Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Insgesamt positiv. Es ist zu hoffen, dass man sich noch für das Eckrondell am Schlossplatz und für einen besser gestalteten Übergang zwischen Schlossfassade und der modernen Ostfassade am Lustgarten entscheidet. Auch der spätere Einbau der meisten historischen Innenräume ist ohne große Probleme möglich; außer (leider) beim Weißen Saal. Ich wage ja zu hoffen, dass die Giganten-Treppe gleich oder wenige Jahre nach Fertigstellung eingebaut werden kann.

    Negativ ist der Wegfall des Kolonnadenganges an der modernen West-Seite des Schlüterhofes und die doch ziemlich großen Aufbauten für die Aufzüge(?); siehe Bilder Seite 3. Nach grober Berechnung müssten die Aufbauten vom Lustgarten aus ab Höhe des Brunnens und von den Linden aus ab der Humboldt-Universität sichtbar sein.

  • Das "moderne Belvedere", wie im Text die neue Spreefassade genannt wird, sieht aus wie die Mischung aus Nazi-Architektur und DDR-Plattenbau. Absolut grässlich. Anfangs war das noch nicht ganz so schlimm, wurde aber mit jeder neuen Überarbeitung verschlimmbessert. Hab sogar irgendwo gelesen, dass es sich beim aktuellen Stand um eine Betonverkleidung handeln wird, und nicht mehr wie früher beabsichtig, Naturstein. :kopfwand:

  • Die Nähe zur "Nazi"- Architektur kam mir auch in den Sinn, entfernter Neoklassizismus. Am meisten stört mich wie von campus schon beschrieben der Übergang von Barockfassade zum modernen Part. Das sieht aufgesetzt aus und irgendwo auch billig.
    Allerdings muss ich auch sagen, dass mir das Belvedere an sich, also in der Frontalansicht gar nicht so übel erscheint in den Visualisierungen.

  • Die Spreeseite ist doch soweit okay, finde ich. Durchaus harmonisch gegliedert. Was weggefallen ist, ist wohl die zweiläufige Freitreppe, da man den Raum braucht für weitere Ausstellungsflächen. Die Materialfrage ist allerdings eine sehr entscheidende. Betonteile wäre ja ein "no go" schlechthin.
    Was für mich viel schwerer wiegt ist der unbeholfene, nicht durchgestaltete Übergang von alt und neu. Irgendwie unbeholfen. Wahrscheinlich soll das mal wieder als Bruchkante belassen werden. Wenigstens die Fortsetzung verkleinerter umlaufender Gesimse würden den Neubau mit den rekonstruierten Fassaden verbinden. Wenn ich entworfen hätte dann so:
    In jedem Fall das Eckrondell. Die Spreeseite dann weiter Richtung Dom verschoben und verlängert in der Kubatur des alten Apothekenanbaus. Damit wäre dann auch der Platz vor dem Schloß zum Dom hin gefaßt und zur Spree hin abgeschirmt! Dann ein flaches Dach wie über den Schloßflügeln, ja vielleicht sogar noch ein Halbgeschoss mehr oben drauf. Damit bekäme die Spreeseite mehr optisches Gewicht und würde den Gesamtbau proportional ausgleichen helfen. In der jetzigen Planung ist der Gesamtbau zu kopflastig, zu sehr kuppellastig und es fehlt total das Gleichgewicht zwischen beiden Seiten. Die alte historische Spreeseite samt Renaissance-Apothekerflügel bot diesen Ausgleich in gewisser Weise durch ihre pittoreske Kleingliedrigkeit und Vielgestaltigkeit. ...daß das der Stella nicht berücksichtigt!? disgust:):kopfschuetteln:

    Ansonsten ein passables Gesamtprojekt ( es sind ja etliche Rekonstruktionsoptionen vorgesehen) und ich freue mich darauf den Baufortgang verfolgen zu können! :thumbup:

  • Zu Eckrondell und co sagt das Infoblättchen:

    Zitat

    Offene Planungsdetails
    Verschiedene Planungsdetails im Bereich der Fassadengestaltung wie der inneren Nutzungsaufteilung und Raumanordnung werden derzeit noch zwischen Bauherrin, Nutzern, Architekt und Baumanagement diskutiert. Dazu gehören die Frage der vollständigen Wiederherstellung des östlichen Fassadenabschlusses am Schlossplatz, des sogenannten Eckrondells Schlüters an der Südfassade und der Übergang von alt zu neu an dieser wie an der ähnlichen Situation zum Lustgarten an der Nordfassade. Im Bereich der inneren Nutzungsaufteilung und Raumanordnung wird noch über die architektonisch wie museumstechnisch zweckmäßige Unterbringung der großen Südsee-Bootssammlung und der Palau-Häuser diskutiert.


    Und zu der Freitreppe, falls du die im Bereich des Belveders meinst

    Zitat

    Grundsätze
    Im Bereich des Belvedere soll der Treppenhausraum der historischen „Gigantentreppe“, der einstmals zu den Sehenswürdigkeiten des Schlosses gehörte, über drei Geschosse hinweg freigehalten werden. Dadurch bleibt es einer nachfolgenden Generation unbenommen dieses Treppenhaus wieder entstehen zu lassen.

  • Okay, dann wird ja über das Eckrondell noch diskutiert und man kann hoffen...!
    Nein, mit Freitreppe meinte ich nicht ganz korrekt die ursprüngliche Planung Stellas das Belverdere nur für Treppen zu nutzen, als offene Wandelgänge. Das hat man ja verworfen und jetzt Museumsräume daraus gemacht. Siehe hier die älteren Ansichten:

    http://www.welt.de/multimedia/arc…_2__710630p.jpg

    Siehe hier nochmal die aktuelle Planung auf Seite 3:

    http://www.sbs-humboldtforum.de/Buecher/SBS_Broschuere2.pdf

  • Stella macht einen Vortrag in Weimar.

    Zitat

    Konservierung, Abriss oder Wiederaufbau in Berlins Mitte – die Frage ist entschieden. Der Palast der Republik ist Geschichte und derzeit klafft eine Leere zwischen Lustgarten und Schlossplatz, wo bald die gebaute Macht des Faktischen stehen soll: das Humboldt-Forum. ... Franko Stella, Professor für Architektonisches Entwerfen an der Fakultät für Architektur der Universität Genua und erster Preisträger des Architekturwettbewerbs für das Berliner Stadtschloss, lädt ein, mit ihm diese Diskussion zu führen.

    Vortrag: Franko Stella
    Zeit: 25. Januar 2012, 18 Uhr
    Ort: Audimax der Bibiliothek der Bauhaus-Universität Weimar, Geschwister-Scholl-Str. 8, 99423 Weimar

  • Aktuelle Impressionen von der künftigen Schlossbaustelle dürften es wohl auch mal wieder sein:

    Hier befanden sich vor kurzem noch die Kellerreste der Häuser der ehemaligen Schloßfreiheit; die U5 wird künftig genau hier drunterher führen.

    Immer noch markant sind die schwarzen Stümpfe der ergänzenden Fundamente für das Eosanderportal.

    Hiervon wird wohl einiges im Rahmen eines archäologischen Fensters bewahrt bleiben.

    Perspektive aus Richtung der Breiten Straße/Schlossplatz zum Lustgarten.

    Blick vom Spreeufer über die riesige und noch freie Fläche nach Westen.

    Schließlich die seit Oktober entstehende Musterfassade im Bereich der ehemaligen Schloßapotheke.

    Aus Beton gegossen, kuschelige Dämmwolle davor, mit roten Ziegeln verkleidet und danach wird noch verputzt.

    Über den sandsteinernen Fensterfassungen wird momentan gerade ein 600 kg schweres Schmuckelement angebracht.

    Humboldt-Forum: Die Musterfassade - 1. Schmuckelement für die Musterfassade des Berliner Schlosses - Berlin.de

    Erstes Schmuckelement für Humboldt-Forum angeliefert - BerlinOnline.de

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • [color=#000000]Aktuelle Impressionen von der künftigen Schlossbaustelle dürften es wohl auch mal wieder sein:


    Aus Beton gegossen, kuschelige Dämmwolle davor, mit roten Ziegeln verkleidet und danach wird noch verputzt.
    Über den sandsteinernen Fensterfassungen wird momentan gerade ein 600 kg schweres Schmuckelement angebracht.

    Danke für die interessanten Bilder. Mich macht's irgendwie trotzdem noch kirre, daß das alles wieder abgerissen wird... :kopfschuetteln:

  • Aber die Schmuckelemente werden doch wiederverwertet!?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Andererseits vielleicht nicht schlecht, wenn man ein bisschen "auf dem Trockenen" herumexperimentieren kann. Das ist kein kleines oder gar anspruchsloses Projekt, an das man sich da heranwagt. Kleiner Unzulänglichkeiten oder gar ein Scheitern darf man sich nicht erlauben!

    Dieses desperate Bild hat bereits gewisse expressive Qualitäten:

    Zitat


    Photo von Palantir

    "Mit soundsoviel m² einer der größten Plätze Europas" schrieb irgendein Schwachkopf in einem Leserbrief. Vermutlich sieht es in seinem Hirn so ähnlich aus.
    Manche wollen diese Fläche sogar überflutet sehen...
    Das hätte wohl auch Churchill gefallen. Sein Werk für die Ewigkeit...

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Stadtschloss-Bau: Marx und Engels sollen aus Berlin-Mitte verschwinden - Nachrichten Politik - Deutschland - WELT ONLINE

    Zitat

    Nach Ansicht von Ramsauer sollte der von 2013 an geplante Bau des Humboldt-Forums in der Gestalt des einstigen Hohenzollern-Schlosses auch dazu genutzt werden, das gesamte Umfeld neu und nach geschichtlichem Vorbild zu gestalten. „Der Wiederaufbau des Berliner Schlosses bietet die Möglichkeit, im Stadtbild die alte historische Achse wieder sichtbar zu machen. Diese Chance sollte nicht vertan werden“, wünschte sich Ramsauer.

    Zitat

    Nach Angaben des Fördervereins [lexicon='Berliner Schloss'][/lexicon] sind bislang bereits rund 19 Millionen Euro an Spenden zusammengekommen. „Das ist ein sehr respektabler Stand“, so Ramsauer. Das Beispiel des Wiederaufbaus der Frauenkirche in Dresden zeige, dass die Spendenbereitschaft nach dem Baubeginn stark zunehmen werde.

    Zitat

    Wie groß das Interesse an dem Projekt sei, würden auch die Besucherzahlen der Humboldt-Box zeigen. Seit Eröffnung des fünfgeschossigen Kubus auf dem Schloßplatz im Juli vorigen Jahres hätten sich bereits mehr als 200.000 Menschen über den Wiederaufbau des Berliner Schlosses informiert. „Das sind umgerechnet aufs Jahr 400.000 Besucher – so viele Besucher haben die meisten Schlösser in Bayern nicht“, sagte Ramsauer.


    Na, es läuft doch^^

  • Sollte eigentlich klar sein, dass es läuft! :thumbup: Ich bin mir auch sehr sicher, dass, wenn das Schloss erst mal steht, es ein Besuchermagnet aller erster Güte werden wird und sich innerhalb weniger Jahre zu einem neuen, alten Wahrzeichen der Stadt entwickelt. (Allerdings braucht es die Kuppel! Erst die wird das Gebäude so richtig ikonisch machen!)

  • Na "neu und nach geschichtlichem Vorbild" ist ja schon mal ein Widerspruch in sich. Chippis Verhunzung des Neuen Museums würde ich als "neu und nach geschichtlichem Vorbild" bezeichnen - also nicht unbedingt ein Grund zur Freude.

    Neptunbrunnen und Schlossterrassen sind ein Muß für das Umfeld des Schlosses/Humboldtforums.

  • Sehr guter Vorstoß von Ramsauer! Marx und Engels sollen endlich dahin, wo sie hingehören: ins Museum. Bei der Gelegenheit können wir auch gleich den Bebelplatz endlich wieder in Opernplatz umbenennen.

    Die Welt muss romantisiert werden! - Novalis