Saarbrücken (Galerie)

  • Ich war noch nie in Saarbrücken, aber habe mir die Stadt irgendwie großstädtischer vorgestellt. Es scheint hier noch einige schöne Ensembles zu geben. Aber was um Himmels Willen hat man dem Schloss angetan? Die Modernisten kennen wirklich keine Gnade.

    In dubio pro reko

  • Ja, Königsbau, es gibt schöne zusammenhängende Bereiche/Ensembles, aber auch sehr hässliche Ecken.... wie -es spätestens seit 1945- in jeder deutschen Großstadt, mal mehr, mal weniger der Fall ist .....leider .....

  • Ich war noch nie in Saarbrücken, aber habe mir die Stadt irgendwie großstädtischer vorgestellt. Es scheint hier noch einige schöne Ensembles zu geben. Aber was um Himmels Willen hat man dem Schloss angetan? Die Modernisten kennen wirklich keine Gnade.

    Der moderne Mittelbau wurde zur Amtszeit des Oberbürgermeisters Oskar Lafontaine errichtet. Bei einer Schlossführung wurde gesagt, der moderne Mittelbau würde die drei unterschiedlichen Baustile von Nord- und Südflügel sowie des Corps de Logis auf wunderbare Weise durch einen vierten Stil miteinander verbinden; er stelle also erst die Einheit des Schlosses her. Ich weiß ja nicht...

    PS: In dieser Broschüre findet man Fotos vom Zustand vor dem Umbau auf Seite 8. Auf Seite 32 werden alle Mittelpavillons miteinander verglichen.

    2 Mal editiert, zuletzt von Eber (30. Oktober 2017 um 18:28)

  • Dazu noch ein Vergleichsbild von 1959, also vor dem Umbau. Man achte auf die damaligen Ausmaße des Parkplatzes!
    Und dieser Anblick bietet sich heutzutage, aus dem selben Blickwinkel fotografiert.

    Meiner Meinung nach passt der moderne Glasanbau jedoch ganz gut zum Stadtbild von Saarbrücken, da dieses ja auch sonst nicht mit Hässlichkeit geizt (vom Ludwigsplatz und dem St. Johanner Markt mal abgesehen).

  • Die Fassade des historischen Mittelpavillons ist heute noch im Gebäude selbst konserviert:


    PS: In dieser Broschüre findet man Fotos vom Zustand vor dem Umbau auf Seite 8. Auf Seite 32 werden alle Mittelpavillons miteinander verglichen.

    Siehe Seite 24 ganz links in der Broschüre.
    Ich persönlich finde den aktuellen modernistischen Pavillon auch schrecklich, womöglich wäre aber heute eine moderne "Interpretation" noch schlimmer ausgefallen... Wenigstens hat es ein Mansardendach. Und der Festsaal innen schaut interessant aus!
    Leider muss ich aber auch sagen war der Vorzustand nicht so besonders, da der Mittelbau damals sehr schlicht ausfiel und nicht aus dem Bau "herausragte". Klar wäre eine Rekonstruktion besser, aber dann doch lieber den Ursprungszustand aus dem 18 Jh.

    PS: Wenn Interesse besteht, kann ich in nächster Zeit auch noch ein paar Galerien zu den verschiedenen Stadtteilen von SB machen, es gibt teils doch noch ganz gute Gründerzeitviertel wie das Nauwieserviertel erhalten oder auch ein Villengürtel... Aber es gibt auch viele Bausünden gerade im Stadtkern um den Bahnhof rum und das alte Saabrücken :weinen:

  • Ich persönlich finde den aktuellen modernistischen Pavillon auch schrecklich, womöglich wäre aber heute eine moderne "Interpretation" noch schlimmer ausgefallen... Wenigstens hat es ein Mansardendach. Und der Festsaal innen schaut interessant aus!

    Der Mittelpavillon ist eine Schöpfung des renomierten Architekten Gottfried Böhm, des einzigen deutschen Pritzker-Preisträgers. Böhm hat hier wie anderswo eine vor allem von innen erlebbare Raumhülle geschaffen, in der sein bildnerisches Können in ausdrucksvollem Linien- und Farbenspiel zur Geltung kommt - gewissermaßen barocke Raumkunst in moderner Interpretation.

  • Die Ludwigskirche erinnert mich stark an die Garnisonskirche in Potsdam.

    Ist aber (mit Ausmahme des Turms) unvergleichlich viel schöner.
    Der wunderbare rekonstruierte (!) Innenraum - ein Zentralraum mit stukkierter Kloster"kuppel" und vergoldetem Auge Gottes in der Mitte - und erst die herrlichen Fassaden mit ihrem opulenten, ikonographisch hochbedeutsamen Rokokodekor in Form von Reliefs und um die Fenster gezogener Rosenornamente (= Symbole der Liebe). Und erst die Figurenbalustrade. Eigentlich ein hochkatholisches Teil (Theatrum Sacrum, s. Petersdom Rom), hier aber protestantisch umgedeutet. Köstlich. Leider ist das Ganze - wurde auch bereits erwähnt - seit 1793 nicht mehr angestrichen und wird es wohl auch leider nicht mehr (Bürgerwille dagegen "Unsa Ludwischskirsch gebt nitt aangestrisch" :D ) .

    Eigentlich wollte ich als ehem. Saabrücker aber gerne auch noch etwas zum Schloss sagen.
    Die Meinungsäußerung "Iih, dieser moderne Mittelbau" trifft das Problem einfach nicht.

    Das Barockschloss sah weitgehend ganz anders aus. Es brannte 1793 (!) - da gab es noch keine Fotos - durch Einwirkung der Frz. Revolution total aus und wurde 1811 per Beschluss Napoleons als Mietskaserne (!) unter Wiederverwendung der Reste "wiederaufgebaut". D.h. gänzlich neuer klassizistischer Nordflügel durch Knipper, der barocke Mittelrisalit mit den Sälen wurde abgerissen, aus den übrigen zwei barocken Restflügeln wurde unter Abriss des Mezzaningeschosses eine drei(!)geschossige Mietskaserne gebaut (d.h. sämtliche heutigen Stockwerkshöhen sind nicht, mehr die alten). Die Gärten aufgegeben.
    Dies war 1980 die Ausgangslage für Böhm, hinzu kam die Tatsache, dass die gesamte Umgebung des Schlosses durch die Stadtautobahn seit 1969 völlig verwüstet ist. Da hätte eine Reko des Barockschlosses (nach Analogien, für die prachtvollen Mittelrisalitskulpturen gab es keine Fotos wie gesagt) keinen Sinn mehr gemacht.

    Gottfried Böhm ist kein ekliger Bauhaus-Glas-Stahl-Modernist, sondern ein m. E. sehr tiefsinniger und einfühlsamer Architekt der 70er/80er-Jahre Postmoderne.
    Der Schloss-Mittelrisalit, für den er ca. 200 Entwürfe anfertigte ist in den Proportionen etc. schon sehr gelungen finde ich. Den Anstrich der Fensterkreuze (im Maßstab der barocken Sprossen!) ist leider jetzt dunkelgrau und lässt den ganzen Bau dadurch dunkel erscheinen - das hätte ich mir auch anders gewünscht. Ich erlebte es noch, wo diese in einem Probeanstrich hellgrau, fast weiß waren und sehr viel besser aussahen und den Bau auch besser strukturierten. Eine Putzfassade stand für Böhm hier niemals zur Debatte.

    Der große Schlosssaal ist geradezu großartig geworden - ein Meisterwerk der Postmoderne mit barock wirkendem Deckengemälde, buntem Terrazzofußboden, blausamtenen Vorhängen und sehr vielen Spiegeln (!). Wurde von der Bevölkerung noch am Tag der Einweihung (April 1989) mit viel Begeisterung aufgenommen.....

    Einmal editiert, zuletzt von Oktavian (1. November 2017 um 12:13)

  • Ich finde den Mittelpavillon auch nicht schlecht, vor allem das Innenleben ist wirklich beeindruckend und tatsächlich nichts Alltägliches in Bezug auf die moderne Architektur.

    Was ich wesentlich schlimmer finde ist der Abriss des Anbaus am rechten Schlossflügel (Bei Betrachtung von vorne) zugunsten eines wirklich nicht allzu schönen modernen Museumseingangs. Das hätte man definitiv anders lösen können, oder sogar anders lösen müssen. Sehr schade.

  • Was ich wesentlich schlimmer finde ist der Abriss des Anbaus am rechten Schlossflügel (Bei Betrachtung von vorne) zugunsten eines wirklich nicht allzu schönen modernen Museumseingangs. Das hätte man definitiv anders lösen können, oder sogar anders lösen müssen. Sehr schade.

    Dabei handelt es sich um den Eingang des historischen Museums Saar. Er erinnert mehr an einen Bahnhof und passt in der Tat nicht zum Ensemble Schlossplatz. Das Gebäude wurde aber auch von Gottfried Böhm erbaut aber etwas später, nämlich 1993!

  • Der rechte Anbau wurde, wenn ich mich recht entsinne, im Laufe der 1970er Jahre wegen Einsturzgefährung, abgerissen, also völlig unabhängig von Böhm.
    Außerdem hätte er die beabsichtigte Wiederherstellung der barocken Struktur des Bauwerks (Dreiflügelanlage, Mittelrisalit, Pavillondächer) empfindlich gestört.
    Das heutige Museumsgebäude nimmt die Stelle des Stengelschen (also barocken Marstalls des Schlosses ein)

    Man muss sich beim Saarbrücker Schloss von der Vorstellung verabschieden, dass man hier je (es sei denn man hätte wie gesagt dass 1793 untergegangene Barockschloss rekonstruiert) ein stilreines "historisches" Ensemble hätte erhalten können. Der Schlossplatz ist leider nicht der Ludwigsplatz
    Das ist für viele enttäuschend - ich weiß. Ich weiß aber auch, warum ich aus SB unbedingt weg wollte. Spätestens wenn man von der Schlossmauer auf die tosende Stadtautobahn und die Hochhäuser auf der St. Johanner Seite blickt, sind doch alle Illusionen, in einer intakten Stadt zu sein perdu.
    Ich besitze eine historische Postkarte, die zeigt Alt-Saarbrücken aus der Luft noch ca. 1963/64 - eine trotz mancher Kriegszerstörungen noch fast intakte Stadt. Mam muss 3x hinschauen um das zu erkennen.

    Die Wiederaufbaubemühungen der 1970er Jahre für eine Reko des Barockschlosses (ich habe 2 Aktenordner voll mit Infos dazu) waren ganz klar eine gewünschte, letztlich erfolglose Kompensationsmaßnahme zum Stadtautobahnbau und der anschließenden weiteren Stadtzerstörung. Aber zu spät. Auch ein Barockschloss in einer Wüstenei macht halt noch lange keine lebenswerte Stadt.

    Ich schreibe dies nicht mit Zynismus oder Häme, sondern mit großer, großer Traurigkeit.
    Umso mehr genieße ich die intakten Dresdner Elbufer.

  • Da muss ich Oktavian leider zustimmen. Als Saarbrücker bzw Saarländer hat man fast schon einen Minderwertigkeitskomplex baulich gesehen zu anderen Regionen Deutschlands. Ja die Stadt wurde in der Nachkriegszeit arg geschändet, ich sage nur die Bahnhofstraße ... Aber das richtige Herz der Stadt wurde schon im Zweiten Weltkrieg vernichtet: Alt-Saarbrücken. Da stand fand kein Haus mehr nach dem Krieg, ein wahrer Totalschaden! Gerade um den Ludwigsplatz herum, Hohenzollernstraße, Heuduckstraße, das sind fast komplett Nachkriegsbebauungen.

    Dass die Komplettreko des Schlosses nicht möglich wäre nach den vielen Umbauten ist mir auch klar, dennoch hätte man den Mittelbau harmonischer lösen sollen, aber die Politik war ja dagegen. Lafontaine wollte ein “Arbeiterschloss“ und deswegen fiel auch eine historisierende Lösung aus.

    Die Stadtautobahn ist natürlich ein Skandal ganz klar! Aber damals in den 50er Jahren war es halt angesagt, die autogerechte Stadt. In Lyon gibt es im Übrigen fast das selbe Problem. Man hatte vor Kurzem noch die Alternative der Südumfahrung, doch seitdem das Industriegebiet an der goldenen Bremm steht, ist auch dies Utopie. Und eine Untertunnelung ist totaler Blödsinn “Stadtmitte am Fluss“ :kopfschuetteln:

  • Ludwigsplatz mit Ludwigskirche

    Das sieht ja wirklich alles sehr hübsch aus, trotz grauem Himmel. Ich war noch nie in Saarbrücken, aber irgendwer hatte mir mal gesagt die Stadt sei nicht besonders schön und insbesondere durch die autogerechte Planung der Nachkriegsjahre verbaut.

    Was ist denn mit den Gebäuden, insbesondere denen um die Ludwigskirche? Sind das Institutionen, oder Wohngebäude?

    "Schlage die Trommel und fürchte dich nicht"

    *gelesen bei Maria Gräfin von Maltzan, geschrieben von Heinrich Heine

  • Dazu noch ein Vergleichsbild von 1959, also vor dem Umbau. Man achte auf die damaligen Ausmaße des Parkplatzes!
    Und dieser Anblick bietet sich heutzutage, aus dem selben Blickwinkel fotografiert.

    Schade, dass man den Sockel auf dem das Schloss steht begradigt hat, ich glaub das verändert den Gesamteindruck des Gebäudes viel mehr, als dieser Anbau.

    "Schlage die Trommel und fürchte dich nicht"

    *gelesen bei Maria Gräfin von Maltzan, geschrieben von Heinrich Heine

  • Was ist denn mit den Gebäuden, insbesondere denen um die Ludwigskirche? Sind das Institutionen, oder Wohngebäude?

    In den meisten barocken Gebäuden sind Institutionen untergebracht. Nördlich von der Ludwigskirche ist die Saarländische Staatskanzlei eingezogen mit 50erdem Jahre Mittelpavillon. Und in den Häusern südlich von der Kirche ist u. a. die Polizei, das französische Konsulat, das Haus zur Heimat eine Bleibe für Obdachlose und die evangelische Kirche untergebracht. Das im Westen angrenzende Gebäude, ehemals Zucht- und Waisenhaus ist heute Sitz der Hochschule für bildende Künste.

  • Das sind ja schöne Sachen, soziale Einrichtungen, eine Hochschule... so wird der öffentliche Raum zu einem angenehmen Ort.

    Sind die Gebäude denn auch von innen historisch, oder nur die Fassaden?

    "Schlage die Trommel und fürchte dich nicht"

    *gelesen bei Maria Gräfin von Maltzan, geschrieben von Heinrich Heine

  • @ Oktavian
    Die Stadtautobahn ist natürlich ganz schlimm, aber verglichen mit meiner Heimatstadt, Odense in Dänemark, das kleinere Übel. Bei uns hat man die Stadtautobahn quer durch die Altstadt gebaut und dafür das eigentliche Zentrum zerstört. Jetzt wurde die Autobahn überbaut - die Alstadt vorher: Altes Odense und Heute. Aber jetzt zu meiner Frage: wie gut ist der Wiederaufbau von Alt-Saarbrücken? Auf google Maps sieht es recht passabel aus (Altneugasse usw). Off-topic: Als Barock und Rokoko-Fan solltest du unbedingt nach Kopenhagen kommen. Hier gibt es sehr viele Palais - einige wurden von Eigtved gebaut, der In Dresden studiert hat!

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker