• Jena - Neue Schulen in Jena Ost


    ich benötige mal eine erklärung, warum in den letzten jahren immer mehr dieser rechteckigen kastenbauten selbst bei schulen und kindergärten gebaut werden.

    aktuell gibt es ein neues projekt in jena, wo beim link zwei filme zum ansehen reingestellt sind.

    http://www.unser-jena.de/viewtopic.php?p=1992

    hier weitere bsp. von diesen kastenbauten:

    http://www.unser-jena.de/viewtopic.php?t=227

    bsp.:
    Leutragraben/Teichgraben; 20.01.2003, Uni Gebäude

  • Hallo,

    nicht nur bei Schulen sondern auch an den Unis oder Fachhochschulen. Ich denke, es ist eine Mischung aus diesen Faktoren:

    - Modernität (weltoffen, dynamisch, etc)
    - Funktionalität
    - Kostengünstig

    Das wären meine Überlegungen dazu.

    Adios, xFlipx

  • Zitat von "Wellness69"

    ich benötige mal eine erklärung, warum in den letzten jahren immer mehr dieser rechteckigen kastenbauten selbst bei schulen und kindergärten gebaut werden.

    Willkommen in der Realität.

    @flip
    im großen und ganzen hast Du recht, erstaunlicherweise sind es ja gar nicht mal die Kosten die diese reduktive Kastenform rechtfertigt!

  • es hat den anschein, dass die architekten da fertige modelle in computerprogrammen haben und nur noch die jeweiligen gebäudemaße eintragen müssen, wie es der jeweilige kunde wünscht. das erspart ne menge an planungsarbeit und man bekommt trotzdem seine kohle.

    dann verkauft man dieses superstylische bauwerk mit viel bla bla und fertig ist das vorhaben. schon erschreckend, wie vertrottelt da bauauftraggeber sich von den architekten an der nase herumführen lassen. erinnert mich an das märchen "des kaisers neue kleider" :lachen:

    was man so alles unter dem deckmantel von neu und hip aufs auge gedrückt bekommt, ist ja nicht nur ein problem von architektur. dies gibt es bei bekleidung und co. bis hin zu "neuen" nahrungsmitteln.

    letztendlich versucht man damit nur, eine verteuerung von etwas mit angeblicher neuerung zu verkaufen. ein super totschlagargument ist dann die unterstellung, dass man nicht offen für neues wäre. "gähn"

  • Es gibt nur ganz wenige Ausnahmen, so die organisch verformten Gebäude der Waldorfschulen, die ebenfalls gewöhnungsbedürftig sind und manchmal halt eine klitzekleine Ausnahme; so war vor Jahren ein Bericht über einen Kindergarten bei oder in Karlsruhe in der Zeitung, dessen Eingang wie ein Katzengesicht aussah (nach Tomi Ungerer, dem ellsässischen Zeichner).

  • Zitat von "Tobias"

    Oder diese frankfurter Kindertagesstätte von Kollhoff.

    Erinnert ein wenig an die Stufenpyramiden der Azteken. Wollen wir nicht hoffen, daß die Kinder bei Mißverhalten dort auch die lange Treppe runtergestoßen werden.

  • Naja, das kann man schon eher als Zitat des gotischen Frankfurter Treppengiebels begreifen (den es vor dem Krieg an weit mehr Gebäuden als nur dem Römer gab), und verglichen mit den üblichen Bauklötzchen finde ich den Entwurf mehr als gelungen.

  • Sicher, das sind ja auch nur Interpretationen. Und vermutlich hatte Kollhoff auch weder vor, die Stufenpyramiden noch die Treppengiebel zu zitieren.
    Dennoch mal zur Erklärung meiner Assoziation: Chichén Itzá ist zwar von den Maya, nicht den Azteken, aber das sei jetzt mal egal. Wenn man die Pyramide nun bildlich in der Mitte der Treppe vertikal teilt, so finde ich, ist meine Interpretation vielleicht ein wenig nachvollziehbarer.
    http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Bild:Chichen_Itza_pyramid.jpg&filetimestamp=20070118120133" onclick="window.open(this.href);return false;

    (Oder man fügt der Kindertagesstätte ihre eigene Spiegelung noch an der rechten Seite an. Fertig ist die Stufenpyramide. Natürlich sind das nur Spielereien...)

    Einmal editiert, zuletzt von Heimdall (11. April 2011 um 04:10)

  • Zitat von "Heimdall"

    Sicher, das sind ja auch nur Interpretationen. Und vermutlich hatte Kollhoff auch weder vor, die Stufenpyramiden noch die Treppengiebel zu zitieren.
    Dennoch mal zur Erklärung meiner Assoziation: Chichén Itzá ist zwar von den Maya, nicht den Azteken, aber das sei jetzt mal egal. Wenn man die Pyramide nun bildlich in der Mitte der Treppe vertikal teilt, so finde ich, ist meine Interpretation vielleicht ein wenig nachvollziehbarer.

    Das "Wichtigste" ist und bleibt doch immer, daß ein Gebäude in Deutschland keinerlei Bezüge auf Heimat, Umgebung und Tradition aufweist.
    Der "Architekt" wäre über die Maya - Assoziation vermutlich entzückt (wegen multikram, welthudelei,etc.).

  • Zitat von "Pixelfritz"

    Das "Wichtigste" ist und bleibt doch immer, daß ein Gebäude in Deutschland keinerlei Bezüge auf Heimat, Umgebung und Tradition aufweist.
    Der "Architekt" wäre über die Maya - Assoziation vermutlich entzückt (wegen multikram, welthudelei,etc.).

    Dann kennst du scheinbar Prof. Kollhoff nicht.

    @ Heimdall: Die Kinderchen da runter zu stoßen wäre doch barbarisch! In unserer aufgeklärten Zeit stellen die Stufen wahrscheinlich ein Mittel zur Bekämpfung kindlicher Adipositas dar.

  • Zitat von "Tobias"

    Oder diese frankfurter Kindertagesstätte von Kollhoff.

    mit der form und vor allem den verwendendeten baustoffen könnte ich mich eher anfreunden. das bei uns sieht wie plattenbau aus und erinnert mehr an ein bürohaus o.ä..

    wir haben in jena natürlich auch eine walldorfschule und auch da eine neugebaute. die sieht so aus und sowas gefällt mir eher als ne platte.


    http://www.waldorfschule-jena.de/schule.htm

  • Für die Freunde des gepflegten Grusels hier noch einige Aufnahmen von Jenas "Neuer Mitte":


    "Hauptfassade" von Westen


    Von Norden.

    Die gegenüberliegende Straßenseite sieht so aus:


    Und von Osten.

    Da hat jedes Gewerbegebiet in Wanne-Eickel anspruchsvollere Architektur. Allerdings glaube ich mich daran erinnern zu können, dass das Ding ursprünglich nur als Provisorium gedacht war/ist und mit der endgültigen Bebauung des ehemaligen Platzes der Kosmonauten (Eichplatz für die Riesenfläche ist meines Erachtens ahistorisch) wieder entsorgt werden sollte. Vielleicht habe ich noch irgendwo etwas gedrucktes dazu rumfliegen, denn im www finde ich dazu leider nichts.

    Aber da sich bei der Neubebauung offenbar recht wenig tut, werden wir wohl noch einige Jahre mit dem Kasten leben müssen. Da war ja sogar der alte Mensa-Unterbau (auch noch von Henselmann?) schöner. Gibt es eigentlich neue Entwicklungen zur "Eichplatz-Bebauung" oder liegt das auf Eis?

    Grundsätzlich würde ich aber _landgraf zustimmen. Man sollte im 21. Jahrhundert auch im Stil der Zeit bauen und wenn das Flachdächer sind, dann eben auch mit Flachdächern. Und wenn der Platz vorhanden und die Eigentumsfragen geklärt sind, dann kann eben auch etwas modernes aus einem Guß für die gesamte Fläche entstehen. Was weg ist, kräht nicht mehr. Das Haus am Kreuz ist weg, das kann keiner nachbauen. Die Flucht der ehemaligen Leutrastraße ist durch den Uniturm verstellt, auch die ließe sich also nicht wiederherstellen. Der eigentliche Eichplatz ist bebaut ... . Ein Disneyland mit Türmchen da und Erkerchen dort und aufgemaltem Fachwerk aus Beton wäre noch schlimmer und würde auch die noch in recht großer Zahl tatsächlich überkommene Bausubstanz aus der Spätgotik, der Renaissance und jüngeren Zeiten entwerten. Ich habe soeben im DAF ein paar Altbauten und mehr oder weniger passable Neubauten, die sich da einfügen, im Bild vorgestellt: http://www.deutsches-architektur-forum.de/forum/showthread.php?t=3354&page=2" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.deutsches-architektur-forum. ... 354&page=2

    Dann doch lieber die vorhandenen alten Bauten aufwändig sanieren, wie es mit dem Markt 16 (Stadtspeicher, Tourismus-Information), der Noll, dem Haus im Sack, der Oberlauengasse 14 und dem Platanenhaus (mit Abstrichen) schon geschehen, mit der Rose in Arbeit und mit der Sonne in Vorbereitung ist. Da den meisten jedoch die Hausnahmen nichts sagen werden, werde ich wohl die Häuser auch noch einmal hier kurz vorstellen, aber dies besser in einem eigenen Thread.

  • Zitat von "LE Mon. hist."

    Da hat jedes Gewerbegebiet in Wanne-Eickel anspruchsvollere Architektur.


    Das mag fast stimmen. Die Einkaufskästen sehen sehr anspruchslos aus. Zudem kommt die unvermeidliche "moderne" Pseudokunst im Umfeld, die man auch mit irgendwelchen liegen gebliebenen Baumaterialien verwechseln könnte, würden sie nicht derart als Ausrufezeichen inszeniert. Nun, Jena mag gelungenere Ecken aufweisen.

    Zitat von "LE Mon. hist."

    Man sollte im 21. Jahrhundert auch im Stil der Zeit bauen und wenn das Flachdächer sind, dann eben auch mit Flachdächern.


    Ja ja, fragt sich nur immer, wer eigentlich festlegt, was der "Stil der Zeit" ist? Wenn einer das Stöckchen hinhält, hat man dann immer brav drüberzuspringen?

    Zitat von "LE Mon. hist."

    Was weg ist, kräht nicht mehr.


    Das hatte Papa Ulbricht beim Berliner Stadtschloß auch geglaubt. Und viele andere Voreilige an anderen Stellen unseres Landes ebenfalls... ([lexicon='Frauenkirche Dresden'][/lexicon], [lexicon='Altstadt Frankfurt'][/lexicon], Schloß Braunschweig, Zuckerhut Hildesheim, usw....)

    Zitat von "LE Mon. hist."

    Ein Disneyland mit Türmchen da und Erkerchen dort und aufgemaltem Fachwerk aus Beton wäre noch schlimmer


    Hatte so etwas irgendwer gefordert?

  • Wie in dem anderen Thread zur Innenstadt Jenas http://www.architekturforum.net/viewtopic.php?f=3&t=1296 angekündigt hier einige Infos und Bilder zu aktuellen Sanierungen von Baudenkmalen in Jena.

    Markt 16 - Stadtspeicher / neue Tourist-Information:

    Die Front innerhalb der Marktostseite, das Objekt des Interesses rechts neben dem Hanfried:

    Noch etwas näher ran:


    Die Hologramm-Fassade von Ruairí O’Brien am Markt 16 war und ist ziemlich umstritten in der Stadt:
    http://www.youtube.com/watch?v=E6DbValAP6A
    Stadtspeicher Jena e.V.: Home
    Leider habe ich a) keine Aufnahmen von der Fassade im Zustand vor der Sanierung und b) kam ich heute nicht ins Innere, weil da Malerarbeiten stattfinden. Aber das oben verlinkte youtube-Video und die benachbarten zeigen einige interessante Aufnahmen von dem dreigeschossigen, giebelständigen Ständergeschossbau, der dendrochronologisch auf 1384 datiert werden konnte.

    Das Hinterhaus, ein giebelständiger, zweigeschossiger Ständergeschossbau auf massivem Erdgeschoss von 1435 (d), kann ich daher auch nur von außen zeigen.

    Der ehemalige Hof ist nun überdacht und nach hinten schließt sich zur Oberlauengasse hin der Neubau der Tourist-Information an.

    Für die mußte ein wenig aufregendes und arg ramponiertes Backstein-Hinterhaus aus dem 19. Jh. fallen. Die Gesamtsituation zeigen recht gut die Pläne und Modelle auf dieser Website:
    Stadtspeicher Jena e.V.: obere Navigation

    In der Oberlauengasse direkt gegenüber findet man das Haus Oberlauengasse 20. Das 1579 errichtete Haus wurde 2000 bis 2004 im Anschluss an das Gasthaus "Zur Noll" (Umbau des 16. Jh.) von dessen Betreibern saniert und dient nun als Hotel. Das nach 1600 entstandene Sitznischenportal ist hier erst 2004 eingebaut worden, ursprünglich gehörte es zu einem abgebrochenen Gebäude in der Schlossgasse. Gasthaus und Restaurant âZur Nollâ | Herzlich Willkommen


    Gegenüber der Noll das "Haus im Sack", bauinschriftlich datiert 1596 und 1999-2001 zusammen mit dem um 1557 errichtete Gerberhaus in der Oberlauengasse 14 aufwändig saniert. Weinbauernhaus Im Sack Jena Der Neubau daneben, der die Kubatur bzw. Fassade des Hauses im Sack spiegelt, ist eigentlich keine schlechte Lösung, die das vorkragende Obergeschoß wieder ausgleicht und so einen weiteren Anbau ermöglichen würde. Jetzt steht da noch ein Trafohäuschen. Nur die Fenster passen meines Erachtens nicht so recht.


    Das mit dem Haus im Sack im Verband stehende Gerberhaus in der Oberlauengasse 14 (um 1557). Das grüne Haus ist die Noll, die innen etwas spektakulärer ist.


    In der Unterlauengasse steht noch das Platanenhaus, errichtet 1606, saniert 2005. Zu dem zur Saalstraße hin anschließenden Neubau und den Umständen seiner Entstehung sage ich besser nichts.


    Der Treppenturm aus dem 19. Jh., dahinter der besagte Neubau an der Stelle des ehemaligen Saaltores und am linken Bildrand einer der Plattenbauten aus den späten 80er Jahren in der Unterlauengasse.

    Zurück zum Markt und an dessen Südseite:


    Das gelbe ist keine Fassade, sondern eine bedruckte Bauplane, hinter der demnächst die Sanierung des Hauses "Zur Sonne", das derzeit zweit(?)älteste Haus in Jena [1368/70 (d) mit erhaltenen Wandscheiben eines Vorgängerbaus, wohl noch 13. Jh.] durch die Wohnungsgenossenschaft Carl Zeiss beginnen soll. Siehe Links oben. Das Rathaus am rechten Bildrand wird auch gerade saniert.
    http://www.jenanews.de/content_news.php?id=487
    Willkommen auf den Seiten der Wohnungsgenossenschaft Carl Zeiss eG - Immobilien - Projekte / Bauprogramm - Neubau

  • Im Folgenden noch einige Baudenkmale im Besitz der Universität, die bereits restauriert und saniert wurden, derzeit werden oder in nächster Zeit in Angriff genommen werden sollen.


    Die Nordseite der Johannisstraße im unglücklichen Licht. Die andere Straßenseite wurde für den Uniturm abgebrochen. In der Bildmitte hinter Planen das "Haus Zur Rosen" während der Sanierung, die wohl Mitte nächsten Jahres abgeschlossen sein soll. 1561 erfolgte der Ankauf des Weinbauernhofes der Familie Rosenhain durch die Universität, dem eine Umbau zur "Freien Schenkstatt Zur Rosen" unter Nikolaus Gromann folgte. Die [leider nun noch nicht sichtbare] Renaissancefassade wurde nach 1577 geschaffen. Die aktuellen bauhistorischen Untersuchungen durch das Bauforschungsbüro von Lutz Scherf, Peter Bolze und Thomas Ludwig in Silbitz haben eine Vielzahl von neuen Erkenntnissen erbracht, u.a. mehrere, z.T. bislang unbekannte Bohlenstuben.


    Die Rückfront des Gebäudes, die Rosensäle, wurden 1787 als Konzertstätte der Universität erbaut. Ab 1950 werden sie von der Universität als Bibliotheksgebäude - als Ersatz für das im Krieg zerstörte alte Bibliotheksgebäude - genutzt und 2005 komplett saniert.
    Seltener Blick in den Dachstuhl während der Bauaufnahme:
    http://www.denkmal-aktiv.de/veranstaltunge…rier/Praes1.pdf" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.denkmal-aktiv.de/veranstaltu ... Praes1.pdf


    Unterhalb der Rosensäle das Accouchierhaus, 1778 als Entbindungsanstalt der Uni mit Hebammenschule errichtet, nach 1830 Museum, Rentamt und Quästur, später Wohnhaus und nun wieder Nutzung durch die Universität. Weitere Infos mit vorher / nachher-Fotos: http://www.med.uni-jena.de/klinikmagazin/…line/mosaik.htm" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.med.uni-jena.de/klinikmagazi ... mosaik.htm Links ein privater Neubau in einer Baulücke ca. 2000.


    "Alte Wucherey" bzw. "Alte Universität", in der Mitte des 18. Jh. als Studentenburse auf einer erhaltenen Kelleranlage aus dem 16. Jh. errichtet, 1858 durch die Universität angekauft und zum Kollegiengebäude mit Hörsälen, Senatssaal und Dekanatsräumen umgebaut. Hauptgebäude der Uni von 1861 bis zum Umzug in das neue Hauptgebäude an der Stelle des Jenaer Schlosses. Momentan noch durch die Gerichtsmedizin genutzt, soll aber zusammen mit dem nach Westen anschließenden Haus Fürstengraben 25 (16. Jh.) demnächst durch die Uni saniert und anschließend durch Institute der Philosophischen Fakultät genutzt werden. Geplant und angekündigt ist das schon einige Jahre, aber irgendwie kam immer was dazwischen, zuletzt die notwendige Sanierung der Rose. http://www2.jena.de/stolpersteine/ArtikelOTZ.pdf" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www2.jena.de/stolpersteine/ArtikelOTZ.pdf


    Von hinten ist die Wucherey schon ganz ansehnlich, auch das Dach ist neu gemacht. Davor die Weintanne (1494) http://www.weintanne-jena.de/" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.weintanne-jena.de/ , die aber nicht zu Uni gehört ;)

  • Wer im Januar nach Jena kommt, sollte auf jeden Fall noch einmal schnell in die kleine, aber feine Sonderausstellung "Jenaer Hausgeschichten" im Stadtmuseum Göhre, direkt am Markt gehen:

    28.02.2008 - 01.02.2009

    Jenaer Hausgeschichten
    Baugeschichte und Nutzung ausgewählter Gebäude Jenas.

    Jenaer Hausgeschichten ist eine Ausstellung, die sich mit der Baukultur Jenas im ausgehenden Mittelalter und der beginnenden Neuzeit auseinandersetzt. Mehrere stadtgeschichtliche Themen werden anhand einzelner Gebäude angesprochen. ...

    http://www.jena.de/sixcms/detail.…=77034&_lang=de" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.jena.de/sixcms/detail.php?id ... 4&_lang=de

  • Danke für die Bilder, die für mich teilweise Erinnerung, teilweise Neuland bedeuten (war vor ca 4-5 Jahren dort).

    Insgesamt finde ich den Markt von Jena recht gut gelungen, wenngleich etwas gewöhnungsbedürftig. Aber alle Neubauten haben ein gewisses Niveau und heben sich von dem trostlosen westdt.Nachkriegseinerlei, das ich so verabscheue, wohltuend ab.
    Angesichts des erhaltenen Altbestandes könnte man sich natürlich fragen, ob nicht eine Reko der Fehlbestände besser gewesen wäre.
    Ich will die Frage nicht entscheiden, da ich mir selbst nicht ganz sicher bin (eher tendiere ich schon zu ja).
    Dagegen spricht, dass das Ensemble, wie die ganze Jenaer Altstadt einfach nicht die Bedeutung anderer thüringischer Städte hatte und dass dieser nunmehrige Kontrastreichtum vielleicht mehr Reiz hat... Auf jeden Fall werden die Altbauten dadurch irgendwie geadelt. Auf einem intakten alten Platz wären sie sehr unauffällig.
    Ein Lieblingsthema von mir: die (glaublich) Ostseite (und zwar der Südteil), der mE damals noch nicht stand. Wir sehen einen modernen provokanten Neubau, und daneben einen Anpassungsbau, der Erinnerungen an den Vorgängerbau evozieren soll. Mich regt jedoch nicht Ersterer, sondern Letzterer auf.
    Was soll man zu Ersteren sagen? Immerhin gewagt und kontroversiell, ich mag Bauten, bei denen ich mir selbst unsicher bin, ob sie mir gefallen oder nicht (was ein leichtes Paradoxon ergeben mag).
    Aber was soll dieser nichtssagende Anpassungsbau? BRD-Schrott! Anbiederung ohne irgendeine Wirkung des Altbaus zu erreichen, weder Fisch noch Fleisch. Hier hätte es, überhaupt in dieser Nachbarschaft, einer Reko bedurft. Solche Gebäude geben den WC-Städten endgültig den Rest, nicht gewagte Neubauten wie der daneben, liebe Würzburg- und Nürnbergaufbaufans!

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zitat von "ursus carpaticus"


    Angesichts des erhaltenen Altbestandes könnte man sich natürlich fragen, ob nicht eine Reko der Fehlbestände besser gewesen wäre.


    Kann man sich fragen und fragt man sich ja speziell in dem Forum hier sehr gerne ;-).

    Ich habe als Historiker vielleicht einen anderen Zugang zu Architektur bzw. alten Häusern in der Stadt. Ich sehe sie als Quelle an und nicht als mehr oder weniger gefällige Staffage für den gepflegten Einkaufsbummel oder Remineszens an glanzvolle Tage, als wir noch den guten alten Kaiser hatten. Daher ist ein Gebäude mit sehr gut erhaltener und auch erlebbarer mittelalterlicher Bausubstanz, aber moderner ("provokant neuer") Fassade wie der Markt 16 für mich viel interessanter als ein Neubau mehr oder weniger getreu dem historischen Vorbild. Eine originale mittelalterliche Urkunde, die später als Bucheinband wiederverwendet wurde und bei der schon einiges fehlt, hat ja auch eine historische Aussage im Gegensatz zu einer Urkunde mit allem "Schnickschnack" wie Urkundenformeln und Siegel, aber Ausstellungsdatum 2009.

    Ich kann Dir nicht mal mehr sagen, ob der Neubau an der Ecke sich an dem originalen Kirstenschen Haus orientiert, doch das wäre schnell rauszubekommen, da es vom Markt ja zahlreiche historische Abbildungen und Fotos vor 1945 gibt. Nur interessiert es mich nicht wirklich. Alles, was das Kirstensche Haus ausgemacht hat, vor allem die Raumaufteilung im Inneren, die Reste der verschiedenen Bauphasen und so weiter sind mit der Zerstörung unwiederbringlich verloren. Eine Reko des Innenaufteilung des Hauses mit dem Raum, in dem Goethe und Schiller sich 1794 das erste mal trafen und ach .... lalalla ... , wäre aus marktwirtschaftlichen Gründen nicht möglich und aus historischen Gründen nicht sinnvoll gewesen. Die Fassade ist recht langweilig, da hast Du recht, ordnet aber im Gesamtbild wieder ein bzw. unter. Wenn der ganze Markt allerdings so aussehen würde, wäre es tatsächlich schrecklich. Das Haus reizt mich also weder historisch noch architektonisch und deshalb war ich da auch noch nie drinnen.

    Andererseits schließt der Neubau eine empfindliche Lücke und ist mit Sicherheit für das Stadtbild passender als diese einstöckige Baracke, die da vorher stand. Und wenn die Fassade des Eckhaues eine moderne Glas-Stahl-Fassade wäre, würde die Hologramm-Fassade von Ruairí O’Brien am Markt 16 nicht funktionieren. Die führt meines Erachtens dazu, sich zunächst gedanklich mit dem Gebäude auseinanderzusetzen und im besten Falle rein zu gehen. Ich habe das in den letzten Jahren mehr als ein Dutzend mal gemacht. Drin findet sich dann - vielleicht wieder Erwarten - das oder zumindest eines der ältesten Häuser Jenas. Um das erhalten zu können, mußten jedoch der barocke Aufbau eines weiteren Geschosses (1737 d) und die Fassade aus dem 19. Jh. abgenommen werden. Die Fassade hatte um 1900 ein historistisches Dekor erhalten, welches in den 1960er Jahren jedoch wieder abgenommen wurde. Was hätte man hier rekonstruieren sollen? Die Fassade der 1960 Jahre? Die historistische um 1900? Die des 19. Jh.? Da hätte jeweils das obere Geschoß gefehlt. Eine pseudo-mittelalterliche Fassade? Ich finde die jetzige Lösung daher sehr gelungen, auch wenn die Idee daher, durch die Glasfassade sozusagen direkt in das mittelalterliche Haus schauen zu können, nur zum Teil bzw. bei ganz bestimmten Lichtverhältnissen funktioniert. Auf jeden Fall aber ist es so herum - Erhalt der mittelalterlichen Bausubstanz und Zugänglichmachung durch öffentliche Nutzung, dafür aber eine moderne Fassade - wesentlich besser als wenn das Haus vielleicht im Privatbesitz eine nette Fassade nach einem Foto von 1950, dafür aber alle Decken andere Höhen und andere Belastungen, jene Etage Heizungen und sanitäre Einrichtungen etc. bekommen hätte, was zwangsläufig das Ende für beide mittelalterliche Ständergeschossbauten bedeutet hätte.

    Auch das Ding in der Mitte der Marknordseite gewinnt bei mir keinen Blumentopf. Aber es ordnet sich ein und lenkt den Blick nicht von der Göhre ab. Und das ist ja auch schon mal was. ;) Aus dem Grund halte ich ja auch das "Papagaienhaus" an der Marktwestseite auch für mißlungen. Dabei geht es nicht um die Farben, die sind geschenkt, sondern um diese abstrusen, pseudo-historischen Dachlösungen, die ja sogar offen zeigen, dass sie nur Show sind, und häßlichen Fenster, vor allem im Obergeschoß. Und natürlich um die Überdimensionierung entgegen allen Denkmalschutzbestimmungen, die das Rathaus regelrecht erdrückt.

    Zitat


    Dagegen spricht, dass das Ensemble, wie die ganze Jenaer Altstadt einfach nicht die Bedeutung anderer thüringischer Städte hatte

    Nach welchen Maßstäben? Schnuckligkeit? :D Um (bau- oder kunst)historische Bedeutung kann es Dir ja nicht gehen, denn dann würde es eindeutig nicht stimmen.

    Zitat


    Auf jeden Fall werden die Altbauten dadurch irgendwie geadelt. Auf einem intakten alten Platz wären sie sehr unauffällig.


    Ich denke da anders als Du und trotzdem kommt es aufs selbe hinaus. Ich meine, unter hunderten Kopien würden die Originale wertlos werden, weil kaum einer mehr das wirklich alte historische, vom nachgemachten unterscheiden könnte. So werden sie meines Erachtens nicht "geadelt" im Sinne von: da sieht man doch gleich, dass früher alles schöner war. Sondern man sieht ihnen ihr Alter an und man erkennt an den neuen Bauten ebenfalls ihre Entstehungszeit.