Architekturstudium sinnvoll?

  • Hallo!

    Wollte mal fragen, ob es sinnvoll ist, ein Studiengang an einer FH in Architektur zu belegen? Man hört ja immer wieder, dass das Architekturstudium total überlaufen ist und für die Zukunft keine Architekten mehr gebraucht werden.
    Zurzeit lerne in IT-Kaufmann.. Müsste dann noch ein Jahr Fachoberschule ranhängen..
    Hab mir an der TFH in Berlin mal alles über den Studiengang durchgelesen und finde es klingt wirklich sehr interessant. Zeichne in meiner Freizeit auch sehr gerne und sehr genau. Wäre als Alternate auch an Innenausstattung etc. interessiert.

    Gibt es hier einige Architekturstudenten, die Stellung dazu nehmen können?? Wäre mal ganz interessant etwas über den genauen Ablauf zu erfahren. :D

    LG

  • Hatten wir schon einige Male, diese Threads. Erstmal ist so ein Studium teuer und äußerst unbefriedigend, was die gestalterischen Entfaltungsmöglichkeiten anbetrifft. Neben der Scheinjagd dürfte dir auch die dogmatische Atmosphäre zu schaffen machen, die einige Ähnlichkeit mit SED-Parteischule aufweist.

    Ich studiere selbst an der FH - aber halte es für einen besseren Weg als an der Uni, die oft genug nur lebensfremde Kubenkasper ausbilden. Hier lernst du das Handwerk (Fächer wie Bauklimatik, Tragwerksplanung und Gebäudetechnik erfordern Durchhaltevermögen, wenn du keine mathematische Ader besitzt) - und der Ideologie mußt halt widerstehen lernen. Die ist übrigens immer gleich; wenn du Glück hast, sind einige der Profs auch eher subversiv unterwegs.

    Und zieh dir mal einige Beiträge z.B. von Georg-Friedrich rein. Ungefähr den Wissenstand benötigst du, um später wirklich deinen eigenen Weg gehen können und aus der Masse rauszuragen. Lust auf diesen Kick ?

    Nein, die werden gedünstet

  • Danke für die Antwort. Das klingt ja doch nicht so schön wie es dort angepriesen wurde.. Werds mir nochmal durch den Kopf gehen lassen.

  • Also mir hat mein Studium trotz Bauphysik, Tragwerksplanung und Haustechnik sehr viel Spaß gemacht. Und kreative Entfaltungsmöglichkeiten gab es genug.

    Wenn man allerdings Vertreter der in diesem Forum vorherrschenden Meinung ist -und Memel dürfte einer der Radikalsten sein- dann kann ich mir schon vorstellen, dass du im Architekturstudium schnell gefrustet sein wirst. :D
    Schau Dir doch einfach mal eine Vorlesung als Gast an..

  • Quote from "Memel"

    Hallo!

    Wollte mal fragen, ob es sinnvoll ist, ein Studiengang an einer FH in Architektur zu belegen? Man hört ja immer wieder, dass das Architekturstudium total überlaufen ist und für die Zukunft keine Architekten mehr gebraucht werden.
    Zurzeit lerne in IT-Kaufmann.. Müsste dann noch ein Jahr Fachoberschule ranhängen..
    Hab mir an der TFH in Berlin mal alles über den Studiengang durchgelesen und finde es klingt wirklich sehr interessant. Zeichne in meiner Freizeit auch sehr gerne und sehr genau. Wäre als Alternate auch an Innenausstattung etc. interessiert.

    Gibt es hier einige Architekturstudenten, die Stellung dazu nehmen können?? Wäre mal ganz interessant etwas über den genauen Ablauf zu erfahren. :D

    LG

    Hallo Memel,
    FH ist aber schon sehr anders als eine Uni/TH, weil dort noch wie in der Schule gelehrt wird. Nur das der Klassenlehrer dort Professor heisst ! :D Ich empfehle Dir zu Uni zu gehen, weil man dort einfach freier ist und nicht wie in der Schule den Stoff eingepaukt bekommt. Allerdings gibts ja jetzt kein Diplom mehr sondern Bachelor und Master, also die verschulten Uniabschlüsse sozusagen. Zum Glück habe ich noch ein Diplom machen dürfen... und das noch ohne Gebühren. :D

  • Danke für die vielen Beiträge.
    Naja so extrem bin ich nun auch wieder nicht. Habe mich in letzter zeit schon sehr der modernen Architektur geöffnet. 8)

    Mir ist klar, dass man sich immer ein bisschen der Meinungen der Profs anpassen muss. Mir ist halt wichtig, dass man auch seine eigenen Ideen einbringen kann und dabei kreativ sein kann.. und nicht, sobald man etwas konservativer entwirft, es sofort schlecht gemacht/benotet wird.
    Dabei bedenke ich auch, dass oft gesagt wird, dass es zu viele Architekten gibt und ob es daher sinnvoll ist ein Studium zu beginnen und ob mein Interesse an Architektur dafür ausreicht... :?

  • Also zumindest bei mir im Studium war es nicht so, dass man sich der Meinung der Profs anpassen muss. Die meisten waren sehr offen für ungewöhnliche Entwürfe. In erster Linie kommt es darauf an, dass die Entwürfe und Grundrisse formal richtig und logisch aufgebaut sind, d.h. dass die Bauvorschriften, DIN Normen, technischen Richtlinien, Wärme-, Brand,-Schall-, Feuerschutz usw alle befolgt wurden.

    Wenn du also in einer Aufgabe ein historistisches Stadthaus oder eine barocke Villa planst, wird sicher die Frage nach dem "Warum" kommen. Wenn du dann deine Gestaltung gut begründen kannst, wird dir niemand eine schlechte Note geben.

  • Die Tatsache, dass der Prof überhaupt nach dem Sinn für Ornament fragt (wenn ich dich richtig verstanden habe), offenbart dann auch schon die ganze wortwörtliche Armut, in der sich die heutige Architektenausbildung heute befindet.

  • Ich denke, es ist sogar enorm wichtig, dass sich auch im heutigen Deutschland fähige & intelligente Menschen einem Architekturstudium verschreiben. Es braucht endlich eine neue Architektengeneration, die den Staub von diesem Berufsstand bläst und mit den verschrobenen Ideologien & veralteten Vorstellungen der hiesigen Architektenschaft bricht!

    Und wenn dabei innovative, ansehnliche moderne Architektur bei herauskommt - warum nicht?
    Es ist ja nicht die Frage ob man modern baut, sondern wo und vorallem wie.
    Die Historismuswelle wird im gleichen Atemzug mitschwimmen, eine friedliche Koexistenz unterschiedlichster Strömungen ist in Zukunft doch zunehmend vorstellbar, auch hierzulande.

    Es braucht neue Ideen & neue Köpfe! Also ich würde dir ein Architekturstudium uneingeschränkt ans Herz legen, Memel :daumenoben:


    (Allerdings solltest du ausreichend bedenken, wo du das tun willst. Eine Uni mit gutem Ruf & freigeistiger Elite wäre natürlich vorzuziehen!)

  • Ich kann Ihnen nur raten: nicht in Deutschland!!!!! In Italien oder Frankreich ist Architektur noch das, was es sein sollte>: ein kreatives "Kunstfach".

    Der Tiefpunkt der Baukultur wurde in den 60er und 70er Jahren des 20sten Jahrhunderts erreicht...

  • Das "kreative Kunstfach" ist leider oft genau das, was den Umgang mit Architekten ein wenig erschwert. Bei den meisten (nicht allen!) Mitgliedern des BDA hat man das Gefühl, das es einzig und allein um das Denkmal des Künstlers geht und nicht um die Bereicherung der Stadt, was auch mit einer gewissen Unterordnung der Kreativität unter gewisse Randbedingungen verbunden wäre.
    Wenn es denn so ist, daß man in erster Linie bei den Entwürfen auf die Einhaltung der Bautechnischen und Baupolizeilichen (um den alten Begriff mal zu bemühen) Vorgaben ankommt...super.
    Doch gerade die hier auch schon mit (mir bekanntem) Wehklagen hervorgebrachten Leiden von Bauphysik und Tragwerksplanung führen auch oft in Architekturentwürfen zu einer gewissen Vernachlässigung der mit diesen beiden grundlegend wichtigen Bereichen verbundenen Probleme...was dann zu einer drastischen Verkürzung der Lebenserwartung auf Baustellen für den Architekten führen kann, wenn er seine Standpunkte auch noch mit einem gewissen unangebrachten Selbstbewusstsein verteidigt (und oft alle anderen Handwerker und Ingenieurmeinungen für unzulängliche Äußerungen ihm gegenüber minderwertiger Lebensformen und als Beleidigungen seine großen architektonischen Genies empfindet).

    Daher mein Werdegang:

    Studium Bauingenieurwesen mit Schwerpunkt Baubetrieb und Konstruktiv (Tragwerksplanung! Fiel mir oft schwer, aber war mir sehr wichtig!)
    Mehrere praktische Lehrgänge zu historischen Bauweisen und praktische Tätigkeiten auf Baustellen (auch sehr wichtig, ideal wäre einen richtigen Bauberuf vorher zu erlernen)
    Und letztendlich Teilnahme an der Fortbildungsreihe "Tragwerksplaner in der Denkmalpflege" der Propstei Johannesberg in Fulda.

    Es gibt diese Fortbildung auch für Architekten.

    Die Feder ist mächtiger als das Schwert...wenn das Schwert sehr stumpf ist und die Feder sehr spitz!

    -Terry Pratchett

  • @ Kardinal

    Wenn das stimmt, hast du einen guten Weg beschritten. Trotz Finanzkrise ect. wirst deine Kohle schon heimbringen. Leute wie dich braucht das dt. Bauwesen.

    Ich selbst messe z.B. den baukonstruktiven Details aufgrund mehrerer Praktika in div. Büros viel Bedeutung zu, obwohl mir als Lerndenden z.B. die lehrtechnischen Unterschiede und Zankereien verschiedener Profs (und Lehranstalten) oft genug das Blut kochen ließen(Schneider u. Klauss-Führer sind falsch, und das, was wir im Büro am konkreten Objekt ausgearbeitet hatten, erst recht!). Noch besser sind Professoren, die nicht den Inhalt des eigenen vorangegangenen Seminars wissen und die Studenten für diesen "Unsinn, wer hat euch das denn vermittelt?" bluten lassen.

    Dennoch (bezüglich Oliver): Kardinal hat recht, daß man sich -ja, auch in einer "konservativen" Atmosphäre- erst das Handwerkszeug aneignen sollte und HERNACH die Kunst (was die Kibenkasperei auch sonst sein mag).
    Wie geht doch der schöne Signaturspruch eines Teilnehmers: "Kunst kommt von Können, sonst würde es ja Wunst heißen."

    Nein, die werden gedünstet

  • Was heißt "wenn das stimmt"?
    Soll ich meine Diplomurkunde online stellen? :zwinkern:

    Nun ja, ich würde wünschen, die Kohle käme schon in etwas größerem Umfang rein. Ob das deutsche Bauwesen jemanden wie mich wirklich braucht...zumindest vielen Dank für das Kompliment!
    Aber es ist schon wahr. Gerade von Architektenseite, aber auch bei Ingenieuren und Handwerkern gibt es viele, die viel dummes Zeug erzählen...ich weiß bestimmt nicht alles, eher sogar gar nicht mal so viel, versuche aber wenigstens zu den vielen Bereichen, in denen ich mich nicht auskenne, meine Klappe zu halten.

    Dafür soll mir aber auch kein BDA-Architekt etwas über Fachwerkrekonstruktion in Frankfurt erzählen... :x

    Übrigens bietet die Denkmalakademie Schloss Trebsen (http://www.schloss-trebsen.de" onclick="window.open(this.href);return false;">http://www.schloss-trebsen.de) für nahezu alle historischen Handwerkstechniken Kurse an, unter anderem auch zu gotischem Gewölbebau (kann ich sehr empfehlen).
    Und das Schloss Trebsen ist nur wenige Kilometer von der Beton"Rekonstruktion" der Universitätskirche in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] entfernt.

    Die Feder ist mächtiger als das Schwert...wenn das Schwert sehr stumpf ist und die Feder sehr spitz!

    -Terry Pratchett

  • Ergänzend zu dem Gesagten, möchte ich meinen Semf dazu geben:

    Wer als Architekt später etwas "konservatives" Bauen will, dem sei auf jeden Fall ein Denkmalpflege-Studiengang empfohlen, gibt es z.B. in Köln, Holzminden.... usw. (wobei ich über die Qualität der einzelnen Studiengänge nichts sagen kann).
    Ein normales Architekturstudium (m.E. egal ob Uni oder FH) führt unmittelbar in den "Neubau-Bereich", und wer nicht gerade selbstständig sein will, wird dann das bauen müssen, was hier jeden Tag es "negativ"-Beispiel gezeigt wird. Die Bauherren und Architektur-Büro Chefs wollen das so, das ändert man leider nicht von heute auf morgen.
    Die Art der Ausbildung wird m.E. oft völlig überbewertet. Wenn du später im Büro arbeitest, interessiert das niemanden mehr. Die Büros suchen letzlich "Menschen" - soll heißen: Wenn der Typ passt, und du den Eindruck vermittelt, du könntest was, wirst du eingestellt. Wenn der Typ nicht passt, können die Referenzen so gut sein wie sie wollen, du wirst nicht eingestellt.