Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Jetzt wird es leider auch beim Zeitplan für das Humboldtforums schwierig. Eine Eröffnung 2019 auch in Etappen ist bis auf wenige Räume wohl mittlerweile fast illusorisch.

    Was sich ja auch schon an der Fassade seit Monaten ankündigt, setzt sich wohl auch im Inneren fort. Man wird bis auf eine Placebo-Eröffnung um das Gesicht zu wahren wohl erst 2020 eröffnen. Schade.

    https://mobil.berliner-zeitung.de/berlin/baumaen…/www.google.de/

    Und noch länger wird es wohl beim Außenbereich dauern. Abenteuerlich ist wieder die Aussage, dass die Sicherheitsmaßnahmen in Bezug auf terroristische Bedrohungen einen längeren Abstimmungsbedarf benötigen. Da frage ich schon mal warum einem das jetzt erst einfällt. Die Bedrohung besteht nicht erst seit gestern. Hätte das nicht bereits im Architekturwettbewerb zentraler Bestandteil der Planung sein müssen?

    Manchmal fragt man sich wer da in den Behörden sitzt und welche Qualifikation diese Leute überhaupt haben. :cursing:

    APH - am Puls der Zeit

  • Ich sehe das ganze durchaus positiv. Gerade wenn es beim Außenbereich noch etwas länger dauert. Das gibt uns die Chance, noch stärker auf eine möglichst originalgetreue Gestaltung hinzuwirken. Und es wird auch die einheitswippe noch länger herauszögern. Dieser Standort bleibt einfach der falsche, auch aus Sicherheitsaspekten. Insofern nutzen wir das Vakuum und füllen es.

    Die Verzögerung beim eigentlichen Bau ist ja angesichts der Größe des Projektes schon bemerkenswert. Da ist eine solch kleine Verschiebung schon verschmerzbar denke ich.

  • Die Verzögerungen sind natürlich ärgerlich, aber angesichts der schwierigen Bauaufgabe bin ich eher erstaunt über das schon Geschaffte.

    Die Bedrohung besteht nicht erst seit gestern.

    Doch, in gewisser Weise schon.

    Manchmal fragt man sich wer da in den Behörden sitzt und welche Qualifikation diese Leute überhaupt haben.

    Vielleicht die gleichen, die die Verschärfung der Bedrohungslage in den letzten Jahren zu verantworten haben? Im Ernst, der Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz vor zwei Jahren war ein Weckruf. Sich darauf einzustellen, braucht Zeit. In Frankreich beispielsweise patrouilliert das Militär in den Städten. Bei uns ist das noch undenkbar.

    P.S.: Hatten wir diese Ansicht der Ostseite schon? Deren Rekonstruktion wird irgendwann noch eine spannende Aufgabe

  • Warum wurde die Ostfassade eigentlich in der Renaissance so zerklüftet gebaut? Gab es da irgendwelche Schwierigkeiten, die so unterschiedliche Baukörper erforderten? Oder waren Teile davon noch älter, von der mittelalterlichen Burg oder so?

    Denn insgesamt halte ich das Renaissance-Schloss für einen sehr gelungenen Bau, wenn man sich so die Modelle anschaut. Erinnert an eine größere Version von Torgau.

  • Genau letzteres. Die Erasmuskapelle und der "Grüne Hut" stammten im Kern aus dem 15. Jahrhundert, also aus dem Mittelalter (Spätgotik). Insgesamt resultierte die vielschichtige Architektur des Schlosses aus den Umständen, dass in jeder Epoche die jeweiligen Umbau- und Erweiterungspläne nicht bis in letzter Konsequenz verwirklicht werden konnten. Gerade das machte - meiner Meinung nach - das Besondere an diesem Bauwerk aus.

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • ... dass in jeder Epoche die jeweiligen Umbau- und Erweiterungspläne nicht bis in letzter Konsequenz verwirklicht werden konnten. Gerade das machte - meiner Meinung nach - das Besondere an diesem Bauwerk aus.

    Und genau das sollte langfristig gesehen mit Rekonstruktionen wieder sichtbar gemacht werden! Ebenso werden die zeitgenössischen Bauten weitergeführt und ergänzt werden. Hoffentlich stimmig und keinesfalls in Form weiterer entstellender Dachcafés und Co.

  • Es ist ein interessantes Phänomen, dass die Farbe der Schlossfassade am wärmsten und schönsten erscheint, wenn sich der Himmel über dem Gebäude - wie an diesem heutigen Novembertag - grau, unfreundlich und trübe zeigt. Ob das die alten Baumeister beabsichtigt haben, weil der Himmel über Berlin eben öfter grau als strahlend blau ist?

  • @Mozart
    Die Berliner Forenmitglieder könnten ja mal berichten, ob es auch so starke Farbunterschiede gibt, wenn man das Schloss mit menschlichen Augen und nicht via Webcam betrachtet.

    Allem Anschein nach wird der große Kran am Portal 3 abgebaut. (Oder wird da noch was ganz Schweres hochgehoben?) Ich hätte immer gedacht, dass für die Verschalung der Kuppel und das schöne Dachrestaurant noch viel Material gehoben werden muss.

    Auckland bei Nacht

  • Die Impression des "freundlich-warmen" Gelb der Fassaden vor grauem Gewölk beruht auf eigener Anschauung des echten Schlosses bei Schmuddelwetter; es ist mir bereits mehrfach aufgefallen, der heutige Blick auf die Bilder der Webcam hat mir das lediglich erneut in Erinnerung gebracht, so dass ich meinen Eindruck mal mit den Forumsmitgliedern teilen wollte.

  • Erinnert ihr euch noch, wie wie vor geraumer Zeit, als die Säulentrommeln von Portal I gesetzt wurden, darüber debattiert haben, ob und wie sehr die Säulentrommeln von Portal I farblich aus dem Rahmen fallen würden? Manche meinten damals, die farbliche Abweichung käme nur von einer großen Durchfeuchtung des Steins. Angesichts der gerade freigelegten Säulen bin ich ziemlich entsetzt. Ausgerechnet eines der Prunkstücke der Fassade ist ein richtiger Ausreißer geworden. Jammeschade!

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Diese "Marmortrommel" an Portal I ist mir auch sofort negativ aufgefallen. Bei den von Dir erwähnten Säulentrommeln, die eine Weile im Wasser standen, mag ich mich aber noch erinnern, dass es ziemlich unifarbene waren. Dort war effektiv das aufgesogene Wasser die Ursache der Verfärbung. Ich frage mich, ob man nicht wenigstens die grössten Ausrutscher an allen Fassaden mit einer Steinlasur abmildern sollte.

    https://cam03.berlinerschloss-webcam.de

    Weiter frage ich mich, wie sich das Kupfer der Fensterverdachungen auf die Fassaden auswirken wird. An der Nordseite sieht man am Dachgesims bereits die erste Patina.


  • @Seinsheim Da hast du durchaus recht, wobei mich dabei eher stört, dass diese Farbunterschiede von einem Stein zum Nächsten so abrupt wechseln. Wenn alle Säulentrommeln von Portal I so aussehen würden, sähe das bestimmt wunderbar aus. Man sollte mittlerweile doch über eine Schlämmung nachdenken.
    Die von dir erwähnten Diskussionen jedoch kamen bei Portal II auf und die Aussagen trafen zu, dass es an der Feuchtigkeit der Steine lag (siehe 11.August 2016 10:40 Uhr) und haben hiermit nichts zutun.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Da ist ja die Koordination zur Auswahl der Steine deftig misslungen. Kann mir nicht vorstellen, daß wenn man aus einer Schicht des Steinbruches alle Steine für einen Werkabschnitt entnimmt, diese so unterschiedlich gefärbt sind. Hieß es nicht, daß Steinmaterialien aus mindestens 2 Steinbrüchen verwendet wurden. Wenn man dann noch aus verschiedenen geologischen Schichten die Quader herausnimmt, passiert das eben.
    Die Schlüterleute mußten nicht darauf achten, oder erst recht!? Wenn es heißt das Schloß war farblich gefaßt, hätte es ja damals keine Rolle gespielt, wie der Stein gemasert und gefärbt ist.
    Bei Portal 1 ist es echt krass geworden!
    @Riegel, die Patina am Hauptgesims ist mir auch schon auf den Bildern aufgefallen. Ich dachte mir, das käme vom herabfließenden Wasser als die Kupferbleche NOCH NICHT INSTALLIERT WAREN! Wenn es jetzt noch so runterdriehlt, würden sie ja nicht ihre Funktion als Traufbleche, sprich Abtropfbleche erfüllen. Es sollte eigentlich VOR dem Gesims alles Wasser abtropfen und gen Erde fallen!

  • Wenn es stark windet, kann das Wasser wie bei einer Pfanne hinterziehen (aus diesem Grund musste ich mal ein 30° geneigtes Dach, das ich mit historischen Mönch- und Nonnenziegeln eindeckte, noch während der Bauphase bereits durch Biberschwanzziegel umdecken lassen). Und wenn das Wasser hinuntertropft, trifft es einige Fensterverdachungen, wo es so richtig verspritzt wird. Das sind Gegebenheiten, mit denen man einfach leben muss, und sie gehören zur künftigen Patina. Ich wollte vielmehr darauf aufmerksam machen, dass unter den diversen Baublechen Kupfer betreffend Fassadenverfärbung am schlechtesten abschneidet.

  • Die beiden extrem marmorierten/gefärbten Trommeln sind mir auch schon aufgefallen und sie haben mich sehr entsetzt und geärgert, ich wollte nur nicht schon wieder hier jammern und blieb erst einmal still.

    Da ich weiß, dass die Verantwortlichen durchaus auch einmal einen Blick in dieses Forum werfen oder das ein oder andere Gesagte aus diesem Forum zu ihnen dringt, bin ich mal ganz frank und frei:
    Von irgendeiner Qualitätskontrolle bei der Steinauswahl herrscht komplette Fehlanzeige. Das ist einfach nur Schlamperei, schlicht und einfach und ehrlich ausgedrückt. Und das bei dem Anspruch, dem Aufwand und den Kosten dieses Jahrhundertprojekts. Wirklich beschämend.

    Das Allermindeste, was man nun noch tun könnte, um die Harmonie des Gesamtbildes irgendwie zu retten, wäre, wie schon vorgeschlagen, die Steine anzustreichen oder zu schlämmen. Aber das wird man aus einer unergründlichen Verbohrtheit in dieser Angelegenheit wohl auch nicht machen. Dabei sollte alles der Harmonie des Gesamtbildes untergeordnet sein, wie es im Barock auch der Fall war. Die Umstände und Möglichkeiten waren auch damals nicht immer optimal, aber man hat letztendlich das Beste aus allem gemacht und hier und da auch mal etwas getrickst und Kulissenarbeit betrieben. Wenn man darauf bestanden hat und besteht, das Schloss zum großen Teil steinsichtig zu lassen, dann hätte man auch auf eine maßvolle Färbung und Maserung des Steins achten müssen.

    2 Mal editiert, zuletzt von Treverer (24. November 2018 um 13:41)

  • Das Problem der Zweifarbigkeit bei den Buntsandsteinen besteht oft. Ich Denke da nur schon an den Main-Buntsandstein oder den Nürnberger Burgsandstein. Ich betrachtete dies mal anhand eines barocken, eher gehobeneren bürgerlichen Privathauses in Nünberg (Färberstr.17):


    Die Zweifarbigkeit der Steine ist unübersehbar. Es fällt aber auf, dass die augenfälligsten Architekturelemente wie Fenstersimse mit Gehänge und die Gurtgesimse alle aus roten Sandstein gefertigt wurden. Ins gräulich-ocker tendierende Steine finden sich lediglich in den Wandflächen und Eckquadern. Bei letzteren sowie der Giebelkontur wäre die Wahl von einheitlich rotem Sandstein zwar möglich gewesen, aber aus mir nicht bekannten Gründen vom Baumeister aus der Barockzeit nicht konsequent durchgeführt. Angaben zur ursprünglichen Sandsteinsichtigkeit kann ich hier aber nicht machen, wobei in Nürnberg im 18. Jahrhundert eher mit einer Tünche zu rechnen ist.

    Ich sehe aber bei diesem Gebäude mehr Wille zur sorgfältigen Steinauswahl als beim Berliner Stadtschloss. Nebst allen schon hier erwähnten "gelben" Sandsteinblöcken sind mir auch jene bei der Balustrade oben zwischen den Balustern negativ aufgefallen.

  • Vielleicht sollten wir einfach etwas gelassener mit allem umgehen, es ist eben ein Naturprodukt. Ich frage mich aktuell sowieso, wie man das früher gemacht hat. Da zur Entstehungszeit der Sandstein ja sowieso nicht sichtbar war, wird man wohl kaum irgendeine Rücksicht bei der Auswahl der Steine genommen haben, sondern es kam das dran, was eben gerade aus dem Steinbruch herausgeholt wurde. Und nachdem man dann in den folgenden Jahrhunderten zur Sandsteinsichtigkeit übergegangen ist, müsste es bei echten historischen Bauten dann doch heute noch viel schlimmer aussehen oder nicht?

    Ich wäre dafür, erst einmal etwas abzuwarten, der Dreck und die Patina werden schon kommen. Zur Not mildert man sonst die gravierendsten Unterschiede etwas ab. Man muss sich meiner Meinung nach aber mal etwas von der Perfektion lösen.
    Das historische Schloss war nie so perfekt und hergerichtet wie es das Humboldtforum jetzt ist. Es war ein gewachsener und lebendiger Bau. Und genau das soll das Humboldtforum ja auch werden. Daher ist die ein oder andere Macke vielleicht gar nicht schlecht. Der Bau soll ja auch nicht tot wirken und so perfekt wie eine Computeranimation!

    APH - am Puls der Zeit

  • ...
    Das historische Schloss war nie so perfekt und hergerichtet wie es das Humboldtforum jetzt ist. Es war ein gewachsener und lebendiger Bau. Und genau das soll das Humboldtforum ja auch werden. Daher ist die ein oder andere Macke vielleicht gar nicht schlecht. Der Bau soll ja auch nicht tot wirken und so perfekt wie eine Computeranimation!

    Eben, das historische Schloß war über Jahrhunderte gewachsen und da darf es NICHT perfekt aussehen, das allein ist die Konsequenz des historischen Entstehungsprozesses, verschiedener Herrscher und deren Bauwünschne, diverser Baumeister und deren Baustile und allerlei Handwerker und deren handwerklichen Ausdruck. Das Humboldtforum ist aber ein völlig neues Gebäude, das als solches den Anspruch hat auch so gesehen zu werden, hinter den neuen Barockfassaden. Das alte Schloß ist vorbei, leider. Das neue kann diesen Reiz der Zeitschichten nicht herstellen, wie auch. Erst in Jahrhunderten, vielleicht!? Aber auch das glaube ich nicht. Dafür hat sich das Bauhandwerk zu sehr zur Bauindustrie gewandelt und damit einhergehend zur Verwendung vieler künstlicher Baumaterialien. Das Humboldtforum ist in dieser Hinsicht ein gut gemeinter Zwitter. Einerseits übt man sich in barockem Ausdruck bis zur Perfektion, mischt alte Putzrezepturen und mineralische Farbschichten mit unterschiedlicher Tönung, aber innen gibt's knallweisen Kunststoffboden unter dem die ganze Installation und Lüftungstechnik verläuft. Keller und Dachraum ist mit Hightech vollgestopft. Nix mit romantischen Schloß. Es soll ja ein musealer Hochsicherheitstrakt sein und wird immer auf perfekten Niveau gehalten werden, solange das Geld dafür da ist und Menschen, die willens sind. Keine Macken, keine Patina, länger als vielleicht 20 Jahre.

    Als junger Bursche bin ich im Dachstuhlraum der Abtei Neresheim auf Entdeckungsreise gewesen. Wie ihr ja wißt ein schloßähnlicher Barockbau. Das war ein intensives Erlebnis. Eine Reise zu den alten Meistern und Handwerkern und der Geschichte dieses Ortes mit allem, was dort oben abgestellt war, lange Jahre vor der Sanierung. Tja, so eine Atmosphäre kann ein Neubau nie und nimmer generieren, auch nicht in Jahrzehnten. Tja, Träumereien einer romantischen Seele! :sleeping::wink: