Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • classica Danke für den Nachweis, eben diese Viktoria hatte ich im Hinterkopf. Auch sie scheint gerade eine Turnübung zu vollführen.

    Zur Fernwirkung von Figuren um 1700 und aus der Mitte 19. Jh. noch ein Nachtrag: man vergleiche einmal Schlüters Adler auf dem Fries des Schlosses mit den Adlern auf der Balustrade der Kommandantur.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Figuren Hofportal V

    v.l.n.r. Susanna , Viktoria , Justitia , Flora

    VanWuerzburg kann uns sicher genauere Daten geben.

    Auf den Seitenportalen I und V standen jeweils vier weibliche Skulpturen, die aus dem 18. Jahrhundert stammen. Über ihre Bedeutung sind sich die Kunsthistoriker bis heute nicht einig. Im Zuge der jetzigen Rekonstruktion setzt sich mehr und mehr die Auffassung durch, dass es sich schlicht um eine Art Freilichtmuseum klassischer Skulpturen handelt, die damals en vogue waren. So erkennen wir zum Beispiel die Flora aus der Sammlung Farnese aus Neapel oder die Heilige Susanna von François Duquesnoy aus der Kirche S. Mariadi Loreto in Rom wieder. Die Borussia ist fast eine Eins-zu-eins-Kopie der Mathilde von Tuszien von Bernini aus dem Petersdom in Rom.

    Der Freundeskreis Hamburg (im Berliner Schloss e.V.) sammelt auf seinem Unterkonto Spenden für die Flora und erhielt in Anerkennung das Flora-Bozzetto.

    Nahaufnahme von Justitia und Flora 1930er Jahre

    Quelle

    Hat jemand ein Bild vom Innenportal I? War es eine Kopie der V, auch der Figuren?

  • Barockes Figurenprogramm des Berliner Schlosses

    Heute möchte ich euch einen Überblick über das ursprüngliche Figurenprogramm des Schlosses geben. Für die Zusammenstellung der Infos und Bilder nutzte ich vor allem drei Bücher:

    Albert Geyer: Geschichte des Schlosses zu Berlin. Berlin 2010.

    Guido Hinterkreuser: Das Berliner Schloss. Der Umbau durch Andreas Schlüter. Berlin 2003.

    Goerd Peschken: Das königliche Schloß zu Berlin. Bd. 1. München 1992.

    Beginnen möchte ich mit den Entwürfen bzw. Idealvorstellungen. Schon Andreas Schlüter plante für den Schlossbau ein umfassendes Figurenprogramm, dass die Dachzone auflockern sollte. Davon wurde letztlich nicht alles umgesetzt. Wie umfangreich diese geschmückte Attikazone aussehen sollte, zeigt uns der Kupferstich von Pieter Schenk mit Schlüters Schlossmodell aus dem Jahr 1702. Schlüter sah einen Skulpturenschmuck aus einem Wechsel von Standbildern und Vasen vor. Für die beiden Runderker waren große Wappenschilde vorgesehen, von denen aber nur der auf dem spreeseitigen Erker zur Ausführung kam.

    Quelle: Hinterkreuser, S. 212.

    Detailreicher in seiner Ausführung sind die Idealpläne von Paul Decker, sie geben uns zumindest eine vage, wenn auch geschönte, eben idealisierte Vorstellung vom Aussehen des Schlosses.

    Quelle: Hinterkreuser, S. 161. (Schlossplatzfassade, 1703)

    Deutlich ist der Wechsel von Vasen und Standbildern zu erkennen. Auch hier sieht man, wie auf Portal I außen männliche Figuren und innen zwei weibliche Personifikationen zur Aufstellung kommen sollten. Das Konzept wurde wie schon gezeigt unter Wilhelm II. wieder aufgegriffen.

    Quelle: Hintertreuer, S. 129. (Lustgartenfassade, 1703)

    Im Gegensatz zu den späteren Figuren aus der Kaiserzeit standen ursprünglich über dem Portal V mittig zwei männlich Standbilder, die seitlich von Trophäen begleitet wurden. Auf dem Stich von Decker sind es nur Trophäen, die aber stark ins figürliche gehen.

    Nachfolgend wurden einige wenige zusätzliche Bildwerke aufgestellt, namentlich auf Portal II sowie auf der Lustgartenfassade mit den Portalen IV und V. Die Fassade der Schlossfreiheit blieb ohne jeden Schmuck. Zur Veranschaulichung mit hoher Authentizität sind zwei Schlossansichten von J. G. Rosenberg vom Ende des 18. Jh. anzuführen.

    Quelle: Peschken, S. 306. (Kupferstich von Rosenberg, Schlossplatz und Lange Brücke, 1781)

    Der Stich wurde schon in älteren Beiträgen gezeigt und vermittelt uns eine, wenn auch teilweise vereinfachte Ansicht des Schlosses. So scheinen zumindest die Vasen auf der Attika sehr vereinfacht dargestellt zu sein. Zu sehen ist auch das Wappenschild auf dem Runderker sowie der Wechsel von Figuren und Vasen bis zur vierten Fensterachse vor Portal II.

    Quelle: Geyer, S. 149, Bd. 2 (Kupferstich von Rosenberg, Blick vom Packhof zum Schloss, 1777)

    Auf dem Stich sehen wir in wesentlich lockerer Verteilung Vasen auf der Attika. Portal IV wird (scheinbar) von zwei Standbildern und zwei Trophäen bekrönt.

    Laut einem Bericht des Schlossbaumeisters Bock aus dem Jahr 1812 waren es 28 Bildwerke. Insgesamt standen bis 1817, als der Schmuck entfernt wurde, 30 Objekte auf der Attika (12 Figuren. Diese möchte ich in einer kurzen Übersicht nachfolgend aufzählen.

    Auf der Attika des Schlossplatzes standen je 4 Standbilder auf den Portalen I und II sowie 5 Vasen auf der Balustrade.

    Auf der Attika zum Lustgarten standen je 2 Standbilder und 2 Trophäen auf den Portalen IV und V sowie 8 Vasen auf der Balustrade.

    Schließlich noch ein Wappenschild auf dem Runderker.

    Also insgesamt 12 Figuren, 13 Vasen, 4 Trophäen und ein Wappenschild.

    Was davon wirklich übrig blieb zeigt uns nachfolgendes Bild.

    Quelle: Geyer, S. 104, Bd. 2. (abgenommen Balustradenfiguren des Schlosses, seit 1929 im Depot des Bodemuseums)

    Wann diese Aufnahme gemacht wurde, steht leider nicht dabei. Aber es gibt drei Aufnahmen aus dem Jahr 1927.

    Quelle: Peschken, S. 307.

    Bei den beiden männlichen Skulpturen handelt es sich wohl um Figuren, die auf Portal V standen. Sie werden wegen der Attribute (Blumen und Früchte) als Frühling und Sommer gedeutet. Sie würden damit den jahreszeitlichen Pilasterhermen an der Lustgartenfassade entsprechen. Wie plausibel aber diese Dopplung ist, mag ich nicht sagen. Die Reste stammen auf jeden Fall aus der Bauzeit von Schlüter bis Böhme. Geyer sieht sie als Werke Schlüters bzw. seiner Werkstatt an, auch die nachfolgenden Figuren.

    Quelle: Peschken, S. 308.

    Diese beiden Figuren, links eine männliche und rechts eine weibliche Standfigur, standen nach Peschken wohl auf der Schlossplatzfassade. Er nimmt ihre antikische Gewandung als Beleg dafür an.

    Quelle: Peschken, S. 309.

    Diese weibliche Standfigur mit Foliant im Arm, wird bei Peschken als Philosophie gedeutet. Wo sie Aufstellung fand, kann nicht mit Bestimmtheit gesagt werden.

    Abschließend möchte ich aus dem Gutachten Schinkels zum Erhalt der Balustradenfiguren zitieren.

    "Gutachten über die Erhaltung der Statuen auf dem Königlichen Schloss" - 13. Mai 1817.

    "in architektonischer Hinsicht muß unsere Zeit demütig das Talent unseres großen Künstlers und Landsmannes Schlüter anerkennen und gutheißen, was ein solcher Meister geordnet.Mit seinem tiefen Sinn hat er die gedachten Statuen als eine edle Krönung des Palastes, als einen schönen Schmuck und als Verhätlnißpunkte für die Höhe und Ausdehnung des großen Gebäudes angebracht, und es wäre höchst wünschenswert, auch auf dem fortgesetzten, von ihm nicht ausgeführten Teile des Schlosses gegen die Schloßfreiheit zu, diesen Schmuck künftig einmal auszuführen, indem dieser Theil im Vergleich mit dem Schlüterschen, vorzüglich durch diesen Mangel, immer etwas nüchternes und kahles hatte."


    Auch Friedrich August Stüler bemängelte die Nichtausführung der Schinkelschen Pläne und schlug vor, sich an den Plänen Paul Deckers zu orientieren und im Verhältnis zu diesen neue Skulpturen für die Attika zu schaffen. Ebenso hätte man sich an den Originalfiguren Schlüters orientieren können, die es ja an zahlreichen Orten Berlins gab (Villa Kameke). Aber die Geschicklichkeit der damaligen Bildhauer ließ zu wünschen übrig, wie man an den neugeschaffenen Figuren im Schlüterhof von Portal V sieht, die im Verhältnis zu den Schlüterschen zu groß geraten sind und geradezu gegensätzlich zu diesen wirken.

  • VanWuerzburg Herzlichen Dank für diese großartige Dokumentation! Wie man den Fotos sehr gut entnehmen kann, war auf die Ausarbeitung der Details nicht dieselbe Sorgfalt verwendet worden wir bei den Figuren des Schlüterhofs. Die Skulpturen waren eben auf Fernsicht angelegt. Aber gerade die rechte Figur, die bei Peschken auf S. 307 abgebildet ist, besitzt eine hervorragende Körperhaltung. Kein Vergleich zu den Figuren aus dem späten 19. Jh.

    Eindrucksvoll auch, wie sehr Schinkel auch in diesem Punkt Schlüters Architektur noch verstanden hat. Eine mit Vasen oder Figuren besetzte Balustrade 'bekrönt' eine Fassade ja ganz anders als glatter Abschluss. Die Vertikalität der Gliederung läuft nach oben hin stimmig aus, es bildet sich eine Silhouette, die zu einer Verzahnung von Architektur und Himmel führt.

    Wichtig waren in diesem Zusammenhang übrigens auch noch die Figuren, die ursprünglich auf dem Treppenpodest vor Portal I standen. Dieses Podest bildete gleichsam den Fuß des Risalits, über ihn griff die Fassade frontalräumlich in den Schlossplatz aus - gleichsam in einer dialektischen Gegenbewegung zu den dorischen Erdgeschosssäulen, die sich tiefenräumlich in den Säulenstellungen der Durchfahrten fortsetzten. Auch wird in der Vogelschau deutlich, wie sehr das Treppenpodest als ein Pendant zur Dachzone geplant war.

    Wie wichtig solche Verschränkungen waren, wussten Schinkel und Stüler nur zu gut. Nicht von ungefähr hatte Schinkel von Anfang an geplant, die Treppenwangen des Alten Museums mit freiplastischen Skulpturen zu bestücken, nicht von ungefähr folgten später die Schlossterrassen mit den Rossebändigern.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • ...Die anderen beiden, die weiblichen Gewandstatuen Eintracht und Fleiß, schmückten die Innenseite von Portal 1....

    Vier der Skulpturen – Jupiter, Herkules, Meleager und eine weibliche Gewandstatue – waren in den letzten Jahren in der Kuppelhalle des Bode-Museums zu sehen. Davor dienten sie, wie zwischenzeitlich auch die anderen vier Skulpturen Antinous, Apollo, Merkur und eine weitere weibliche Gewandstatue, in der Schlossbauhütte zur Vorbereitung der originalgetreuen Kopien, die im rekonstruierten Schlüterhof am alten Platz den räumlichen Zusammenhang von Architektur und Skulptur erlebbar machen.

    ...Zwei weitere Figuren, die sogenannten Balustradenfiguren Frühling und Sommer folgen noch. Sie standen vermutlich auf der Lustgartenseite auf dem Dach des Schlosses.

    Auf den Pressebildern des Humboldtforums vom Skulpturensaal sind 2 "weibliche Gewandfiguren" zu sehen. Sind das Eintracht und Fleiß oder Frühling und Sommer?

  • Auf den Pressebildern des Humboldtforums vom Skulpturensaal sind 2 "weibliche Gewandfiguren" zu sehen. Sind das Eintracht und Fleiß oder Frühling und Sommer?

    Meines Wissens müsste die linke Gewandfigur die dritte Figur von links des Innenportals I im Schlüterhof sein.

    Die rechte Gewandfigur müsste demnach die erste Figur von links des Innenportals I sein. Kopf- und Armhaltung sowie Gewandfalten lassen dies vermuten.

  • Figuren Innenportal I

    Quelle: Goerd Peschken und Hans-Werner Klünner: Das Berliner Schloss. Berlin 1998, Abb. 56.

    Sämtliche Figuren stammten noch aus der Schlüterzeit und blieben teilweise im Depot der Skulpturensammlung der Berliner Museen erhalten, einige aber sind verschollen. Mit der Deutung der einzelnen vier weiblichen Skulpturen wird sich bis heute schwer getan. Auch Hinterkreuser liefert keine eindeutige Zuordnung.

    Figuren mit Attributen und möglicher Deutung (v.l.n.r.):

    1. Gewandfigur mit Pfeilbündel in ihrer erhobenen rechten Hand - Concordia/ Eintracht

    2. Gewandfigur mit Palmwedel in der linken Hand - Pax/ Frieden

    3. Gewandfigur mit Lorbeerkranz in angewinkelter rechten Hand - Victoria/ Nike/ Sieg

    4. Gewandfigur mit Spiegel in der linken Hand - Prudentia/ Klugheit

  • Figuren Innenportal V

    Quelle: Peschken/Klünner, Abb. 57.

    Auch für diese Figuren gilt grundsätzlich, dass sie bis auf eine noch aus der Schlüterzeit stammten. Gleiches gilt für deren Verbleib. Eine Deutung wurde ja im Extraheft zum Berliner Schloss angegeben. Wie schon richtig bemerkt, handelt es sich bei der zweiten Figur um eine Neuschöpfung aus dem Jahr 1860. Darüber hinaus wurden zahlreiche der Köpfe und Gliedmaßen im Laufe der Zeit ergänzt.

    Nachfolgend die Attribute und Deutung, meine Ergänzung sind Kursiv:

    1. Gewandfigur ohne Attribut - Caritas (Extrablatt 89)/ Clio (Extrablatt 92)/ eine in sich verhüllte Frau könnte auch Prudicitia/Keuschheit darstellen

    2. Gewandfigur mit Palmwedel in ihrer rechten und Lorbeerkranz in erhobener Linken - Victoria (Extrablatt 89)/ Virtus

    3. Gewandfigur mit erhobener rechten Hand ohne Attribut - Justitia (lt. Extrablatt 89)/ Liebe (Extrablatt 92)/ vielleicht hielt sie eine Waage in der Hand

    4. Gewandfigur nach dem Vorbild der Flora Farnese mit Lorbeerkranz in der angewinkelten linken Hand - Flora (Extrablatt 89)

    Quelle: Extrablatt 89 (https://berliner-schloss.de/wp-content/upl…samtausgabe.pdf).

    Wie es scheint, wird bei der zweiten Figur, die später durch eine Neuschöpfung aus dem 19. Jh. ersetzt wurde, die "barocke" Version rekonstruiert.

    Abschließend möchte ich 8 mögliche Tugenden, die häufig zusammen Darstellung fanden, auflisten:

    Patientin - Geduld

    Prudentia - Klugheit

    Caritas - Nächstenliebe

    Justitia - Gerechtigkeit

    Fides - Treue

    Spes - Hoffnung

    Fortitudo - Stärke/ Mut/ Tapferkeit

    Temperantia - Mäßigung

    Außerdem gehören Liberalitas/ Freigebigkeit, Religio/Religion, Concordia/Eintracht, Libertas/Freiheit, Honos/Ehre und Felicitas/Glück zu beliebten Kombinationen von Tugenden.

    Inwieweit andere Darstellungen mythologischen Gehalts ausgewählt wurden, kann erst gesagt werden, wenn das ursprüngliche Programm aufgefunden wurde.

  • Die Vollendung des Abschlussrings am Kuppelscheitel würde eigentlich ja hoffen lassen, dass die Laterne demnächst aufgesetzt werden kann. Aber leider gibt es Verzögerungen, die mit der Lösung konstruktiver Aspekte zusammenhängen. Die Arbeit an der unteren Brüstung, den Engeln und dem Kranz über den Engeln sind indes schon weit vorangeschritten. Die Kalotte darüber ist in Arbeit. Es sieht alles richtig klasse aus. Zum Trost ein paar Bilder von den Engeln, die allerdings noch richtig vergoldet werden müssen.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Hat jemand zufälligerweise ein Bild, auf dem das Schloss auf Unter den Linden in Szene gesetzt ist? Mich würde mal der Gesamteindruck interessieren, wenn das Gebäude im Ensemble mit anderen Prachtbauten auftritt.

  • @Eiserner Pirat ganz toll dankeschön.

    Einfach Wahnsinn wie riesig dieses Gebäude ist und wie viele unterschiedliche Zimmer darin waren - alleine schon die vielen Säle.

    Es wäre ja echt ein Traum wenn einige wieder kämen.

    Schade finde ich, dass einige noch nicht mal in ihrer Kubatur erlebbar sein werden,

    mir würde das vergoldete Silberservice in einem komplett kahlen Rittersaal vorerst auch schon ganz gut gefallen.

    Hat sich zufällig jemand mal die Mühe gemacht die Fassaden des Schlosses von außen zu beschriften, welche Räume sich wo befanden?

    Habe mich zwar schon mit einigen Grundrissen beschäftigt aber die vielen Stockwerke sorgen immer wieder für Verwirrung - falls jemand sowas hat würde mich das sehr freuen.

  • Weiß jemand wohin dieser Tisch nun verkauft wurde? Wurde er zumindest als "erhaltenes Möbelstück" bei

    'Guido Hinterkeuser DAS BERLINER SCHLOSS - Die erhaltene Innenausstattung: Gemälde, Skulpturen, dekorative Kunst'

    in der Neuauflage aufgenommen?

  • Kaiserpalast

    Vor einiger Zeit war mal dies hier im Forum:

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • Ich habe mich mal intensiv mit den nicht wieder errichteten schmiedeeisernen Toren beschäftigt. Kaiser Wilhelm l. verlangte 1891 die öffentliche Durchquerung der Schlosshöfe zu beenden. Dazu wurden 1891 die schmiedeeisernen Tore in Auftrag gegeben. Den Zuschlag für die Tore am Portal l und ll und die 3 Tore am Eosanderportal erhielt die Berliner Firma Eduard Puls. Den Zuschlag für die Tore für das Portal IV erhielt die Berliner Firma Schulz & Holdefleiss und die Tore am Portal V fertigte die Firma Gebr. Armbrüster aus Frankfurt/ M an. Das Mitteltor am Eosanderportal hatte mächtige Ausmaße, es war 7,5 m breit und 10 m hoch. Ein Freischwingender Torflügel ! ! ! wog alleine 5 to. der Kämpfer wog alleine 2,3 to. und der abschließende Kronenaufsatz 400 Kg. Damit war dieses Tor das größte und schwerste freischwingende schmiedeeisernen Tor der Welt. Die durchgehende Achsaufnahme hatte einen Durchmesser von 8,5 cm Spezialstahl. Insgesamt wurden für die 3 Tore des Eosanderportal 27 to. Schmiedeeisen und Hartbronze verwendet.

    Auch das Maß der Tore am Portal V waren schon gewaltig, 4,75 m breit und 5,75 m hoch. Die Eigenmasse des gesamten Tores betrug 7 to. Alle Tore waren nach aussen aufschließend aufgebaut und freischwingend. Um Zugluft zu vermeiden waren sie mit Spiegelglas bestückt. Die bis dahin größten Torflügel bis dahin waren am Stanislausplatz in Nancy und die Flügel der Abschlusstore des Würzburger Schlossgarten.

    Ich bezweifle das heute zu Tage noch eine Firma so etwas nachbauen könnte, es ist bedauerlich das am Ende des letzten Krieges alle ! Tore noch unzerstört vorhanden waren und warscheinlich eingeschmolzen wurden.:kopfwand:

    Mittleres Tor Eosanderportal


    Seitliches Tor am Eosanderportal


    Die provisorischen Tore vor 1891


    Tor am Portal l


    Am Portal V


    1951 die 3 unbeschädigten Tore am Eosanderportal

  • Da die Tore am Eosanderportal als Haupteingang zum Humboldtforum dienen, sehe ich da leider keine Möglichkeit, die kunstvoll geschmiedeten Tore zu nutzen, allein fluchtwegtechnisch. Ausserdem ist der vormalig offene Eosanderhof jetzt überdacht und heizungs-/ klimatechnisch mit einbezogen. Selbst mit hintergesetztem Windfang - was für einen automatischen Türöffnungsmechanismus würde man brauchen, diese tonnenschweren Tore leicht zu öffnen für die Massen, die da kommen werden... Früher beim Hofball o.ä. - einige wenige Male im Jahr - kamen vielleicht 200 Gäste auf einmal, da gab es Bedienstete, die die Tore aufwuchteten.

    Für die anderen Tore (1,2,4,5) sind gar keine Torflügel vorgesehen. Ebenfalls der neuen Nutzung als Humboldtforum (im Gegensatz zur königlichen Residenz) angepasst.

    Schlüterhof und Passage

    Die Architektur des Gebäudes bietet im Inneren zwei öffentliche Stadtplätze: den Schlüterhof und die Passage vom Lustgarten zur Breiten Straße. Die Portale übernehmen für den Architekten die Aufgabe von »Stadttoren«. Der Schlüterhof, die Piazza, ist ein städtischer Ort mit geradezu theatralischer Anmutung. Er ist eine Bühne für die Öffentlichkeit oder auch für Veranstaltungen. Beide Plätze stehen der Stadtgesellschaft Tag und Nacht offen. Der Schlüterhof erhält seine historische Pflasterung mit neuem Material zurück (historisches Pflaster findet sich zur Anschauung im Treppenhaus). Die Passage in Form eines Kolonnaden-Weges hat es historisch nicht gegeben. Sie ist eine Neuschöpfung des Architekten Franco Stella und bekommt eine moderne Natursteinpflasterung.

    Vielleicht wird es eines Tages eine Spendenaktion geben, dass wenigstens ein Tor rekonstruiert und in der Passage oder im Schlüterhof mit erklärendem Text aufgestellt wird. Das fände ich auch in Ordnung.

  • Sämtliche Preußenkönige bis auf den letzten hatten ja kein Problem mit einer torlosen Residenz, insofern finde ich das Fehlen der historistischen Tore absolut in Ordnung, ganz unabhängig von der veränderten Nutzung. Es spricht nebenbei auch Bände, dass Wilhelm II. die jahrhundertealte Praxis der freien Durchquerung der Schlosshöfe unterbunden hat...