Potsdam - Quartier Barberini und Alte Fahrt

  • aber Potsdam wird nach und nach zu einem noblen Vorort (nicht abfällig gemeint) Berlins

    De facto dürfte Potsdam eher so etwas werden wie ein Surrogat einer komischerweise etwas abseits gelegenen Stadtmitte oder Altstadt. Eine derartige Konstellation, wo eine imgrunde bereits geschluckte Klein- oder Mittelstadt die Metropole städtebaulich bei weitem übertrifft, dürfte einzigartig sein. Man vergleiche: Wien-Klosterneuburg bzw Mödling...

    Ähnlich könnte es sich mit Brandenburg verhalten.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Du kennst die Verhältnisse in Potsdam und Berlin offensichtlich nicht sehr gut...

    Erstens ist Potsdam bei weitem nicht die einzige Stadt im Umfeld des alten Berlin. Spandau ist in jeder Hinsicht das nächstliegende Beispiel, aber auch Köpenick hat eine Altstadt und ein deutlich distinktes Weichbild. Abgesehen davon hatte Potsdam - schon vor der großen Eingemeindungswelle Ende der 90er Jahre - deutlich über 100.000 Einwohner und erfüllt damit alle Kriterien einer Großstadt. Schließlich gibt es zwischen Potsdam und dem Berliner Siedlungskern noch so viel Wald, Feld und vor allem Wasser, dass von einem "Geschlucktwerden" überhaupt nicht die Rede sein kann. Wer schon mal mit der S-Bahn von Berlin nach Potsdam gefahren ist, kennt das Funkloch zwischen Wannsee und Griebnitzsee...

    Ach, und ehe das 40 km von Potsdam entfernte Brandenburg von Berlin geschluckt wird, muss noch sehr viel Wasser die Havel herunterfließen... Und Werder und Groß Kreuz müssen noch sehr viel mehr verstädtern (DAS sind tatsächliche Klein- und Mittelstädte!).

  • Na, so gut wie du kenn ich das natürlich nicht und so gescheit bin ich ganz allgemein auch nicht, aber eingemeindete Orte mit ausgewiesenen Stadtkernen wie Spandau etc gibt es eigentlich überall. Das Bemerkenswerte an Potsdam scheint zu sein, dass es eben kulturhistorisch die Metropole deutlich übertrifft, und dieses Phänomen dürfte eher weniger häufig sein. Baden bei Wien ist auch hübsch, aber eben im Vergleich zu Wien eine Bagatelle. Und entschuldige vielmals, dass ich es als "Mittelstadt" bezeichnet habe.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Das denke ich nicht. Man muss zwar differenzieren, was man unter 'kulturhistorisch' versteht. 'Kulturhistorisch' umfasst ja nicht nur das Gebaute, sondern auch das Leben, die Kunstszene, die Rolle in der Weltgeschichte, die Städtebauplanung, etc. .

    Wenn man sich auf das Gebaute und die Stadtbauplanung beschränkt, dann konnte Potsdam doch mit dem Vorkriegsberlin durchaus mithalten. Die Grösse einer Stadt macht es doch nicht aus, ob eine Stadt kulturhistorisch bedeutsamer ist oder nicht. Es hat auch damit zu tun, dass in Potsdam nach dem 30-jährigen Krieg Vieles ins freie Feld hinaus und auch absolutistisch geplant werden konnte, während Berlin eine seit Jahrhunderten gewachsene Stadt war. Architektonische Perlen entstammen oft aus absolutistischem Hintergrund, da einheitlich. Das Vorkriegsberlin empfinde ich aber als sehr chaotisch, das (wie Köln auch) sehr von individueller Gründerzeit überformt war - überladene, protzige und sich gegenseitig übertrumpfen wollende Architektur. Nehmen wir mal europäische Hauptstädte: Paris, Rom, Wien, Prag... konnte da Berlin mithalten? Eine unzerstörte Doppelaltstadt wie in Berlin wäre auch heute noch kein Weltkulturerbe wie beispielsweise die Altstadt der Schweizer Hauptstadt.

  • Es geht aber nicht um geschlossene Altstädte, sondern um Stadtzentren (den Begriff 'Altstadt' verwendete ich nur im Vergleich mit Bern). Ursus carpaticus nannte die Begriffe 'Stadtmitte oder Altstadt'. Meine Hauptaussage (oder Frage) war, ob Berlin kulturhistorisch oder auch baukulturhistorisch wirklich mit Paris, Rom u. a. mithalten konnte. Der Ausgangspunkt war ursus' Aussage 'Das Bemerkenswerte an Potsdam scheint zu sein, dass es eben kulturhistorisch die Metropole deutlich übertrifft', und dem kann ich nur zustimmen, auch wenn Potsdam schon immer viel kleiner war als Berlin.

  • Wobei bis auf Prag keine der Städte eine wirklich geschlossene Altstadt hat, die Baubestand aus der Zeit vor dem 19. Jh.
    Die von Wien sowie von Paris wurden ja ziemlich hart abgeräumt damals...

    Rom keine geschlossene Altstadt?! Das ist ja mal eine wirklich steile These...

    In Wien gibt es auch heute noch mehr architekturhistorisch bedeutende Altstadtsubstanz als es in Berlin jemals gegeben hat (allein die ganzen Barockpalais und die vielen Kirchen...); in Paris kenne ich mich nicht so gut aus, aber einem Vergleich mit Berlin an Quantität und Qualität von architekturhistorisch bedeutsamer Bausubstanz dürfte es locker standhalten.

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Rom keine geschlossene Altstadt

    Also eine geschlossene mittelalterliche Altstadt sieht für mich anders aus. Klar hat sie tolle (antike) Bauwerke und lebt letzendlich von der Römerzeit, aber ein Straßburg oder ein Schwäbisch-Hall ist diese Stadt nunmal nicht (bzw ein Florenz oder Venedig wenn man ein italienisches Bsp nennen will)

    zugegeben, Berlin war das auch nicht auch vor dem Krieg. Aber wir wollen ja fair bleiben und die Hauptstädte bewerten anhand der mittelalterlichen Bausubstanz die eine "Altstadt" mMn ja ausmacht. Da kommt jetzt Wien auch nicht so nah dran, bis auf ein paar barocke Palais sehe ich da jetzt keine Altstadt mit Häuser aus dem 14. und 15. Jh.

    Vielleicht ist Amsterdam ein besseres Bsp für eine Stadt, die doch ein weitgehend historisches Flair ausstrahlt, mit Häusern des 16. und 17. Jh.

    Wenn man das 19. Jh. rückgängig machen könnte hätte sicherlich Paris die größte und geschlossenste Altstadt der heutigen Hauptstädte gehabt. Leider kam dann nur Haussmann...

    Es geht aber nicht um geschlossene Altstädte, sondern um Stadtzentren (den Begriff 'Altstadt' verwendete ich nur im Vergleich mit Bern). Ursus carpaticus nannte die Begriffe 'Stadtmitte oder Altstadt'.

    Alles klar, dann habt ihr eine andere Definition von "Altstadt". Hm bei den Stadtzentren ist es schwer zu sagen, welche da die schönste bzw qualitativ wertvollste wäre: viele sind ja im 19. Jh durch Prachtbauten und gigantischen Stadterweiterungen sehr bereichert worden und erst zu dem geworden, was sie heute sind wie Madrid, London, Paris, Brüssel, Wien, und eben auch Berlin...

  • Ich finde einerseits eine Verengung auf mittelalterliche Stadtbilder falsch (schon weil Potsdam damit nun mal überhaupt nicht punkten kann) und will doch sehr vernehmlich Einspruch erheben, wenn behauptet wird, die Innere Stadt Wiens bestehe vornehmlich aus Gebäuden des 19. Jahrhunderts. Das ist, selbst wenn man die Kirchen und andere Monumentalbauten abzieht, falsch. Es gibt in Wien reichlich Baubestand aus dem 18. Jahrhundert - je nachdem wo man sich befindet auch deutlich früheres.

  • Als Rom, Paris oder Wien bereits große, bedeutende und wohlhabende Städte waren, war Berlin noch ein kleines Sumpfkaff. ;) Erst im 18. Jahrhundert gewann Berlin an größerer Bedeutung und diese explodierte dann förmlich im 19. Jahrhundert als Berlin kaiserliche Hauptstadt wurde. Das Berlin so ein Spätzünder war, bedeutete auch, dass Berlins "Altstadt" nicht besonders alt, nicht besonders groß und nicht besonders bedeutend war. Jedenfalls nicht im Vergleich mit den anderen hier genannten Städten, nicht mal ansatzweise.

  • Erstens hoffe ich, bester Unify, daß Du ein gründerzeitliches Gitter erkennst. Das ist hier sehr eindeutig. Ein barockes Gitter sähe völlig anders aus.

    Zweitens zeigen die frühen Fotografien den Bau mit einer durchgehenden Steinbrüstung mit Balustern, wie beim VeroneserVorbild.

    Der Artikel fabuliert im übrigen auch von einem angeblichen Nachbei des Vicentinischen Palazzo Chiericati in Potsdam, den es nicht gibt und nie gab. Diese Behauptung war ein Vermarktungsgag des Bauträgers, der durch einen einfachen Vergleich des Noackschen hauses von Gontard und dem Palazzo Chiericati schnell falsifiziert werden kann. Das Haus ist sicher palladiadesk, hat aber mit dem Palazzo Chiericati nichts zu tun.

    Die Bauwerke sind eindeutig verwandt. Zunächst waren Palladio und Vincenza in Potsdam bereits bekannt durch die Skizze für das Alte Rathaus, deshalb ist es sehr naheliegend, dass man sich an der Quelle ein zweites Mal bedient hat.

    Einige Übereinstimmungen:

    Grundsätzliche Kubatur mit drei Stockwerken und fünf Fensterreihen (nur der Mittelteil wurde übernommenen)

    Sechs freistehende, toskanische Säulen auf einer Erhöhung vor dem Erdgeschoss sind recht einmalig

    Stark geformte Giebel über den Fenstern im zweiten Stock, auf denen Putten lehnen

    Sechs Statuen auf dem Dach

    Natürlich gibt es auch Anpassungen, wie die Abwesenheit von Halbsäulen im Obergeschoss und die Vergrößerung der Fenster im dritten Geschoss, um auf die notwendige Höhe neben dem Barberini zu kommen.

  • Ui, ich glaube mit der Aussage, Potsdam überträfe Berlin kulturhistorisch, lehnst du dich sehr weit aus dem Fenster.

    Ja schon klar, das ist alles dünnes Eis. Aber jedenfalls nicht ganz unvertretbar. Allein die Schlösser. Allein dieser Großraum an Parklandschaften. Allein die intakten Innenstadtvierteln.

    Es ging mir um die Aussage Novaearions:

    aber Potsdam wird nach und nach zu einem noblen Vorort (nicht abfällig gemeint) Berlins

    Nicht, dass sie falsch wäre, ich wollte halt zeigen, dass es eine ganz andere Betrachtungsweise gibt.

    Und wurscht, wie hoch man jetzt genau Potsdam kulturhistorisch im Vergleich zu Berlin einschätzt, ein ähnliches Verhältnis finde sich mW nirgendwo. Versailles, Schönbrunn - heute längst eingemeindet, historisch nicht ganz anders gelagert als Versailles mit einem Schlossbezirk und einer benachbarten Kernstadt mit altem Bestand (Hietzing), Windsor etc können niemals das sein, was Potsdam für Berlin bzw das Land Brandenburg ist.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Das letzte Mal, als ich geschaut habe, war Versailles kein Teil von Paris, sondern eine selbständige Gemeinde und Hauptstadt eines Departements. Genau betrachtet sind Versailles und Paris perfekte Vergleichsbeispiele für Potsdam und Berlin.

  • Wer hat je was anderes behauptet?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • "ursus", jeder Mensch, der ein bisschen seinen Grips anstrengt, versteht, dass es Dir hinsichtlich des Hinweises zur Eingemeindung um Schönbrunn ging, nicht um Versailles. Dieses nebensächliche Detail interessiert in dieser Diskussion auch niemanden wirklich, außer eben einer Person, deren einziges (rein destruktives) Ansinnen in diesem Forum ist, nach irgendwelchen Fehlern oder vermeintlichen Schwachstellen in der Argumentation anderer Forums-Diskutanten zu schnüffeln, um dazu dann besserwisserische, herabwürdigende, bloßstellende oder aggressive Kommentare zu tätigen. Darauf sollte gar nichts geantwortet werden.

  • Passt schon.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Das Viertel an der Alten Fahrt / Brauerstraße/ Alter Markt / Humboldtstraße ist ja nun nahezu vollendet. Jetzt lässt sich gut erahnen, was Kleinteiligkeit bewirken kann. Magman auch mit der einen oder anderen Fassade nicht zufrieden sein, so zeugen doch die neu errichteten Gebäude von einer Vielfalt von Gestaltungsmöglichkeiten: von den Kopien palladianischer Bauten des späten 18. Jh ., bis zu den im 'Neuen Stil' (so nenn ich es mal) angepassten Häusern.

    Zwar schon mehrfach hier gezeigt, aber immer wieder schön. Mein fotografischer Rundgang beginnt auf der Freundschaftsinsel und endet über die Brauerstraße am Alten Markt.

    Potsdam

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