Eigene (utopische) Architekturentwürfe

  • Naja, für Golvins zeichnerische Versiertheit brauchts bei mir noch ne ganze Weile :D

    Übung macht den Meister. ;)

    Arbeitest du eigentlich auch mit Tuschestiften?


    Wobei ich mich durchaus schon mit Aquarell versucht habe (in einer etwa zweieinhalb Jahre alten Ansicht der Stadt Sandomierz um 1400), aber in diesem winzigen Maßstab geht das leider fast zwangsläufig auf kosten der Details. Golvins Stadtansichten sind auch i. d. Regel deutlich detailärmer, meist werden bei den Häusern nicht einmal Fenster angedeutet.

    Meiner Meinung nach trifft das in erster Linie auf die großen Panoramen zu. In einem solchen Maßstab kann man aber auch mal ein Auge zudrücken.

    Was mich bei Golvin jedoch wirklich stört, ist die oft sehr nachlässige Recherche, die dann in wunderschönen, aber historisch total inkorrekten, ja teils widersinnigen Zeichnungen resultiert. Seine Darstellung von Notre-Dame im Bau etwa zeigt die Kathedrale in einem Stadium, in der von den frühgotischen Türme vom Anfang des 13. Jahrhunderts gerade erst die Untergeschosse im Bau sind, die hochgotischen Umbauten des Querhauses aus der Mitte desselben Jahrhunderts aber bereits vorhanden sind. Nachdem schon Viollet-le-Duc diese Umbauten ausführlich untersucht hat, aufwendige Rekonstruktionszeichnungen dazu erstellt hat und sogar den Rückbau zweier Langhausjoche initiiert hat, wäre dieser Fehler doch eigentlich vermeidbar gewesen, oder?

    Bei seiner Darstellung von Nantes im 15. Jahrhundert verhält es sich ähnlich, die Kathedrale ist dargestellt als beinahe vollendet mit den Türmen noch im Bau - einem Zustand, den es so nie gab. Der Neubau der Kathedrale ab dem 15. Jahrhundert verlief gebau umgekehrt - der einzige Teil, der noch in diesem Jahrhundert fertig wurde, waren ironischerweise die Türme. Das Langhaus war im 16. Jahrhundert noch im Bau, erst im 17. Jahrhundert wurde der südlichen Querhausarm errichtet und das Vorhandene gewölbt, alles weitere stammt erst aus dem 19. Jahrhundert. Eine einfache Google-Suche (Suchwort: Nantes Cathédrale Histoire) hätte ihm unter anderem diese Ansicht aus dem 19. Jahrhundert gezeigt, die ein durchaus anderes Bild als das Seine von der Kathedrale zeigt und ihn auf Gedanken gebracht hätte, die letztendlich mit Sicherheit diesen Fauxpas vermieden hätten.

    PS: Habe zu Nantes noch eine (mittelmäßige) Rekonstruktionszeichnung des spätmittelalterlichen Zustands gefunden.

    So etwas ist natürlich bedauerlich, weil es den Anspruch der Zeichnungen auf historische Korrektheit ein Stück weit entwertet. Auf der anderen Seite bleibt dir so aber noch etwas übrig, was du bei deinen Zeichnungen besser machen kannst.

  • Arbeitest du eigentlich auch mit Tuschestiften?

    Ich hätte vermutet, dass @Mündener mit einem Mix aus Fineliner, Bleistifte verschiedener Härtegrade zeichnet und die Schatten aquarelliert. Ich finde das Bild mit seinen Graustufen perfekt, gerade da es die Kontraste sehr gut betont. Die Berge im Hintergrund würde ich minmal zarter andeuten, aber das kann auch täuschen. Gezeichnetes und Gemaltes eignet sich oft nicht für eine jpg-Mobilität.

    Beauty matters!

  • Tatsächlich habe ich nur mit Bleistift und Aquarell (genauer gesagt: mit Wasser verdünnte chinesische Tusche) gearbeitet.

    Was die Berge angeht, gebe ich Franka recht, und erweitere die Aussage noch. Mir sind die Berge nicht nur zu kräftig geraten, sondern auch der Übergang von Wald zu Bergen funktioniert allenfalls mäßig gut. Der Grund dafür liegt in meiner mangelnden Erfahrung mit derartigen Hintergründen - die Zeichnung ist meine erste Stadtansicht in einer derartigen Perspektive mit einem weiten Blick über die Landschaft.

  • Hmm...also interessant finde ich vorallem den blauen Aufsatz: Den größer und und als Solitär, vielleicht mit entsprechenden Querschiffen, das würde wirklich eine interessante, moderne Halle abgeben. Etwa so:


    http://www.strasse-der-moderne.de/wp-content/upl…_gemeinfrei.jpg


    Ansonsten wirkt es leider ein wenig zusammengeschustert und die Stile und die Gliederungen passen nicht so recht zusammen. Aber es ist noch kein Meister vom Himmer gefallen und man kann viel lernen. Überhaupt ist es erstmal schön, dass jemand sich Gedanken darüber macht, wie ein Gebäude aussehen kann.

    Ich bin mir gerade nicht ganz klar darüber, in welche Richtung es gehen könnte, das es schlüssiger wird: In deinem Entwurf konkurrieren gewissermaßen Loire-Renaissance (Türme), italienische Palastarchitektur (mittelteil) sowie eine exrpessionistische oder futuristische Moderne (die Parabelförmigen Fenster bzw. der blaue Aufsatz) gegeneinander. Etwas musste ich auch noch an Schloss Rheinsberg denken, ob der für einen Turm sehr großen Fenster wegen. Daraus einen gelungenen Eklektizismus zu machen wäre wahrlich die Königsdisziplin, ich würde Dir jedoch erst einmal empfehlen, Dich auf einen Stil zu konzentrieren, ihn zu studieren und ihn anzuwenden.

    Hier mal ein paar Beispiele von Gebäuden, deren Stile dein Bauwerk rudimentär aufnimmt:

    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…l_Roma_BW_1.JPG
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…_Nuovo_Roma.jpg
    http://www.camping-la-poterie-37.com/ressources/med…au-1600x900.jpg
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…berg_2003_1.JPG

    Nun ist Frankreich aber nicht Frankfurt, Archtietktur braucht ortsbezug: mache dich mit für Frankfurt typischen Elementen und Materialien vetraut. Roter Mainsandstein für die gliedernden und schmückenden Elemente (sowie die Basis) und cremefarbener Anstrich auf den Putzflächen. Für Frankfurt (sofern wir von der Stadt am Main reden) sind schwarze Schieferdächer typisch.

    Ein paar grundsätzliche Tipps noch, auch bezogen auf dein Gebäude:

    Bilde horizontale und vertiakle Achsen und bleibe in diesen. Das gilt sowohl für Fensterachsen, für Pilaster, als auch horizontal für Simse und Basen. (Ausnahmen gibt es zB. bei Giebeln, da dürfen vertikale Achsen auch verschoben werden).
    Gesimse müssen sich aufeinander beziehen, bei Dir machen sie es leider nicht: die Höhe beispielsweise der Simse an den Türmen und am Mittelteil sind ohne jeden Bezug zueinander, wirken wahllos aneinander gefügt.

    Eine Fassade wird von unten nach oben immer leichter:
    Dicke Säulen tragen dünne Säulen, niemals umgekehrt (vgl. auch die klassische Säulenordnung), das gilt auch für die Pilaster im Mittelteil deines Museums.
    Eine Basis (Wie dein schweres Mauerwerk an den Türmen, auch "Rustika" genannt) ist eine Basis für den gesamten Bau, die Basis von deinem Mittelteil und den Ecktürmen passen nicht zusammen. Entweder ziehst du die Rustika der Ecktürme auch über die Erdgeschossfassade des Mittelteils (was sich eher bei Gebäuden mit mehr Stockwerken eignet und hier sehr trutzig wirken würde) oder du lässt die Basis auf der gesamten Höhe (also auch bei den Türmen) wo durch den farblichen Absatz im Mittelteil eine Basis angedeutet ist, gerne auch etwas höher und auch gemauert.

    Und zu guter letzt: Eine Fassade wird mit einem breiten Gesims abgeschlossen. Die Türme bei dir haben überhaupt kein Traufgesims (das funktioniert ausnahmsweise sogar halbwegs). Im Mittelteil kann die Ballustrade kein Ersatz für das Gesims sein sondern steht auf diesem drauf. Bei dir steht die Ballustrade direkt auf der Fassade bzw. den Pilastern, dazwischen fehlt was.

    Wer die Regeln kennt, darf sie brechen, aber nicht grundlos

    Einmal editiert, zuletzt von Kaoru (5. Januar 2019 um 13:28)

  • Ehrlich gesagt war es mehr eine Übung im Illustrator, kämpfe mich durch Vektorgrafiken, daher hab ich eine schnell gezeichnete Skizze als Vorlage genommen (und ich bin natürlich kein Architekt!) :) Und gebe zu: der Entwurf ist, abseits des Übungscharakters, scheußlich und sollte nicht gebaut werden. Ich werde nächstens vielleicht mal eine durchdachtere Sache posten. Danke jedenfalls für die Tipps!

  • Habe noch ne Dorf-Zeichnung - diesmal ein planmäßig angelegtes Straßendorf mit Wehrkirche (siehe den Längsschnitt weiter oben) und Weinbergen.


    ...und dann hätte ich noch ein paar einfache Skizzen zu diversen Details der letzten Dorfzeichnung, etwa Grundrisse und Innenansichten von Kirche und Burgkapelle, und eine Ansicht des Pfarrhauses.

  • Zwar als Zeichnung noch nicht fertig, aber die Architektur steht. Eh ich es mit dem missglückten Versuch von Landschaftszeichnung ruiniere, zeige ich mal lieber den Zwischenstand. Ich hatte vor einiger Zeit schon in dem Computerspiele-Strang eine Skizze gezeichnet, aber ich wollte die Idee doch nun einmal ausarbeiten, seit Jahren lässt sie mich nicht ganz los. Dabei bin ich auch schnell an die Grenzen meiner Vision gestoßen, vor allem mit der Proportion bin ich nich ganz zufrieden, was aber wohl an der Idee an sich liegt. Also denn, ein auf kathedralengröße aufgeblähtest phantastisches Folly, die "Gotische Bibliothek im Wasser", inspiert von der Idee der gotischen Bibliothek von Langhans mit neuen Garten zu Potsdam:

  • Hallo Kaoru,

    sehr schön und sehr interessant. Der Turmhelm erinnert mich an denjenigen des Frankfurter Doms, welcher mich wegen der einstigen Krönungsstätte der Kaiser des Hl. Röm. Reichs in seiner Form an die Kaiserkrone erinnert.

  • sehr schön und sehr interessant. Der Turmhelm erinnert mich an denjenigen des Frankfurter Doms, welcher mich wegen der einstigen Krönungsstätte der Kaiser des Hl. Röm. Reichs in seiner Form an die Kaiserkrone erinnert.

    War durchaus auch nicht uninspiriert davon. Aber wenn man eine Kuppel (zudem noch mit Laterne) auf einen achteckigen gotischen Turm draufsetzt, wird es wohl immer an den Kaiserdom erinnern.

    Weitere Inspirationsquellen waren uA. ein englischer Wasserturm der in Peter Greenaways Film "Verschwörungen der Frauen" ein Handlunsgort ist, eigentlich ein banaler Betonbau aber ich fand seine Form immer schon faszinierend:

    http://www.standbyformindcontrol.com/wp-content/upl…dem0K4AQoY6NoQc

    und natürlich der Chorbereich des Erfurter Doms:
    http://www.portalsaeule.de/kategorien/Por…Domplatz_01.jpg

  • Ich habe gerade ein bisher unvollendetes Bild wiedergefunden, das ich mit meinen mittelmäßigen Malkünsten angefertigt habe. :P


    Es stellt eine gotische Kirche inmitten einer Fachwerkstadt dar, angelehnt an Quedlinburg. Im Hintergrund sieht man den Dachreiter eines Rathauses, einen weiteren, barocken Kirchturm und Teile einer mittelalterlichen Festungsanlage.
    Kleiner Hinweis: Bei der Bedachung des Seitenschiffs der Kirche handelt es sich um angedeutete Giebel, was durch die dunkler gefärbten und so angelegten Dachschindeln erreicht wird.

    Einmal editiert, zuletzt von Prianteltix (18. Januar 2019 um 13:27)

  • Nachdem hier seit Längerem nichts mehr passiert ist, geb ich mal wieder was zum besten.

    Zunächst mal wieder eine kleine Stadtzeichnung, die ich heute fertiggestellt habe - diesmal sogar in Farbe.

    Und dann noch eine ältere Zeichnung, seit Langem mal wieder eine klassische Architekturansicht; zwei Platzseiten im Stile des französischen Hoch- und Spätmittelalters.

    Einmal editiert, zuletzt von Mündener (15. April 2019 um 11:07)

  • Ja, es strahlt eben Lebendigkeit aus, der Zeichner hat sich mit eingeprägt ins Bild, mit seiner zeicherischen Individualität. Die französische Marktansicht vibriert richtiggehend! Und der Ochsenkarren ist an genau der richtigen Stelle stehengelassen worden! ;)
    Das kann kein rendering.
    Wie groß/klein zeichnest Du, d.h. in welchem Format ist das Burgstädtchen oben?