Bürger wehren sich

  • Unter diesem Thema sollte generell über Bürgerinitiativen und Widerstand von Anwohnern und Einwohnern berichtet werden können.

    Hier ein Fundstück aus Sonneberg (Thüringen, ca. 20.000 Einwohner)

    Zitat

    Anwohner ärgern sich über Projekt - Siegerentwurf im Architektenwettbewerb erhitzt Gemüter

    Die Anwohner sind nicht glücklich mit dem Plan der Stadt Sonneberg, die Baulücke mit einem neuen Wohnhaus zu füllen, welches einem schlichten flachen Wohnblock ähnelt. [...]

    Die Treppenaufgänge befinden sich an der Außenseite des Gebäudes, was die Betrachter der Entwürfe an Feuerleitern gemahnte. Die Nüchternheit des Gebäudes, bei dem der Architekt viel Wert auf Wirtschaftlichkeit legte, entsetzt die Anwohner. Ihr Viertel ist bisher durch Bürgerhäuser geprägt, teils mit aufwendiger Fassadengestaltung. Mancher Hausbesitzer hat inzwischen ein Vermögen investiert, sein Gebäude wieder herzurichten. „Unter dem Deckmantel der Moderne muss man nicht die Bausünden der Altbundesländer der 60er und 70er Jahre wiederholen“, meinen die Anwohner.
    [...]

    Für die bestehenden Häuser gibt es für die Sanierung und Veränderung der Fassaden enge Vorgaben. Für die Wettbewerbsteilnehmer gab es diese Vorgaben nicht“, stellen die Anwohner einen Widerspruch zwischen den Anforderungen an die alteingesessenen Hausbesitzer und den neuen Bauherren dar.[...]

    Mit ihrem Problem wollen sie nun an die Öffentlichkeit treten, damit Schaden von ihnen fern gehalten werde, wie sie die Aufgabe eines Bürgermeisters und eines Stadtrates sehen: „Wir und unsere Nachkommen werden sehr lange mit diesem Haus leben müssen“.


    http://www.freies-wort.de/nachrichten/re…/art4147,920298

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Hier die Isebek-Initiative. Man wehrt sich gegen die Zerstörung des Isebek-Parks durch einen geplanten Büroneubau. Der Bau wurde geplant, weil der Park nicht als Park mit seltener Flora und Fauna in den städtischen Akten steht, sondern als Straße. In den 1970ern war sogar geplant, hier alles in Beton zu ertränken:

    http://www.isebek-initiative.de/#" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.isebek-initiative.de/#

  • 35 Jahre nach der erfolgreichen Bürgerinitiative zur Verhinderung einer "Hannoverisierung" des Ostertors erfolgt die anerkennende Ehrung. Der Weg aus einem eingeschlagenen (geistigen) Irrweg ist für manche beschwerlich, aber durchaus erkenntnisreich, wie folgender Bericht eindrucksvoll belegt.


    Quelle: nwz-online.de

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    (Immanuel Kant)

  • Auch in Potsdam gibt es einige Initiativen: eine davon ist "Freies Tor"

    Zitat

    Der Verein „Freies Tor – Bürgerverein Potsdamer Innenstadt“ hat sich die Bewahrung des kulturellen Erbes in der Potsdamer Innenstadt mit Vorschlägen für behutsame Veränderungen und Verbesserungen zum Ziel gesetzt. Er möchte vor allem das bürgerschaftliche Engagement fördern und das Bewusstsein dafür stärken, dass die Gestaltung der Innenstadt nicht nur ein Anliegen der dort Wohnhaften und Geschäftsansässigen ist, sondern ein solches aller Potsdamerinnen und Potsdamer sowie der auswärtigen Freunde Potsdams.

    Der Verein knüpft bewusst an die Aktivitäten der Bürgerinitiative „Freies Tor“ an, die sich um die Verhinderung von Seitenanbauten am Brandenburger Tor sowie um die Verbesserung des Weihnachtsmarktes in der Innenstadt verdient gemacht hat. Er will konstruktiv mit allen zusammenarbeiten, denen die Potsdamer Innenstadt ein Anliegen ist, mit anderen Vereinen, Politik und Verwaltung, vor allem aber mit den Bürgern.

    http://www.freiestor.de

  • unify

    Gab es denn schon konkrete Vorstellungen über seitliche Anbauten in punkto Baustil etc? Stand das Tor eigentlich immer so allein oder war die Situation wie in Berlin. Mit hat jedenfalls der Platz so wie er heute ist sehr gut gefallen.

    Habe leider nur dies gefunden:

    Zitat

    FREIES TOR – erfolgreicher Protest gegen die Toranbauten

    Der Verein „Freies Tor – Bürgerverein Potsdamer Innenstadt e.V.“ ist aus der Bürgerinitiative Freies Tor entstanden. Diese wurde … von der Galeristin Ute Samtleben ins Leben gerufen, als Pläne bekannt wurden, das Brandenburger Tor mit Anbauen zu versehen. Diese hätten nicht nur die Versorgung der Brandenburger Straße als zentraler Innenstadt-Straßenachse mit Frischluft stark beeinträchtigt und die Zweite Barocke Stadterweiterung zum Luisenplatz hin förmlich abgeschlossen. Die Anbauten hätten darüber hinaus ungeachtet ihrer baulichen Gestaltung den Bereich vor dem Brandenburger Tor verunstaltet und das Erscheinungsbild der Straße mit den schön sanierten Hausfassaden empfindlich beeinträchtigt. Es kamen etwa 1.200 Unterschriften gegen die Toranbauten zusammen, die Ute Samleben in ihrer Galerie sammelte. Auf Bürgerversammlungen artikulierten die Bürger ihren Unmut. Schließlich wurden die Pläne – hoffentlich auf immer – zu den Akten gelegt.

    http://www.freiestor.de\r
    http://www.freiestor.de

  • ...auch im Alten Land vor den Toren Hamburgs

    Zitat

    Bürgerverein: Unser Jork ist hässlich geworden
    Neubauten verändern das Bild vom Alten Land - Engagierte Bürger wollen jetzt weiteren Bausünden mit einem klaren Ortsbebauungsplan den Kampf ansagen

    Jedes Mal wenn Detmar Kläschen auf der Straße "Westerjork" fährt und das Gebäude der Sparkasse Stade - Altes Land sieht, ärgert er sich über den Waschbetonbau. "Das Gebäude ist eine Beleidigung fürs Auge", sagt der Jorker, der sich im Bürgerverein für den Erhalt architektonischer Schätze des Alten Landes engagiert. "Es müsste optisch an das Ortsbild angepasst werden, etwa mit einer Verblendung."[...]
    Doch Kläschen will nicht locker lassen. Er fordert jetzt: "Schluss mit den Sonntagsreden und Absichtserklärungen. Für Neu-, An- und Umbauten an der Jorker Hauptstraße sollten strenge Vorschriften für Bauhöhe, Materialien und Dachformen in einem Ortsgestaltungsplan entwickelt werden." Damit solle sich der Gemeinderat in Abstimmung mit dem Landkreis befassen. "Bisher sind die Bauvorschriften ziemlich halbherzig", so der 70-Jährige, der seit 1980 in Jork lebt. "Erschreckend, welche Schätze seit den 50er-Jahren zum Teufel gegangen sind. Es ist höchste Zeit, radikal umzudenken." Überall in Jork fänden sich "Schandflecke" dieser Art.[...]
    In der Jorker Gemeindeverwaltung war trotz mehrfacher Abendblatt-Anfrage niemand für eine offizielle Stellungnahme zu erreichen.


    Quelle und Volltext:Hamburger Abendblatt

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    (Immanuel Kant)

  • Ein wichtiger Artikel von Dankwart Guratzsch (mit ARSTEMPANO-Bild vom Lustgarten):

    Zitat

    Aufstand gegen die Verschandelung von Denkmälern
    Die Potsdamer wollen keinen Mitropa-Pavillon am Schloss, in Worms gibt es Proteste gegen einen hässlichen Neubau neben dem Dom. Bürger fordern "Umgebungsschutz" für ihre architektonischen Schätze.


    http://www.welt.de/kultur/kunst-u…enkmaelern.html

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    (Immanuel Kant)

  • In der Tat dem kann man nur zustimmen. Bis auf die Tatsache, dass ich den Wormser Dom doch eher als eine Schöpfung der Romanik erachte und nicht wie uns Guratzsch sagt der Gotik.

  • In der Tat ein kleiner Fauxpas. Der Dom ist sogar "Wormser Romanik", ähnlich wie die Niedersächsische Romanik eine eigene Bauform, die, wenn auch in abgeschwächter Form, stilbildend für eine ganze Region wurde. Es ist eine alte Form der Romanik, wie wir sie beispielsweise im St. Galler Klosterplan finden. Typisch sind die runden Türme. Die "modernere" Rheinische Romanik hat eckige. In WO findet sich dieser Stil noch bei der Pauluskirche, in Rheinhessen bei einigen Dorfkirchen und nicht zuletzt beim Mainzer Dom.
    Wenn das Problem schon in der "WELT" Erwähnung findet, dürfte das Haus am Dom in der geplanten Form "gegessen" sein. Sehr positive Nachricht!

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Nur nochmal am Rande erwähnt: der freistehende Dom, oder sogar der Dom
    als Point De Vue einer Straße ist in Deutschland so ahistorisch wie´s
    nur geht. Das ist eine Erfindung der Renaissance und des Barock, die in
    der Gründerzeit wieder aufgegriffen wurde. Ausnahmen sind Speyer und
    Würzburg. An einem freistehenden Dom in Frankfurt festzuhalten zeugt von
    komplettem Geschichtsnihilismus. Wer sehen will, wie mittelalterliche
    Dome in die Stadt integriert waren, muss nicht weit gehen. Mainz zeigt
    dies bis heute eindrucksvoll mit seinem "zugebauten" Dom. die
    Monumentalität und grandiose Wirkung des Bauwerks wird durch die
    Umbauung noch gesteigert. Dass zeitgenössische Architektur das heute
    nicht mehr leisten kann ist ein trauriger Offenbarungseid des
    Modernismus.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

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    Hier haben sich Bürger eines Missstandes durch Eigeninitiative erwehrt.

    Was haltet Ihr von diesem Sanierungsprojekt? Wenn ich es richtig beobachte, wurde recht kostenbewusst saniert, mit Stahlträgern, Standard-Porotonsteinen usw... eventuell gerade in strukturschwachen Regionen ein Weg, Gebäude noch zu retten?

  • Ein kleiner Veranstaltungshinweis zu einer Ausstellung samt umgebendem Programm, welche sich mit den Bürgergruppen beschäftigt, die sich gegen Ende der DDR gegen die schlimmen Zustände ihrer Stadt und einer Lösung für Erhalt eingesetzt haben.

    Zitat

    In einem einführenden Ausstellungsteil, der durch insgesamt zehn ostdeutsche Städte wandert, werden die Hintergründe und Fehlentwicklungen von Städtebau und Stadterneuerung in der DDR im europäischen Kontext beleuchtet. Ein für Dessau erarbeiteter Bereich widmet sich daran anknüpfend den besonderen Entwicklungen in der Bauhausstadt.


    Großes Augenmerk gilt dabei der Kritik und dem Widerstand jener Bürger und Initiativen, die in der bewegten Zeit zwischen 1988 und 1990 dem Abriss und Verfall in ihrer Stadt nicht länger tatenlos zusehen wollten. Ihr persönlicher Einsatz für die Rettung von historischen Gebäuden und Ensembles bilden das Herzstück der Ausstellung.

    "Stadtwende" - Ausstellung in der Kunsthalle in Dessau