Potsdam - Quartier Barberini und Alte Fahrt

  • Naja, die Potsdamer Stuckfassaden haben schon eine Stehzeit von fast 100 Jahren, bei vernünftiger Pflege mehr. Das wird die wasserseitige Fassade aus Dämmung nicht schaffen.

    Die Guttae kann man hier sehen: Styropor.

  • Der Kurfürst: DDR Bauten waren tatsächlich meistens billig und pothässlich. Die Linken (triste Leute) sollen das doch einsehen müssen und nicht festhalten an Sowjet System und Bauten der DDR, dass im Grunde anti-Deutsch war, Die DDR war nur eine Kolonie Ruslands. Wenn Nazi Bauten in D. nicht erlaubt sind, dann auch nicht die viel hässlichere DDR Bauten. Also abreisen diese Beton Klotzen.

  • Man man man Konstantin, das ist aber nun wirklich Haarspalterei. Ich dachte erst, Du meinst die Guttae unter dem Gesims. Das wäre noch eine signifikante Masse unter dem Dach gewesen, allerdings die 8 Positionen unter den 4 Fenstern...?

    Meinst Du nicht, dass ist so gewollt worden, um dem potsdamer Vandalismus vorzubeugen? So häufig, wie hier von Denkmalen Finger, Nasen, Arme und Beine abgebrochen werden... So kann sich jeder schnell ein Stückchen vom Barberini, für die heimliche Entsorgung zu Hause, abbrechen, was dann schnell, einfach erreichbar und kostengünstig ersetzbar ist. Quasi die Vandalsisten-Sollbruchstelle.

    Grüße Luftpost

  • Die Guttae kann man hier sehen: Styropor

    Danke für diese interessante Information, das war mir bisher nicht bekannt :kopfschuetteln:. Da stellt sich natürlich die Frage, wie man den Übergang zum Sandsteingesims hinbekommen hat. Ich werde mir das bei nächster Gelegenheit gerne mal aus der Nähe ansehen, zumal die Guttae sich im Erdgeschoss befinden. Ich werde berichten.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Es mag eine Marginalie sein, aber hier sieht man, wie Stuck nach vier Jahren aussieht, der statt aus der traditionellen Formmasse gegossen mit dem Brotmesser aus der Dämmung geschnitten und mit einem Spritz-Dünnputz überzogen

    wurde.

  • Da es sich ja um ein relativ kleines Bauteil handelt, wäre es nicht möglich, die Hasso-Plattner Förderstiftung, die offenbar Eigentümer des Hauses ist (bitte korrigieren, wenn ich falsch liege) zu kontaktieren mit dem Rat, hier eine Korrektur hin zu einer wertigeren Ausführung vorzunehmen? Die Kosten dürften ja sehr überschaubar sein.

  • Heimdall

    Die Stiftung heißt "Hasso Plattner Foundation". Sie war Bauherrin und ist Eigentümerin des Hauses und der Kunstsammlung. Der Museumsbetrieb selbst ist als gemeinnützige GmbH organisiert und wird von der Stiftung stark subventioniert.

    museum-barberini.com/museum-barberini

    museum-barberini.com/stiftung-und-stifter

    Hasso Plattner hat mal in einem Interview gesagt, dass ihn Bauprojekte nicht so sehr interessieren. Die Architekten des Barberini sind Hilmer & Sattler und Albrecht (HSA). Das sind fähige Leute. Sie bauen auch den Turm der Garnisonkirche. Angaben zu den Baukosten des Barberini wurden nicht veröffentlicht. Ich denke nicht, dass man aus Kostengründen die Guttae so gefertigt hat. Das sind Peanuts. Siehe auch die Angaben in der Bauwelt:

    Das Treffen mit Thomas Albrecht bleibt unvergessen. Selten habe ich einen Architekten erlebt, der mit solcher Euphorie von seiner Planung erzählt. Für die Einordnung und Charakterisierung seines Architekturverständnisses ein Zitat: „Einen barocken Palazzo exakt wieder aufzubauen, samt all seinen Unregelmäßigkeiten und Brüchen – noch dazu inmitten eines historischen Stadtkerns – das gehört sicherlich zu den schönsten Aufgaben.“ Man ist irritiert – muss aber konstatieren, dass Albrecht nicht nur eine Fassade rekonstruierte, sondern sich intensiv bis in alle Details in die Geschichte des Gebäudes hineinversetzt hat und mit den baulichen Möglichkeiten von heute passende Lösungen für die neue Nutzung suchte. Dies gelang mit einer entscheidenden Voraussetzung: Der Bauherr ließ Freiheiten zu, vor allem bei den Kosten. Man hatte freie Hand, und nach nur vier Jahren war alles fer­tig. Mir welcher Intensität das Projekt startete, zeigte sich bereits beim Muster-Ausstellungs­saal in einer Stahnsdorfer Lagerhalle. Dort wurden die Säle „auf ein Optimum getrimmt“. Auch dieser besondere Wunsch des Architekten eines Musterraums stellte kein Problem für Plattner dar.

    Hier noch ein hochinteressanter Artikel zu den Ausführungsdetails am und im Barberini:

    bauhandwerk.de/artikel/bhw_2017-7-8_Neubau_des_Museums_Barberini_in_Potsdam

    Die Schaufassade zum Alten Markt und die rückwärtige Fassade des Hauptgebäudes zum Innenhof hin wurden mit traditionellen Handwerkstechniken wiederhergestellt. Hier finden sich neben den historisch belegten Sandsteinelementen und den bossierten Putzflächen auch Betonfertigteile als Schmuckelemente, deren Oberflächen der Steinmetz in Absprache mit der Denkmalpflege zum Teil von Hand scharrierte. So wurden die Dreiecks- und Segmentgiebel über den Fenstern und die Gesimse der Rundbogenfenster mit von Blattornament geschmücktem Schlussstein im Zenit aus Beton gegossen und mit einer mineralischen Zementschlämme übertüncht. Durch den vergleichsweise groben Sandzuschlag der Schlämme gleichen sich die Betonfertigteile in Farbe und Oberfläche dem Fassadenschmuck aus Sandstein an, ohne diesen allerdings zu imitieren, da dem geschlämmten Beton die für Sandstein typische Äderung fehlt.

    Hier ein Foto der Platzfassade, das sich gut vergrößern lässt (Bildlink):

    Museum Barberini, Fassade zum Alten Markt (Foto: Mehman Ibragimov, April 2018, CC-BY-SA-4.0)

    Zur Fassade des Mittelbaus:

    Die vor den Stahlbetonrohbau gemauerte Backsteinschale verputzten die Handwerker mit Kalkputz, in den sie am Sockelgeschoss mit Vierkantleisten die Fugen der Bossierung einbrachten. Für die erforderliche Wärmedämmung sorgt Mineralwolle zwischen dem Stahlbetonrohbau und der Backsteinschale.

    Zu den Seitenflügeln:

    Ausgenommen von dieser Art der traditionellen Rekonstruktion sind die Fassaden der beiden Seitenflügel. Sie erhielten ein Wärmedämmverbundsystem aus Mineralwolle und mineralischem Dickputz. Auch hier stellten die Handwerker die historische Anmutung am Sockelgeschoss mit Bossierungen in Putz und an den Fassaden der darüber liegenden Geschosse mit glatt geputzten Lisenen und Feldern aus rauem Kratzputz wieder her. Bei den Dreiecks- und Segmentgiebeln, Gesimsen der Rundbogenfenster und deren Faschen sowie den Haupt- und Nebengesimsen handelt es sich um Dekoprofile aus mineralischem Material, die farblich gefasst wurden.

    Auf diesem Foto kann man die unterschiedliche Behandlung der Fassaden von Hauptbau und Seitenflügeln gut erkennen:

    Museum Barberini, Hofseite (Foto: Daniel Naber, November 2016, CC-BY-SA-4.0)

    Die Guttae werden in dem Artikel nicht erwähnt. Wärmedämmung erfolgte am gesamten Gebäude mit Mineralwolle.

    Hasso Plattner sagte mal in einem Interview, die Qualität der Reko des Barberini sei von Kritikern mit falschen Argumenten angegriffen worden. Das habe ihn geärgert. Thomas Albrecht habe daraufhin eine Richtigstellung geschrieben. Damit sei der Fall erledigt.

    (Eine Anmerkung zu dem Bild im vorletzten Beitrag von Konstantindegeer : Hier müsste doch mindestens noch die Quelle und der Fotograf Lukas Spörl angegeben werden. Siehe erster Link hier. Die Copyright-Angabe ist dort diskret im Sternchen versteckt und wird bei Mouseover sichtbar.)

  • Es mag eine Marginalie sein, aber hier sieht man, wie Stuck nach vier Jahren aussieht, der statt aus der traditionellen Formmasse gegossen mit dem Brotmesser aus der Dämmung geschnitten und mit einem Spritz-Dünnputz überzogen

    wurde.

    Gibt es denn Belege für diese Behauptung? Warst Du dabei?

    Es mag ja sogar bautechnische Gründe geben, ein hängendes Dekorationselement aus weniger "edlem" Material anzufertigen - beispielsweise unter dem Gesichtspunkt eines geringeren Gewichts, wodurch eventuell die Verbindungsstabilität verbessert werden kann. Leichtere Baustoffe müssen ja nicht in jedem Fall eine geringere Haltbarkeit haben, zumal der Überzug aus mineralischer Zementschlämme auch die Verbindung umfasst.

    Es ist auch kein Geheimnis, dass in der Bautechnik oft ökonomische Aspekte eine Rolle spielen. Schon die alten preußischen Baumeister waren gut darin, Bauoberflächen edler aussehen zu lassen, als sie ihrem Material nach waren. Was wie Ziegel oder Marmor aussah, war nicht selten angestrichener Putz. Auch international und zu allen Zeiten ist und war es oft genug so, dass man dort, wo es konstruktiv nicht notwendig erscheint und optisch keinen Unterschied macht, preiswertere Materialien verwendet.

    Wo ich Konstantin Recht geben muss, ist, dass es sicherlich fraglich ist, ob ganze aus Dämm-Material mit Putzoberfläche gefertigte Fassaden mit Gesimsen (wie an den Seitenflügeln des Barberini zur Havel hin) nach Jahrzehnten überhaupt noch oberflächensaniert werden können oder nicht doch komplett abgenommen und erneutert werden müssen. Hier fehlen einfach noch die Langzeiterfahrungen.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Der sogenannte Stuckmarmor war aber auch im 18. Jahrhundert teilweise teurer als echter Marmorstein. Stuckmarmor wurde bevorzugt, weil man dort die Struktur selber gestalten konnte und nicht auf die natürliche, zufällige Musterung (die "Marmorierung" ) angewiesen war. Die Verwendung "unechter" Materialien hat also nicht unbedingt etwas mit dem Preis zu tun.

    Sowieso war den meisten Menschen völlig klar, dass es sich bei Stuckmarmor um keinen echten Stein handelte...

  • Hier geht es ja nicht um Stuckmarmor, der für Innenbereiche verwendet wird, sondern um Fassadenteile. Diese wurden im 18. Jahrhundert, zur Erbauungszeit des Palazzo Barberini, üblicherweise entweder aus Sandstein herstegestellt oder aus Stuck. Letzteres ist in Potsdam eine bewährte Mischung aus Mörtel, Gips und weiteren Zusatzstoffen, die mit einem Leinölfirnes haltbar gemacht wurde. Gerade wurde letztes Jahr das Mosaik im Tympanon der Nikolaikirche so hergestellt.

    Hier aber geht es um einen Formschnitt aus Dämmung. Moneralische Dämmung ist nicht in solche Formen zu bringen und deshalb hat man Polystyrol verwendet, das mit einem Dünnputz überspritzt wurde. Gewichtsgründig sind abseitig, da die Solplatten, die darüber hängen, aus Beton sind.

    Ich habe gar nichts gegen eine Verwendung anderer Materialien als im 18. Jahrhundert aber das Baumaterial sollte nicht nach vier Jahren aussehen wie ein Neubaukita aus Styropor. Bei dem Gesamtinvestiment ist da am falschen Ende gespart.

  • Ein kleines Update aus der Brauerstraße von heute, die erste Hälfte der Straße ist jetzt fertig und begehbar, von der zweiten wurde der provisorische Asphalt entfernt:


    Der letzte Bau der Reihe ist heute auch endlich an der Brauerstraße abgerüstet worden:

    Alle Bilder sind von mir und dürfen verwendet werden.

  • Sehe ich ein bisschen anders - Mir sind diese schmalen Gebäude, die ihre Errichtungszeit nicht verleugnen, fast lieber als der Gaubenexodus mancher Teil-Rekonstruktion in Dresden. Im Vergleich zu Neubauten auf dem freien Feld sind es gar Welten.

    Denn mit einer guten Portion Optimismus gesehen: Solche Beispiele (und auch die in Lübeck) im dichten Innenstadtbereich können künftig als Blaupause dienen, die Architektur weiter in eine ästhetischere und gestalterisch-anspruchsvollere Richtung zu drehen. Wenn die oben gezeigten Beispiele irgendwann die "Normalität" darstellen, dann gewöhnen sich Investoren und potenzielle Käufer auch daran, dass sie klassisch angehauchte Neubauten errichten und bewohnen können und keine 0815-Kisten. Ein Nöfer wäre vor 20 Jahren eine Sensation gewesen, heute sieht man sich sogar schon an ihm satt. Ich finde diese Entwicklung gut und richtig, wenn ich dir auch zustimme: Hier ist trotzdem noch sehr viel Potenzial nach oben!

  • Also ich finde die Neubauten dort auch sehr gelungen

    Was sollt wir denn noch mehr gerade dort haben?

    Ein zweites Stadtschloss??

    Zitat von Novaearion

    dann gewöhnen sich Investoren und potenzielle Käufer auch daran, dass sie klassisch angehauchte Neubauten errichten und bewohnen können und keine 0815-Kisten.

    Also ich finde, dies SIND schon doch klassisch angehauchte Neubauten. Ich fnde sie toll!

  • Ich finde die Farbgebung dieser Neubauten gelungen. Ansonsten sind sie eher bzw zum Glück fad ausgefallen. Bis auf das Haus mit der 90er Jahre Strichcodefassade kann man eigentlich damit leben. Wirklich grausam finde ich die Rückseite hinter dem alten Rathaus bzw dem Knobelsdorffhaus. Das sieht sehr nach Ratzenstadl bzw versifftem Hinterhof aus. Hoffentlich wird hier dieser "Hof" noch umbaut?!

  • Ich finde dort gar nichts gelungen. Das sind 0815-Kisten ohne Schmuckelemente, die wirken wie Fremdkörper neben dem Barberini.

    Das Haus links daneben schottet sich durch unpassende Jalousien ab. Das Gebäude daneben weiß durch Balkongitter zu irritieren, die nun offensichtlich die Funktion haben, dort nicht herunterzufallen. Dem Haus daneben wurde eine entstellte Fassade spendiert, sodass jegliche schönheitsstiftende Symmetrie von vornherein zerstört wird. Das Haus daneben widerum ist noch einfacher und langweiliger gestaltet. Die hellere Kopie links davon ist keine Erwähnung mehr wert.

    Ich bezeichne das als Zombie-Architektur langweiliger Architekten.

  • Wäre eigentlich eine gute Möglichkeit die Räume des Potsdamer Museums zu erweitern, wo die gerade nach neuen Räumlichkeiten suchen, aber der Komplex wurde glaube ich erst 2012 saniert. Ein Anbau wäre wahrscheinlich auch wenig ästhetisch zufrieden stellend und zu nahe an dem benachbarten DDR-Wohnhaus, wenn er auf historischem Grundriss entstehen sollte.

  • Historisch befand sich auf der Rückseite des Alten Rathauses, wenn ich mich nicht irre, eine Gasse und eine Freifläche. Ich würde es bedauern, wenn dort - das Grundstück läuft zudem spitz zu - etwas gebaut würde. Eher könnte ich mir einen durch eine Mauer oder einen schmiedeeisernen Zaun von der Straße getrennten Skulpturengarten vorstellen.

    Das würde allerdings nicht das Problem der Rückfassade des Potsdam-Museums beheben. Solange dort der Multifunktionssaal aus DDR-Zeiten nicht angerührt wird, bleibt dort wohl auch alles beim Alten.