• Auch in Wiesbaden werden Abrißbirne und Maurerkelle geschwungen - und beides nicht immer zum Vorteil des Stadtbilds.

    Nachdem ich schon in einzelnen Themen über städtebauliche Entwicklungen und Fehlentwicklungen in der hessischen Landeshauptstadt berichtet hatte, habe ich jetzt mal einen allgemeinen Strang aufgemacht, der von dem handelt, was sich in Wiesbaden in letzter Zeit getan hat und was sich in nächster Zeit tun wird - also eine Auswahl der Neubauten, Sanierungen, Umbauten und Abrisse in den letzten drei, vier Jahren, gegenwärtig und in naher Zukunft.

    Wir beginnen mit dem ehemaligen Polizeipräsidium in der Friedrichstraße:

    Hier der Altbau aus dem Jahr 1904:


    [URL=http://g.imageshack.us/img4/bdscf

    Und das ist der Nachkriegsflügel aus den 50er Jahren, der den im Krieg zerstörten Gebäudeteil ersetzte. Er wird gerade abgerissen. Obwohl ich nun wirklich kein großer Freund der 50er-Jahre-Architektur bin, fand ich diese Fassade zwar nicht gerade schön, aber für diese Epoche gar nicht mal so schlecht.

    [url=http://imageshack.us][/url]

    Etwas näher ran: Die Fassade ist immerhin markant, mit einigen Feinheiten - da gibt es meines Erachtens wesentlich banalere und schlechtere Bauten aus dieser Zeit.



    Ich hätte allerdings gegen einen Abriß keine Bedenken, wenn - an eine Reko des alten Flügels (Bild) ist sowieso nicht zu denken - stattdessen etwas schöneres gebaut würde, etwas, was sich stilistisch wenigstens ansatzweise und zaghaft an den Altbau anlehnt.

    Wenn dann aber der Neubau wie ein moderner Klon des 50er-Jahre-Baus daherkommt, dann hätte man letzteren auch stehenlassen können.


    Seit dem Erfolg der Hackeschen Höfe in Berlin nennt man einen Komplex mit Büros und Läden gern "Höfe". Der einfallsreiche Name bezieht sich auf das Dernsche Gelände, den Platz, an den der Komplex grenzt.

    Wie man an der Grafik sieht, bleibt auch die Fassade des Altbaus nicht ganz von Eingriffen verschont: Seltsame, viel zu hohe Gauben kommen auf das Dach, und die Fenster des Hochparterres werden zu Arkaden heruntergezogen. Andererseits wird die seit dem Krieg fehlende kleine Kuppel rekonstruiert.

    Soweit die Ankündigung auf dem Plakat.

    Im Vorbeigehen an der Rückseite zur Mauergasse bekam ich dann einen Schrecken, denn es scheint auch dem Altbau an den Kragen zu gehen.

    Klärung brachte ein paar Tage später ein Blick in die Zeitung und ein weiterer Blick auf die Abrißstelle: Nur der Zellentrakt wird abgerissen (daher auch die Wetterschutz-Plane). Natürlich stand er wie der Rest des Gebäudes unter Denkmalschutz, aber der Abriß sei genehmigt worden, heißt es, da man die Zellen ja schlecht anders nutzen könne. Außerdem gebe es noch ähnliche Zellengebäude unter anderem in Frankfurt. Das Frankfurter Gerichtsgefängnis wird damit wohl nicht gemeint sein - denn das soll ja ebenfalls abgerissen werden. :?:

    Abgerissen wird auch das folgende, in der Kirchgasse (Haupt-Einkaufsstraße Wiesbadens) gelegene Haus. Und das, obwohl der Beirat für Städtebau und Architektur vor Jahren darauf hingewiesen hatte, daß sich hinter der häßlichen Verkleidung sicher eine tolle historische Fassade verberge, die vermutlich nicht ganz abgeschlagen sei. Angeblich ist das Haus völlig marode.


    Die herausguckende Säule läßt zumindest erahnen, daß sich unter den Platten ein Kleinod verbergen könnte.


    Falls jemandem die Ecke irgendwie bekannt vorkommt: Das Haus steht an der Ecke zur Kleinen Schwalbacher Straße, über die es einen Extra-Strang gibt. http://www.architekturforum.net/viewtopic.php?f=3&t=1801 Ausgerechnet die Stadtentwicklungsgesellschaft Wiesbaden (SEG), die ich für das Engagement in der Kleinen Schwalbacher gelobt hatte, hat dieses Haus nun zum Abbruch erworben. "Auch der Denkmalschutz war involviert", heißt es in der Presse - was auch immer "involviert" hier heißen mag. Man will anstelle des Abrißgebäudes, wie es weiter heißt, mit einer "pfiffigen Architektur" die Leute in der Kleine Schwalbacher locken. Was "pfiffig" wohl heißen wird? Auf jeden Fall von mir ein Pfui an die SEG.

    Ebenfalls in der Kirchgasse wurde letztes Jahr ein Gründerzeitler abgerissen. Daß ich das nicht hier im Forum gemeldet und groß angeprangert habe, liegt daran, daß es sich um ein entstucktes und entstelltes, zuletzt unscheinbares Haus handelte und ich mir blöd vorgekommen wäre angesichts der wunderschönen Prachtbauten in anderen Städten, über deren Abriß hier leider immer wieder berichtet wird.


    Immerhin scheint der Neubau, der gerade entsteht, für Wiesbadener Verhältnisse akzeptabel zu werden.


    [URL=http://g.imageshack.us/img403/fdscf6112

    Zum Glück nicht vom Abriß bedroht, aber in einem ziemlich desolaten Zustand ist das Schenksche Haus aus dem Jahre 1817 (was für Wiesbaden ziemlich alt ist) in der Friedrichstraße.

    [url=http://imageshack.us][/url]

    Wie man sieht, geht hier regelmäßig Wiesbadens geistige Elite vorbei. Man beachte dabei, wer in diesem Gebäude drinsitzt. :!:


    Beim Vorbeigehen erschließt sich ein großzügiger rückwärtiger Bereich...

    ...dem man seine Sanierungsbedürftigkeit ansieht. Daß das Gebäude dem Land Hessen gehört, ist in diesem Zusammenhang nicht gerade ein Ruhmesblatt. Nach dem bevorstehenden Auszug der Polizei soll das Gebäude, das allgemein als wertvolles Baudenkmal anerkannt ist, an die Stadt Wiesbaden verkauft werden, die noch eine neue Nutzung sucht.


    Die Polizei zieht demnächst in das fast fertiggestellte "City-Revier" am Platz der Deutschen Einheit. In die Obergeschosse kommen auch Wohnungen. Zu gut, um es zu hassen - zu schlecht, um es zu mögen. Immerhin kein Flachdach.

    Dafür abgerissen wurde ein einst repräsentatives, aber völlig heruntergekommenes Gründerzeithaus, das zuletzt eine Teestube für Obachlose beherbergte sowie ein altes Polizeigebäude, das jedoch keinerlei Fassadenzierat (mehr) aufwies und eher unscheinbar war - sowie marode und im Innern extrem von Schimmel befallen. Was natürlich auch nicht aus heiterem Himmel kommt, sondern durch mangelnde Bauunterhaltung. Kritik am Abriß gab es nur deshalb, weil damit ein ehemaliger Folterkeller der Gestapo (und damit Geschichte) entsorgt wurde.


    [URL=http://g.imageshack.us/img403/dscf61

    Wir bleiben am Platz der Deutschen Einheit. Aber besser nicht zu lang, da er zwar einen schönen Namen trägt, aber ansonsten als Pennertreff und Drogenumschlagplatz gilt. Und in städtebaulicher Hinsicht - naja.

    [url=http://imageshack.us][/url]

    Aufwerten soll den Platz zunächst das City-Revier, ferner eine neue Bebauung, unter anderem eine Sporthalle, deren Wettbewerbsentwürfe hier zu sehen sind. Dafür soll das folgende Gebäude abgerissen werden. Kein wertvolles, aber ein relativ ansehnliches Gebäude, dessen Baujahr ich schwer einschätzen kann (30er Jahre?) wird für weitere modernistische Auswüchse geopfert, die nicht einmal spektakulär sein werden.


    [URL=http://g.imageshack.us/img7/dscf6191.

    Szenenwechsel: Das sogenannte Luisenforum, ein letztes Jahr eröffnetes Einkaufszentrum, das aus einem bis auf den Betonrohbau auseinandergepflückten und halb abgerissenen Karstadt-Kaufhaus entstand. Bei längerem Betrachten Fassade vor Ort droht Pupillenkrebs. Die grelle Fassade kann man nur dann sportlich nehmen, wenn man weiß, daß der alte Karstadtbau noch häßlicher aussah, nämlich [url=http://i3.photobucket.com/albums/y91/pps…ex-karstadt.jpg]so (Bild)[/url]. Knallorange gegen Kackbraun - ganz knapper Sieg.

    Innendrin kam, was kommen mußte: Eine Einkaufspassage, die nicht direkt schlecht geworden ist, aber auch nichts besonderes ist - eben eine von vielen. Könnte in so ziemlich jeder Großstadt stehen.



    Keine besonders schöne Farbe hat auch das Gebäude gegenüber - aber das soll die Originalfarbe des 1828 errichteten klassizistischen Baudenkmals sein, die man bei der Sanierung wiederentdeckt hat. Das Gebäude diente einst als Militärhospital, Casino, Millitärschule, später als Sitz der Volkshochschule, und zuletzt - als leerstehende Bruchbude - als Fläche für offizielle Graffiti. So seltsam (Bild) sah es in dieser Zeit aus. Vom Abriß bedroht war es ebenfalls. Nun ist es gerettet, saniert und wird künftig als Kantine einer benachbarten Schule dienen (und offiziell wieder "Casino" heißen).



    Das ist das alte Amts- und Landgericht. Seine Tage sind gezählt.

    Nein, keine Angst - nicht das Gebäude selbst ist am Ende, sondern seine Nutzung als Gerichtsgebäude.

    Im Herbst werden die Gerichte umziehen in das neue, zur Zeit noch im Bau befindliche Justiz- und Verwaltungszentrum in der Mainzer Straße.

    So wird es ausehen:

    Und so sieht das Gebäude (bislang) in echt aus. Was soll man sagen - Wiesbadener Bausituation...


    Auf dieser Höhe ist die Mainzer Straße eine Ausfallstraße in Richtung Autobahn. In Laufnähe befinden sich einige Autohändler, Fastfood-Ketten, Fitness-Center und ein Puff. Ob das eine angemessene Umgebung für die Justiz ist, darüber kann man streiten.

    Wenden wir uns lieber ab und wieder dem alten Gerichtsgebäude zu.

    Wer hier mal eine zeitlang ein- und aus gegangen ist, wird das Gebäude vermissen - ebenso die Umgebung. Hier gibt es alles um die Ecke, die Fußgängerzone ist in wenigen Minuten zu Fuß erreichbar, und man befindet sich in einem gewachsenen Viertel mit allem drum und dran - während man künftig an einer unwirtlichen Autopiste ausgesetzt wird. Die Inhaber der Geschäfte und Lokale in der angrenzenden Moritzstraße waren natürlich auch nicht gerade begeistert über die Umzugspläne.

    Natürlich suchte man nach einem angemessenen Nachnutzer für das schöne Gebäude, den man nun wohl gefunden hat. Die European Business School (EBS) wird hier voraussichtlich mit 800 Studenten ihre neue Law School eröffnen. Die Stadt Wiesbaden unterstützt dieses Vorhaben natürlich nach Kräften, denn durch die Schaffung einer zweiten Fakultät würde die EBS Universitätsstatus erreichen. Und damit wäre Wiesbaden (bisher nur FH-Standort) erstmals in seiner Geschichte Universitätstadt. Daß mit einer Privatuni studentische Kultur im Sinne von "rostigen Fahrrädern vor dem Haus" in Wiesbaden einziehen wird, glaubt natürlich niemand - aber einer Bereicherung wäre das sicherlich. Und vor allem eine würdige Nachnutzung für das Gerichtsgebäude.


    Irgendein Einzelhandelspräsident wurde mal in der Presse mit dem Vorschlag zitiert, man könne das Gebäude "entkernen und ein Einkaufszentrum daraus machen".
    Um so etwas ernsthaft vorzuschlagen, muß man schon im Kopf entkernt sein, wie die nachfolgenden Bilder verdeutlichen:






    Bessere Bilder macht mein Handy leider nicht - dafür ist das Fotografieren damit schön unauffällig.  :zwinkern:

    Abgerissen wird der Anbau des Gerichts aus dem Jahr 1953. Und das zu Recht - denn es handelt sich um einen besseren Plattenbau, dem niemand eine Träne nachweinen wird.


    [URL=http://g.imageshack.us/img10/dscf616

    Vom Umzug betroffen ist auch das in der Adolfsallee gelegene Arbeitsgericht. Das wiederum kann man von mir aus gerne bis auf die Fassade entkernen. Denn - das seltsame Dach verrät es - hinter den beiden schönen Fassaden (und der häßlichen, die rechts angeschnitten ist) verbirgt sich ein muffiger 60er-Jahre Beamtenbau, der mit den stehengebliebenen Gründerzeitfassaden nur die Deckenhöhe gemeinsam hat.

    [url=http://imageshack.us][/url]


    Fortsetzung folgt...

  • Danke, sehr interessant. Um den Anbau des Alten Polizeipräsidiums ist es in der Tat schade. Keine Schönheit, aber besser wirds auch nicht. Was das mit dem Haus an der Kirchgasse wird, muss man wohl nicht verstehen...Man kann es doch entkernen, wenn es kurz vorm Zusammenfall ist. Muss man denn gleich die hist. Fassade mit abreißen? Die originale würde den Wert doch bestimmt steigern...

  • Vielen Dank, ein sehr schöner Beitrag. Leider sieht man auch hier den allgemeinen Trend, dass die öffentliche Hand weiter Altbauten aufgibt und diese durch irgendwelche Investoren umgebaut werden, wie im Fall des Gerichtsgebäudes und das Polizeipräsidiums. Bei dem Gerichtsgebäude kann man hoffen, dass von der alten Bausubstanz mehr als die Fassade bleibt, weil die Schulnutzung dies zulassen wird. Beim Polizeipräsidium wird der Umbau zu diesen "Höfen" mal wieder ein sehr tiefgreifender Eingriff in das Gebäude.

  • Zitat von "Schloßgespenst"

    Um so etwas ernsthaft vorzuschlagen, muß man schon im Kopf entkernt sein

    :lachen:

    Sehr zeitaufwändige und interessante Serie! :applaus:

    Ihr habt ja doch ganz ordentliche Bausünden in Eurer Wohlstandsstadt. :(

    Diesen 50er-Anbau werde ich nicht vermissen, ich mag diese Architektur einfach nicht, vor allem wenn sie so grobteilig daher kommt. Dann noch lieber das pseudomoderne Frische-Antlitz inkl. obligatorischer Schießscharten in zumindest warmen Farben.

    Ich hatte das ja schon mal erwähnt und mein Interesse ist seitdem nicht gesunken: Eine Bilderreihe über die Wiesbadener Innen("Alt" kann man ja nicht sagen)stadt inkl. Hauptplätze, Bäderarchitektur und Kernbereich steht auf meiner Wunschliste recht weit oben!

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Vielen Dank für's Lob. :)

    @ youngwoerth
    Ich muß Dich (zunächst) enttäuschen: Das nächste Kapitel der Wiesbaden-Galerie wird von Historismus-Villen handeln (die Bilder warten schon auf der Festplatte). Aber die Altstadt und das Historische Fünfeck stehen auf jeden Fall auf der Agenda und kommen dann anschließend. Versprochen.

    Zitat von "Leipziger"

    Leider sieht man auch hier den allgemeinen Trend, dass die öffentliche Hand weiter Altbauten aufgibt und diese durch irgendwelche Investoren umgebaut werden


    Und das neue Domizil ist dann (wie die gezeigten Gebäude Justizzentrum und City-Revier) in der Regel ein PPP-Projekt, steht also im Eigentum eines Investors und ist von der öffentlichen Hand nur noch angemietet.

    Teilweise werden in Wiesbaden und anderen hessischen Städten repräsentative und stadtbildprägende Altbauten auch an Investoren verkauft, und das Gericht, Ministerium u.ä. bleibt als Mieter drin. Dann gehört dem Land nichts mehr, aber ansonsten bleibt wenigstens alles beim alten.

  • Zitat von "Schloßgespenst"

    Das nächste Kapitel der Wiesbaden-Galerie wird von Historismus-Villen handeln


    Na, das klingt doch auch nicht schlecht! :daumenobengruen:

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    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Herzlichen Dank für den Überblick, Schlossgespenst.
    Ich kann mich Deinen Einschätzungen bezüglich der Neubauten anschließen - bis auf dieses Deutsche Filmhaus, da ich Aluminiumverkleidungen nicht leiden kann. Musste hier aber vielleicht so sein, da das Gebilde natürlich gestapelte Filmrollendosen symbolisiert.

    Beim Hochhaus/Parkhaus in Nachbarschaft des Kurhauses wäre es m. E. fast sogar sinnvoller, den bisherigen Bau zu sanieren, statt diese z. T. (der letzte lässt kaum eine Bewertung zu) abstoßenden Entwürfe zu verwirklichen.

    Zum Gerichts- und Justizkomplex folgende wichtige Entwicklung:

    Zitat

    [...] Das Landesamt will demgegenüber auf dem Denkmalschutz beharren. Beamtenwohnhaus und Gerichtsgebäude seien ein zusammenhängendes Ensemble der preußischen Gerichtsbarkeit, so Christoph Mohr. Die neue Nutzung für das Gerichtsgebäude sei ideal, das Beamtenwohnhaus könne sinnvoll integriert werden, "wenn man planerischen Grips einsetzt".
    Die Abriss-Absicht von Finanzminister Weimar hat bereits die Bürgerliste alarmiert. Sie verweist auf den Stadtverordnetenbeschluss von Mitte Mai, wonach bei der Bebauung "ein besonderes Augenmerk auf den denkmalgeschützten Baubestand" zu legen sei. Das Beamtenwohnhaus sei zusammen mit dem Gefängnis errichtet worden. Schon dieses habe man 1996 "sinnloserweise abgerissen und die so entstandene Brache stellte jahrelang einen innerstädtischen Schandfleck dar". Die Mauer sei seit dem Abriss nur noch entlang der Oranienstraße komplett erhalten. "Für einen guten Architekten sollte es kein Problem darstellen, die beiden Objekte in die Neubebauung zu integrieren". Es sei "schon verwunderlich, welch unterschiedlichen Maßstäbe der Staat beim Denkmalschutz anlegt". Ein Privatmann dürfe sich einen solchen Umgang mit einem denkmalgeschützten Objekt nicht erlauben, so die Bürgerliste.

    Quelle: Wiesbadener Kurier v. 15.06.2009

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Das Lilien-Carrée/Motel One/Parkaus-Ensemble ist ja toll! Es geht also doch noch anders als Kubus an Kubus. Sehr wertige Ausstrahlung, historisierende Merkmale, steinerne Materialität, expressionistische Zitate, warme Farbgebung, Verzicht auf große Glas-Stahlflächen, ausdrucksstarkes Ensemble, lediglich der Regionalbezug könnte stärker sein.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zitat von "Schloßgespenst"

    (Preisfrage: Aus welcher Epoche stammt dieses Gebäude) :?:
    Was los - will diesmal keiner mitraten? :piksen:

    Das Gebäude stammt aus der Zeit der Jahrhundertwende 19 nach 20.
    Die Fassade ist dagegen nahezu vollständig trizonesisch reduziert überarbeitet.

    Was ist denn der Preis? Brauchst Du eine Lieferanschrift? :P

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Also, das Lilien-Carré (Rondell würde wohl eher passen) ist wirklich gelungen! Und auch das Hotel...Die restl. Alt-Neubauten sind hingegen eine Katastrophe. Der Bahnhof ist echt toll, ich liebe roten Sandstein :D.

  • Zitat von "Palantir"

    Das Gebäude stammt aus der Zeit der Jahrhundertwende 19 nach 20.
    Die Fassade ist dagegen nahezu vollständig trizonesisch reduziert überarbeitet.

    Ja, richtig! Gewußt oder gesehen?

    Mir ging es nämlich jahrelang wie

    Zitat von "erbsenzaehler"

    Schaut aus wie ein Nazibau :ka:

    Ich war mir relativ sicher, daß das Gebäude der ehemaligen Landeszentralbank aus den 30er Jahren stammt. Doch hier fand ich eine ganz andere Info.

    Zitat

    Das Gebäude Luisenstraße 21 ist Ende des 19. Jahrhunderts als Wohn- und Verwaltungsgebäude im Stile der Gründerzeit erbaut worden.

    Im Krieg wurden insbesondere Fassadenbauteile der Straßenfassade zerstört. Nach Ende des 2. Weltkrieges wurde das Gebäude 1947/48 als Landeszentralbank Hessen wieder aufgebaut, wobei die facettenreiche Gründerzeitfassade einer einfacheren Gestaltung weichen mußte.

    Verblüffend, daß man offenbar nach dem Krieg die Fassade entworfen hat, die wie vor dem Krieg aussieht. Mich würde interessieren, wie die Originalfassade aus dem 19. Jahrhundert ausgesehen hat.


    Und das hier:

    Zitat

    In Wiesbaden wird nur modern gebaut, nie historisierend? Richtig, und Ausnahmen bestätigen die Regel, so wie dieses 2007 fertiggestellte Gebäude in der Mosbacher Straße (nähe Hauptbahnhof).
    Doch - kein Wunder: Um was für ein Gebäude handelt es sich wohl?


    Na, was? Man sieht es ja eigentlich schon an dem Werbeschild: Es handelt sich um eine Seniorenresidenz. Es wurmt einen schon irgendwie, daß so überdurchschnittlich viele Seniorenresidenzen historisierend gebaut werden, und Gebäude für die arbeitende Bevölkerung fast immer modern.

  • Danke auch nochmal von mir für die regelmäßigen und vorbildlichen Updates aus dem (zu Unrecht) etwas stiefmütterlich beachteten Wiesbaden. Leider scheint tendenziell auch hier der ungewöhnlich große Altbaubestand zu einer "würtembergischen Mentalität" im Umgang damit zu führen. Insbesondere ist es hier wie so oft rätselhaft, wie die Stadtväter derart viel mieseste Investorenarchitektur zulassen können, wenn man gerade an den letztgezeigten Beispielen sieht, dass es doch auch ganz anders geht. Das Parkhaus des Motel One ist geradezu unglaublich gut.

    Bezüglich der historisierenden Bauweise von Senioren-Residenzen könnte man in der Tat fast schon einen eigenen Strang aufmachen. Ein gutes Beispiel sind zahlreiche jüngere Bauten der Kette Sunrise, die mir zuletzt in Königstein und Oberursel aufgefallen sind:

    http://www.sunrise-domizile.de/domizil-suche/rhein-main-gebiet/koenigstein\r
    http://www.sunrise-domizile.de/domizil- ... oenigstein

    http://www.sunrise-domizile.de/domizil-suche/rhein-main-gebiet/oberursel\r
    http://www.sunrise-domizile.de/domizil- ... /oberursel

    Nachtrag: auch das gezeigte Wiesbadener Exemplar scheint zu der Kette zu gehören.

  • Zitat von "Schloßgespenst"


    Abgerissen wird auch das folgende, in der Kirchgasse (Haupt-Einkaufsstraße Wiesbadens) gelegene Haus. Und das, obwohl der Beirat für Städtebau und Architektur vor Jahren darauf hingewiesen hatte, daß sich hinter der häßlichen Verkleidung sicher eine tolle historische Fassade verberge, die vermutlich nicht ganz abgeschlagen sei. Angeblich ist das Haus völlig marode.


    http://www.wiesbadener-kurier.de/region/wiesbad…gen/7192625.htm

    Zitat

    Nicht alle Wiesbadener können sich allerdings mit dem Abriss des Pfeifenhauses, in dessen Schaufenster zur Zeit Werbung für die neue kleine Fußgängerzone gemacht wird, anfreunden. Auch wenn der Bau in sehr schlechtem Zustand sei, würden doch sicher bautechnische Möglichkeiten bestehen, ihn zu erhalten. Außer den gusseisernen Stützpfeilern gäbe es bestimmt noch mehr Wertvolles, das sich hinter dem Eternit verberge, hatte schon vor einigen Monaten ein besorgter Bürger an die Stadtpolitiker und die SEG geschrieben.

    Zitat

    Und auch der Beirat für Städtebau und Architektur hatte noch bei einem Kurier-Sehgang im Jahr 2000 “eine tolle historische Fassade hinter den grauen Teilen" vermutet. Bestimmt sei der Schmuck nicht ganz abgeschlagen worden, hieß es damals. Laut Thomas Metz allerdings erwarten die Fachleute keinen intakten Fassadenschmuck mehr. Die gusseisernen Säulen beispielsweise, die würden sichergestellt.

    Zitat

    Mit den Denkmalschützern sei auch das Procedere im Fall von römischen Funden abgestimmt, ergänzt Metz. Solche seien durchaus in der Kleinen Schwalbacher Straße denkbar. Bei der SEG sieht man keine Möglichkeit, den Bau zu erhalten, bekräftigt Andreas Guntrum. Er betont auch, dass die Denkmalschützer bei der Auswahl des Entwurfs für den Neubau eng eingebunden gewesen seien, so wie sie es verlangt hatten.

    Und wie erwartet steht in Wiesbaden der nächste Modernisten-Anschlag an. Heute veröffentlichte der Wiesbadener Kurier Wettbewerbsentwürfe für einen Neubau anstelle des zum Abriß bestimmten sogenannten Pfeifenhauses:

    Zitat

    Innerhalb kürzester Zeit habe man einen “Mini-Wettbewerb" für das Millionen-Projekt durchgezogen, fünf Architekten waren aufgefordert, ihre Ideen zu skizzieren. In einem Kolloquium wurden sie gebrieft. Mittlerweile sind die Ergebnisse den Vertretern von Stadtplanung, Denkmalpflege und SEG vorgestellt worden. Das Gremium war sich über seinen Favoriten schnell einig, verlangt allerdings noch so einige Änderungen. Der Kurier verrät dazu an dieser Stelle nichts. Denn es darf gerätselt werden.

    Ich bin gespannt, welcher der Entwürfe der "Favorit" ist. Für meine Begriffe ist allenfalls noch Nr. 2 akzeptabel, und die vorzunehmende Änderung wäre, daß der seltsame Container rechts auf dem Dach verschwinden muß.

  • Es ist wahrhaftig herzzerreissend: Wieder wird die Gelegenheit wahrgenommen, zwischen zwei historischen Fassaden einen Fremdkoerper einzuschieben. :boese:

    Aus den zitierten Artikelauszuegen schliesse ich, dass dies von Seiten der Stadt gewollt war. Die Entwuerfe der fuenf Architektenfirmen sind sich ja teils peinlich aehnlich. Haette nicht auch eine Firma mit einer anderen Herangehensweise hinzugezogen werden koennen, die eine andere Sorte von Entwurf eingereicht haette? Auch frage ich mich, wieso offenbar nichts unternommen wurde, um die durch die aufgelegte Huelle verdeckte alte Fassade jedenfalls teilweise freizulegen? Und ja: Natuerlich wird das Pfeifenhaus als "marode" charakterisiert. Freie Bahn fuer einen Neubau!

  • Diese Entwürfe sind ja eine Zumutung! Ist Euch auch eine gewisse Ähnlichkeit des Entwurfes 3 mit dem S-Oliver-Neubau in Würzburg, Marktplatz 13, aufgefallen?

    Würzburg:

    Zitat von "Däne"

    [...]

    [...]
    Quelle: Mainpost.de


    ( http://www.architekturforum.net/viewtopic.php?p=70655#p70655">viewtopic.php?p=70655#p70655)

    Im Vergleich mit dem Entwurf von Wiesbaden merke ich "erst", wie schön und wohlproportioniert doch der von Würzburg ist. Wenn man sich an schlechten Vorbildern misst, kann man leicht gut sein.

  • Zitat

    dass die Denkmalschützer bei der Auswahl des Entwurfs für den Neubau eng eingebunden gewesen seien

    :!:

    Unglaublich, was bei den Entwürfen herausgekommen ist! Der zweite Entwurf stellt wohl das "geringere Übel" dar.
    Da das Pfeiffenhaus wohl endgültig nicht mehr zu retten ist, würde mich mal die interessieren, wie "marode" es tatsächlich ist. Anscheinend ist es noch stabil genug, ohne weitere Sicherungsmaßnahmen im Fußgängerzonenbereich seine letzten Tage zu fristen.
    Danke für die aktuelle Berichterstattung. Hoffentlich erblicken wir noch irgendwann ein wenig Fassade. :(

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Sie können immer nur die gleichen asymetrisch befensterten Kuben anbieten. Das Steildach war mit Sicherheit Bauauflage, sonst wäre es garantiert auch noch stilsicher weggefallen. Peinlich das ganze, aber man ist ja bei heutigen Architekten gewohnt, nur noch in Kategorien des geringeren Übels zu denken. Bleibt eigentlich doch nur zu hoffen, daß die Wirtschaftskrise bald stärker durchschlägt und ihnen das Geld für die vielen schicken neuen Einkaufszentren und Warenhäuser ausgeht.