Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Zur Beseitigung der Verwirrungen nochmals frische Ansichten von Foto Eriwan aus Armenien.

    Ich weiß doch auch nicht, warum die weiße Armprothese gestern an der rechten Herme angelegt wurde.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Sieht nach Gipsarm aus... Vielleicht wird der Arm erst exakt in Gips an die Originalstelle angepasst, um dann in der Werkstatt präzise kopiert und daraufhin in einem Rutsch angebracht werden zu können...?

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    Gutmensch = Gut gemeint, nicht zuende gedacht, schlecht gemacht

  • Das würde auch erklären, warum das Teil erst an der rechten Herme war. Sie haben offenbar einen Abdruck des Arms der rechten Herme gemacht (sieht ja auch genauso aus) und passen den jetzt an die linke Herme an.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • In jedem Falle handelt es sich um einen rechten Arm. "Rechter Arm" und "linker Arm" sind feste Begriffe, die immer vom Lebewesen (bzw. dessen Abbild) aus gedacht sind. Das gilt auch für andere paarige Körperteile. Ebenso sind die Begriffe "Hinterbeine" und "Vorderbeine" bei Pferden und anderen Tieren nicht vom zufälligen Standpunkt eines Betrachters abhängig, sondern jeweils auf das Tier bezogen. Gleiches finden wir bei Fahrzeugen, wo rechts und links, vorn und hinten von der Fahrtrichtung aus gedacht sind. Ebenfalls vom Objekt (und nicht vom Betrachter) aus definieren sich rechts und links in der Heraldik.

    Die Bezeichnung "rechte Herme" und "linke Herme" geben wir dagegen meist vom Betrachter aus an, da eine Fassade nicht als ein organisches Ganzes mit eigenem Rechts-links-Bezug interpretiert wird. Bei beiden Hermen können im konkreten Fall die rechten Arme nicht identisch ausgeführt sein. Das widerspräche ihrer bewegten Haltung und dem Geist der barocken Bildhauerei. Soweit man das auf den Bildern sehen kann, sind die beiden rechten Arme auch nicht völlig gleich.

    Interessant, dass man an die versehrten Skulpturen doch noch mal herangeht. Das zeigt, dass die Restauratoren die Fassaden begutachten und Details noch verändern. Die Ergänzung (bitte nicht: "Prothese") müsste farblich noch etwas angeglichen werden. Seinsheim hatte, soweit ich mich erinnere, vor einiger Zeit berichtet, dass man eine Ergänzung der Arme durchaus erwäge, aber noch überlege, wie dies zu machen sei, ohne die kostbare Originalsubstanz der Torsi zu beeinträchtigen. Vielleicht hat man jetzt eine Lösung gefunden. Das Argument der Fachleute ist dabei übrigens nicht: "sieht besser aus", sondern: "erhöht die Lesbarkeit des Kunstwerks".

  • Vielleicht sollten wir von nun an vom "östlichen" oder "westlichen" Arm sprechen, um Missverständnissen ein für alle Mal vorzubeugen...

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  • Arme Beiträge...

    Was man dagegen heute frühabends auf der Kuppel sehen konnte, war schon einigermaßen spektakulär.

    Ansichten von Westen in gewohnt reduzierter Qualität:

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • @Rastrelli hat schon vollkommen recht mit seiner Unterscheidung.
    Um Missverständnisse zu vermeiden, sagen manche Kunsthistoriker gerne: Die Figur hat ihren rechten Arm erhoben oder ihr linkes Bein vorgesetzt...

    Danke nochmals für die Bilder, @Mantikor (ist das eigentlich ein Anagramm für Romantik?) :)

    Dass man tatsächlich mit Gipsabgüssen operiert, halte ich für ein erfreuliches Zeichen. Vielleicht werden die Ergänzungen ja auch aus einem leichteren Material gefertigt, um sie - statt zu verdübeln - nur anzukleben. Aber das ist reine Spekulation.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Oh, Männers Spengler, Zimmermänners, das ist Eure Herausforderung des Lebens, so ein Projekt. Ne Unterspannbahn gibt's halt in Standardbreite von der Rolle, in Unmengen ja, aber wie nun eine Schloßkuppel des 19. Jahrhunderts mit ovaler Geometrie mit diesen ein oder 2 Meter breiten Rollen zu belegen? Puh, das fordert schon ganz schön das geometrische Verständnis heraus. Ohne oben in einem unentwirrbaren Kuddelmuddel herauszukommen und gleichzeitig den Ablauf evt. eindringenden Wassers zu berücksichtigen, also immer schön abwärts gerichtet überlappend aufeinander legen.
    Ich wär' heillos überfordert. Aber ihr macht das sicher super gut, habt Euch ja lange mit dem Austüfteln Zeit gelassen.
    Nur Mut, sieht gut aus, die Abseilaktion!


  • Vielleicht werden die Ergänzungen ja auch aus einem leichteren Material gefertigt, um sie - statt zu verdübeln - nur anzukleben. Aber das ist reine Spekulation.

    (Schalk) Na klar, die werden in violettem Styropor gefasst, unten steht dann eine Spendenbox für die restlichen Millionen. Wenn das Geld nicht zusammen kommt, bleibt es violett. Du Papa, wieso ist der Arm denn so komisch? Ach, weil das Geld noch nicht zusammen ist für die Fassaden. (/Schalk)

    Gute Arbeit auf jeden Fall. Die Jungs, die da in der Hitze schwitzen, sind meine Helden.


  • Ansichten von Westen in gewohnt reduzierter Qualität:

    Nur keine falsche Bescheidenheit! Was du uns an Einsichten ermöglichst, geht über die Auflösung der Webcam weit hinaus. Danke!

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  • 2 Fragen zu Bild 1 (Schlosspanorama im Hintergrund) - wann wird das Deutsche Historische Museum seine Gerüste wieder verlieren und gibt es ein Zeitfenster für die Sanierung des Kronprinzenpalais?

  • Danke, Mantikor, für die wunderschönen Bilder! Denkt man sich die ganzen Kräne und Planen weg, kann man bereits erahnen, dass hier wieder eines der schönsten Postkartenmotive Europas entsteht. Der Blick die Linden hinunter mit Prinzessinnenpalais, Kronprinzenpalais, Kommandantur, Schlossbrücke, Zeughaus, und schließlich dem Schloss selbst, ist wirklich wunderschön.

    Das Dachcafé allerdings. :( Ich weiß noch, wie man versucht hat uns über Jahre für dumm zu verkaufen, man würde es überhaupt nicht von der Straße aus sehen. Ja, klar...

  • @Goldstein
    Zu 1: Wenn man mit den Fassaden fertig ist. (Wird sicher nicht ewig dauern.)
    Zu 2: Am Kronprinzenpalais wurde in den letzten Jahren immer wieder mal gearbeitet. Es müsste eigentlich ganz gut in Schuss sein. Wäre mir neu, dass da noch eine große Sanierung kommen soll.

    @Treverer
    Ja, das Dachcafé sieht man von den Linden aus. Es stellt sich die Frage, ob das wirklich schlimm ist. Das Dachrestaurant ist noch nicht ganz fertig. Klar, eine moderne Zutat, die nicht sein müsste, aber vielleicht doch sein kann. Mit den drei gelben Kränen im Vordergrund und den laufenden Bauarbeiten lässt sich die Problematik meines Erachtens noch nicht abschließend beurteilen - sofern man nicht prinzipiell gegen den modernen Dachaufbau ist (was natürlich legitim ist).


  • Das Dachcafé allerdings. :( Ich weiß noch, wie man versucht hat uns über Jahre für dumm zu verkaufen, man würde es überhaupt nicht von der Straße aus sehen. Ja, klar...

    Da diese Argumentation auf fast jede dritte Seite auftaucht, denke ich dass es ebenfalls klar ist und dass die Leute den Standpunkt langsam kappiert haben. Ich habe es bestimmt schonn 89-mal hier gelesen was mich betrifft.
    Es bis zu nimmersatt zu wiederholen lässt den Restaurant nicht verschwinden. :augenrollen:

  • Interessant, ich war mal im Kronprinzenpalais und fand es eine einzige Enttäuschung.
    Die Küche im Keller - haarsträubend. Die Räume - alles irgendwie DDR-Nachkriegsmoderne.
    Sicher, ein Teil davon ist bewahrenswert, aber das ganze Haus braucht mal eine Sanierung.

    Zum Schloss:
    Auf der Nordseite gibt es bald ein abgerundetes Rechteck - ist das die Grünfläche für die Bäume?
    Die Kuppel macht den Eindruck, dass alle vorbereitenden Arbeiten abgeschlossen sind.
    Fehlen nur noch die Kupferdeckschicht und der Dachaufsatz - richtig?

  • Ohne die Erlaubnis des werten Mitlesers 'uhugreg' eingeholt zu haben, erlaube ich mir noch rasch die Lustgartenperspektive von gestern nachzureichen, verbunden mit einer erneuten bildlichen Anklage der Verunstaltung durch den Dachgastronomieaufbau.

    Für Freunde ausgezeichneter historischer Ansichten habe ich noch eine erhöhte Lindenperspektive der Neuen Photographischen Gesellschaft. Das Bild stammt von <Dezember 1916, was an der querenden Straßenbahn eindeutig festzumachen ist; an beachte auch die rauchenden Schornsteine des Kraftwerks an der Spandauer Straße, welche zugleich die Aufnahme auf >1890 datieren lassen.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
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