Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Das Berliner Schloss als Exponat

    Seitdem das Gesicht des Schlosses entschiedener hervortritt, wird eine Einigkeit der Schlossgegner immer deutlicher: das Schloss ist für sie alle ein Exponat und nichts als ein Exponat! Anders wäre für sie die neue Existenz eines so entschieden abgelehnten „Machwerks“ unerträglich

    Die Gründe der fehlenden Akzeptanz sind vielfältig und uns vertraut: Für Modernisten fällt jede Rekonstruktion aus der Zeit und aus dem Zeitgeist; für Ideologen repräsentiert sie längst überwundene geistige Misswüchse, für Denkmalpfleger besitzt es keine Authentizität und ist höchstens Modell 1 zu 1 oder im besten Falle eben Stadtbildpflege.

    Diese Haltung hat längst Konsequenzen. Ein Exponat hat verschiedene Eigenschaften, die es zu berücksichtigen gilt: Da ist sein Eigenwert, ohne den es nicht Exponat sein könnte; da ist seine Losgelöstheit aus der Umgebung, mit der es nichts zu tun haben darf: Exponate müssen Fremdkörper sein und in ihrer Umgebung völlig isoliert. Die Umgebung darf in keiner Beziehung zu dem Exponat stehen, denn sonst wäre seine Wirkung gestört oder beeinflusst. Geduldet ist in diesem Sinne nur die Nachbarschaft zu thematisch ähnlichen, ansonsten ebenfalls isolierten Exponaten.

    Von hier aus ergibt sich für alle Schloss-Gegner zwingend, das Umfeld des Schlosses möglichst den Forderungen zur Unterbringung eines Exponates zu unterwerfen, ob das nun bewusst oder unbewusst geschieht: Das Umfeld muss distanziert neutral sein eben ohne irgendeinen Bezug zum Exponat Schloss selbst. Daher die Kahlheit der Planung um das Schloss, daher die Ablehnung des Schlossbrunnens, der Lustgartenterrassen, der Pferdebändiger, der Oranierstatuen, der Adlersäule, der Balustergeländer um das Schloss. Denn alle diese Dinge würden das Schloss ja baulich und geistig an seine Umgebung anbinden, würden seine Ausstrahlungskraft in die ganze Stadt hinein verstärken. Sie würden aus dem Exponat einen Teil der Stadt machen, eine „Neue Mitte“.

    Im 19. Jhd. hat man das anders gesehen, siehe die Überreste des alten Baus im Neuen Museum und was man „Modernes“ daraus gemacht hat. Das Gegenstück dazu ist die Alte Nationalgalerie, weitgehend gerade im Innern eine Rekonstruktion, in der die Exponate vom Geist ihrer Zeit gewissermaßen umhüllt und dadurch in ihrer Wirkung entschieden verstärkt werden. Das Umgekehrte lässt sich wiederum an den verschenkten Inhalten des modernistischen Kulturforums sehen. (Ich nehme die auf Raum-Umgebung setzende Gemäldegalerie ausdrücklich aus.)

    Das Humboldtforum mit seinen Exponaten stünde nicht im Widerspruch zu rekonstruierten Innenräumen des historischen Schlosses: Die Räume für die frühen Exponate aus Übersee waren bis in die Mitte des neunzehnten Jhd. ja im Schloss mit seiner ganzen barocken Pracht als Umgebung!

    Das Berliner Stadtschloss selbst ist kein Exponat ferner Zeiten in neutraler Umgebung, sondern Teil der Stadt, wie es Peter Stephan so kenntnisreich ausgeführt hat: Forum Fridericianum, Gendarmenmarkt, Brandenburger Tor usw.. Und wir halten damit alle Korrespondenzen vom Brunnen bis zu den Pferdebändigern für gültig als erlebnisreich begehbare Brücken hin zur Stadt und umgekehrt: Heilung der Stadt. Denn die Fassaden sind für uns nicht nur distanziert wissenschaftliche Objekte, sondern sinnenhafte Erlebnisträger der Zeit Andreas Schlüters. Dazu das Schloss selbst als Träger von Stadträumen, wie Stephan und Stella ausgeführt haben.

    Es sind für uns keine letztlich verlogene Exponate, wenn wir rekonstruieren, auch nicht in Frankfurt, wir wollen nebenan auch keine verfremdenden Exponate wie diese Einheits-Wippe, welche die friedlichste Revolution „verzwergt“. Wir wollen auch keine Modelle eins zu eins, selbst wenn das immerhin besser ist als alle Absichten von Ideologen.

    Seit einigen Wochen nun erhebt sich der Gesang des Schlosses immer prächtiger in die Höhe und in die Weite. Und ich bin überzeugt, dass niemand eine größere Überzeugungskraft aufbringen kann als das bald vollendete Schloss selbst! Wir müssen diese wunderbare Stimme nur verstärken. Ich habe Hoffnung!

    Für die Moderatoren: Ich bin etwas unentschieden, in welchen Strang dieser Beitrag gehört. Es sind so viele Facetten, daher habe ich ihn hier eingefügt.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

    Einmal editiert, zuletzt von Bentele (28. November 2018 um 17:34)

  • Bin etwas irritiert. Im von Neußer verlinkten Artikel wird von einem "Schlussstein für die Betonkuppel" gesprochen.

    Mir war bisher nicht bewusst, dass es eine Beton(innen?)kuppel gibt. Wenn ja, wie hat man den Beton da reingekriegt, die Kuppel war doch von außen die ganze Zeit zu...

  • Doch, leider, die Beton-Innenkuppel gibt es.
    Damit hat man den Raum unter der sichtbaren Kuppel zweigeteilt und der bei weitem größte obere Teil ist toter Raum, ohne Zweck und ohne Nutzung. Der untere Teil ist ein nackter Raum, in dem einmal ein Teil der Museumsausstellungen untergebracht wird.:
    https://www.bz-berlin.de/berlin/b-z-zei…r-schlosskuppel
    Das war einmal die Hohenzollernsche Hofkirche.
    Man hat diesem riesigen Raum seine Wirkung einfach nicht gegönnt und wollte vermutlich eine weitere Rekonstruktion unmöglich machen. Statt dessen ein gewöhnlicher kahler Museumsraum und darüber ein nutzloser Hohlraum.

    Ein passendes Bild für das gesamte Konzept des Humboldt-Forums: Im Inneren mittelmäßig, im Kopf hohl.

    Barocksurfer

  • So viel ich weiß, war ein Grund, am Fuß des Kuppeltambours innen einer gewölbte Zwischendecke einzuziehen, u.a. der, dass das Schloss sonst unter die Kategorie Hochhaus gefallen wäre. Und dann hätten ganz andere Bauvorschriften gegolten. Diese müssen bei bestehenden Denkmälern keine Berücksichtigung finden, aber das Schloss ist ja im juristischen - und zu 90 Prozent auch im materiellen - Sinne ein Neubau.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Zu @Benteles vorzüglicher Analyse: Altbauten durch Isolation zu musealisieren oder sie gleichsam unter Quarantäne zu stellen, ist in der modernistischen Stadtplanung eine beliebte Praxis - oder nennen wir es ruhig auch "Strategie". Nichts ist daher schlimmer, als wie wenn historische Monumente durch Rückgewinnung ihres historischen Umfeldes wieder zu städtischen Leitbauten werden - wie in Dresden oder Frankfurt. Eine Urkatastrophe für den Modernisten!

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • An der Westfassade rechts vom Portal 3 Erdgeschoss fehlen im Bereich von 4 Fenstern die Sandstein-Fassadenteile.
    Bis vor Kurzem war rechts davon über die letzten Jahre so eine Art Bauzelt an der Fassade angebracht.

    Weiss Jemand woran das liegt? Hängt das mit den erhaltenen Kellergewölben zusammen?

    Auckland bei Nacht

  • Er meinte aber auch das Bauzelt, was da Jahre stand. Habe ich mich auch gefragt, zu welchen Zweck, das vor der Fassade stand. Vielleicht gibt es dort ein archäologisches Fenster? Oder es hatte mit der Kanalisation zu tun!?

  • Ich kann es beim besten Willen nicht sagen. Vielleicht erfahre ich es noch diese Woche....

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Keine guten Nachrichten.
    Heute kam im Radio, dass wegen des anhaltenden Baubooms und den dadurch knapp gewordenen Handwerkern der Eröffnungstermin 2019 ernsthaft in Gefahr geraten ist. Alle zeitlichen Puffer seien aufgebraucht, so dass jetzt zügig bis zur Eröffnung gearbeitet werden müsste. Allerdings sind die Arbeiten an den Fassaden und teilweise auch im Inneren zum Stillstand gekommen.

  • Beim betrachten der Webcam der Westfassade ist mir aufgefallen, dass zur Zeit am Gesims der Kuppel gearbeitet wird. Beim genaueren betrachten sieht es so aus, als ob zur Zeit das kupferne Gesims verbaut wird oder täusche ich mich?

  • Immerhin hat sich der Spendenstand laut "Förderverein Berliner Schloss e. V." im Monat November abermals um eine Million auf mittlerweile 87 Millionen Euro erhöht, so dass jetzt "nur" noch 18 Millionen fehlen. Aber dass sämtliche Arbeiten an den Fassaden allem Anschein nach völlig zum Erliegen gekommen sind, ist in der Tat deprimierend, vor allem wenn man bedenkt, dass in den vergangenen Jahren bisweilen erstaunlich viel in kurzer Zeit geschafft werden konnte. Vielleicht ist die Webcam ja abgeschaltet, weil man sich schämt...

  • Die Arbeiten sind nicht zum Erliegen gekommen:

    Große Tonmodelle der Götter- und Tugendenstatuen werden zur Zeit hergestellt,
    die Steinausführung mehrerer Figuren ist im Gange,
    der Erdgeschoßverputz schreitet voran,
    Portal VI im Schlüterhof wird ebenfalls verputzt (solange das Wetter hält),
    der Innenbereich von Portal II wird zur Zeit mit tuskischen Säulen, Pfeilern etc. ausgebaut,
    Portal III innen ist quasi fertig,
    das Geländer von Portal IV wurde angepaßt und wird nun mit den Applikationen versehen
    die komplizierten Arbeiten am Kuppelgesims (Wasserablauf, Blitzschutz) laufen
    die Laterne auf der Kuppel wird ebenfalls gefertigt.

    Nur: Von all dem sieht man derzeit vor Ort eben nichts.
    Und eine Großspende gab`s auch.

  • Lieber @Siedel?, vielen Dank für die Hinweise. Steht denn schon fest, wann man mit dem Gerüstabbau von Portal III rechnen darf?

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.