Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Moderationshinweis (Fusajiro): @Hohenzoller Bitte darauf achten die Zitat-Funktion korrekt zu nutzen. Das ist jetzt das 4.mal in Folge, dass der Bezug zum Zitat Teil des selbigen ist. Bitte korrigieren und in Zukunft richtig anwenden.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Es ist halt typisch, nicht nur am Berliner Schloßneubau: obschon die Pläne, Visualisierungen und die Modelle das architektonische Manko, das proportionale Missverhältnis bereits deutlichst aufgezeigt haben, korrigiert man es nicht, sondern zieht die Ausführung bis zum bitteren Ende durch. Dabei wäre auch mit Stellas Formensprache eine annehmbare Ostfassade möglich gewesen, durch weitere Gebäudetrakte, in der Höhe gestaffelt, z.B.. Allein die Schmalseite des jetzigen Ostblocks zu durchfenstern und eine Stockwerksgliederung sichtbar zu machen, sowie ein wenig mehr Breite hinzuzufügen, wäre eine deutliche Verbesserung. So ist es ein brutaler Hemmblock, der auch energetisch alles blockiert Richtung Spree.
    Ach, die richtig gute Interimslösung wäre gewesen (wie es auch andere Wettbewerbsteilnehmer versucht hatten) die historischen Ostteile wenigstens in ihren Baumassen und Kuben wiederherzustellen, eine einfache Vorhangfassade dranzuhängen und es späteren Generationen zu überlassen die historischen Fassaden noch vorzublenden und die Dächer und Giebel aufzusetzen. Tja, mal wieder die kleingeistige Lösung gewählt.

  • War Peter Conradi verantwortlich ?

    Bitte vielmals um Verzeihung, wenn ich hier irren sollte, aber bei mir hat sich im Zusammenhang mit der modernen Ostfassade der Name Peter Conradi (SPD) festgesetzt. Er, der als Speerspitze des Bauestablishments ja schon die Rückgewinnung der Wallot'sche Kuppel des Reichstages verhinderte, ist in meiner Erinnerung auch maßgeblich dafür verantwortlich, daß man die - zu seinem Bedauern nicht mehr gänzlich zu verhindernde - Rekonstruktion des Kgl. Schlosses einschneidend durch den Bundestagsbeschluß zur modernen Ostfassade verwässerte, mit der Folge, daß wir nun alle auf Jahrzehnte mit diesem unbefriedigenden, von ihm uns aufoktroyieren Zustand leben müssen. Wer weiß, wer von uns Foristen die sicher eines Tages kommende historische Ostfassade noch erleben wird ?

    Mir ist einerseits schon klar, daß immer noch gelten sollte:

    "de mortuis nihil nisi bene"

    Aber in diesem Fall fällt das schwer und zudem hatten die Römer ja auch eine andere Vorgehensweise, bei der man die obige Maxime zwar einhalten, aber dennoch sein Mißfallen am Verstorbenen ausdrücken konnte: Man tilgte einfach jegliche Erinnerung an ihn ...

    Wenn ich ihn hier also nicht zu Unrecht anklagen sollte, dann verdient Peter Conradi m.M.n das, was die Römer einst mit der 'DAMNATIO MEMORIAE' bezeichneten...


    Und im Übrigen: Danke Herr Conradi, danke für gar nichts !

  • Ich will mal ehrlich sein. Das erste Bild von Mantikor tut jedem der ein besonders Auge für Proportionen hat schon extrem weh. Der Bau wirkt an der Ostseite wie abgeschnitten. Er ist so westlastig, dass man fast befürchten muss, er kippt in die Spree.

    Das sehe ich auch so, die Nordseite ist durch den fehlenden Apothekerflügel optisch erheblich beeinträchtigt. Ich gebe aber gleichzeitig zu bedenken, dass dessen Abriss bzw. die Barockisierung des Ostflügels im 18. Jahrhundert durchaus den Planungen entsprach. Der Renaissance-Ostflügel hätte also so oder so durchaus verschwinden können. Zudem halte ich es durchaus für einen nicht unerheblichen städtebaulichen Zugewinn, dass es zukünftig eine breite Terrasse an der Spree geben wird (auch wenn deren modernistische Gestaltung wenig erfreulich ist). Die größte Katastrophe ist für mich vielmehr die banale und zugleich brutale Ostfassade von Stella.
    Ganz in diesem Sinne wäre für mich die Ostfassade der Architekten Tschoban und Voss die beste Lösung gewesen:


    (C) Tschoban Voss

  • Jetzt bleibt zu hoffen, dass die Gerüste und Box möglichst bald verschwinden. Das Gitter an Portal V wird ja dann vermutlich mit einem Hubkran angebracht werden.

    Ich fürchte eher, dass das Gerüst vor Portal IV bis zum Abschluss der Vergoldungsarbeiten stehen bleiben muss, wegen der Arbeitssicherheit. Auch denke ich, dass Portal V für das Anbringen und Vergolden des Geländers ebenfalls in der Weise wie derzeit Portal IV erneut eingerüstet werden muss. Vom Hublift aus wird man vermutlich auch nicht vergolden können.

    Einmal editiert, zuletzt von Bautradition (19. Januar 2019 um 18:23)

  • Wenn man die Balkongitterornamente auf dem Photo von Mantikor mit der Skizze von Ein_Hannoveraner vergleicht,
    dann sind da doch einige Unterschiede vorhanden!
    Einige sind zu klein, andere verkehrt herum angebracht und einige fehlen.
    Ob das wohl im Sinne des Erfinders ist?

    Auckland bei Nacht

  • Jein, aber irgendwie doch! Von der Baumasse her, aber nicht von deren Gliederung. Diese ist zu monumental und widerstreitet sich mit den Schloßfassaden, ja tritt dazu in Konkurenz. Im Schlüterhof is tdas extrem auffällig. Nur gut, daß Kollhoff in diesem Sinne nicht zum Zug kam. Den Kubus in Art des Apothekerflügels mit der ganzen Baumasse verbunden und bescheiden gegliedert hätte den Entwurf entscheidend verbessert.

  • Die ursprüngliche, barocke Ostfassade besitzt genug Struktur, um ohne präzise Rekonstruktion (die mir auch am liebsten gewesen wäre) eine aufgelockerte und harmonische Spreeseite zu schaffen.

    Dies kann im Laufe der Jahre sicherlich erfolgen, ohne dass die Statik in Gefahr gerät. Man könnte beispielsweise damit beginnen, an der südlichen Seite so wie bei Hans Kohlhoff die ursprüngliche Fortsetzung des Rondells wiederherzustellen. Davor gäbe es dann halt eine zum Teil nicht mehr überdachte Tiefgarageneinfahrt anstelle eines Gartens - nun, man kann nicht alles haben.

    Dem könnte der Turm folgen, und dann weitere Originalgebäude in modifizierter Form. Dabei kann sowohl Bauhaus als auch Glas/Stahl/Beton vermieden werden - es gibt schließlich auch moderne Architekten, die Fassaden interessant gestalten können, ohne dass der Disneyworld-Vorwurf verfängt.

    Für mich ist das Hauptproblem nicht, dass bei der Ostseite keine 1:1-Rekonstruktion erfolgt. Auch eine Mischung aus drei Seiten Original und einer Seite harmonisch eingefügter Moderne kann schön wirken. Für mich besteht die Tragik darin, dass die aktuelle Ostseite architektonisch das maximal mögliche Gegenteil der ursprünglichen Architektur darstellt.

    _______________________________________
    Gutmensch = Gut gemeint, nicht zuende gedacht, schlecht gemacht

  • gerade diese 4 Achsen von Schlueter sollen unbedingt ""wiederaufgebaut"" werden:
    schon komisch worueber wir schon nachdenken, waehrend das Gebaude noch garnicht ""fertig"" ist..
    aber gut darueber nachdenken ist doch erlaubt??
    vielleicht jetzt noch eine Utopie, aber wer weiss was zukuenftig noch moeglich ist, ich traume schon von der wiederauf gebauten Schloss Apotheke

    Aber vergessen wir bitte nie das es mit dem Wiederaufbau auch viel schlimmer haetten koennen kommen:
    es gabe dutzende Haessliche Vorschlaege fuer dieses Gebaeude, damals in 2008

    Irgendwie haben wir leztendlich doch noch Glueck gehabt mit dem Entwurf aus Italien..

  • Der Entwurf von Tschoban Voss wäre m. E. sehr problematisch gewesen. Er hätte nämlich den Gegnern der Rekonstruktion enormen Aufwind gegeben und in diesem Fall den ansonsten bizarren Vorwurf des Disneyland wirklich gerechtfertigt. Es gibt in der Rekonstruktion das Prinzip "Wo es war und wie es war". Beides wäre in diesem Fall nicht gegeben gewesen. Und der Wiederaufbau des Schlosses ist in dem unseligen Kulturkampf, den der Modernismus führt, nun einmal ein Präzedenzfall. Das wird von beiden Seiten so gesehen. Umso wichtiger ist es, dass er möglichst korrekt ausfällt. Ich finde, auch wenn das viele nicht nachvollziehen können, Stellas Ostfassade wirklich sehr ordentlich. Einer Rekonstruktion der historischen Bebauung hätte ich gewiss den Vorzug gegeben, zumal sie ja auch ikonographisch von besonderer Wichtigkeit war (bei vielen Schlossbauten, die durch nachträgliche Erweiterungen oder Ummantelungen eine Rangerhöhungen anzeigen, bleibt ein älterer Teil sichtbar, um sowohl die historische Kontinuität als auch den "Fortschritt" sinnfällig zu machen). Auch hätte die historische Kleinteiligkeit eine Brücke zu einer - in welcher Form auch immer - wiederaufgebauten Altstadt gebildet (sofern eine solche jemals gekommen wäre).
    Und da man die Ostseite nun einmal modern gestalten musste, war es auch sinnvoll, sie monumental zu halten und damit eine städtebauliche Entwicklung der letzten 300 Jahre fortzusetzen: diese zielte seit dem Umbau des Schlosses auf eine sukzessive Monumentalisierung ab: Forum Fridericianum, Neue Wache, Museumsinsel, Umbau des Kronprinzenpalais, Rotes Rathaus, Stadthaus, Marstall, Domneubau usf. Und schließlich muss sich vor Augen halten, dass Stella die Ostseite ganz anders geplant hatte: als ein großes offenes Treppenhaus. Der jetzige Zustand ist nicht sein Werk, sondern der schieren Raumgewinnung geschuldet. Nichtsdestoweniger hätte ich es begrüßt, sie zumindest an der Südecke um eine Achse zu verkürzen: so wäre sie symmetrisch geworden und hätte dem Eckrondell mehr Luft zum Atmen gegeben.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Ich könnte mir vorstellen, dass ein Wiederaufbau der Schlossapotheke bereits extrem helfen würde :

    Von den Linden aus würde der Blick eingefangen werden und müsste sich nicht, wie jetzt, in der architektonischen Wüste des Max+Moritz - Forums verlieren.

    Von Osten her würde der Blick Halt finden am Eckrondell links, und an der Schlossapotheke rechts.

    Die dazwischen liegende Stella - Fassade könnte man b.a.w. gnädig mit wildem Wein oder Efeu zuranken lassen - wie es weiland der Spreeflügel ja zum Teil auch war...

  • Die sinnvollste Lösung wäre vielleicht, an der Stelle des ehem. Apothekerflügels erst einmal Pappeln wachsen zu lassen. Schon Schinkel hatte ja geplant, die Straßenflucht des alten Doms mittels Pappeln bis ans Schloss heranzuführen. Vielleicht reift dann ja irgendwann die Zeit für eine Rekonstruktion des Apothekerflügels (obwohl es sein kann, dass er sich dann als zu kleinteilig erweisen würde). Auf jeden Fall sollte man nichts überstürzen.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Für alle, die nachgefragt haben: Die fehlenden beiden Kuppeln an der Westseite stellen statisch kein Problem für eine nachträgliche Anbringung dar, wahrscheinlich eine Holzkonstruktion mit Kupferblech verkleidet, ähnlich wie beim wiederaufgebauten Turm der Parochialkirche Berlin.

    Trotz des modernistischen Dachcafés ist ausreichend Platz für die beiden flankierenden Nebenkuppeln vorhanden. Es fehlt anscheinend nur der Wille und das Geld, die Kuppelchen anzubringen.

    Einmal editiert, zuletzt von Touranoglou (21. Januar 2019 um 18:43)

  • Ich fürchte eher, dass das Gerüst vor Portal IV bis zum Abschluss der Vergoldungsarbeiten stehen bleiben muss, wegen der Arbeitssicherheit. Auch denke ich, dass Portal V für das Anbringen und Vergolden des Geländers ebenfalls in der Weise wie derzeit Portal IV erneut eingerüstet werden muss. Vom Hublift aus wird man vermutlich auch nicht vergolden können.

    An Portal IV wird jetzt tatsächlich schon abgerüstet. Bei Portal V hoffe ich, da die Verankerungen schon in der Balkonplatte sitzen und die ausführende Firma eine andere ist, dass das fertige Gitter tatsächlich auf Anhieb mit Hubkran montiert werden kann. Wir werden sehen... Im Übrigen macht auch die Demontage der Humboldt-Box erste Fortschritte.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • @Apollo Fiel mir eben auch auf. Vor lauter Stillstand hat man es sich abgewöhnt, auf die Webcams zu blicken. Gerne wüsste ich, wie es mittlerweile in den Portaldurchfahrten aussieht. Dort konnte ja weitergearbeitet werden.

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