• Zur großen Bekanntheit Heidelberg gegen Ende des 19. Jh. und die ersten Jahzehnte des 20. Jh. trug maßgeblich ein Theaterstück bei, das auch in Deutschland äußerst beliebt war. Es trug den deutschen Titel "Alt Heidelberg", in den USA hieß es "The student prince". Es wurde jahrzehntelang vor ausverkauften Häusern gespielt. Es geht dabei um die Liebe eines thüringischen Prinzen (vgl. Palais Weimar in Heidelberg), der als Student nach Heidelberg kam, zu einer schönen Bürgerstochter. Durch dieses sehr beliebte Theaterstück kannten sehr viele Amerikaner Heidelberg und hegten von daher Sympathien für diese schöne deutsche Stadt. Es könnte durchaus sein, dass dies einen Einfluss darauf hatte, diese Stadt möglichst zu verschonen.

    Ich war 2005 in Helen, Georgia (USA). Dort waren auch einige Gebäude unserem Heidelberg nachempfunden.:D

  • Am Ende des Krieges wurden die weniger grosse Kuststädte schwerstens bombardiert weil es keine andere Zielen mehr gab: Würzburg, Mainz, Koblenz, Worms, Rothenburg, Bruchsal, Pforzheim, Heilbronn, Freiburg, Paderborn, Soest, Münster, Potsdam, Halberstadt, Plauen usw...... Heidelberg gehörte auch zu dieser Reihe von leider bombardierte kleinere Städte....

    Zumindest für Soest stimmt das nicht. Soest hatte den viertgrößten Güterbahnhof Deutschlands, über den ein Großteil der Güter zwischen Ruhrgebiet und Schlesien/Sachsen umgeschlagen wurden. Die Bombardements fanden vor allem 1940/1941 statt und betrafen weitgehend den nordöstlichen Teil der Stadt mit dem Güterbahnhof.

    Ansonsten vielen Dank für die neuen Fotos. Heidelberg habe ich bisher zwar mehrfach besucht, aber noch nie mit dem Fokus auf das Stadtbild. Muss ich daher unbedingt einmal nachholen.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Das stimmt so natürlich auch für Pforzheim und Heilbronn nicht, die Industriezentren waren und /oder kriegswichtige Industrien aufwiesen.

    Aaaaaber, das soll nicht das Thema hier sein. Weiter geht es daher mit Bildern aus der Altstadt.

    Wir kommen zunächst zu zwei absoluten Highlights der Altstadt, deren Sanierung erst letztes Jahr abgeschlossen wurde und die beide für sich absolut umwerfend und einzigartig sind, gleich ob renoviert oder mit Spuren der Zeit.

    Ich möchte mit der Hofapotheke beginnen, deren Geschichte ich hier nur kurz umreißen möchte. Eine Hofapotheke befand sich (neben der Apotheke im Schloss, die sich jedoch nicht im sog. Apothekerturm befand) wohl schon seit dem frühen 15. Jahrhundert in der Altstadt. Das heutige Gebäude wurde vermutlich nach Plänen des großen Baumeisters Johann Jakob Rischer nach der Zerstörung des mittelalterlichen Gebäudes an selber Stelle am Marktplatz (Hauptstraße 188) errichtet. Die Kurpfälzische Hofapotheke gehört zu den frühesten und zu den prächtigsten Barockbauten, die nach der großen Zerstörung 1693 errichtet wurden. 1701 war der Neubau fertiggestellt. Die Hofapotheke zeichnet sich durch ein heidelbergtypisches Zwerchhaus aus, welche man häufig in der Altstadt antrifft. Diese können als Reminiszenz an die giebelständigen Vorgängerbauten gesehen werden. Aus brandschutztechnischen Gründen sowie aufgrund des damals modernen barocken Baustils sollte Heidelberg als traufständige Stadt neu errichtet werden. Dies jedoch auf dem alten Straßengrundriss und den ehemaligen schmalen Parzellen. So ergibt sich auch die recht schmale Fassade zum Marktplatz und die sehr lange Fassade in der Apothekergasse. Für Bauten Rischers Typisch sind die reichen Schmuckelemente an der Fassade, wie die Säulen mit vergoldeten Kapitellen, Pilaster, die Eckrustizierung (In HD häufig anzutreffen) sowie das kurpfälzische Allianzwappen im Sprenggiebel über dem Eingang. Nachdem die Residenz nach Mannheim verlegt wurde (1740) ging die Apotheke in Privatbesitz über. Ich erinnere mich noch daran, als hier ein McDonalds ansässig war. Danach kam ein koreanischer Souvenirladen, nach der Sanierung ist ein Vapiano ansässig (der allerdings nicht mehr offen hat, ich weiß aber nicht, ob endgültig oder aufgrund von Corona). Als kurpfälzischer Hofmedicus wirkte übrigens Daniel Nebel, dessen riesiges Wohnhaus aus dem Jahre 1709 sich in der Heiliggeiststraße 2 befindet.

    Eine meiner Meinung nach ganz tolle Sanierung, es macht richtig Spaß, dieses Gebäude zu betrachten. Im Inneren allerdings nichts mehr historisch. Im zweiten OG befand sich lange eine Tanzschule, was oder wer nun hier zu finden ist, entzieht sich meiner Kenntnis.

    Anbei noch ein Link zu einem Bild vor der Sanierung:

    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…_Mc_Donalds.jpg

    Weiter geht es zum bekanntesten Profanbau Heidelbergs, dem Renaissancebau des Hotels zum Ritter St. Georg, fertiggestellt 1592. Erbauer des vielleicht prächtigsten erhaltenen Renaissance-Wohnhauses auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands war der hugenottische Glaubensflüchtling Charles Belier, der aus Valenciennes stammte und durch Tuchhandel reich wurde. Belier bedeutet Widder, welcher wiederum das Familienwappen der Beliers war. Diese Widder sind am Gebäude direkt über dem Eingang als Relief im Erker zu finden. Rechts davon finden sich die Abbilder zweier Freunde der Beliers, des Kur-Administrator Johann Casimir und seiner Frau Elisabeth von Sachsen, sowie direkt darüber Charles Belier und seine Frau Francina. Andere Quellen deuten die Reliefs unte dem Erbauer-Ehepaar als deren Kinder. Das Haus zeichnet sich durch reichen Fassadenschmuck aus. Besonders interessant die drei an der Fassade in goldenen Lettern angebrachten Sprüche:

    1. Si jehova non aedificet domum, frustra laborant aedificantes eam (Sinngemäß: Wenn nicht Jehova das Haus erbaut, arbeiteten seine Bauleute vergeblich)

    2. Persta invicta, venus (Bleibe (stets) unbesiegt, Schönheit)

    3. Soli deo gloria (Ehre sei Gott allein)

    Das Gebäude wurde Ende des 17. Jahrhunderts das erste Mal als Gaststätte erwähnt und war seitdem durchgängig als Gaststätte oder Herberge genutzt. Der Name des Gebäudes bezieht sich auf die auf dem Giebel angebrachte Ritterfigur.

    Zunächst ein Link zu einem Bild, das den Zustand vor der Sanierung zeigt.

    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…en-20110708.jpg

    Auffällig ist, dass im Zuge der Instandsetzung auch abgeschlagene/abgeplatzte Pilaster neu ergänzt und weitere Teile ersetzt wurden. Außerdem wurde die Fassade gereinigt. Das Ganze ist meiner Meinung nach sehr gelungen:

    So viel erst einmal hierzu, morgen folgt dann die sanierte Fassade inklusive Anbau des Wormser Hofes.

  • Als kleiner Nachtrag noch der Link zum Hotel selbst mit Ansichten aus dem Inneren (auf der Startseite oben rechts "hier geht es zur Bildergalerie") sowie historischen Fotos und Darstellungen der Fassade (zu finden unter "Renaissance-Jubiläum"):

    https://www.hotel-ritter-heidelberg.com/de/hotel/hotel-zum-ritter.html

    Im Übrigen war der Ritter Interims-Rathaus der Stadt von 1693 bis zur Fertigstellung des neuen Rathauses am Marktplatz im Jahre 1703. Weil wir es neulich über Brennbarkeit und Bombardierung hatten: dass der Ritter die Belagerungen und Zerstörungen Heidelbergs im 17. Jahrhundert überstand, lag an seiner Bauart: Stein.

  • Und hier der Hinweis auf einen Artikel in der RNZ, der sich mit der Frage der Nicht- bzw. Kaum-Zerstörung Heidelbergs befasst und eine weitere wilde Spekulation ins Spiel bringt:

    https://www.rnz.de/nachrichten/he…rid,532005.html

    In diesem Zuge erschien heute ein weiterer Artikel. Eines dieser angeblichen Flugblätter ist indes immer noch nicht aufgetaucht. Und solange es keine Beweise hierfür gibt, kann ich diese Theorie leider nicht unterstützen:

    https://www.rnz.de/nachrichten/he…rid,532560.html

  • Vielleicht meldet sich ja jemand bezüglich des Zeitungsaufrufs, der noch ein Blatt irgendwo liegen hat. Andernfalls wäre eine Anfrage bei amerikanischen Archiven möglichenfalls weiterführend.

  • Lieber Sir Moc,

    die Architektonische Rundschau erschien ab 1885 und wurde wegen des I. Weltkriegs im Laufe des Jahres 1915 eingestellt. Alle Bände liegen der Universitätsbibliothek Heidelberg gebunden für jedes Jahr vor.

    Wegen des Links schreibe ich dir eine PN.