Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Im Forum tauchte die Frage auf, was mit der Sockelleiste an der Rücklage südlich des Portals III geschieht. Ich hatte versprochen, mich kundig zu machen. Soweit ich in Erfahrung bringen konnte, befindet sich dort der archäologische Keller. Deshalb gibt es mit der Fundamentierung tatsächlich Probleme.

    Die 'gescheckte' Säulentrommel an Portal I war vor dem Einbau offenbar farblich 'manipuliert' worden. Das erneute Hochziehen des Gerüsts diente der Dokumentation. Wäre die Abweichung von vornherein offengelegt worden, hätte man die Trommel so drehen können, dass die Verfärbung nach innen gezeigt hätte. Jetzt ist der Ärger groß.
    Das Tonmodell für einen der Engel an der Kuppellaterne ist fertig, wird nach der heutigen Begutachtung durch die Experten noch leicht überarbeitet. Die einzelnen Engel variieren dann nur noch in der Haltung der Unterarme.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • ...Die 'gescheckte' Säulentrommel an Portal I war vor dem Einbau offenbar farblich 'manipuliert' worden. ...

    Autsch, das klingt ja nach vorsätzlichem Betrug durch die ausführende Firma. Na, da wird es hinter den Kulissen aber heftig rummsen... Ich kenne einen Fall (anderes Projekt/ andere Branche), da konnte nur noch durch sehr große Zugeständnisse der ausführenden Firma eine fristlose Vetragskündigung sowie Strafanzeigen gegen die dort Verantwortlichen abgewendet werden...

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Soweit ich in Erfahrung bringen konnte, befindet sich dort der archäologische Keller. Deshalb gibt es mit der Fundamentierung tatsächlich Probleme.

    Bedeutet das etwa, dass es beim Schloss genauso schwerwiegende Probleme wie beim Erweiterungsbau des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses gibt?. Durch das archäologische Fenster gab es übrigens vor einiger Zeit bei Google Maps einen kompletten Rundgang. Allerdings ist dieser leider nicht mehr zu finden. Hat jemand vielleicht noch einen Link dazu?

  • Ein größerer Bilderbogen von heute.

    Portal I

    Beinahe der ganze Schlossplatz, also vor Staatsrat und Marstall ist übrigens gerade abgesperrt wegen Gehsteigerneuerungen und Asphaltierungen.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Danke Mantikor für die aktuelle Bilderserie. Ich habe mir erlaubt eines Deiner Bilder für eine Verdeutlichung herzunehmen. Jenes mit der marmorierten Säulentrommel.
    Leute, das sollte wohl so sein. Unbeabsichtigt, aber aus der "Anderswelt" mit "Absicht" um sich im Diesseits in der dreidimensionalen Welt abzubilden. Die Steinbruchwesen oder welche Wesenheit(en) auch immer, hat sich hiermit "gezeigt". Wer hält oder reitet da wen? Habe mit ein paar Strichelchen verstärkt, was sich sehe. Seht ihr es auch!? Wer sehen kann, sieht mehr ... ! cool:):wie:

    (Hatte doch vor einigen Monaten auch auf den Geist im Betontambour der Kuppel hingewiesen!)

    zum Vergleich - Mantikors Foto:

  • Die 'gescheckte' Säulentrommel an Portal I war vor dem Einbau offenbar farblich 'manipuliert' worden. Das erneute Hochziehen des Gerüsts diente der Dokumentation. Wäre die Abweichung von vornherein offengelegt worden, hätte man die Trommel so drehen können, dass die Verfärbung nach innen gezeigt hätte. Jetzt ist der Ärger groß.

    Ich glaube, ich lese nicht richtig? Manipuliert? Also nicht einfacher Pfusch sondern vorsätzlicher Pfusch? Das ist nicht mehr nur traurig sondern echt ärgerlich. Und das bei so einem unglaublich wichtigem Projekt. Das bleibt nun bis in alle Ewigkeit so...

  • Nicht alle Einzelteile können von der Expertenkommission persönlich in Augenschein genommen werden. Es gibt klare Vorgaben und die Verpflichtung der Lieferanten, sich an diese zu halten. Dann gibt es Stichproben und zugesandte Fotos. Wenn eine Säulentrommel vor dem Versatz farblich behandelt und dann gleich verbaut wird und hinter einem Gerüst verschwindet, fällt das nicht unbedingt auf.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Gibt es keine Möglichkeiten die vielen Steine, die komplett aus der Reihe fallen, irgendwie im Nachhinein zu behandeln, um die Färbung oder Maserung zumindest etwas abzumildern? Bleichen, streichen, schlämmen, schleifen, irgendwas? :/

  • Doch, das wird wohl erwogen. Aber zuerst muss der Schaden dokumentiert werden.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Ich muss sagen, dass diese Säulentrommel (auch wenn es ärgerlich ist) nicht ohne künstlerischem Wert ist. Man kann dort oben links zwei Wesen erkennen. Man sieht sogar die Augenbrauen und die Pupillen! Unten rechts ist ein halb verdecktes Gesicht zu sehen.
    Dieses Foto habe ich nicht nachgezeichnet. Lediglich den Kontrast leicht verstärkt:

    Die Erklärung dafür ist einfach:
    Ich denke es handelt sich um das bekannte Berliner Schloßgespenst, was in den vergangenen Jahrhunderten als "Weiße Frau" bezeichnet wurde und immer wieder in den endlosen Zimmerfolgen, Fluren und Galerien gesichtet wurde.
    Man kann also sagen, dass dieses Gespenst sich beim Herstellen dieser Säulentrommel von der Natur portraitieren ließ und wahrscheinlich der erste Bewohner dieses neu errichteten Schlosses ist.

  • Manche haben Sorgen hier...
    Wenn gescheckter Sandstein unser "Problem" im Bereich Rekos ist, haben wirs echt geschafft. :thumbup:

    Ich muss sagen, ich finde das sogar richtig charmant. Es ist eine der wenigen Ecken des Schlosses, die jetzt schon organisch und historisch wirkt. Dort sieht es aus wie der sanierte Teil eines Altbaus. Davon hätte es sogar noch deutlich mehr geben müssen. Und schon gar nicht muss man da irgendwas korrigieren, das soll bitteschön so bleiben!

  • Erbse, es wirkt und ist ahistorisch. Bauten dieser Epoche, dieser Größe und Bedeutung hatten nicht solche extremen Ausreißer in Maserung und Verfärbung. Und wenn sie es hatten, dann wurde das übertünscht und ist nicht sichtbar.

    Irgendwo sollte das konstante Schönreden von (in diesem Falle sogar vorsätzlichem) Pfusch nun aber auch mal aufhören.

  • Ich verstehe das Problem nicht so ganz. War das alte Schloss nicht vollständig gestrichen? Dann ist es kein Wunder, wenn alles sehr homogen aussieht. Darunter war der Sandstein wohl noch viel unpassender marmoriert. Ich habe Verständnis dass man so ein hochwertiges Material heute steinsichtig lässt, aber dann muss man auch solche Farbunterschiede akzeptieren. Irgendwie gehört es ja doch auch zur Schlossgeschichte und erinnert daran, dass es früher eben doch anders da gestrichen war.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Ich ziehe eine komplett gegenteilige Schlussfolgerung. Wenn man sich entscheidet, die Fassade möglichst originalgetreu wiederzuerrichten, bis auf das kleinste und mit Verlaub teils unsinnigste Detail, sich aber gegen einen Komplettanstrich und für Steinsichtigkeit entscheidet, dann hat man aber auch gleichzeitig zu gewährleisten, dass die Steinsichtigkeit ein ähnlich harmonisches Gesamtbild abgibt wie das Original.
    Anders, als hier oft getan wird, ist ein harmonisches Bild auch mit einem Naturprodukt wie Stein zu erzielen. Es gab und gibt anderswo ebenfalls eine Qualitätskontrolle von verwendetem Stein. Man nimmt nicht einfach jeden Steinblock, der abgebaut wird, und verarbeitet diesen. Und man manipuliert schon zweimal nicht einen unpassenden Steinblock so, dass er durch die Qualitätskontrolle rutscht, und hinterher das Drama groß ist, wie in diesem Fall. Wie man sowas nicht nur klein- sondern auch noch schönreden kann, ist mir persönlich unbegreiflich. Vielleicht liegt es daran, dass ich selbst in einem handwerklichen/künstlerischen Beruf arbeite, und ich mir im Traum nicht vorstellen kann, Pfusch abzuliefern und dafür viel Geld zu verlangen.

    Nochmals und zum letzten Mal (ich werde müde es zu erklären und manche werden sicherlich müde es zu lesen): Es geht hier ums Maß. Niemand sagt, es dürfe keine Maserung oder Verfärbung des Steins geben. Ja, heute wie damals war ein maßvolles Changieren des Steins teils sogar erwünscht, um Textur und Lebendigkeit zu erzielen. Aber die Betonung liegt auf maßvoll. Das Changieren des Steins an Portal II ist maßvoll und harmonisch, Portal I ist es nicht. Es stört das Gesamtbild massiv und geht komplett dem zuwider, was das Original erzielen wollte.

  • Habe mir gestern mal wieder die Königliche Bibliothek Unter den Linden angesehen. Bis auf eine Stelle, die ausgebessert wurde, alles derselbe Sandsteinton. Diese Homogenität ist unglaublich eindrucksvoll, weil sie den Blick nicht ablenkt und der Bau allein durch seine architektonische Struktur wirkt. So etwas hätte ich mir für das Schloss auch gewünscht.
    Geht aber nicht, wenn man vier verschiedene Firmen hat, die zum Teil ihrerseits x Subunternehmer beschäftigen....
    Und diese Tönung darf man nicht unterschätzen. Manche Bildhauer haben Statuen nicht zu Ende geführt, weil plötzliche eine Maserung im Marmor auftauchte, die den Gesamteindruck störte. Darum hat Michelangelo sich jeden Block in deb Steingrüchen von Carrara vor Ort ausgesucht.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.