Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Riegel: Ich glaube schon, dass es je nach Blickwinkel zu Verzerrungen kommt. Ich habe das in den Folien unten darzustellen versucht:
    Die Strecke O-T1 ist kürzer als die Strecke O-T2. Folglich ist ist die Krümmung von T1 zum oberhalb von O liegenden Scheitelpunkt S stärker als von T2 aus.


  • Riegel schrieb: "ich habe bisher noch nie gelesen, dass die Kuppel im Grundriss oval ist. Das finde ich noch sehr speziell, hat aber mit den gegebenen Massen vor dem Bau der Kuppel zu tun."

    Kuppeln mit ovalem Grundriss sind gar nicht so selten. Die berühmteste dürfte wohl die von San Carlo alle Quattro Fontane in Rom sein, die Borromini in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entwarf. Und das finde ich so faszinierend, weil Schlüter sich ja für seine Schlossfassaden ganz deutlich am römischen Barock des Palazzo Madama orientierte. Die Fensterachsen dieses Bauwerkes mit ihrem Fries im Mezzaningeschoss ähneln denen des Berliner Schlosses wirklich verblüffend. Natürlich weist Stülers Schlosskuppel keine barocken Formen auf, aber dass sie über einem ovalen Grundriss errichtet ist, ist eine weitere schöne Parallele zu einem berühmten römischen Bauwerk, so dass m. E. deutlich wird, wie sehr das Berliner Schloss in der besten europäischen Bautradition wurzelt, dann aber durch Schlüter seinen ganz eigenen, einzigartigen Charakter erhalten hat.
    Die Kuppel des Berliner Schlosses ist bestimmt deswegen oval, damit sie von der Westseite betrachtet möglichst breit wirkt. Eine Kuppel mit kreisförmigem Grundriss hätte insgesamt schmaler ausfallen müssen, so dass sie dem Betrachter wohl etwas "mickrig" erschienen wäre. Viele Architekturkritiker haben die Stülersche Kuppel übrigens in Relation zum Eosanderportal als zu niedrig empfunden, und in der Tat hatte Eosander ja wohl an dieser Stelle einen sehr viel höheren, zweigeschossigen Kuppelturm vorgesehen, der als Ersatz für Schlüters gescheitertes Münzturmprojekt vorgesehen war. Wie der aussehen sollte, davon kann man sich auf Seite 15 des folgenden Dokuments ein Bild machen:

    http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/4506/1/…erlins_2005.pdf

    Übrigens muss man nicht den langen Weg nach Rom fahren, um eine weitere berühmte Kuppel mit ovalem Grundriss zu betrachten: auch Schloss Sanssouci hat etwas derartiges zu bieten...

  • Riegel: Apropos Schrägansicht: Ein anderes bemerkenswertes Phänomen war die Reichstagskuppel. Die alte Kuppel von Paul Wallot war wie das eigentliche Gebäude viereckig, das heißt in der Schrägansicht wurde sie zusammen mit dem Gebäude breiter. Die kreisrunde Kuppel von Norman Foster wird es hingegen nicht. Daher erscheint sie bei Schrägansichten im Vergleich zum übrigen Gebäudevolumen zu klein. Sie wirkt nur in der Frontalansicht stimmig.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Mozart: Das Pendant zur (von außen nicht sichtbaren) längsovalen Kuppel von S. Carlo alle Quattro Fontane ist die benachbarte querovale Kuppel von S. Andea al Qirinale von Bernini. Und dann fallen mir natürlich noch die Karlskirche in Wien von Fischer von Erlach und Kloster Weltenburg von den Gebrüdern Asam ein.
    Leicht längsgestreckte oktogonale (!) Kuppeln besitzen m. W. auch die Zwillingskirchen S. Maria in Montesanto und S. Maria dei Miracoli an der Piazza del Poplo.



    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Heute wurde begonnen, das Betondach des "Café Rettig" mit Beton zu gießen. So sieht es aktuell aus:

    Noch ein Hinweis auf den Bericht zum Innenportal II im aktuellen Extrablatt auf den Seiten 22/23. Die originalen Figuren der Portalbekrönung haben, eingemauert im Zeughaus, überlebt. Dennoch ist im Zuge dessen offenbar der Fanfaren-Arm der linken Fama abgebrochen. Wie es scheint (und so konnte man es am TdOB durch die Gerüste sehen) wird der Arm - und zwangsläufig dann auch die Tröte - wohl nicht wieder angebracht. Kann da jemand Gegenteiliges verkünden?

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Das Zusammenspiel der anderen historischen Gebäude mit dem, noch hinter Gerüsten verborgenden, Schloss ist aber schon wunderbar.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Heute wurde begonnen, das Betondach des "Café Rettig" mit Beton zu gießen. So sieht es aktuell aus:

    Was für ein Glück, dass man den Aufbau aber überhaupt nicht von der Straße aus sieht und du für uns Aufnahmen aus deinem Privathelicopter aus gemacht hast. ;)

    Mal abgesehen von dem Tumor auf dem Dach, kann man allerdings bereits jetzt erahnen, wie herrlich sich das Stadtschloss in die Mitte Berlins einfügt. Hier kehren wieder einige wunderschöne, historische Sichtachsen und Ensemble zurück, die ihresgleichen in Europa suchen.

  • Viel wichtiger ist ja eigentlich, dass die Dachgäste einen schönen Ausblick und die letzte Abendsonne erhalten... :lockerrot:

    Aber zugegebenermaßen ist der neue Anblick zweier fast fertiger Lustgartenportale schon 'ne ziemliche Wucht.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Täuscht es, oder ist das rechte Portal breiter? Wenn ja, war mir das so noch gar nicht bewusst. Ist das vielleicht ein Überbleibsel aus den ursprünlichen Planungen, bei der das rechte Portal eine Art Mittelrisalit geworden wäre und es noch ein drittes Lustgartenportal gegeben hätte?

  • Täuscht es, oder ist das rechte Portal breiter? Wenn ja, war mir das so noch gar nicht bewusst.

    Ja, Portal IV ist/war breiter als das benachbarte und besser proportionierte Portal V.
    Wenn die letzten Hüllen fallen, werden sich viele wundern, wie asymmetrisch das Schloss tatsächlich war, was aber auch viel zum Entdecken bietet.

  • Soviel ich noch weiß wurde die unterschiedliche Breite der Portale als bewußter architektonischer Trick angewendet, um die unterschiedliche Höhe der Portalfassaden, aufgrund des ungleichen Bodenniveaus wieder auszugleichen.

    Wer über die Asymmetrien des Berliner Schloßes mehr erfahren will, wird hier fündig:

    Wie das asymmetrische Berliner Residenzschloss entstand. Gedanken zu Planungs- und Bauabläufen der Erweiterung des Berliner Stadtschlosses von 1707 bis 1716. Von Torsten Pöschk.

  • Soviel ich noch weiß wurde die unterschiedliche Breite der Portale als bewußter architektonischer Trick angewendet, um die unterschiedliche Höhe der Portalfassaden, aufgrund des ungleichen Bodenniveaus wieder auszugleichen.

    Wer über die Asymmetrien des Berliner Schloßes mehr erfahren will, wird hier fündig:

    Wobei der Artikel auch die von mir aufgeführte Theorie des Portal IV als konzeptuellen Mittelrsialiten stützt. Dafür sprechen auch die Putzspiegel links und rechts des Portals sowie dass er leicht mehr aus der Fassade herauszutreten scheint. Dagegen spricht, dass mindestens der Mittelrisalt trotzdem zu schmal, bzw. die Fassade zu hoch wäre, um so zu funktionieren. Auf der Südseite wäre dies mit den Kolossalsäulen deutlich besser gelöst worden, zumal dort der Mittelrisalit wesentlich breiter und herausgehobener zu den seitlichen Risaliten wäre.

  • SchortschiBähr hat m. W. zu den Portalen II und IV alles Wesentliche gesagt.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Stadtschloss
    Schlossapotheke vom Lustgarten gesehen

    Stadtschloss
    Schlossapotheke von der Spreeseite noch mit Holzbrücke

    Stadtschloss
    Stechbahn war das nicht dort wo jetzt das ZK der SED steht?

  • Nach wie vor scheint sich niemand dafür zu interessieren, daß der bereits im Juni des vergangenen Jahres mit einem Farbanstrich versehene Fassadenabschnitt rechts vom Portal V einen erkennbar helleren Farbton aufweist, als offenbar alle anderen, zuletzt gestrichenen Fassadenabschnitte.

    Das soll doch wohl nicht ernsthaft Bestand haben !?

  • Nach wie vor scheint sich niemand dafür zu interessieren, daß der bereits im Juni des vergangenen Jahres mit einem Farbanstrich versehene Fassadenabschnitt rechts vom Portal V einen erkennbar helleren Farbton aufweist, als offenbar alle anderen, zuletzt gestrichenen Fassadenabschnitte.

    Es wurde mehrfach diskutiert. Der Grund ist folgender: der Förderverein wollte zum Tag der offenen Baustelle 2017 einen Fassadenabschnitt fertig präsentieren und hat hierzu gesondert eine externe Firma beauftragt, die das spontan erledigt hat. Die hat den Farbton nicht ganz getroffen. Ebenso müssen die Eintiefungen im ganz östlichen Abschnitt (rechts von Portal V) noch nachgearbeitet werden.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.