Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Was mir beim Anblick dieses herrlichen Gebäudes durch den Kopf geht, ist, dass es meinen Großeltern leider Gottes nimmermehr vergönnt war, die Wiederauferstehung dieses wunderbaren und scheinbar für immer verloren geglaubten Kulturgutes noch miterleben zu dürfen!

    Es war bis zum Schluß für diese bitter und schmerzhaft - wo sie noch die unzerstörten deutschen Städte vor dem Krieg besucht haben -, zuzusehen wie Deutschland damals kaputt gemacht wurde. Dieser Schmerz führte durch ihre Erzählungen jedoch dazu, dass ich selbst aus der Ferne die Wiederauferstehung Dresdens, Potsdams und auch des Berliner Stadtschlosses mit funkelnden Auge begleite. Die Deutschen können durchaus unumschränkt stolz auf diese, ihre Leistung sein! Stolz auf die Kulturleistung, die hier vollbracht wurde und weiterhin wird! Ein Beweis für alle "Nichtstolzzuseinxenophobe", dass Kulturleistung durchaus über Generationen vererbbar ist, selbst wenn zwei verlorene Genrationen dazwischen liegen! Das hier ist der gebaute Beweis. Selbst wenn die Sonne der deutschen Politik momentan wieder niedrig steht, die der deutschen Kultur leuchtet zum Glück stark! Ich freue mich mit und für Euch!

    Einmal editiert, zuletzt von Exilwiener (21. August 2018 um 22:17)

  • @Spreetunnel Danke für die schönen Aufnahmen. Kann es sein, dass sich am Sturz des ionischen Fensters von Portal V schon erste Versinterungen gebildet haben?

    @Treverer ja, der obere Teil von Portal V ist definitv zu gelb geraten. Ich glaube - und hoffe - Portal IV wird homogener sein. Bleibt abzuwarten, ob die Patina mit der Zeit für eine gewisse Vereinheitlichung sorgt.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • So sehr ich ein Riesenfan dieses ganzen Projektes bin und es vor Kurzem maßgeblich mein Interesse für (alte) Architektur geweckt hat, so sehr war ich auch ein Feind der Ostfassade und der modernen Gebäudeflügel im Inneren des Schlosses.

    Jetzt wo die Gerüste fallen und das Ergebnis sichtbar wird, es nicht nur eine Computer-Simulation ist, da wird das ganze Ausmaß sichtbar, was diese modernen Abschnitte diesem Gebäude antun.
    Allerdings - und das ist eigentlich seltsam zu sagen - tun uns diese modernen Gebäudeteile vielleicht sogar einen großen Gefallen.

    Ich glaube es gibt kein bekanntes Gebäude, bzw. keinen bekannten Neubau, der das Versagen der modernen Architektur so anschaulich und für jeden erlebbar deutlich macht, wie das Humboldt-Forum. Es ist kein altes Schloss mit modernem Anbau, nein, es ist ein kompletter Neubau. Die Planung erfolgte also in einem Guss und das ist auch so bekannt.
    Jeder, der nun das Ergebnis sieht, zum ersten Mal den Schlüterhof betritt, wird beeindruckt sein von der Schönheit der Barockfassaden, deren Einmaligkeit und architektonischer Qualität. Umso größer fällt dann die Enttäuschung und Ernüchterung aus, wenn der Blick dann auf die modernen Fassaden fällt. Banal, steril, abweisend, unpassend. Der Blick bleibt nirgendwo haften, man hat auf einen Blick Alles gesehen. Direkt daneben der unheimlich starke Kontrast mit der Pracht des Barock. Unweigerlich kommt die Frage auf: War das wirklich so gewollt? Hat etwa das Geld gefehlt? Wie konnte man etwas so Schönes durch etwas so unpassend Hässliches stören?
    Diese Fragen wird sich ein Großteil der Besucher stellen, es ist aktuell sogar zu sehen - und das überrascht mich doch - dass vor allen Dingen Journalisten auch so fühlen. "Die Zeit" und "Berliner Zeitung" sind nun wirklich keine Zeitungen, wo man Begeisterung für alte Architektur vermuten würde, doch in beiden wird der Barockteil, das Schloss, sehr positiv gesehen und Stella mit seinen modernen Gebäudeteilen harsch kritisiert.

    Dem weiterdenkenden Besucher wird nun, oder erst in den folgenden Tagen, wenn er sich durch seine Heimatstadt bewegt, eines auffallen: Das was ich im Humboldtforum als so störend und trist empfunden habe, das ist ja das selbe was überall in den Städten hingebaut wurde und auch aktuell noch hingebaut wird. Die ganzen Neubauten, Wohnsiedlungen, Bürohochhäuser, überall scheinen die hässlichen Teile des Humboldtforums wieder aufzutauchen.

    Doch dann war da doch noch der andere Teil des Humboldtforums, die Lösung des Problems! Prächtige, detaillierte, liebevoll gestaltete Architektur! Der Besucher wird sich vielleicht denken: "Eigentlich schade, dass es so selten ist, dass so schön gebaut wird. Eigentlich schade, dass überall der hässliche Teil des Humboldtforums in der Architektur aufgegriffen wird und nicht der schöne. Eigentlich schade, dass die Städte mit jedem neuen Gebäude hässlicher werden und nicht schöner. Wieso eigentlich? Und könnte man nicht stattdessen den schönen Teil des Humboldtforums aufgreifen und überall hinbauen?" Vielleicht wird der Besucher sich danach mehr für Architektur interessieren, für alte, schöne Architektur, sich fragen, wie hat eigentlich meine Stadt früher mal ausgesehen, bevor die ganzen modernen Klötze hineingebaut wurden? Und vielleicht wird er den Verein Stadtbild-Deutschland ausfindig machen. ;)

    So schade es ist, dass das Berliner Stadtschloss in Teilen so verhunzt wurde, vielleicht bewirkt es dadurch im Umkehrschluss ja mehr Gutes, als wir uns jetzt ausmalen können. Vielleicht sehe ich das auch etwas zu positiv, aber das Entscheidende für mich ist, dass man den Kontrast zwischen früher (ansprechend) und heute (nicht ansprechend) nirgendwo so deutlich aufs Auge gedrückt bekommt, wie im Humboldtforum.

    Und irgendwann in ein paar Jahren, wenn sich genug Menschen genug über die hässlichen modernen Fassaden geärgert haben, wird man vielleicht die Pläne auspacken, um auch den Rest des Schlosses zu rekonstruieren.
    Die Rekonstruktion der alten Gebäudeteile ist mit den modernen Fassaden vielleicht gar nicht weiter weg, sondern eher viel näher gerückt.

  • Dadurch, dass die Fassade noch so frisch und hell aussieht, wirkt es leider etwas künstlich und irreal.

    Man muss deswegen wohl noch einige Jahre warten, bis also die Wände genauso dunkel und schmutzig sind wie bei anderen historischen (Stadt-)Gebäuden! ;)

    Edit: Ansonsten gefällt es mir aber architektonisch sehr gut!

  • Zu dem sehr lesenswerter Artikel, von Nicolaus Bernau in der BZ: Er macht Appetit auf den Besuch der Schlossbaustelle - allein schon durch das Wort "nachgeschöpft" (gemeint war wohl "nachgeschaffen"), bei dem mancher ans Suppe-Essen denken dürfte.
    Und es kommt, was vorherzusehen war. Am Anfang konnte man mit Mühe die Rekonstruktion der drei barocken Schlüterhoffassaden und der drei barocken Außenfassaden durchsetzen, mehr war politisch nicht drin. Barocke Weltarchitektur - angeblich Ausdruck des preußischen Militarismus (was natürlich völliger Unsinn ist) - sollte durch moderne, 'weltoffene' Architektur eingehegt werden. Jetzt, wo man die Schönheit der barocken Fassaden erleben kann, bedauert man, nicht mehr rekonstruiert zu haben. Hoffentlich wird man aus diesem Fehler klug und macht es andernorts besser.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Zum Dachcafé gab es hier einiges zu lesen. Wurde auch schon das im westlichen Teil höhere Dach thematisiert? Der "Knick" ist unschön, da er das optische Ungleichgewicht beim Blick aus dem Lustgarten, hervorgerufen durch das fehlende Bauvolumen im Osten, noch betont.

    Lustgartenseite des Schlosses

  • Jetzt, wo man die Schönheit der barocken Fassaden erleben kann, bedauert man, nicht mehr rekonstruiert zu haben. Hoffentlich wird man aus diesem Fehler klug und macht es andernorts besser.

    Ich habe es schon vorher gesagt, wir können froh sein, dass viel von den Fassaden des Schlosses bereits zu sehen sein wird, bevor der endgültige Beschluss zum Äußeren der Bauakademie getroffen wird. Ich bin mir ganz sicher, dass der überwältigende Teil der Bevölkerung vom Schloss begeistert sein wird und es gerade wegen seiner historischen Schönheit ein Anziehungspunkt und Riesenhit wird. Sie wären absolut dämlich, wenn sie dass nicht ebenfalls mit der Bauakademie wiederholen. Einen, womöglich mal wieder missglückten, modernen Kasten wird niemand eines zweiten Blickes würdigen.

  • Es konnte sich damals vermutlich niemand vorstellen, wie der imposante Bau einmal in Realität aussehen würde. Auch darf man nicht vergessen, dass die Menschen Anfang der 90er Jahre andere Sorgen hatten, als den Wiederaufbau eines gesprengten Schlosses zu unterstützen. Doch nun 30 Jahre später, nach der Sanierung von Görlitz, dem Wiederaufbau der Dresdener Frauenkirche und des Neumarktes, dem Wiederauferstehen der Leipziger Altstadt, der Sanierung von Halle (Saale) und von Potsdam und vieler kleinerer Städte und Gemeinden - nun kommen die ersten Ergebnisse endlich einmal aus Berlin. Und gleich in einer Schönheit, die so nicht vorstellbar war, wenn man die ursprünglichen Fotos zum Vergleich nimmt. Deshalb wäre es sinnvoll, wenn unsere virtuellen Modellbauexperten einmal Ansichten anfertigen könnten, wie wohl eine Bauakademie gegenüber dem neuen Schlossportal ausschauen würde. Und gleiches auch für das Nationaldenkmal.

  • Schon jetzt übertreffen die Fotos alle meine Erwartungen - und diese waren von Anfang an sehr hoch. Es kann eben keine historische Dokumentation den dreidimensionalen Bau ersetzen, ebensowenig wie die bloße Partitur eine Aufführung. Nun werden irgendwann noch die Skulpturen hinzukommen.
    Einziger Wermutstropfen, der bleiben wird: Man hat die Chance vertan, die drei Treppenhäuser hinter den Hofrisaliten mit zu rekonstruieren und die Glasfenster fortzulassen. Im Vergleich zur ursprünglichen tiefenräumlichen barocken Szenographie erscheint der Hof in der rekonstruierten Fassung des 19. Jahrhunderts nur in Knechtsgestalt.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • ..Im Vergleich zur ursprünglichen tiefenräumlichen barocken Szenographie erscheint der Hof in der rekonstruierten Fassung des 19. Jahrhunderts nur in Knechtsgestalt.


    Entweder bin ich noch nicht ganz aufnahmefähig, oder ich verstehe den Satz nicht.
    Der Schlüterhof wurde doch von Schlüter anfang des 18. Jahrhunderts errichtet.
    Und dieser Hof wurde an drei Seiten nun im 21. Jahrhundert rekonstruiert.
    Was wurde im 19. Jahrhundert rekonstruiert und wo ist dort etwas in Knechtgestalt??