Modernistische Architekten

  • Unter diesem Thema - dachte ich - könnte man mal die übelsten Auswüchse der Branche darstellen.

    Angesichts des Wort des Jahres "Finanzkrise" könnte man einmal die architektonischen Begleiter der schaumschlagenden Hasardeure unter die Lupe nehmen. Blender und Subprime-Begabte!

    Das weitverzweigte Architektenbüro Rhode, Kellermann & Wawrowsky (Düsseldorf, Berlin, Frankfurt/M., [lexicon='Leipzig'][/lexicon], Warschau) hat dieses einfallsreiche und hübsche Gebäude für unser aller IKB-Bank (die mit den saftigen Abfindungen aus Steuergeldern) in Luxemburg (seichte Finanzaufsicht/Beihilfe zu Steuerstraftaten für und durch eine deutsche öffentliche Bank) entworfen

    Quelle: RKW Architekten
    und mit folgender Beschreibung versehen:

    Zitat

    Durch seine Lage als erstes von vier gleichgroßen Gebäuden in der Reihe kommt dem Haus der IKB eine deutliche städtebauliche Identität zu.
    [...]
    Das Architekturkonzept der IKB stärkt die vorgegebene städtebauliche Intention, indem es auf die ursprüngliche Kraft eines massigen Kubus vertraut. Dem Programm der Bank und den Charakteristika des Ortes Ausdruck zu verleihen, hatte Priorität bei allen gestaltgebenden Entscheidungen wie Proportion, Material, Farbe und Struktur.[...]
    Die Gestaltung des Erdgeschosses formuliert grundsätzlich eine öffentliche Haltung der Bank, ohne sich gänzlich zu entblößen. Über dem kunstvollen Sockel liegt ein schlichter Block.[...]

    Beim Verfassen dieses bodenlosen Gesülzes müssen sich diese dreisten Glaswürfel/-quader-Wurfmaschinen schlichtweg kaputtgelacht haben.

    Ein mittelständisches Unternehmen (250 Mitarbeiter) auf neuestem technischen Stand mit dem augenscheinlichen Anspruch, Landschaften und Stadtbilder zu verschandeln und offenbar tiefer Infiltrierung hinsichtlich der Auftragsvergabemechanismen:
    http://www.rkw-as.de/

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • RKW sind ganz sicher keine Modernisten. Schau' dir mal deren Homepage an. Freilich muss man sich auch ein wenig von dem Gedanken lösen, dass nicht alles modernistisch ist, was nicht nach Reko aussieht.

  • Also vielleicht bin ich blind, aber etwas, was ich als traditionell bezeichnen würde, finde ich auf deren Homepage nicht. Somit sind das für mich Modernisten, zumal ich dieses Wort nicht pejorativ gebrauche und mich auch gerne als Traditionalist bezeichnen lasse.

  • spacecowboy

    Ich mag mich ja in der Begrifflichkeit gerne von modernistisch zu modern lenken lassen, aber bis auf ein dargestelltes Wohnbauprojekt in Düsseldorf, liegt für mich der Rest des RKW-Schaffens eher zwischen Pfui und Teufel.

    Warum Du meinst, dass ja nicht jedwede Architektur Reko-Verwechslungsgefahr aufweisen müsse, erschließt sich mir nicht ganz. Den gestalterischen Korridor zwischen den Polen Rekonstruktionen und Schmerzbauten, halte ich dann doch für erheblich breiter.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Also ich weiß nicht, auf welche Homepage ihr geschaut habt, aber die RKW-Website, die ich kenne, beinhaltet jede Menge hervorragender Projekte und ebenso viel Einfühlvermögen, was die Einbindung historischer Bausubstanz angeht. Davon ist in meinen Augen selbst ein Prof. Christof Mäckler, der zwar viel in "unserem Sinne" redet, meilenweit entfernt.

    Die RKW-Projekte in [lexicon='Leipzig'][/lexicon]:

    Um- und Neubau Karstadt
    Neubau Peek&Cloppenburg
    Neu- und Umbau Handelshof
    Sanierung Specks Hof
    Neubau Tiefgarage inkl. Neugestaltung Mendelssohn-Ufer

    Auf besonderen Wunsch, kann ich gern auch noch ein paar RKW-Projekte aus anderen Städten vorstellen. Der Vorwurf, RKW seien modernistisch, ist absurd.

  • ^ Naja, der einzig richtige Gebäudeneubau ist P&C. Und da ist die Kubatur deutlich erkennbar. Wobei der Entwurf sicher zu einem ihrer Besten gehört. Beim Mendelssohnufer ebenso! Alles kantig, kastig; nix rundes. Bei allen anderen Gebäuden handelt es sich nur um Anbauten an absolut schöne Bestandsbauten. Da konnte man nich soviel verkehrt machen. Man profitiert quasi zu 90% von den Künsten der früheren Baumeister und fügt sich mit seinen modernen Elementen "nur" ein. Die eigentliche optische Glanzleistung haben die Architekten der damaligen Zeit erbracht; ihnen gehört die Anerkennung. Deren gestalterische Leistungen haben die Gebäude zu dem gemacht, was sie heute sind: Unverwechselbare Unikate; jedoch mit überarbeiteten, modernen Nutzungsmöglichkeiten.

    Leipzig - Back to the roots

  • ^ Das Hansa-Haus ist ein hervorragender Neubau. Beim Karstadt-Bau sind wichtige Fassadenabschnitte an der Ecke Neumarkt sowie an der Petersstrasse sehr gut gelungene Neubauten (Bilder 1,2 und 5). Und beim Mendelssohn-Ufer möchte ich gern mal wissen, inwieweit mehr Rundungen da per se einen Gestaltungsvorteil gebracht hätten. Vor allem, das Ufer soll die ersten Takte Mendelssohn Bartholdys e-Moll-Violinkonzert darstellen und eine im Sommer gern genutzte Aufenthaltsqualität bereitstellen.

    Zugegebenermaßen sind viele der Neubauten ganz schwach und definitiv das, was man hier als modernistisch bezeichnen würde, insgesamt ist das Spektrum des Büros aber doch um einiges amibivalenter, als es die Bilder im 1. Beitrag suggerieren.

  • Zitat von "spacecowboy"

    Also ich weiß nicht, auf welche Homepage ihr geschaut habt, aber die RKW-Website, die ich kenne, beinhaltet jede Menge hervorragender Projekte und ebenso viel Einfühlvermögen, was die Einbindung historischer Bausubstanz angeht. Davon ist in meinen Augen selbst ein Prof. Christof Mäckler, der zwar viel in "unserem Sinne" redet, meilenweit entfernt.

    Die RKW-Projekte in [lexicon='Leipzig'][/lexicon]:

    Um- und Neubau Karstadt
    Neubau Peek&Cloppenburg
    Neu- und Umbau Handelshof
    Sanierung Specks Hof
    Neubau Tiefgarage inkl. Neugestaltung Mendelssohn-Ufer

    Auf besonderen Wunsch, kann ich gern auch noch ein paar RKW-Projekte aus anderen Städten vorstellen. Der Vorwurf, RKW seien modernistisch, ist absurd.

    Danke für den Hinweis. Du hast Recht, da wurde denen in der Tat Unrecht getan, die genannten Leipziger Projekte sind hervorragend. Aber wie schon erwähnt, das sind alles Bauten im Bestand, du wirst zugeben, dass das Gebäude im Eingangspost nix anderes als Investorenarchitektur ist.

  • Zitat

    Also vielleicht bin ich blind, aber etwas, was ich als traditionell bezeichnen würde, finde ich auf deren Homepage nicht.


    CentrO?
    http://web.physik.rwth-aachen.de/~magass/Bilder…2_01-medium.jpg" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    web.physik.rwth-aachen.de/~magas ... medium.jpg
    http://web.physik.rwth-aachen.de/~magass/Bilder…2_02-medium.jpg" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    web.physik.rwth-aachen.de/~magas ... medium.jpg
    http://web.physik.rwth-aachen.de/~magass/Bilder…2_09-medium.jpg" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    web.physik.rwth-aachen.de/~magas ... medium.jpg
    http://www.rkw-as.de/rkw/elemente/p…ntro/cento6.jpg" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.rkw-as.de/rkw/elemente/proje ... cento6.jpg
    http://www.rkw-as.de/rkw/elemente/p…ntro/cento7.jpg" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.rkw-as.de/rkw/elemente/proje ... cento7.jpg

    Wo ist so etwas bitteschön kantig:
    http://www.rkw-as.de/rkw/elemente/p…n_Dodenhof3.jpg" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.rkw-as.de/rkw/elemente/proje ... enhof3.jpg
    http://www.rkw-as.de/rkw/elemente/p…mmsdorfstr1.jpg" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.rkw-as.de/rkw/elemente/proje ... rfstr1.jpg

    Nicht alles von rkw finde ich gelungen. Oftmals lässt es jedoch den Willen zur Gestaltung erkennen. Was mich eher etwas stört: sie haben einfach keine klare Handschrift.

  • Zitat von "spacecowboy"

    Also ich weiß nicht, auf welche Homepage ihr geschaut habt, aber die RKW-Website, die ich kenne, beinhaltet jede Menge hervorragender Projekte und ebenso viel Einfühlvermögen, was die Einbindung historischer Bausubstanz angeht. Davon ist in meinen Augen selbst ein Prof. Christof Mäckler, der zwar viel in "unserem Sinne" redet, meilenweit entfernt.


    Um- und Neubau Karstadt


    Auf besonderen Wunsch, kann ich gern auch noch ein paar RKW-Projekte aus anderen Städten vorstellen. Der Vorwurf, RKW seien modernistisch, ist absurd.


    Also ich finde, dass RKW nicht so schlimm ist, aber es noch wesentlich bessere Architekten gibt, die mit noch mehr Feingefühl ans Werk gingen. Mäckler hat gute und leider auch weniger gute Gebäude. Ich frage mich, warum er das, was so gut bei ihm klingt, nicht immer umzusetzen schafft?

    Gerade bei Deinem Karstadtbeispiel las ich jedoch "RKW stelle eine moderne Fassade wie in der Petersstraße vor, Karstadt Quelle AG wollte jedoch eine historisch angepasste Fassade." Also im Endeffekt wundere ich mich da sogar eher über Karststadt, wenn die ihren eigenen Wunsch nicht durchsetzen konnten, der übrigens sicherlich der ästhetisch beste gewesen wäre.

  • Bezüglich einiger Bauten in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] kann ich mich relativieren, jedoch glaube ich, dass dies wohl eher jeweils dem Bestand oder den Auflagen geschuldet ist. Diese Entwürfe waren jedoch dann wohl eher nicht auf deren Internetseiten oder irgendwo versteckt. Insgesamt haben RKW aufgrund ihrer Größe keine regional vergleichbare Handschrift, überwiegend sind sie jedoch für mich zweifellos Hohepriester der Glasfassaderie.

    Gestoßen war ich im übrigen auf dieses Büro, als ich den Neubau der Zentrale der Landessparkasse zu Oldenburg gesucht habe und dann auf die im nächsten Jahr vollendeten Planungen durch RKW gestoßen bin:

    Ich finde diesen Gebäudekomplex in OL-Donnerschwee optisch von einer außerordentlichen Sepsis - ekelerregend; aber Gott sei Dank werden jetzt die Bankgeschäfte dort transparent! :traurigboese:

    Zu allem Überfluss entsteht an deren ehemaligem Standort auf dem Oldenburger Schlossplatz ein modernes ECE-Einkaufszentrum(!), wo doch diese Stadt als eine der wenigen außerordentlich attraktiv wegen ihrer vielgestalten und kleingliedrigen Fußgängerzone war. Das Ganze kotzt mich für meinen ehemaligen Wohnort OL derartig an, dass ich mir RKW als pars pro toto herausgegriffen habe...

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • ^ Warum sollten die ihre Leipziger Projekte nicht auf ihrer Website vorstellen? Sie sind alle sehr ausführlich aufgeführt. Und es ist doch gerade ein Ausdruck modernistischer Bauweise, Brüche, Kontraste und Ausrufezeichen zu setzen. Wo kann dies besser erzeugt werden als im (historischen) Bestand? Und RKW sind in der Lage, im Bestand die historische Substanz und die jahrhundertelange Bautraditionen zu respektieren und meistens sogar zu vervollständigen. Und [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ist bei RKW auch keine Ausnahme. Geht mal auf deren Seite und schaut euch unter der Rubrik "Warenhäuser" das Potsdamer Stadtpalais an. Das wurde meines Wissens sogar im APH gewürdigt.

    Aus Zeitgründen später evtl. mehr...

  • Auch mir scheint, dass es sicherlich deutlich "schlimmere" modernistische Büros als RKW gibt. Nicht nur die meisten der von spacecoboy vorgstellten Leipziger Projekte sind recht gelungen, zumindest auch nach folgender Ansicht scheint mir das CentrO deutlich besser als viele andere neuere Einkauszentren gelungen zu sein, die ich kenne:

    http://www.rkw-as.de/rkw/elemente/p…ntro/cento6.jpg" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.rkw-as.de/rkw/elemente/proje ... cento6.jpg

    Die Glaskästen des Büros sind allerdings wirklich recht monoton und langweilig.

  • Zitat

    Aber das hatte man schon gesagt als er dreißig war, das hat man schon gesagt als er vierzig war. Und jetzt war er gerade fünfzig geworden und vögelte sie weiter, und soff wie ein Weltmeister und architektierte zwischendurch. Das letztere fiel ihm genau so leicht wie die andern zwei seiner Hauptbeschäftigungen, denn sein Repertoire erstreckte sich auf lediglich drei Standardmodelle von Häusern, die er seit Jahren „drauf“ hatte. Die waren gut, einfach und solide – und er variierte sie nur ein bißchen, um den Kunden Individualität zu suggerieren. Für einen „neuen“ Entwurf brauchte er nicht einmal eine Stunde, er hatte das ja alles im Rechner.

    http://wimbauer.wordpress.com/2008/12/16/mil…lhalterabend-1/

    "Nichts zeichnet eine Regierung mehr aus als die Künste, die unter ihrem Schutze gedeihen."
    Friedrich der Große