Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • @Treverer
    Einem dorischen Kapitell sieht man ja bei einer rein schematische Darstellung nicht an, was rund ist und was nicht. Man muss es eben wissen. Wenn man es nicht weiß, kommt das dabei heraus (ich hoffe, man kann es erkennen):

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Die Abaki bestehen aus zwei Teilen: der unteren quadratischen Platte und der Karnies darüber. Die Platte wurde rund gefräst und zu einem Teil des Echinus, so dass die viel zu dünne Karnies übrigblieb.

    Berliner Schloss - Tag der offenen Baustelle 2018

    Und hier, wie es richtig sein müsste. Die Steinmetzen hätten nur auf die anderen Säulen blicken müssen....

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Hier reden wir doch in Größenordnungen, die man kaum noch Pfusch nennen kann. Eigentlich müsste die zuständige Baufirma doch auf eigene Kosten die Portaldurchfahrt wieder rück- und neu aufbauen.

  • Danke für Bilder und weitere Erläuterung, Seinsheim. Ja, das geht gar nicht. :/ Ich hatte gehofft, dass es vielleicht nicht so sehr auffällt, aber es sieht auf den ersten Blick komplett falsch und ahistorisch aus. Du hättest gar nicht weiter erklären müssen. Der obere Teil der Abaki ist viel zu dünn und zerbrechlich. Die Säulen und Kapitelle müssen das Gebälk optisch standhaft und kraftvoll stützen und nicht so jämmerlich erscheinen.

    Tja, wie will man das jetzt noch retten...?

  • Ja nun, Stützpfosten und Tragegerüst unter den Architrav gesetzt und raus mit den falschen Kapitellen und rinn mit den neuen. Nur dumm, daß in der MItte der Säule ein Edelstahlzuganker alles zusammenhält und deshalb alles von oben her abgebaut werden müßte! Also unterhalb des Fensters angefangen. Hm, größerer Aufwand und Kosten würde ich sagen. Wir hatten doch weiter oben von Handwerkerehre gesprochen. Ich würde das nicht auf mir sitzen lassen und mich schämen, was mir Motivation genug wäre alles zu korrigieren.

    Also so wie am Beispiel der Kapitell- und Säulenwechsel in der Klosterkirche Schwarzach bei Rastatt in traditioneller Weise Ende 19.Jh. gemacht wurde:


    Auf dem rechten Foto erkennt man, daß die Säule samt Kapitell schon herausgenommen wurde. Die Hochschiffwand wurde mit dicken Pfosten abgefangen. Diese scheinen mir noch auf hydraulischen Hubhebern zu stehen!?

    Quelle: scan aus Arnold Tschira, Die ehemalige Benediktinerabteikirche Schwarzach

  • Hier noch eine Aufnahme vom Durchgang der Hofseite Portal V

    Der historische Vergleich deutet aber auch nicht gerade auf viel dickere Abaki hin oder täuscht das?

    Die von Seinsheim benutzen Fachbezeichnungen musste ich übrigens alle nachschlagen, kannte ich noch nicht.
    Bei Ansicht des historischen Bildes kommt mir die Frage, ob die Lampen nicht auch eine schöne Zugabe sein könnten.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Die "Abaki" sehen in der Tat auf der alten Aufnahme recht dünn aus, hm!??? ?(:S

    Hier mal noch was aktuelles zum Dachrestaurant. Die Humboldt-Stiftung "muß" es jetzt schönreden, so "kurz" vor der Eröffnung!?


    Zitat von Humboldtforum

    Neben großen Flächen für Ausstellungen und Veranstaltungen wird es im Humboldt Forum auch Orte des Genusses geben. Einer ist das Restaurant auf dem Dach des Schlosses.
    Was gibt es Schöneres, als an einem lauen Sommerabend über der Stadt in den Sonnenuntergang zu schauen, vielleicht mit einem kühlen Getränk in der Hand die eindrucksvollen Ausstellungen und interessanten Vorträge im Humboldt Forum noch einmal Revue passieren zu lassen und mit Familie oder Freunden zu diskutieren? Nicht nur im Sommer wird das neue Dachrestaurant auf dem Berliner Schloss ein begehrter Ort sein, um im Humboldt Forum einmal innezuhalten und den Blick über die Dächer von Berlin zu genießen.
    Dabei war es gar nicht von Anfang an so geplant, das Dach auf dem Schloss nicht nur begehbar zu machen, sondern dort auch ein Restaurant zu errichten. Denn die Aufgabe an den Architekten lautete wie das Sprichwort: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!" Besonderes Fingerspitzengefühl war in der Außengestaltung der Restaurantfassade gefragt. Sollte doch dieser Dachaufbau nicht die Ansicht der rekonstruierten Schlossfassaden von den Linden aus stören, wohl aber den Blick von oben auf die Prachtallee und die Bauten am Lustgarten gewähren. ...

    Weiterlesen hier: https://humboldtforum.com/de/storys/berlin-von-oben

  • Zitat von humboldtforum.com

    Im Schlüterhof, in der Passage wie im Humboldt Foyer, der großen Eingangshalle an der Westseite, und natürlich an der mächtigen modernen Fassade zur Spree hin macht der Schlossnachbau mit dem Kontrast von historisch rekonstruierten und modernen Fassaden deutlich, dass er ein Neubau ist. Das Gebäude tut eben nicht so, als hätte es das Schloss immer gegeben. Nein, für manche Betrachter sogar schmerzlich erinnert es damit an die tragische Geschichte dieses Landes im 20. Jahrhundert. Und das gilt auch für die Nordwestecke zu den Linden.

    Garniert mit dem üblichen hohlen Geschwätz... :kopfschuetteln:

  • Zitat von Stifung Humboldtforum

    Ohnehin wird das Restaurant erst bei einem Abstand von mehreren Hundert Metern überhaupt als ein schmaler Strich über der Dachlinie erkennbar sein.


    Da hat wohl jemand ein Seminar im Bundespresseamt besucht? :evil:

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    (Immanuel Kant)

  • ... oder nen Knick in der Optik!
    Aber immerhin scheint die Kritik am Dachrestaurant auch bei der Stiftung angekommen zu sein. Auf die obige Art reagiert man eben nun auf diese Kritik. Eher unbeholfen relativierend. Aber was erwarten wir? Soll sie uns sagen "Ja, sorry wir haben's versaut, soll nicht wieder vorkommen. Wir werden uns bessern. Gibt ja noch so viel Schloß zum Ausbauen. Als nächstes kommt das Gigantentreppenhaus...!

    Wäre ja illusorisch!
    Mal sehen, wie's fertig aussieht!

  • @ Mantikor: da sind wir uns ja wieder beinahe über den Weg gelaufen...
    Die beeindruckende Wirkung der abgerüsteten Südfassade ist in Fotografien kaum wiederzugeben. Erst jetzt fällt sozusagen die Maske. Für mich verschiebt sich noch einmal das gesamte Koordinatensystem der Stadtgestalt. Das hier ist der geistige und ästhetische Mittelpunkt der Stadt.

    Als kleine Ergänzung habe ich ein paar Detailstudien zu bieten:

    Portal V:

    Südseite Portal III:


    Rondell mit dem barocken Turm von St. Marien im Hintergrund:


    Rondell:

    Fenster der südlichen Westseite - die Kupferblech-Beläge machen einen wertig verarbeiteten Eindruck:

    Und um noch etwas Wasser in den Wein zu gießen - das Dachrestaurant, von der Humboldt-Uni aus gesehen... diese Sauerei ist eigentlich kaum zu fassen...

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • @ Mantikor und Snork, herzlichen Dank für Eure tollen Fotoserien, die sich beide genial ergänzen - Sehr beeindruckend, die Schrägansichten von Mantikor. Welch' eine Plastizität in den Fassaden! Und eine erstaunlich und erfreulich gute Ausführung. Da wackeln keine Linien auffällig!
    Die Genien von Portal 3 scheinen mir die schönsten. Nach meinem Dafürhalten ist der barocke Ausdruck voll getroffen worden, oder!? Die Verdachungen sind wirklich sehr fein ausgearbeitet, mit kleinsten , wenig auffallenden Falzen an den Biegungen.
    Hier ein Video, wie man's macht:
    Am Beispiel einer geschwungenen Türmchenvedachung auf dem Dach einer gründerzeitlichen Schule in Bad Wildbad, Teil 1 und Teil 2, sehenswert!!!

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  • O ja,dieses Dachrestaurant fällt aus der eigentlich wichtigsten Sichtperspektive(Unter den Linden ) jedem Betrachter sofort etwas unangenehm ins Auge.Besser wäre es aus Architektonischer Sicht gewesen das Restaurant auf der Südwestseite des Daches zu errichten. Aber dort hat der Gast ja nicht den schönen Ausblick auf den Dom,Lustgarten,Altes Museum und die Linden.
    Viel ist Optisch an der Fassade des Dachrestaurants nicht mehr zu erwarten. Nur die Glasfenster fehlen noch.Recht bescheiden :(
    Könnte nur die historische Rotunde dieses aufgesetzte Restaurant etwas entschärfen.
    Die ist aber leider im Stella Entwurf nicht vorgesehen .

  • Was mich am meisten empört ist, dass, wie man auf den Fotos gut erkennen kann, die gesamte Proportion des nordwestlichen Flügels verändert wird. Es wirkt nun etwas plump, überhöht, geradezu falsch. Und das alles, um einen so famosen Ausblick zu haben?
    Ich habe sogar so meine Zweifel, ob das Restaurant wirklich so der Renner werden wird. Die Nordterrasse der Humboldtbox bietet fast den gleichen Blick, und da sah man eher selten Leute sitzen, zumal es dort oben auch recht zugig ist. Überhaupt war das Restaurant im obersten Stockwerk der Humboldtbox meist schlecht frequentiert.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Was mich am meisten empört ist, dass, wie man auf den Fotos gut erkennen kann, die gesamte Proportion des nordwestlichen Flügels verändert wird. Es wirkt nun etwas plump, überhöht, geradezu falsch. Und das alles, um einen so famosen Ausblick zu haben?
    ...

    Genau, das ist die Folge. Gut, daß Du darauf hinweisen tust!