Budapest - außerhalb des Burgbezirks

  • Der Postpalast ist ja eigenwillig und wuchtig. Fast wirkt er wie ein Vorgriff auf den sozialistischen Eklektizismus der 1920er bis 1950er.

    Der Postpalast sieht schon mehr ungarisch aus als sowjetisch. Es gibt ein paar ähnliche Bauten in Budapest. Der Entwurf stammt von Gyula Sándy. Gebaut wurde der Postpalast von 1924 bis 1926. Das von Heimdall genannte Jahr 1921 geistert im Netz herum. Man fragt sich, woher das kommt. So kurz nach dem Ersten Weltkrieg war in Budapest noch nicht an ein solches Bauprojekt zu denken. Die Datierung 1924-1926 findet sich in der ungarischen Wikipedia und bei "Magyar Építők" (Ungarische Baumeister).

    Der Postpalast liegt an der Westseite (Krisztina körút 6-8) des verkehrsreichen Platzes Széll Kálmán tér nördlich des Burgviertels in Buda. Der Platz hieß von 1951 bis 2011 Moszkva tér. Hier gibt es eine Metrostation der M2 und mehrere Straßenbahnlinien. Bis kurz nach dem Jahr 2000 diente der Postpalast seiner ursprünglichen Bestimmung als Hauptsitz der Ungarischen Post. Dann stand er jahrelang leer. Seit 2016 gehört das Gebäude der Ungarischen Nationalbank und wurde saniert. Am 15. März 2022 wurde hier das Geldmuseum der Nationalbank eröffnet.

    Budapest, XII. Bezirk, Széll Kálmán tér (ehemals Moszkva tér), im Hintergrund das Vestibül der Metrostation Széll Kálmán tér (früher Moszkva tér), dahinter der in Sanierung befindliche Postpalast (Postapalota) (Foto: Fred Romero, 11. August 2017, CC-BY-2.0)

    Und eine historische Aufnahme von 1955:

    Moszkva tér mit dem Postpalast (Foto: UVATERV, Sammlung Fortepan, 1955, CC-BY-SA-3.0)

  • Am und rund um den 1877 erbauten Budapester Westbahnhof wird es in den nächsten Jahren zu starken Bautätigkeiten kommen. Verantwortlich dafür wird ein Londoner Architekturbüro sein. Nachzulesen im beigefügten Artikel:


    Zitat

    Dem Wettbewerb liegen komplexe Anforderungen zugrunde, die auch eine spätere Anbindung des Bahnhofs an den geplanten Donautunnel und eine dadurch ermöglichte Transformation zum Durchgangsbahnhof vorsehen sollten. Zunächst waren jedoch Vorschläge für die Erweiterung des Fernverkehrs in den Untergrund – hierfür sind 30.800 Quadratmeter Geschossfläche vorgesehen – und eine unterirdische Metrostation für eine neue, ergänzende U-Bahnlinie gesucht.

    Darüber hinaus sollten die teilnehmenden Büros einen Masterplan für die Brachflächen im Norden und Süden der Gleise entwickeln, auf denen unteren anderem eine Kongresshalle, ein Hotel sowie Wohn- und Bürogebäude angedacht sind. Die Gesamtplanungsfläche umfasst 44 Hektar.

    Erweiterung des Bahnhofs Nyugati - Grimshaw gewinnen in Budapest


    1024px-Nyugati_p%C3%A1lyaudvar%2C_Budapest.jpg

    [/url][url=https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Nyug…r,_Budapest.jpg]Nyugati pályaudvar, Budapest[/url]

    Varius, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Nach langen Diskussionen wurde beschlossen, dass die ehemalige Transporthalle und das Stadtparktheater endlich in Városliget wieder aufgebaut werden können. Das teilte der Ministerpräsident bei der Eröffnung eines Museums mit.

    Theater:

    Visuelle Gestaltung:

    (Dieses Gebäude überstand den Krieg, wurde 1946 wiedereröffnet, aber 1952 von der neuen sowjetischen Führung abgerissen.)

    Verkehrsmuseum:


    Visuelle Gestaltung:

    (Dieses Gebäude wurde während des Krieges beschossen und bombardiert, aber ein Großteil der Kuppel und des Daches blieb erhalten. Leider musste der Rest des Gebäudes, das vor einigen Jahren verfiel, aufgrund von Asbest und anderen strukturellen Problemen abgerissen werden.)

  • Offenbar wird hierzulande völlig ausgeblendet was städtebaulich in Ungarn geschieht. Sonst könnte man ja auf den unmöglichen Gedanken kommen, dass das in jeder Hinsicht vorbildhaft ist. Wir in Deutschland machen halt wie gewohnt weiter mit Kuben und Rasterfassaden. Die wenigen Rekonstruktionen wie z.B. das Berliner Stadtschloss oder die neue Frankfurter Altstadt sind eher verpönt und sollen möglichst Einzelfälle bleiben. Währenddessen blüht Budapest auf. Ich sehe das mit einem lachenden und einem weinenden Auge, weil etwas, das dort mit faszinierender Entschlossenheit geschieht, bei uns so unendlich schwer zu realisieren scheint.

    In dubio pro reko

  • Ich bin sehr beeindruckt was für eine Vielzahl von hist. Großgebäuden innerhalb von wenigen Jahren in Budapest rekonstruiert werden und noch geplant sind.

    Der Unterschied zu den Deutschen Rekos und denen in Budapest ist:- das in Budapest überwiegend Gebäude aus der Zeit so zwischen 1880 und 1910 wiedererrichtet werden.Hingegen in Deutschland Gebäude aus der Zeit des Barock und Klassizismus und nicht aus der Kaiserzeit aufgebaut werden.

    Patbal oder Atala,wie sieht es eigentlich mit Rekonstruktionen verlorener Gebäude in Städten im restlichen Ungarn aus?

  • In Budapest ist das Rekonstruieren der Bauten seiner metropolischen Blütezeit ja quasi Staatsräson. Es geht dort mW nicht wie in Deutschland von Bürgerinitiativen aus, sondern ähnlich wie in Skopje von der Staatsführung. Da diese im Westen überwiegend nicht so vorbidlich gesehen wird, wird darüber auch nicht breit berichtet. Das ist aber so weit ich weiß auch in anderen Ländern so, im konservativen Polen interessiert das jetzt auch nicht sonderlich. Es ist imposant für das Stadtbild der ungarischen Hauptstadt, wird aber vermutlich erst in einigen Jahren wirklich antizipiert.

    Zumal Budapest ohnehin schon ein weitgehend intaktes, vorkriegszeitliches Stadtbild hat und hier eher die "Sahne auf der Kirsche" hinzukommt. Eine ganz andere Ausgangslage als in deutschen Großstädten, die ihren historischen Charakter an den meisten Stellen völlig eingebüßt haben.

  • Die wenigen Rekonstruktionen wie z.B. das Berliner Stadtschloss oder die neue Frankfurter Altstadt sind eher verpönt und sollen möglichst Einzelfälle bleiben.

    Dabei muss aber immer wieder betont werden, bei wem sie verpönt sind. Nicht bei den Bürgern, sondern bei einer kleinen Schicht von Kulturjournalisten, Architekten und (in bekannten Teilen desinteressierten) Politikern. Es ist also eine Gruppe, die auch in vielen anderen Themen eine andere Position als die meisten Normalbürger vertritt (Stichwort z.B. Gendersprache), aber "von oben" versuchen meinungsbildend nach unten zu agieren. Und, zu nicht unbedeutenden Teilen dürfte es sich auch innerhalb dieser Gruppe um Opportunisten handeln, die aus Gründen der Karriere mit den Wölfen heulen, um nicht negativ aufzufallen.

  • Dabei muss aber immer wieder betont werden, bei wem sie verpönt sind. Nicht bei den Bürgern, sondern bei einer kleinen Schicht von Kulturjournalisten, Architekten und (in bekannten Teilen desinteressierten) Politikern.

    Ich habe vorausgesetzt, dass meine Aussage genau so verstanden wird. :wink:

    In dubio pro reko

  • Während in Deutschland scheinbar versucht wird jede Rekonstruktion mit allen Mitteln zu verhindern, kommt es mir so vor, als würde man in Budapest in einem richtigen Reko-Fieber sein und regelrecht nach Gebäuden suchen, die man noch aufbauen könnte.

    Rekonstruktionen sind außerdem viel zu teuer. Das kann sich doch keiner leisten. Kann man ja am Beispiel Ungarn sehen, das bekanntlich in Gold und Geld schwimmt.

  • Das ist schon erstaunlich,wie man in Ungarn diese Fülle vor allen Dingen sehr GROßEN hist.Vollrekos und die innerhalb weniger Jahre aufbaut alle so finanziert.

    Zur ganzen Finanzierung weiß vielleicht hier ein Forist näheres?

  • Patbal oder Atala,wie sieht es eigentlich mit Rekonstruktionen verlorener Gebäude in Städten im restlichen Ungarn aus?

    Das wäre gut, aber leider ist das nicht beabsichtigt. Es ist maximal so viel Wiederaufbau zu erwarten, dass vor einigen Jahren ein Regierungsbeschluss gefasst wurde, verloren gegangene Dachverzierungen im ganzen Land wiederherzustellen.

  • In Budapest ist das Rekonstruieren der Bauten seiner metropolischen Blütezeit ja quasi Staatsräson. Es geht dort mW nicht wie in Deutschland von Bürgerinitiativen aus, sondern ähnlich wie in Skopje von der Staatsführung.

    Ja, das sind öffentliche Projekte. Übrigens:

    Auf dem Parteitag vor den Wahlen sagte Orbán, dass sie im Falle eines Sieges das einstige Licht von Budapest wiederherstellen würden.

  • Auch von solchen Dachverzierungen wären vorher-nachher-Bilder sicher interessant.

    Bisher wurden 4 Gebäude offiziell angekündigt, deren Kuppel wieder aufgebaut wird.

    1.

    2.

    3.

    4.

    Diese werden wahrscheinlich auch in Zukunft zurückkehren:

    (Leider fehlen Tausende von Dachdekorationen. Es gibt bereits eine Liste der Rekonstruktion der Kuppeln in Budapest. Es gibt ungefähr 30 Kuppeln darin, aber das könnte sich in Zukunft erweitern.)

    Nachrichten!

    Ich habe gerade einen genehmigten Plan zur Restaurierung der Türme am Charles Boulevard erhalten.

  • Da sieht man einmal,was in Budapest Architektonisch alles so fehlt.Ich dachte auch noch bis vor 2 Jahren das alles so war wie es jetzt noch ist. Nur durch die Fotos unserer Ungarischen Mitforisten wird mir, eigentlich uns allen hier,der wirkliche Verlust von Kuppeln, Dächern und ganzen Gebäuden in Budapest erst richtig bewusst.

    Atala und Patbal,ich kann immer wieder Danke sagen für die aufschlussreichen Fotos mit denen Sie uns stets immer auf dem Laufenden halten von Budapests interessanten Rekoprojekten und dessen aktuellen Baugeschehen. Ich muss sagen,der Strang Budapest ist für mich hier im Forum der Interessanteste.:thumbup:

  • Wenn in Deutschland nu 1% der riesigen Verlust der schönen Dächerlandschaften wettgemacht würde, dann wäre dass schon wunderbar.

    Budapest wird seine Pracht also wiederbekommen: vom Staat aus gemacht und finanziert.

    In D. streitet man nur über winzige Reko's; und alles könnte so einfach so ganz anders sein.

    Die Innenstadt Frankfurts, das Berliner und Dresdner Schloss......das sind doch allen wunderbare Projekten. Ohne diese Bauten gibt es tatsächlich nur banale Kuben und Rasterfassaden die gebaut werden.

    Die Kaiserzeit Bauten wurden allen verhunzt oder abgebrochen, weil eine kleine Elite das so entschlossen hat.

  • Zur ganzen Finanzierung weiß vielleicht hier ein Forist näheres?

    Das interessiert mich auch. Das BIP von Ungarn stagnierte ja seit 2008 überwiegend, das Steueraufkommen ging auch runter.

    Woraus wird das finanziert, aus welchen Budgets? Sind da EU-Mittel drin? Wie "verkauft" die Regierung diese Maßnahmen?