Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Ja, und hier noch das erste Reichswappen, von dem Pagentorn gesprochen hat. Und im Vergleich dazu wurde im späteren Bild unser badischer Großherzog, der Schwiegersohn Wilhelms I., mehr gewürdigt.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Interessant ist auch , daß auf der älteren Version des Gemäldes zwei Tabourets zu erkennen sind, von denen das vordere den Reichsapfel und das hintere die Krone trägt. Von Letzterer ist allerdings nur ein Bruchteil zu sehen. Das könnte daran liegen, daß man die Steine, die man für die Krönung Wilhelms I. in Königsberg 1862 an die Kronkarkasse Friedrichs I . angebracht hatte, zu dem Zeitpunkt der Reichstagseröffnung schon lange wieder herausgenommen hatte. Erst 1889 wurde die, heute - nach einer verwirrender Odyssee u.a. über Kleinenbremen - auf der Burg Hohenzollern verwahrte, neue Krone für Wilhelm II. (unter Verwendung der alten Steine) angefertigt. Diese ist ja denn auch auf der zweiten Version des Gemäldes deutlich erkennbar.

    Die, die wunderbaren schmiedeeisernen Schloßtore nach oben abschließenden Kronen - zumal die unter dem Mittelbogen des Eosanderportals - ähneln meiner Ansicht nach keiner der genannten preußischen Königskronen. Sie weisen mit ihren breiten Bügeln sogar eher Ähnlichkeit mit der bayerischen (sic !) Königskrone auf. Da das ja wohl nicht intendiert gewesen sein kann, nehme ich an, daß man sich hier eher an abstrakteren barocken Kronendarstellungen orientiert hat.

    Und noch ein Letztes zur spärlichen Darstellung der Kaiserkrone im Schloß: Ein weitere Grund für diese Enthaltsamkeit mag gewesen sein, daß die heraldische Kronenversion Wilhelms II. noch nicht einmal als Modell existiert hat (anders als die Fassung seines Großvaters, von der es ja - bis zu dessen Zerstörung - zumindest ein Modell im Hohenzollernmuseum im Schloß Monbijou gab (und welches vor 1918 im Kronkabinett im Schloß verwahrt worden war).

    Hier ein Foto von diesem Modell 'Wilhelm I':

    :

  • Ja dieses Feingefühl hat in den Jahren seit 1888 offensichtlich gelitten (zumal nach 1918 :wink:).

    Ja - mit der gewollten Zerstörung des Nationalstolzes.

    Heute ist Nationalstolz ein Makel.

    Und.... daß das Feingefühl mit dem Nationalstolz verschwunden ist, sieht man nicht zuletzt an Teilen der modernen Architektur.

  • Seinsheim

    Anders als S.K.H. , dem Großherzog von Baden, erging es Herbert von Bismarck (dem Herrn mit der Roten Schärpe , rechts im Vordergrund auf der älteren Version) : Er wurde schlicht weggelassen !

    Als Bremer kann man deshalb dankbar sein, daß unser Präsident des Senats, Bürgermeister Mohr, welcher neben seinen beiden Kollegen aus Lübeck und Hamburg im Hintergrund vor der Säulenarkade zum Lustgarten hin steht, von diesem 'Revirement' nicht betroffen war... :wink:

  • Ja, und hier noch das erste Reichswappen, von dem Pagentorn gesprochen hat. Und im Vergleich dazu wurde im späteren Bild unser badischer Großherzog, der Schwiegersohn Wilhelms I., mehr gewürdigt.

    Und in der ersten Version steht Bismarck noch "auf dem Teppich"

    Eine absichtlich unterschwellige Geste zur Demonstration des gleichen Standes.

    Siehe Adenauer am 22.11.1949 bei der Unterzeichnung des Petersberger Abkommens.

  • Preußen und das Reich am Baldachin in Ihne's Weißem Saal

    Bekanntlich hat Ihne im Zuge der Umgestaltung des Weißen Saales den Baldachin auf die gegenüberliegende Seite, also an die Wand zur Schloßfreiheit hin verlegt.

    Von den verschiedenen Bespannungen der Rückwand des Baldachins haben sich mehrere Ansichten erhalten, die den Wechsel zwischen preußischer und deutscher Heraldik illustrieren:

    Totale des Weißen Saales mit Thronhimmel in preußischer 'Montur'.


    Nahansicht.

    Deutsche 'Montur' im August 1914:


    Detail (im Hintergrund):


    Die Darstellungen der deutschen Montur von August 14 divergieren teils stark und nähern sich sogar der Version des Reichsadlers von vor 1889 an. Daher wäre ein Foto dieser Montur sehr hilfreich , um Klarheit über das tatsächliche Aussehen zu gewinnen !

  • P.S.: Es dürfte interessant sein zu beobachten, wie die 'Macher' der Dauerausstellung im Humboldt-Forum mit der Stelle des Baldachin's umgehen werden. Werden sie auf diesen Ort hinweisen ? Oder werden sie hier schlicht ein ethnographisches Exponat aufstellen und die historische Dimension dieser paar Quadratmeter schlicht übergehen ?

  • Die, die wunderbaren schmiedeeisernen Schloßtore nach oben abschließenden Kronen - zumal die unter dem Mittelbogen des Eosanderportals - ähneln meiner Ansicht nach keiner der genannten preußischen Königskronen. Sie weisen mit ihren breiten Bügeln sogar eher Ähnlichkeit mit der bayerischen (sic !) Königskrone auf. Da das ja wohl nicht intendiert gewesen sein kann, nehme ich an, daß man sich hier eher an abstrakteren barocken Kronendarstellungen orientiert hat.

    Dass Kronen im dekorativen Kontext etwas verfremdet wurden, ist gerade dem (neo-) barocken Stilempfinden nicht fremd. Man denke nur an die Stilisierungen der rudolphinischen Kaiserkrone innerhalb der Habsburger-Heraldik. Hier einige Beispiele aus der Würzburger Residenz, einigen Münzen, verschiedener Kaiserwappen usf.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Vielen Dank Seinsheim für diese eindrucksvolle Übersicht zur ganzen Bandbreite der Verfremdung der rudolphinischen Hauskrone in Bauschmuck und bildender Kunst !

    Da möchte ich nicht hinten an stehen und habe für heute Abend noch einen letzten Beitrag, der sowohl die 'Rudolphs-', die Stephans-, als auch die nie realisierte Kaiserkrone Wilhelms II. umfaßt (Letztere könnte aber auch bloß nur dem Modell der 'Wilhelm I. - Krone' nachempfunden worden sein...):

  • Leider sind alle drei Kronen 1918 untergegangen. Was danach kam, war nicht unbedingt zum Segen für Europa.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Die Ungarn haben wenigstens ihre Stephanskrone wieder im Staatswappen zurück nachdem sie den (Blut-) Roten Stern erfolgreich abschütteln konnten. Es ist auch ein ganz besonderes Erlebnis im Ungarischen Parlament zu stehen und die stets von zwei Soldaten bewachte Krone zu besichtigen!

  • Interessant ist auch , daß auf der älteren Version des Gemäldes zwei Tabourets zu erkennen sind, von denen das vordere den Reichsapfel und das hintere die Krone trägt. Von Letzterer ist allerdings nur ein Bruchteil zu sehen. Das könnte daran liegen, daß man die Steine, die man für die Krönung Wilhelms I. in Königsberg 1862 an die Kronkarkasse Friedrichs I . angebracht hatte, zu dem Zeitpunkt der Reichstagseröffnung schon lange wieder herausgenommen hatte. Erst 1889 wurde die, heute - nach einer verwirrender Odyssee u.a. über Kleinenbremen - auf der Burg Hohenzollern verwahrte, neue Krone für Wilhelm II. (unter Verwendung der alten Steine) angefertigt. Diese ist ja denn auch auf der zweiten Version des Gemäldes deutlich erkennbar.

    Die, die wunderbaren schmiedeeisernen Schloßtore nach oben abschließenden Kronen - zumal die unter dem Mittelbogen des Eosanderportals - ähneln meiner Ansicht nach keiner der genannten preußischen Königskronen. Sie weisen mit ihren breiten Bügeln sogar eher Ähnlichkeit mit der bayerischen (sic !) Königskrone auf. Da das ja wohl nicht intendiert gewesen sein kann, nehme ich an, daß man sich hier eher an abstrakteren barocken Kronendarstellungen orientiert hat.

    Und noch ein Letztes zur spärlichen Darstellung der Kaiserkrone im Schloß: Ein weitere Grund für diese Enthaltsamkeit mag gewesen sein, daß die heraldische Kronenversion Wilhelms II. noch nicht einmal als Modell existiert hat (anders als die Fassung seines Großvaters, von der es ja - bis zu dessen Zerstörung - zumindest ein Modell im Hohenzollernmuseum im Schloß Monbijou gab (und welches vor 1918 im Kronkabinett im Schloß verwahrt worden war).

    Hier ein Foto von diesem Modell 'Wilhelm I':

    :


    Hier ein barockes Gemälde der Kaiserin Maria Theresia mit der Krone des Hl. Röm. Reiches dt. Nation:


    Die heraldische Krone des II. Deutschen Kaiserreichs lehnte sich m. E. an die Kaiserkrone des Hl. Räm. Reichs an:

  • Das Bild ist ja insofern interessant, als Maria Theresia die Krone berührt, obwohl sie sie nie getragen hat. Sie regierte ja nur als Königin von Ungarn und Böhmen sowie als Erzherzogin von Österreich. Aber das Bild zeigt auch, dass die ottonische Reichskrone stilistisch nicht weniger verformt wurde als die die rudolphinische Hauskrone - und womöglich die preußische Königkrone an den Schlossgittern .

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Ich frage mich, wer Dir Kunstgeschichte und Proportionslehre beigebracht hat. Genau gleich wie ich mich frage, weshalb Spree-Atheners darauffolgender Beitrag zensiert worden ist, der weder Unwahres noch Beldeidigungen beinhaltet hatte.


    Mindestens SO hätte das gemacht werden sollen:

    Berliner Schloss Südostecke

    Schoen gemacht ,dieses Bild, Kompliment dafuer, aber:

    jetzt sieht es auch nicht gerade besser aus, befuerchte ich

    ich habe immer dedacht mit 3 oder 4 Achesen sieht es bessser aus, aber das ist eben doch nicht so.

    es gbt hier fast noch mehr eine Kollision zwischen ""alt"" und ""modern"" wenn man sich dieses kuenstliche Bild anschaut.

    .

  • Lieber Villa 1895,

    anbei eine kleine - augenzwinkernde - 'Kronenspielerei', die die Vorbildwirkung der Heiligen - ottonischen - Reichskrone für die heraldische Krone des Deutschen Kaiserreichs aufnimmt. Derartige Wappen-Arrangements hätten sich sicher auch gut an der Rückwand des Thronbaldachins im Weißen Saal gemacht... floet:)

    (Ich hatte seinerzeit noch Muße für derartige heraldische Phantasien...

    Nehmen Sie diese bitte als farbliche Aufheiterung für unsere gegenwärtigen düsteren Tage...)