Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Architekten revoltieren gegen Prestige-Bau

    Zitat

    Auch bei der Bevölkerung löst der geplante Schlossbau offenbar keine große Begeisterung aus. Ein Beleg dafür ist das geringe Spendenaufkommen.

    Ein Förderverein wollte 80 Millionen Euro einsammeln. Bislang sind jedoch nur 17 Millionen Euro zusammengekommen – das meiste bloß als Zusage.

    Dabei ist doch eindeutig, warum sich die meisten Leute zurückhalten: Weil sie nicht wissen, wofür sie spenden, weil keiner weiß wie historisch oder wie modern das "Schloß" tatsächlich aussehen wird.

    Zu dem Weinmiller-Zitat fällt mir nichts mehr ein. Das sind Leute, die die Welt nicht braucht. Warum ist die überhaupt in der Jury. Zwingt sie jemand dazu? :augenrollen:

  • Mal wieder typisch. Wenn die Jury-Mitglieder mit der Aufgabenstellung nicht einverstanden sind, warum räumen sie nicht einfach ihren Posten. Mit ihrer Kritik haben sie ihn eigentlich schon verwirkt. Zum Glück ist die Reko beschlossene Sache.

  • Zitat von "Vitruv"

    Zum Glück ist die Reko beschlossene Sache.


    Ich hoffe doch sehr, das sie beschlossene Sache bleibt. Die Frage ist nur wieviel Zugeständnisse wird es geben? Minimal bis gar nichts :D , erträglich wenig :) oder unerträglich viel :( bis dominant modern :kopfwand: .

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Im TAGESSPIEGEL ist eine Polemik gegen das Schloss erschienen:

    http://www.tagesspiegel.de/kultur/Stadtsc…;art772,2662286

    Leserbrief an den TAGESSPIEGEL

    Ja, das Humboldforum wäre besser als Hohenzollern-Schloss vorgedacht, geplant und schließlich gebaut worden.
    Es ist ein Königsschloss, das eine zentraleuropäische Geschichtslinie widerspiegelt so wie das auch wieder aufgebaute Warschauer Königsschloss.

    Ja, das Humboldforum in der Schlosshülle ist eine unbefiedigende Chimäre. Besser wäre eine weitestgehende Anlehnung an das Original - innen wie außen.

    Ja, hier wird jemand über den Tisch gezogen: Die Modernisten, die sich überall woanders in der Stadt austoben können, wollen an dieser historischen Stelle einen weiteren Autismus a la O²-Arena, Sony-Center oder Jüdisches Museum bauen.
    Warum nicht wenistens in der Keimzelle der Stadt ein Stück Harmonie herstellen und das Ensemble von Dom, Museum und Zeughaus mit dem Schloss arrondieren?

    Ja, das Schloss ist überfällig. Denn wir haben nun fast 20 Jahre lang darüber diskutiert und die Mehrheit will das Schloss.
    Gebt endlich Planungssicherheit, dann werden auch die Spenden fließen.
    Niemand Spendet gerne für ein Schloss, bei dem eine modernistische Chimäre herauskommen kann.

    Mit freundlichem Gruß
    Reinhard R.

    Der Wind gedreht
    Albtraum verweht
    Zum Schluss jetzt das Glück
    Das Schloss kommt zurück!

  • Man sollte dazu gar nichts mehr schreiben. Der Tagesspiegel verkommt immer mehr zur Boulevardpresse voll mit reißerischen Stories über Nazis, Moscheen, HartzIV und Schlösser. Keine klicks für dieses Schundblatt mehr.

  • Zitat von "unify"

    Man sollte dazu gar nichts mehr schreiben.


    Och nö.
    Man muß sich nur mal die herzerfrischenden Beiträge der Nicht-Modernisten durchlesen.
    Es lohnt!

    Der Wind gedreht
    Albtraum verweht
    Zum Schluss jetzt das Glück
    Das Schloss kommt zurück!

  • Weinmüller hat zwischenzeitlich schon dementiert - der Spiegel bleibt jedoch bei seiner Version. Einer lügt also.
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/Schloss…;art974,2663538

    Hierzu hinterlässt im gleichen Medium Minister Tiefensee endlich mal einen ordentlichen Eindruck - vielleicht kriegt er ja noch die Kurve in seiner Karriere...
    http://www.tagesspiegel.de/kultur/Stadtsc…;art772,2663799

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Zitat von "Palantir"

    Hierzu hinterlässt im gleichen Medium Minister Tiefensee endlich mal einen ordentlichen Eindruck - vielleicht kriegt er ja noch die Kurve in seiner Karriere...
    http://www.tagesspiegel.de/kultur/Stadtsc…;art772,2663799

    Vielleicht (hoffentlich) kommt ja doch noch mehr Schloss als erwartet. Wenn schon die Jury-Mitglieder noch vor der Entscheidung öffentlich mehr oder weniger ihre Maske fallen lassen, dann kann ich mir schon einen Reim darauf machen, welch unangepasste Schlosshybris man den Berlinern vorsetzen will.

    Und hier. Ich muss sagen, der ist echt nicht schlecht:

    Zitat

    Der Jury-Vorsitzende:Bei aller Kritik an moderner Architektur wolle er „nicht ausschließen, dass ein heutiger Kollege besser sein könnte als Andreas Schlüter um 1700“.

    mmh...hi...hihi...hahahaha...HaHaHAHAHAhhh...HOHOHOHO...HOHOHOCHHH :totlachen:

  • Zitat

    [...] Am Freitag nächster Woche wird der Sieger des Architektenwettbewerbs für die Bebauung des Berliner Schlossplatzes bekanntgegeben. Die Vorgaben der Ausschreibung sind eindeutig: Gebäudeform nach dem Vorbild („Kubatur“) des Hohenzollernschlosses, Barockfassaden an drei Seiten, Rekonstruktion des Schlüterhofs. Eine Kuppel über dem Haupteingang im Westen ist denkbar, eine Art DDR-Hommage an der östlichen, von historischen Elementen freien Spreefront ebenso. Dreißig Entwürfe haben es in die Endrunde geschafft; unter ihnen muss eine Jury aus acht Architekten und sieben politisch-kulturellen Funktionsträgern den besten auswählen. Und da beginnt der Zwist. [...] Der Brite David Chipperfield, das prominenteste Mitglied der Jury, hat schon vor einem Jahr das Fehlen einer Schlossdebatte beklagt. Nun lässt sich seine Kollegin Gesine Weinmiller mit dem Satz zitieren, wer als Architekt nicht für einen modernen Neubau sei, verrate seinen Beruf. Und der Juryvorsitzende Vittorio M. Lampugnani erklärt gewunden, er sei „ein Gegner der Behauptung, das alte Schloss wäre das Beste, was an dieser Stelle stehen kann“.

    An die Tradition Preußens anknüpfen

    Überraschend sind diese Stellungnahmen nicht. Überraschend ist, dass sie erst jetzt kommen, zehn Tage vor der endgültigen Entscheidung. Niemand ist im November 2007 gezwungen worden, sich dem Preisgericht zur Verfügung zu stellen. [...] Denn das Stadtschloss mitsamt seinem Inhalt, dem Weltkulturenmuseum im Zeichen der Brüder Humboldt, ist mehr als alles andere ein Symbolprojekt der Berliner Republik. Der Bundestag hat diesen Bau mit großer fraktionsübergreifender Mehrheit beschlossen, weil er am deutlichsten ausdrückt, an welche Tradition das wiedervereinigte Deutschland in seiner Hauptstadt anknüpfen will: an das liberale, tolerante, reformerische und vornationale Preußen der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts. [...] Aber Politik, auch wenn der „Spiegel“ das gern anders hätte, ist ja kein Exerzierplatz des Echten und Tiefen, sondern eine Kunst des Machbaren. Sie kann im Notfall auf die Begeisterung der Fachleute verzichten. Worauf sie nicht verzichten kann, ist eine nüchterne Einschätzung der Zukunftsaussichten ihrer Projekte. Deshalb muss, ganz gleich, wie der Architektenwettbewerb ausgeht, das Konzept des Humboldt-Forums noch einmal geprüft werden. Den Widerspruch zwischen Schlosshülle und kulturgeschichtlicher Museums-Mall, den es festschreibt, kann kein noch so raffinierter Entwurf auflösen. [...]

    http://www.faz.net/s/Rub117C535CD…tml?rss_aktuell" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF41441 ... ss_aktuell

    Wenn du ein Haus baust, denke an die Stadt (Luigi Snozzi)

  • Exilwiener
    Theoretisch ist das wirklich nicht auszuschließen.
    Immerhin wird heutzutage in allen anderen Sparten auch Bedeutendes geschaffen, vgl bloß zeitgenössische Musik.
    In der Architektur herrscht halt eine ideologisch motivierte Selbstfesselung an überkommene, nicht allzu schlaue Grundsätze vor, die jegliche Kunst im Keime erstickt.
    Aber kann man zB wirklich sagen, dass Gaudì unbegabter als Schlüter war, auch wenn man Schlüters Bauten letztendlich bevorzugt?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Das sehe ich - leider - nicht so. Ich kenne keinen "heutigen Kollegen", der auch nur annähernd den Gestus des wiederzubebauenden Grundstücks verinnerlicht hat und auch gleichzeitig adäquat in ein Bauwerk erster Güte umzusetzen im Stande ist, das sich in den gewachsenen Bestand kontinuierlich einfügt. Naja und ich bin mir sogar sicher, dass es begabtere als Schlüter gab, aber er hat halt etwas aus seinem Talent gemacht.

    Aber theoretisch kann der Jury-Vorsitzende recht haben. Jedoch wohl erst dann, wenn sich die Architekten in die Tradition der Baukunst wiedereinordnen und den Bruch mit selbiger quasi auch als "temporären Fliegenschieß in der Geschichte der Baukunst" betrachten.

  • Exilwiener
    Eben, das meinte ich: THEORETISCH.
    Praktisch kamen die Talente nicht zum Ausbruch, keine Frage.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Verrät Frau Weinmiller nicht schon ihren Beruf, indem sie dort mitmacht? Die hist. Fassade ist doch nun mal Vorgabe, wer also mit entscheidet entscheidet - wenn vielleicht auch unfreiwillig - für diese. Über die Vorgaben wurden die Juroren ja nicht erst gestern aufgeklärt. Wenn einigen der Juroren der Sache von vornherein ablehnend gegenüber stehen, dann den Juroren-Posten doch lieber dankend ablehnen und so seinen Standpunkt klarstellen, auch wenn diese Stimmungsmache vielleicht zu deren Strategie gehört.

    Ist aber schon spannend das ganze. Nach all den Jahren Gerede und Gestreite gibts nun in 2-3 Wochen endlich ein (vorläufiges?) Ergebnis! Mal schauen, was es dann zu diskutieren geben wird :D.

  • Zitat

    "Ich gehe in die Jury, weil ich auch an der Stelle mit sicherstellen möchte, dass da was Vernünftiges entsteht. Aber die Grundlagen sind gelegt und die habe ich nicht zu hinterfragen. Wenn ich die hinterfragen würde, dürfte ich nicht in die Jury gehen", betonte die Architektin.


    Wenn sie das ernst meint und auch dementsprechend handelt, könnte man beruhigt sein. Wenn man nicht wüßte, daß überall gelogen und geheuchelt wird ("Isch versischere Ihnen, eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei wird es nischt geben. Wirklisch nischt!").

  • Ich hab an den Spiegel geschrieben und mich dafür bedankt, dass sie wahrscheinlich mit diesem Schwachsinnsbericht den Wiederaufbau des Herrenhausener Schlosses in Hannover in die Diskussion gebracht haben. Der BDA wird diesen Artikel gerne gelesen haben. Und schon geht die ganze Diskussion hier bald wieder von vorne los. :boese:

  • Also ich habe mir eben mal den Spiegelartikel durchgelesen und das ist schon ein starkes Stück:

    1. Die Stimmungsmache seitens des Spiegel so kurz vor der Preisvergabe ist schon mehr als merkwürdig. War da nicht Jahre Zeit, seinen Standpunkt klar zu machen und Alternativen aufzuzeigen?

    2. Wo sind denn die tollen und modernen Entwürfe, die alle so viel besser sind wie das Schloss. Es gab doch zahlreiche Ideenwettbewerbe. Warum kam es denn überhaupt dazu, dass eine Reko überhaupt in Betracht gezogen wurde, insbesondere seitens der Politik, doch nur, weil alle Vorschläge, die vorher entstanden, unzulänglich bis peinlich waren!

    3. Es ist schon ziemlich unverschämt, dass man sich als Jury hinstellt und offen gegen die Richtlinien der Auftraggeber wettert. Den Vogel schießt aber folgender Satz ab: "Einige sind, wie sie zugeben, nur dabei, um Schlimmeres zu verhindern." (Quelle: Der Spiegel 47/2008) Was ist das für eine Einstellung, ich bin fassungslos.

    Bei all der Unverschämtheit bin ich sehr irritiert, dass es seitens des APH und von Stadtbild Deutschland kaum eine Reaktion gibt.

    Glaubt einer im ernst daran, dass es mit dieser Jury auch nur eine Handbreit mehr Reko geben wird als zwingend festgelegt wurde? Eine historische Kuppel, eine historische Spreefassade, eine Raumfolge, die sich an dem historischne Vorbild orientiert, ein maßvoller und respektvoller Umgang mit dem Erbe Schlüters? Mit der Jury niemals!

    Es wird ein Schloss mit möglichst vielen und spektakulären modernen Elementen. Es wird den Architekten wohl weniger um ein gelungenes und würdevolles Gebäude gehen, bei dem historische Elemente und Moderne gegenseitig Rücksicht aufeinander nehmen, sondern die Architekten werden alles daransetzten, die Schlossreko so weit wie möglich der Lächerlichkeit preiszugeben, damit der Ruf nach Rekos, wenn man dieses abschreckende Beipsiel im fertigen Zustand sieht, ein für allemal zum Erliegen kommt.

    APH - am Puls der Zeit