Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Jaja. Den Tuilerienpalast müsste sich ein Präsident zu eigen machen - dann geht das wie anderes auch. Steht aber z. Zt. sicher nicht auf der Liste der vordringlichen bauprojekte - aber: man weiss ja nie wie's kommt.

  • Im Prinzip müsste dort auch erst mal eine "Schloss-Attrappe" mit Gerüsten aufgestellt werden, so wie damals am Schlossplatz in Berlin Anfang der 90er. Das würde die Diskussion über das für und wider einer Rekonstruktion der Tuilerien überhaupt erstmal in Gang bringen und der Bevölkerung vor Augen führen was dort fehlt oder nicht fehlt - je nach Auge des Betrachters. Die Stoffbahnen für die Berliner Schloss Attrappe wurden soweit ich weiß sogar von französischen Künstlern in Paris hergestellt, der weg wäre also nicht weit...

    Das würde nach Hinten gehen.
    Bei der Schlossattrappe in Berlin wurde kein zusätzlisches Raum entnommen, es wurde lediglich den Parkplatzes eines Gebäudes wofür es keine Verwendung gab, "blockiert".
    Hier würde mann gern genutztes Freiraum (die Leute gehen gerne dort spazieren, machen Fotos um die Perspektive zu geniessen) rauben, und einer der wichtigsten Zugänge zum Louvre schliessen (viele Busse Halten dort, vollgepackt mit Touristen).
    Dazu müssten die bereits genannten Behörden (Kulturministerium, Louvre Museum, Stadt Paris) mitmachen....Mehr oder weniger unmöglich.

  • Macron et al dürften schon ehrlich interessiert gewesen sein, ich habe von Freunden im Ausland bisher unisono Begeisterung erfahren. Dort wird auch sofort eine Betrachtung gepflegt, für die wir als Deutsche wohl gar nicht die nötige Distanz oder das nötige Selbstbewusstsein haben. Denn wir gehören natürlich zu den Weltkulturen und die teilweise Rekonstruktion eines Meisterwerks deutscher Architektur und Handwerkskunst wird in Gesprächen oft als eine Art Freiluftexponat des neuen Museums der Weltkulturen betrachtet.

    Dieser, wie ich finde, geniale Dreh mag unbeabsichtigt gewesen sein, fasziniert mich aber, seitdem ich diese Betrachtung gehört habe. Das Humboldt-Forum wird eine großartige Sammlung der Weltkulturen vieler Epochen, mit zahlreichen eingebauten Großraumexponaten, eingerahmt von einem Großraumexponat.

    Wir haben das in Deutschland, wie gesagt, so nicht beabsichtigt, aber das habe ich so bereits mehrfach, unabhängig voneinander, von Bekannten in Übersee im Gespräch gehört und mich würde nicht wundern wenn Macron, der durchaus ein feinsinniger Mann von Welt ist, das ähnlich fasziniert betrachtet. Es ist eben nicht einfach"mal wieder" eine etwas ratlose Umnutzung alter Paläste zu einem Museum, was soll man mit solchen Gebäuden auch sonst machen, das gibt's quer durch Europa hundertfach. Es ist ein Unikat. Das uns in den Schoß gefallen ist, ebenso wie der Entwurf von Stella, mit der grandiosen Agora, die mich zB bezüglich der Portalinnenseite ziemlich stark an die Rauminszenierung des Pergamonaltars erinnert. Vielleicht hatte Stella, mit der Distanz eines Italieners, dem all die reflexartigen, deutschen Diskussionen um Preußen etc. fremd sind, auch tatsächlich diese Idee im Hinterkopf.

    Ich bin durchaus ein Freund von Rekonstruktion, halte das Humboldt-Forum trotzdem für einen Glücksfall.

  • Pergamonaltar! Das war mein erster Gedanke, als ich die fertige Agora im Schloss das erste Mal betrat: danke, Hackfleisch. Auch die James-Simon-Galerie am Neuen Museum erinnert etwas an ihn. Aber hier im Schloss sind die Bezüge meiner Meinung nach viel deutlicher, vor allem gerade an die Inszenierung des Altars im Museum.

    Aber auch die Agora selbst erinnert mich an den "antiken Barock“ des Pergamonaltars, auf den sich schon Schlüters Masken sterbender Krieger im Zeughaus gründen. Auch die baulichen „Inszenierungen“ Schlüters und in seiner Folge Eosanders atmen den Geist dieser pergamensischen Spätantike, obwohl die beiden vom Pergamonaltar selbst ja noch keine Kenntnis hatten. Aber die Laokoon-Gruppe oder den sterbenden Gallier Höhepunkte der Epoche kannten beide, und die atmen diesen Geist und vermitteln ihn vollkommen.

    Verblüffend ist, wie die Agora von Stella auch den ursprünglichen Pergamonaltar erinnert, wie er um 150 n.Chr. am Burgberg von Pergamon errichtet worden ist. Eine fast quadratische Monumentalanlage, die Stella in der Agora wieder, bewusst?, aufgreift und neu interpretiert in einen gigantischen Würfel, der fast unerträglich wäre, hätte er nicht den zentralen Riesenblickpunkt der „Platzwand“ des Innentors III als Augenfang. Diese skaliert die Monumentalität des Raums und kommt in ihrer Zentralität dem Pergamonaltar im Museum gleich. Zusätzlich ordnet Stella nun seinen Innenwürfel durch die Gliederung in regelmäßige wunderbar proportionierte Loggien. Und dies erinnert nun tatsächlich sowohl in der Monumentalität als auch in der Ausgewogenheit an die Inszenierung im Pergamonmuseum .

    Es wäre unverzeihlich und unerträglich, wenn dieser Raum, der nicht nur in Berlin seinesgleichen sucht, durch einen Turm der Information und Anzeige-Tafeln zerstört würde. Freilich ist genau das geplant! Wenn man hierzulande mal etwas wirklich Schönes hinkriegt, kommt immer einer daher, der Geschmack und Schönheit mit dem Löffel gefressen hat und zudem weiß, dass alles, was nach Vollkommenheit auch nur riecht, verfremdet oder besser gesagt versaut werden muss!

    Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,

    Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern‘,

    Und verstehe die Freiheit,


    Aufzubrechen, wohin er will.


    Hölderlin

  • Ich würde vermuten, dass eine breite Öffentlichkeit nach Eröffnung ein recht inniges Verhältnis zum HUF entwickelt, es, auch befördert von kostenfreiem Eintritt, öffentlicher Passage und vielfältiger Nutzung, zu einer Art guten Stube der Metropole wird. Das dürfte in ein paar Jahren eine Revision genau solcher Gestaltungsfragen bewirken.

    Ich sehe es zB durchaus als Vorteil, dass die Außengestaltung, wie sie erstmal kommen wird, bestenfalls ein Interims sein kann. Solange es noch unfertige Elemente am und im HUF gibt ist es auch noch möglich grundgelegene Dinge nachzujustieren.

    Dieser Medienturm hat schon deshalb eine begrenzte Lebenszeit weil er zwar Anno 2018 modern sein mag, in 5 Jahren aber schon wieder veraltet und dann auch für modernistische Kreise eher Blamage, als eine Zier, darstellen wird. Spätestens wenn die Elektronik, für die es nach kurzer Zeit heutzutage ja auch keinerlei Ersatzteile mehr gibt, ihre Lebensdauer überschritten hat, dann kommt das Ding wieder weg, Brief und Siegel. Das zeigt einfach die verschiedentliche Erfahrung mit solchen Dingen. Für mich besteht gar kein Zweifel, dass das ähnlich temporär wie die Humboldtbox ist und heutzutage vielleicht einfach zum Marketing gebraucht wird.

    Da sich möglichst Alle ab der Eröffnung in dem Gebäude wiederfinden sollen kann ich, zumal keine Wahl bleibt, damit erstmal leben und sehe das Glas halb voll. Immer noch besser die Agora, mit Medienklotz, als gar keine Agora. Derzeit halte ich es für vordringlich für eine möglichst vollständige Rekonstruktion zu sorgen, zB der Portalinnenseite zur Agora inklusive sämtlicher Figuren.

  • Vor einiger Zeit schrieb BautzenFan:

    Aktuelle Meldung aus dem Ausschreibungsanzeiger: Bekanntmachung vergebener Aufträge

    Fassadenarbeiten historisch. Portaldurchgänge
    Los 1 Naturstein- und Mauerwerksarbeiten Portaldurchgang II,
    Los 2 Naturstein- und Mauerwerksarbeiten Portaldurchgang IV,
    Los 3 Putz-, Rabitz- und Malerarbeiten Portaldurchgang I, II, V.

    Gesamtwert der Beschaffung (ohne MwSt.)
    Wert ohne MwSt.: 1 408 240,03 EUR

    Dieser angegebene Gesamtwert (man beachte: ohne Mehrwertsteuer) ergibt sich aus der Summe für die vereinbarten Preise für die Lose 1 und 3; Los 2 wurde nämlich nicht vergeben. Wörtliche Angabe dazu: „Der Auftrag/Das Los wird nicht vergeben. Es sind keine Angebote oder Teilnahmeanträge eingegangen oder es wurden alle abgelehnt.“

    (Hervorhebung durch mich.)

    Nun schaut euch die Grafik auf Seite 54 des neuen Extrablatts an. Die Portaldurchfahrt wird offensichtlich modern geplant.
    Die Frage ist, warum. Plant man modern, weil man keine Angebote bekommen hatte, was ich mir nicht vorstellen kann. Oder hat man die Planung bewusst zugunsten einer modernen Gestaltung geändert? Oder wurde es wegen Geldmangel zurückgestellt? Der Sockel, auf dem die Betonstütze ruht, ist ja offensichtlich noch für ein Säulenpaar ausgelegt, wie bei Original. Seltsam... :/

    Hat jemand von euch die Schnitte aus dem e-Vergabe-Portal zufällig noch?

  • Uh-oh, ich wollte gerade anmerken, dass Portaldurchgang IV offensichtlich doch nicht mehr rekonstruiert wird, wenn man der Visualisierung auf den Seiten 54-55 glauben schenkt. :/
    Extremst enttäuschend. Ausgerechnet das Portal durch dass besonders viele Besucher das Schloss betreten werden.

    Die nächste Doppelseite gewährt übrigens zum ersten Mal einen Blick auf den Durchgang des Eosander-Portals.

  • Ja diese schon, aber eben IV nicht, und wie gerade Treverer anmerkte, werden da wahrscheinlich neben dem Haupteingang besonders viele Besucher durchgehen, da er am Lustgarten liegt und dort die meisten Besucher unterwegs sind.

  • Diese nette DW-Kurzdoku von 2015 über den Dresdner Steinmetzbetrieb, der mit modernsten Robotern die Figuren fürs Berliner Schloss vorbereitete, wurde hier mW noch nicht geteilt:

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  • Der Sockel, auf dem die Betonstütze ruht, ist ja offensichtlich noch für ein Säulenpaar ausgelegt, wie bei Original. Seltsam... :/

    Eben. Das sieht ja in der Visualisierung (die übrigens keine Texturen etc. beinhaltet) so aus als würde man die Portaldurchfahrt im Rohbauzustand belassen. Kann ich mir nicht vorstellen, dass man 4/5 Portaldurchfahrten rekonstruiert und bei der Letzten (der Vierten) was komplett anderes macht.

  • Kann ich mir nicht vorstellen, dass man 4/5 Portaldurchfahrten rekonstruiert und bei der Letzten (der Vierten) was komplett anderes macht.

    Portal I wird auch nicht rekonstruiert. Und bei Portal V bin ich noch immer etwas skeptisch, eine Rekonstruktion von diesem wurde einmal in einem Sätzchen irgendwo erwähnt. Ganz offiziell ist das aber nicht.

  • Hm, ob aus der Visu von Durchgang IV die Ausführungsplanung wirklich authentisch zu entnehmen ist bezeifle ich. Gerade die Durchgänge 2 und 4 wurden stets als die zu rekonstruierenden vermittelt und sind so auch in den Plänen in originaler Gestaltung eingezeichnet. In den letzten Artikeln dazu wurde auch von Rabitzeinwölbung geschrieben. Stellas Passage mit nur einem rekonstruierten Durchgang und bei beiden die Innenportalfassaden rekonstruiert..., das wäre doch ein arges Stückwerk. Vielleicht stellt man es zurück? Am besten beim Verein nachfragen!!! Bzw. mögen das bitte unsere Stadtbildleute demnächst auf der Führung mit von Boddien ansprechen!

  • Da einige von Stadtbild ja am 12 Mai in Berlin sind und es dann auch einen Besuch der Schlossbaustelle gibt, könnten wir hier vielleicht einmal Fragen sammeln, die man dann vor Ort stellen kann. Was haltet ihr davon?

    APH - am Puls der Zeit

  • Wie ich gerade erfahren habe, wird der Fries mit der Inschrift auf der Kuppel dunkelblau ausfallen - mit vergoldeten Buchstaben. Das wird recht apart aussehen. Auf den historischen Abbildungen war mir die blaue Farbe allerdings kaum bzw. gar nicht aufgefallen. Es gibt jedoch ein Bild von Lovis Corinth, an dem man sich u.a. zu orientieren scheint.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Vor einiger Zeit schrieb BautzenFan:

    (Hervorhebung durch mich.)
    Nun schaut euch die Grafik auf Seite 54 des neuen Extrablatts an. Die Portaldurchfahrt wird offensichtlich modern geplant.
    Die Frage ist, warum. Plant man modern, weil man keine Angebote bekommen hatte, was ich mir nicht vorstellen kann. Oder hat man die Planung bewusst zugunsten einer modernen Gestaltung geändert? Oder wurde es wegen Geldmangel zurückgestellt? Der Sockel, auf dem die Betonstütze ruht, ist ja offensichtlich noch für ein Säulenpaar ausgelegt, wie bei Original. Seltsam... :/

    Hat jemand von euch die Schnitte aus dem e-Vergabe-Portal zufällig noch?

    Die Portaldurchfahrten I und V waren Teil der Treppenhäuser. Da die Treppen (einstweilen) entfallen, ist es auch nicht möglich, die Durchfahrten original zu rekonstruieren. Anders verhält es sich bei den Durchfahrten der Portale II und IV.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.