteckenidee, aber darüber hinaus keine wie immer geartete Eigenleistung für das Stadtbild erbringt.

    Eben deshalb hätte es einer frischeren und wärmeren Farbgebung beduft. Die architektonischen Schwächen des Neubaus nicht eingerechnet.

  • Also die toskanischen Häuser sind jetzt architektonisch auch nicht wirklich spannender, als die Füllbauten in Potsdam, bis auf die Fensterläden und das Tor im Vordergrund. Die Farbe und dass es etwas schief ist, macht dann den Unterschied.

  • Ich plädiere, falls möglich für eine Reko der Originalfassade ! Der Platz ist aufgrund der Verkehrssituation in seiner Wahrnehmbarkeit schwer geschwächt, was durch die dritte runde Ecke nicht verbessert wird. Sollte das nicht möglich sein, dann sollte man tatsächlich mit Farbe arbeiten !!

  • Warum sollte dein Plädieren nicht möglich sein???

    Also die toskanischen Häuser sind jetzt architektonisch auch nicht wirklich spannender, als die Füllbauten in Potsdam, bis auf die Fensterläden und das Tor im Vordergrund. Die Farbe und dass es etwas schief ist, macht dann den Unterschied.

    Na geh,..

  • Das knallbunte wie in der Toskana fände ich deswegen abwegig, da wir hier in Brandenburg und nicht in der Toskana sind. Ein Farbvorschlag wäre wenn dann die Richtung backsteinrot oder sandsteingelb, was zwar den Beton verschleiert, aber für die Region typischer und ein wenig identitätsstiftender ist.

  • Am Sockel wird doch wieder rumgebastelt, die Handläufe an den Treppenpodesten fehlen auch noch.


    Nacht hat der Bau durch die Vorhänge der Mieter einen gewissen Reiz: