Berlin in alten Fotografien

  • Aber immer noch besser als der wilhelminische Kitsch des Nationaldenkmals.

    Hier wurde ein Stück authentisches Berlin angerissen, welches auch die besondere Beziehung des "bürgerlichen" Berlin zum Schloss zeigte, wenngleich die Anfänge der "Schlossfreiheit" ja in der Beziehung zum Hofe zu finden sind.

    Das sah trotzdem aus wie bei Tante Käthe auf der Kommode. Auch ich bin kein Fan des Preußenzoos und glaube durchaus, dass das Schloss durch eine qualitätvolle Bebauung an dieser Stelle die Monumentalität des Schlosses gesteigert hätte, aber nicht dieses Hinterhofgedränge. Upps! Nur nicht Frau Lüscher auf dumme Gedanken bringen!

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Schwer zu sagen.
    Natürlich ist es grotesk, die Prunkschauseite mit solchen Häuseln zu verstellen.
    Andererseits...
    andererseits eignet gerade dieser ignoranten Mischung aus imperialer Pracht und wild durcheinandergewürfelten Hinterhöfen etwas schlechthin Faszinierendes, überhaupt für solche, die einen Ansatz für troglodytische Lebensart schon besitzen und mitbringen, der dann nur noch einer gewissen Entwicklung bedarf.
    Je länger ich diese Bilder betrachte, desto mehr werde ich mir gewiss, dass ich die darauf abgebildete Stadt lieben muss.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.


  • Schloßfreiheit, Henriette Sontag vor einem Modemagazin, Original von Hummel Joh. Erdmann (in Farbe), 1828,

    Hat jemand zufällig diese Abbildung in Farbe? Wäre sehr dankbar dafür!

    Voilà, dit Jettchen jetzt ooch in coloribus.

    Das Bild müsste im Bestand der Staatlichen Museen zu Berlin sein, ist aber wohl nicht ausgestellt?

    _
    @ ursus:
    Ich ergänze zwei weitere Perspektiven der bebauten Schlossfreiheit vom famosen Hermann Rückwardt aus den 1880ern.


    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • In Griechenland wurde es jetzt doch zu ungemütlich, deshalb bin ich wieder in Berlin.

    Um den Strang mal wieder zu beleben :wink: ein paar Fotos von Max Missmann,

    Quelle:
    BERLINER PLATZE
    Photographien von Max Missmann
    Herausgegeben und
    kommentiert von Hans-Werner Klünner
    Nachwort von Wolfgang Gottschalk
    Argonverlag

    Einige wurden sicher früher schon mal gezeigt.

    Schloßfreiheit mit dem Nationaldenkmal Kaiser Wilhelms I. , 1910:


    Schloßplatz, 1905:


    Der Neptunbrunnen auf dem Schloßplatz, 1904:


    Lustgarten, Berliner Dom, Max Missmann, 1930:


    Lustgarten und das Alte Museum, 1910:


    Blick über den Opernplatz auf das Universitätsgebäude, 1905:


    Opernplatz mit der Königlichen Bibliothek, 1904:


    Blick über die Spree zum Schinkelplatz, 1905


    Blick vom Moritzplatz in die Oranienstraße, 1906:


    Blick vom Kaiser-Friedrich-Platz über die Fontanepromenade zum Urban, 1911:


    Blick von der Camphausenstraße in die Grimmstraße, 1907:


    Die Breite Straße in Schmargendorf, 1905:


    Der Barbarossaplatz in Schöneberg, 1912:


    Blick über den Bayerischen Platz nach Süden, 1912


    Prager Platz, 1913:


    Der Savignyplatz in Charlottenburg, 1907:


    Blick vom Potsdamer Platz zum Potsdamer Bahnhof, 1925


    Invalidenstraße und der Platz vor dem Neuen Tor, 1905


    Das Neue Tor mit dem Platz vor dem Neuen Tor und dem Luisenplatz, 1905

  • Ach der Alte Westen! die Hauptstadt der Schmuckplätze hieß damals Schöneberg-Charlottenburg-Wilmersdorf.
    Ich habe das Buch auch in meinem Besitz. Es ist fast verstörend darin zu blättern wenn man versucht diese gediegene Schönheit und Noblesse mit dem heutigen Berlin in Einklang zu bringen. Lediglich der Viktoria-Luise-Platz atmet noch diesen Geist.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Wohn- und Geschäftshaus Architekten H. Griesebach und G. Dinklage. (Herbst 1892)

    Im vierten Stock befindet sich vorn eine Wohnung; im Quergebäude ist ein photographisches Atelier eingerichtet mit Arbeits- und Nebenräumen im vorderen und mit Wohnung des Photographen im hinteren Seitenflügel.

    Leyde & Co., FritzLeyde & Co., Fritz Unter den Linden 16; 1894 - 1908

    MfG Saxon52

  • Es gibt schon noch einige eindrucksvolle Platzanlagen, die sich ins heutige Berlin gerettet haben. Für mich gehört u.a. auch der Mexikoplatz in Zehlendorf dazu.

    Das sind für mich aber Vorstadtplätze wie auch der Ludolfinger/Zeltinger Doppelplatz oder der Rüdesheimer Platz. Ich bezog mich auf die Gründerzeit-Prachtplätze des alten Westens. Den Ludwigskirchplatz kenne ich leider nicht.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Ergänzend zu den schon früher gezeigten Häusern der Friedrichstadt habe ich noch einige Fotos entdeckt.

    Quelle: "Blätter für Architektur und Kunsthandwerk", (BfAuK) aus Jahrgängen 1888-1901,



    Charlottenstr 70_erbaut 1893-94 von H. Dörpfeld_BfAuK_1896



    Markgrafenstr 51_Immobilien-Verkehrs-Bank_erbaut 1896-97 von Wittling & Güldner_BfAuK_1898



    Mauerstr 81_Kaufhaus_erbaut 1897-98 von Julius Reinicke_BfAuK_1900, links der Eingang in die ehemalige Markthalle III, später "CLOU"



    Zimmerstr 87_erbaut 1893-94 von Erdmann & Spindler_BfAuK_1898



    Zimmerstraße 40-41_Berliner Lokalanzeiger_erbaut 1880-81 von W. Rettig, Rosemann & Jacob_BfAuK_1891



    Französische Str 50_Geschäftshaus Jockey-Club_von H. A. Krause_1890



    Jägerstr 45_Kauf- und Wohnhaus_gebaut 1886-87 von Ende & Böckmann_BfAuK_1894, rechts davon angeschnitten das noch vorhandene ehemalige Fernmeldeamt, heute Hauptstadtrepräsentanz der Telekom



    Kochstr 8_erbaut 1898 von Kurt Berndt_BfAuK_1900



    Krausenstr 40_erbaut 1894-95 von Messel & Altgelt_BfAuK_1897



    Lindenstr 81_erbaut 1892-93 von O. Stiehl & Th. Kampffmeyer_BfAuK_1896

    Sollten die Fotos schon bekannt sein, bitte ich ergebenst um Entschuldigung, war einfach zu faul nachzuschauen :anbeten:

  • Noch einige Fotos hinterher geschoben, aus verschiedenen Gegenden Berlins.

    Quelle: "Blätter für Architektur und Kunsthandwerk", (BfAuK) aus Jahrgängen 1888-1901,


    Behrenstraße 17_erbaut 1896-97 von Ludwig Heim_BfAuK_1899



    Tauentzienstraße 12_erbaut 1892-93 von Hermann Krengel_BfAuK_1894



    Tauentzienstraße 14_erbaut 1895 von Messel & Altgelt_BfAuK_1897



    Unter den Linden 69_erbaut 1889-90 von Wilhelm Walther_BfAuK_1891


    Folgendes Bild hatten wir schon mal, aber nicht den interessanten Hinterhof:


    Behrenstraße 23_Haus Siechen_erbaut 1893-95 von David Röhm_BfAuK_1901



    Friedrichstraße 65_erbaut 1895-96 von Henry Felix_BfAuK_1899



    Kaiser-Wilhelm-Straße 33-36_Ecke Rosenstr_erbaut 1894-95 von Kayser & v. Groszheim_BfAuK_1899



    Kaiser-Wilhelm-Straße 33-36_Kaufhaus_erbaut 1894-95 von Kayser & v. Groszheim_BfAuK_1899



    Kurstraße 51_Das Werderhaus_erbaut 1886-88 von Alfred Messel_BfAuK_1890



    Leipziger Straße 34_Kaufhaus Thiele_erbaut 1883-84 von Kayser & v. Groszheim_BfAuK_1894



    Mohrenstraße 11-12_erbaut 1895-96 von Solf & Wichard_BfAuK_1899

  • Berlin damals - stolze Hauptstadt des Reichs mit den prächtigsten Häusern die die Welt gesehen hat. Heute - versifftes Asi-Zentrum der Republik, verwüstet, entstellt, verdorben, pleite. Entschuldigt diese drastische Sicht, aber angesichts der Bilder kann ich nicht anders als es so auszudrücken. Berlin, das ist für mich die Tragödie einer Stadt. Ein Schloss allein macht das nicht wieder gut.

    In dubio pro reko

    2 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (7. Dezember 2014 um 20:50)

  • Sah Bilder der intakten und imponierende SW Front der Platz (5 hoch-edlen Stockwerke met Türmen, auch in der Seitenstrassen!!) aber heute ist davon NICHTS mehr übrig. Also 0%!!!
    Nein die Viktoria Luise Platz war früher ungeheuer impossant. Heute nicht. Es stehen noch einige Bauten die weitgehend entstuckt aber relativ doch unversehrt sind. Aber hat mit das Bild von vor dem Krieg nichts zu tun.

  • Wenn man die Bilder so sieht, kommt man nicht umhin festzustellen, dass der Historismus in Berlin schon ein bißchen Amok gelaufen ist :biggrin: .
    Die ganze Stilmischung von Altdeutsch, Gotik, Renaissance und Barock ist schon ein wenig komisch. So kraß empfinde ich die Brüche anderswo nicht unbedingt.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Bitte liebe Berliner nehmt mir meine harten Worte nicht übel, ich spreche nur so weil mein Herz auch an der Stadt hängt und es mir doch oft wehtut zu sehen, was daraus geworden ist. Was Berlin heute fehlt ist eine breite Schicht des Bildungsbürgertums, die Stadt scheint mir nur noch ein chaotisches Biotop von linksautonomen Anarchisten und furchtbar hippen Mittdreißigern zu sein, die hier ihre "kreativen" Hirngespinste ausleben. Wenn ich schon "Kreuzberg" höre schaudert es mich. München oder Hamburg besitzen noch mondänes, elegantes Flair, Berlin dagegen hat den größten Teil seiner einstigen Würde verloren, demographisch wie architektonisch.

    In dubio pro reko

  • Sehr treffende Worte. Aber ich finde man sollte der Stadt eine Chance geben. Sie entwickelt sich und was nach über 40 Jahren Kommunismus entsteht und was sich hoffentlich noch weiter entwickelt sollte Hoffnung geben. Berlin ist etwas Besonderes.

  • Das hört sich an, als hätte Groß-Berlin komplett unter DDR-Herrschaft gestanden. Im Westteil war es um keinen Deut besser. Berlin scheint ein morbider Selbstzerstörungstrieb innezuwohnen. Mit der Entstuckung begann sich Berlin ja schon weit vor dem Krieg zu verschandeln, Wo andernorts mondäne Boulevards und Straßenzüge bis zur Zerstörung nahezu unangetastet blieben wurde in Berlin eifrig purifiziert und abgerissen.
    Die schäbigen Kratzputzzeilen sieht man auf allen Vorkriegsbildern. Ich besitze ein Buch mit Farbfotos aus der unmittelbaren Vorkriegszeit und da sieht es beispielsweise in Neukölln schon so aus wie heute nur ohne Kriegslücken.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.