Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Zum Anteil preußischer Aktivitäten bei Kolonialismus und Sklavenhandel unter dem Großen Kurfürsten und auch noch unter König Friedrich I., dem Bauherrn des Barockschlosses, gibt es eindeutige Quellen. Der Anteil am Weltsklavenhandel ist zwar äußerst gering, einige Zehntausend gegen ca. Dreimillionen. Aber auch die wenigen sind zu bedauern und nicht zu entschuldigen.

    Doch der ganze Ansatz ist falsch: Das Schloss wurde rekonstruiert wegen seiner Bedeutung im Stadtbild, auch wegen seines historischen Zeugnisses: Hier gibt es Gutes und Schlimmes wie immer in der Geschichte; an beides aber muss erinnert werden, so ist Geschichte nun mal. Sklaverei macht bei diesen Schloss-Erinnerungen einen nicht messbar winzigen Anteil aus.

    Der wichtigste Grund der Rekonstruktion aber ist für mich und sicher sehr viele, wenn nicht die meisten die kunsthistorische Bedeutung des Schlosses - das überragende Kunstwerk Andreas Schlüters und Eosanders von Göthe wird der Welt neu geschenkt!

    Es ist völliger Unsinn den Wert eines Kunstwerkes nach der Art seiner Finanzierung zu bewerten! Für die Bezahlung des Ludwigsburger Schlosses wurden Landeskinder in den Krieg verkauft! Die Mittel für Schlösser und Burgen, Kirchen und Klöster, fast alle Stätten des Weltkulturerbes wurden irgendwo von armen Menschen erarbeitet, die übrigens in denn meisten Fällen eher Stolz an ihrem Anteil waren, vor allem wenn es sich um geistliche Schöpfungen handelte. Der Künstler konnte nicht fragen, woher das Geld kam, das ihm geboten wurde. Kunst steht für die Schöpferkraft des Künstlers und nichts Anderes.

    Wer hat für das Kolosseum in Rom geschuftet? Und wie kam die Bezahlung zustande? Dabei können wir noch froh sein, dass mit solchen Mitteln in der Neuzeit nicht nur Mätressen bezahlt worden sind.

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • Es ist völliger Unsinn den Wert eines Kunstwerkes nach der Art seiner Finanzierung zu bewerten!

    Und umso schöner ist es doch, dass man es nun besser macht und das neue Berliner Schloss durch demokratisch legitimierte Entscheidungen und freiwillige Spenden finanziert wurde, natürlich ist eine Demokratie und selbst eine Nicht-Monarchie in der Lage Schlösser zu bauen (wenn auch mit neuer Funktion), Berlin, Potsdam und auch Braunschweig sind dafür wunderbare Beispiele.

  • Und umso schöner ist es doch, dass man es nun besser macht und das neue Berliner Schloss durch demokratisch legitimierte Entscheidungen und freiwillige Spenden finanziert wurde, natürlich ist eine Demokratie und selbst eine Nicht-Monarchie in der Lage Schlösser zu bauen (wenn auch mit neuer Funktion), Berlin, Potsdam und auch Braunschweig sind dafür wunderbare Beispiele.

    und Hannover natuerlich

  • Es ist wohl geplant, die Ostfassade derart zu begrünen, dass der Brutalismus kaum noch wahrnehmbar wird - etwaige Pläne sind noch in der Entwicklungsphase, dies habe ich durch einen Mitarbeiter des Humboldt-Forums erfahren.

  • Ich denke auch, dass 1. der Architekt ein Veto einlegen kann gegen solch eine Veränderung seines Entwurfs (Urheberrecht) und dass 2. für die Begrünung anderer Sellen als der Ostfassade die baulichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Und wer will das überhaupt?

    Bei Einsatz pflegeintensiver Pflanzen kann unser Schmuckstück sehr schnell wie einer dieser zugewucherten Lost Places aussehen...

    Ostfassade - nun ja, ich hätte mir auch etwas Anderes gewünscht, jedoch auch nicht den ursprünglichen Zustand.

  • Das ist doch kompletter Blödsinn! Schaut euch das Projekt Humboldt Dschungel mal an! Das sah auch vor, die Barockfassaden zu begrünen. Das würde den Mitforisten und Spendern ja wohl nicht gefallen.

    Die barocken Teile des Schlosses präsentieren sich heute in ihrer ursprünglichen Frische und hellen Farbigkeit. Der heutige Bau ist nicht das romantisch überformte Schloss der letzten Jahrzehnte vor der Zerstörung. In Renaissance und Barock hat man Fassaden nicht begrünt. Efeu auf Mauern kannte man von Ruinen. Das galt als Verfallserscheinung. Erst die Romantik fand berankte Fassaden romantisch. Mit den heutigen Barockfassaden würde sich das beißen.

    Die Architektur Stellas ist in sich schlüssig. Die Fassaden des Atriums, die modernen Hoffassaden und die Ostfassade passen stilistisch zueinander. Stellas Architektur ist darauf ausgerichtet, die historischen Teile des Schlosses strahlen zu lassen. Die modernen Fassaden passen gut zu den modernen Innenräumen. Ich finde die Ostfassade gut. Es ist schade, dass so viele hier ihre Qualitäten nicht erkennen wollen. Schon dadurch, dass die Maße von den barocken Fassaden abgeleitet sind, unterscheidet sie sich von anderen modernen Fassaden in Berlin.

    Von modernistischen Schlossgegnern wird die Ostfassade auch angegriffen. Das sollte euch zu denken geben. Stella leistet mit seiner Architektur das, wovon die Rekogegner behaupten, dass es nicht möglich sei. Er hat ein insgesamt stimmiges Gebäude geschaffen. Die historischen Teile sind ein paar Fassaden und eine Kuppel. Das ergibt noch lange kein Gebäude. Die Verbindung dieser Teile mit notwendigen Ergänzungen und einem Innenleben und einem schlüssigen Nutzungskonzept ist hier durch die Arbeit Stellas und anderer gelungen. Wer als Modernist heute noch Gegner des Humboldt Forums ist, ist einfach zurückgeblieben.

    Für das alte Hohenzollernschloss gab es keine Mehrheiten und kein Nutzungskonzept. Das konnte so, wie es vor der Zerstörung war, nicht wiedererstehen. Jetzt freut euch doch mal über das, was ihr bekommt, statt immer nur zu meckern und zu klagen!

    Vor die Ostfassade werden Trauerweiden gepflanzt. So steht es in der Planung von bbz Landschaftsarchitekten. Das passt sehr gut.

  • Und noch etwas: Wer sollte denn hier eine Umplanung vornehmen wollen? Das neue Schloss wird von einer Institution namens Humboldt Forum betrieben. Schaut euch deren Selbstdarstellung an: Klick

    Zitat von Humboldt Forum

    Seit dem 18. Jahrhundert galt das Berliner Schloss des Architekten und Bildhauers Andreas Schlüter als einer der bedeutendsten profanen Barockbauten nördlich der Alpen. In seiner Neuerfindung durch den italienischen Architekten Franco Stella verbindet sich die historische Schönheit auf selbstverständliche Weise mit der Gegenwart, gestalterisch, technisch und städtebaulich.

    Garniert wird dieses Zitat mit einem Foto, auf dem moderne und historische Teile gleichzeitig zu sehen sind. Das Humboldt Forum ist ein modernes Kulturzentrum. Es wird seine moderne Architektur auch künftig nicht verstecken, sondern weiterhin das Miteinander von Alt und Neu betonen.

    Zitat von Humboldt Forum

    Mit der Eröffnung des Humboldt Forums ab September 2020 entsteht ein einzigartiger Ort des Erlebens, des Lernens und der Begegnung in der Mitte Berlins. Entdeckungen machen und sich in Ausstellungsobjekte vertiefen, die faszinierende Verbindung aus barocker und zeitgenössischer Architektur genießen, Restaurants und Cafés besuchen, von der Dachterrasse aus das Panorama bis zum Brandenburger Tor erblicken, sich von Konzerten, Lesungen und Diskussionen inspirieren lassen und die vielschichtige Gegenwart und Geschichte Berlins erkunden.

    Mir gefällt dieser Text und ich freue mich auf die Eröffnung des Humboldt Forums. Generalintendant ist übrigens Hartmut Dorgerloh.

  • Das ist doch kompletter Blödsinn! Schaut euch das Projekt Humboldt Dschungel mal an! Das sah auch vor, die Barockfassaden zu begrünen. Das würde den Mitforisten und Spendern ja wohl nicht gefallen.

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    Erst die Romantik fand berankte Fassaden romantisch. Mit den heutigen Barockfassaden würde sich das beißen.

    Die Architektur Stellas ist in sich schlüssig.

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    Von modernistischen Schlossgegnern wird die Ostfassade auch angegriffen.

    Wieso soll das Blödsinn sein? Natürlich sollen nicht die Schlossfassaden berankt werden, es geht allein um die Ostfassade.

    Rastrelli Ich beneide Dich ja wirklich um deinen Sinn für Ästhetik (ganz sarkasmusfrei). Ich würde wohl Berlin wesentlich schöner empfinden.

    Für meinereiner wirkt die Ostfassade nunmal sehr profan und brutal zugleich. Besonders die Übergänge zu den Schlossfassaden schmerzen sehr.

    Ich kann in einer teilweisen Berankung der Ostfassade nur Vorteile erkennen:

    Wenn dadurch ein winziger Hauch der ursprünglichen Romantik an den Ort zurückgekehrt wäre das doch wunderbar, der Brutalismus würde zurückgefahren.

    Pflanzen und damit auch die Begrünung der Ostfassade passen doch eindeutig zu Humboldt und wären ein Aushängeschild für das Forum. Vielleicht ließen sich sogar Pflanzen bekannt durch ihre Forschungsreisen dort kultivieren.

    Alle sprechen von Klimawandel und der Notwendigkeit von mehr Grün in der Stadt. (Wollen die Berliner Grünen nicht sogar verpflichtende Vorschriften für berankte Hochhäuser?).

    Eine gepflegte Berankung würde die ansonsten sehr gewöhnliche Ostfassade aufwerten.

    Stellt Euch das Forum mit vier Ostfassaden vor, über dem Eingang "Humboldt Mall", ein paar übliche Schilder von Rossmann und Starbucks. Die breite Masse würde auf der Suche nach Shops und McDonalds hineinspazieren ohne die Fassaden auch nur eines Blickes zu würdigen.

  • Die Ostfassade des Schlosses war ja auch zu großen Teilen begrünt durch Rankpflanzen. Der Apothekerflügel war sogar gänzlich von Pflanzen überwachsen. Das wäre also nicht nur im Sinne Humboldts, sondern des historischen Schlosses selbst.

  • Rastrelli Wieso schreibst du eigentlich so abschätzig über die Epoche der Romantik und stellst ihr gegenüber Stellas Klumpen als Meisterleistung der Architektur und als sensiblen Umgang mit der ihn umgebenden Historie dar? Man kann ja Stellas „Werk“ akzeptieren, aber daraus einen Geniestreich zu machen, geht meiner Ansicht nach etwas zu weit. Es werden sogar von der Stadt Bäume auf der Lustgartenseite gepflanzt, damit die Besucher ihn nicht wahrnehmen. Kein Bau oder Umbau der Romantik hätte das nötig. Es ist ein Lückenfüller, mehr nicht. Man braucht eine vierte Seite und die durfte das Budget nicht übersteigen. Dass er nun (einigermaßen) dezent in seiner Formensprache ist und seine Hässlichkeit nicht weiter ausbreitet, kann man -wenn man denn unbedingt will- anerkennen. Aber sich deswegen über die Romantik zu mokieren, nur damit Stella ein bisschen glänzen kann, finde ich, naja, etwas daneben..

  • Ich beneide Dich ja wirklich um deinen Sinn für Ästhetik (ganz sarkasmusfrei). Ich würde wohl Berlin wesentlich schöner empfinden.

    Was soll der Quatsch? Berlin ist groß und vielfältig. Wir reden hier über ein konkretes Bauwerk. Das meiste, was heute in Berlin gebaut wird, gefällt mir nicht.

    Ich kann in einer teilweisen Berankung der Ostfassade nur Vorteile erkennen:

    Wenn dadurch ein winziger Hauch der ursprünglichen Romantik an den Ort zurückgekehrt wäre das doch wunderbar, der Brutalismus würde zurückgefahren.

    Pflanzen und damit auch die Begrünung der Ostfassade passen doch eindeutig zu Humboldt und wären ein Aushängeschild für das Forum. Vielleicht ließen sich sogar Pflanzen bekannt durch ihre Forschungsreisen dort kultivieren.

    Alle sprechen von Klimawandel und der Notwendigkeit von mehr Grün in der Stadt. (Wollen die Berliner Grünen nicht sogar verpflichtende Vorschriften für berankte Hochhäuser?).

    Eine gepflegte Berankung würde die ansonsten sehr gewöhnliche Ostfassade aufwerten.

    Die Berankung war nicht ursprünglich. Es gab sie erst ab etwa 1900. Barock ist nicht romantisch.

    Die Ostfassade gehört nicht zur Stilrichtung des Brutalismus. Das war eine Spielart der Moderne, die den Beton, der bis dahin immer verkleidet worden war, ostentativ zur Schau stellte. Den rohen Beton. Roh = französisch brut. An der Ostfassade haben wir hochwertigen Architekturbeton mit Sandsteinbeimischung. Das ist etwas anderes.

    Es ist häufig so, dass man in der Denkmalpflege oder bei Rekonstruktionsprojekten nicht die Bewahrung oder Wiedergewinnung des letzten Zustandes anstrebt, sondern auf einen früheren Zustand, der als künstlerisch oder geschichtlich bedeutender eingeschätzt wird, zurückgeht. Das ist hier auch so. Gebaut werden die Barockfassaden in ihrer Gestalt aus dem frühen 18. Jahrhundert. Deshalb die sehr helle Farbgebung, die es zur Zeit der "romantischen Berankung" längst nicht mehr gab. Deshalb der Verzicht auf die kunstvollen schmiedeeisernen Tore aus wilhelminischer Zeit. Außerdem wird die Kuppel aus der Mitte des 19. Jahrhunderts rekonstruiert. Auch hier wird mit der künstlerischen Bedeutung argumentiert.

    Deiner Äußerung entnehme ich, dass du für die Bewahrung des Marx-Engels-Forums als "grüne Oase" in der Stadtmitte plädierst. Schon seltsam.

    Ich glaube übrigens nicht, dass eine Berankung die Ostfassade in deinem Sinne aufwerten würde. Dazu ist sie einfach zu nüchtern und rechtwinklig und hat zu große und zu tief in der Fassade liegende Fenster. Eine Begrünung nur der vertikalen Steinflächen würde die Vertikalen zu sehr betonen.

    Stellt Euch das Forum mit vier Ostfassaden vor, über dem Eingang "Humboldt Mall", ein paar übliche Schilder von Rossmann und Starbucks. Die breite Masse würde auf der Suche nach Shops und McDonalds hineinspazieren ohne die Fassaden auch nur eines Blickes zu würdigen.

    Der Bau hat aber keine vier Ostfassaden. Die Hoffassaden von Stella sehen auch anders aus. Wenn du nicht erkennst, dass das keine Architektur für eine Shopping Mall ist, dann kann ich dir auch nicht helfen.

  • Es werden sogar von der Stadt Bäume auf der Lustgartenseite gepflanzt, damit die Besucher ihn nicht wahrnehmen. Kein Bau oder Umbau der Romantik hätte das nötig.

    Falsch. Die Gleditschien sind als Reminiszenz an den Apothekenflügel gedacht. Wie du auf die Idee kommen kannst, Berliner Stadtplaner könnten eine moderne Fassade kaschieren wollen, ist mir ein Rätsel.

    Es ist ein Lückenfüller, mehr nicht. Man braucht eine vierte Seite und die durfte das Budget nicht übersteigen.

    Auch falsch. Die Baukosten für das Humboldt Forum bewegen sich - ohne die spendenfinanzierten historischen Fassaden - in einer Größenordnung um die oder über 500 Millionen Euro. Wobei ich mich auch frage, warum das Hufo so teuer ist. Jedenfalls ist die Architektur von Stella nicht billig.

    Was mir an Stellas Fassaden gefällt: Stella nimmt die barocken Schlossfassaden ernst. Sie wollen nicht nett oder gefällig sein, sondern sind Herrschaftsarchitektur. Hier präsentiert sich ein - in seiner Zeit - moderner König. Stella übersetzt die Monumentalität der Barockfassaden in eine Architektursprache unserer Zeit - als Ausdruck des Hufos, das ein modernes Kulturzentrum ist. Dabei verzichtet er in seinen Schöpfungen auf Bauplastik oder historisierende Elemente. Ich meine, dass dies hier der richtige Weg ist.

    Man hätte die historischen Ostteile rekonstruieren können. Das war seitens des Bauherrn aber nicht gewollt. An ihrer Stelle eine irgendwie historisch wirkende Fassade zu errichten, würde nicht überzeugen. Und den barocken Entwurf Schlüters an der Ostseite fortzuführen, würde man als historisch verfälschend ablehnen. Wenn man aber auf historische Anleihen in der Architektur verzichtet, was bleibt dann noch? Eine Stahl- und Glasarchitektur, vielleicht noch mit geschwungenen oder organischen Formen? Bitte nicht. Da ist Stellas Weg einer schlichten, auf den Maßen der Schlüterfassaden und auf Rechtwinkligkeit beruhenden Formensprache meines Erachtens der richtige Weg. Stella greift bestimmte Elemente der Barockfassaden auf, ohne dass es historisierend wirkt. Die Fenster der obersten Reihe sind kleiner als die der unteren Reihen. Alle Fenster sind deutlich voneinander getrennt. Es gibt keine Fensterbänder. Zwischen steinernen Fassadenflächen und Fensterflächen besteht ein ausgewogenes Verhältnis. Die Fenster haben große Fensterkreuze.

    Letztlich erzielt Stella sowohl am Außenbau zur Stadt hin als auch im Schlüterhof eine geschlossene Wirkung. Der Eindruck, dass die Barockfassaden plötzlich abbrechen, ist ja historisch korrekt. Das alte Berliner Schloss war alles andere als perfekt. Es ist gut, dass diese Irritation im wiederaufgebauten Schloss erhalten bleibt. Stella versucht nichts besser zu machen als die Meister der Vergangenheit. Er baut ein funktionierendes Kulturzentrum, dessen Raumbedarf die Überbauung des Eosanderhofes erforderlich macht. Das Gesamtgebäude Humboldt Forum zeichnet sich durch ein einheitliches klassisches Stilbewusstsein aus, wobei die barocken Teile bewusst als Höhepunkte inszeniert werden.

    Mit Stella erhalten wir mehr vom alten Schloss zurück als mit allen anderen Entwürfen, die seinerzeit beim Wettbewerb eingereicht wurden.

  • Rastrelli

    Du kommst ziemlich arrogant und aggressiv rüber.

    Für meinereiner wirkt die Ostfassade eben profan und brutal. Ob dies nun nach einer Definition kein Brutalismus ist weil "hochwertiger Architekturbeton" verwendet wurde, ist doch wirklich zweitrangig.

    Auf der einen Seite schreibst du, dass "erst die Romantik berankte Fassaden romantisch fand" und dies sich "mit den heutigen Barockfassaden beißen würde".

    Auf der anderen Seite ist bei dir "Stellas Architektur darauf ausgerichtet, die historischen Teile des Schlosses strahlen zu lassen".

    Du hast offensichtlich ein vollkommen anderes ästhetisches Empfinden als meinereiner,

    Du solltest in der Lage sein, dies ohne Arroganz zu akzeptieren.

    Es ist häufig so, dass man in der Denkmalpflege oder bei Rekonstruktionsprojekten nicht die Bewahrung oder Wiedergewinnung des letzten Zustandes anstrebt, sondern auf einen früheren Zustand, der als künstlerisch oder geschichtlich bedeutender eingeschätzt wird, zurückgeht.

    Nun dann können wir oder unsere Nachfahren ja noch hoffen, dass eines Tages die Wiedergewinnung von Renaissance und Spätgotik an der Ostseite höher eingeschätzt wird als die Bewahrung von "Neo Brutalismus ".

  • newly

    Es ist besser, sachlich zu diskutieren. Das ist der Zweck eines solchen Forums. Und dass Menschen unterschiedlicher Meinung sind, ist ja nun nichts Ungewöhnliches.

    Das Schloss ist ein Profanbau, und brutal ist etwas anderes als brutalistisch.

    Man hätte die historische Ostfassade rekonstruieren können, aber das war politisch nicht durchsetzbar. Das Schloss ist nunmal ein Staatsbau, für den es einen Bundestagsbeschluss brauchte. Ich finde, dass diejenigen, die das Schloss unbedingt wiederhaben wollten, nun auch zu diesem Gebäude stehen sollten, selbst wenn es vielleicht nicht in allen Punkten ihren Idealvorstellungen entspricht. Ich finde es nicht hilfreich, jetzt das Schloss schlechtzureden und schon den Umbau zu fordern.

    Jetzt muss erstmal das Humboldt Forum eröffnen. Wenn es ein Erfolg wird, was ich annehme, dann werden sich mit dem Gebäude positive Erlebnisse verbinden und die alten Fotos in den Köpfen vieler Menschen verblassen. Sollte das Humboldt Forum kein Erfolg werden, wäre dies Wasser auf die Mühlen der Rekogegner. Ich halte daher eine Rekonstruktion der historischen Ostfassade in den nächsten Jahrzehnten für unwahrscheinlich. Die Hofsituation des ursprünglichen Schlosses würde sowieso nicht wiederhergestellt werden, weil moderne Foyerbereiche und Veranstaltungsräume in jedem Falle gebraucht werden.

    Ich war schon öfter am Schloss und habe es umrundet. Besonders schön wirkt es auch am Abend, wenn die Fenster erleuchtet sind. Ich freue mich über das Schloss. Ich bin gespannt auf die Eröffnung. Ich finde es seltsam, wenn man hier angegriffen wird, weil man das neue Berliner Schloss gut findet. Mir ist ein reales Gebäude lieber als alte Fotos. Die barocken Fassaden in ihrer realen Größe und Plastizität erleben zu dürfen, empfinde ich als ein großes Glück. Die Rekonstruktion der barocken Fassaden und der Kuppel geht alles in allem sehr gut, erstaunlich schnell und in überzeugender Qualität vor sich. Warum ist dann die Stimmung einiger Foristen so schlecht? An den modernen Fassaden ist doch das Entscheidende, dass die Kubatur stimmt und dass sie nicht versuchen, die historischen Teile zu konterkarieren oder zu übertrumpfen. Und mit Stella bekommen wir mehr vom historischen Schloss zurück als anfangs vorgesehen war.

  • Ich stimme Rastrelli fast in allen Punkten zu und brauche nichts zu wiederholen. Ergänzen will ich seine Beschreibung mit dem großartigen Raum, den Stella als Eingangshalle hinter dem Eosander-Innenportal geschaffen hat. Ein wunderbarer Veranstaltungsraum! So konnte man ihn bereits bei Konzerten erleben. Leider entwertet man ihn derzeit durch diesen Anzeigeturm, aber das muss ja nicht so bleiben.

    An zwei Stellen habe ich bei Stellas Bau Kritik: Die Westwand des Schlüterhofes hätte die räumliche Tiefe der anderen drei Fassaden dieses Hofes aufgreifen sollen. Schlimmer: Der Übergang des Ostbaues zum Schlüter-Rondell ist wirklich zu hart. Hier hätte der Verzicht auf eine weitere Achse Luft und Leichtigkeit bringen können. Unverständlich ist mir auch, dass man an dieser Stelle nicht das alte Schlossgärtchen aufgegriffen hat.

    Aber keine Frage: Stella ist das Beste, was der Rekonstruktion des Schlosses nach dem Beschluss, die Ostseite nicht zu rekonstruieren, geschehen konnte. Dazu gehört auch die innere Konsequenz der „Uffizien“ und, bitte nicht vergessen, die ursprünglich nicht vorgesehene Rekonstruktion der Innenportale, die er vorgeschlagen und durchgesetzt hat.

    Ich freue mich unbändig auf die baldige Vollendung des ganzen Komplexes!

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin