Barockes Figurenprogramm des Berliner Schlosses
Heute möchte ich euch einen Überblick über das ursprüngliche Figurenprogramm des Schlosses geben. Für die Zusammenstellung der Infos und Bilder nutzte ich vor allem drei Bücher:
Albert Geyer: Geschichte des Schlosses zu Berlin. Berlin 2010.
Guido Hinterkreuser: Das Berliner Schloss. Der Umbau durch Andreas Schlüter. Berlin 2003.
Goerd Peschken: Das königliche Schloß zu Berlin. Bd. 1. München 1992.
Beginnen möchte ich mit den Entwürfen bzw. Idealvorstellungen. Schon Andreas Schlüter plante für den Schlossbau ein umfassendes Figurenprogramm, dass die Dachzone auflockern sollte. Davon wurde letztlich nicht alles umgesetzt. Wie umfangreich diese geschmückte Attikazone aussehen sollte, zeigt uns der Kupferstich von Pieter Schenk mit Schlüters Schlossmodell aus dem Jahr 1702. Schlüter sah einen Skulpturenschmuck aus einem Wechsel von Standbildern und Vasen vor. Für die beiden Runderker waren große Wappenschilde vorgesehen, von denen aber nur der auf dem spreeseitigen Erker zur Ausführung kam.
Quelle: Hinterkreuser, S. 212.
Detailreicher in seiner Ausführung sind die Idealpläne von Paul Decker, sie geben uns zumindest eine vage, wenn auch geschönte, eben idealisierte Vorstellung vom Aussehen des Schlosses.
Quelle: Hinterkreuser, S. 161. (Schlossplatzfassade, 1703)
Deutlich ist der Wechsel von Vasen und Standbildern zu erkennen. Auch hier sieht man, wie auf Portal I außen männliche Figuren und innen zwei weibliche Personifikationen zur Aufstellung kommen sollten. Das Konzept wurde wie schon gezeigt unter Wilhelm II. wieder aufgegriffen.
Quelle: Hintertreuer, S. 129. (Lustgartenfassade, 1703)
Im Gegensatz zu den späteren Figuren aus der Kaiserzeit standen ursprünglich über dem Portal V mittig zwei männlich Standbilder, die seitlich von Trophäen begleitet wurden. Auf dem Stich von Decker sind es nur Trophäen, die aber stark ins figürliche gehen.
Nachfolgend wurden einige wenige zusätzliche Bildwerke aufgestellt, namentlich auf Portal II sowie auf der Lustgartenfassade mit den Portalen IV und V. Die Fassade der Schlossfreiheit blieb ohne jeden Schmuck. Zur Veranschaulichung mit hoher Authentizität sind zwei Schlossansichten von J. G. Rosenberg vom Ende des 18. Jh. anzuführen.
Quelle: Peschken, S. 306. (Kupferstich von Rosenberg, Schlossplatz und Lange Brücke, 1781)
Der Stich wurde schon in älteren Beiträgen gezeigt und vermittelt uns eine, wenn auch teilweise vereinfachte Ansicht des Schlosses. So scheinen zumindest die Vasen auf der Attika sehr vereinfacht dargestellt zu sein. Zu sehen ist auch das Wappenschild auf dem Runderker sowie der Wechsel von Figuren und Vasen bis zur vierten Fensterachse vor Portal II.
Quelle: Geyer, S. 149, Bd. 2 (Kupferstich von Rosenberg, Blick vom Packhof zum Schloss, 1777)
Auf dem Stich sehen wir in wesentlich lockerer Verteilung Vasen auf der Attika. Portal IV wird (scheinbar) von zwei Standbildern und zwei Trophäen bekrönt.
Laut einem Bericht des Schlossbaumeisters Bock aus dem Jahr 1812 waren es 28 Bildwerke. Insgesamt standen bis 1817, als der Schmuck entfernt wurde, 30 Objekte auf der Attika (12 Figuren. Diese möchte ich in einer kurzen Übersicht nachfolgend aufzählen.
Auf der Attika des Schlossplatzes standen je 4 Standbilder auf den Portalen I und II sowie 5 Vasen auf der Balustrade.
Auf der Attika zum Lustgarten standen je 2 Standbilder und 2 Trophäen auf den Portalen IV und V sowie 8 Vasen auf der Balustrade.
Schließlich noch ein Wappenschild auf dem Runderker.
Also insgesamt 12 Figuren, 13 Vasen, 4 Trophäen und ein Wappenschild.
Was davon wirklich übrig blieb zeigt uns nachfolgendes Bild.
Quelle: Geyer, S. 104, Bd. 2. (abgenommen Balustradenfiguren des Schlosses, seit 1929 im Depot des Bodemuseums)
Wann diese Aufnahme gemacht wurde, steht leider nicht dabei. Aber es gibt drei Aufnahmen aus dem Jahr 1927.
Quelle: Peschken, S. 307.
Bei den beiden männlichen Skulpturen handelt es sich wohl um Figuren, die auf Portal V standen. Sie werden wegen der Attribute (Blumen und Früchte) als Frühling und Sommer gedeutet. Sie würden damit den jahreszeitlichen Pilasterhermen an der Lustgartenfassade entsprechen. Wie plausibel aber diese Dopplung ist, mag ich nicht sagen. Die Reste stammen auf jeden Fall aus der Bauzeit von Schlüter bis Böhme. Geyer sieht sie als Werke Schlüters bzw. seiner Werkstatt an, auch die nachfolgenden Figuren.
Quelle: Peschken, S. 308.
Diese beiden Figuren, links eine männliche und rechts eine weibliche Standfigur, standen nach Peschken wohl auf der Schlossplatzfassade. Er nimmt ihre antikische Gewandung als Beleg dafür an.
Quelle: Peschken, S. 309.
Diese weibliche Standfigur mit Foliant im Arm, wird bei Peschken als Philosophie gedeutet. Wo sie Aufstellung fand, kann nicht mit Bestimmtheit gesagt werden.
Abschließend möchte ich aus dem Gutachten Schinkels zum Erhalt der Balustradenfiguren zitieren.
"Gutachten über die Erhaltung der Statuen auf dem Königlichen Schloss" - 13. Mai 1817.
"in architektonischer Hinsicht muß unsere Zeit demütig das Talent unseres großen Künstlers und Landsmannes Schlüter anerkennen und gutheißen, was ein solcher Meister geordnet.Mit seinem tiefen Sinn hat er die gedachten Statuen als eine edle Krönung des Palastes, als einen schönen Schmuck und als Verhätlnißpunkte für die Höhe und Ausdehnung des großen Gebäudes angebracht, und es wäre höchst wünschenswert, auch auf dem fortgesetzten, von ihm nicht ausgeführten Teile des Schlosses gegen die Schloßfreiheit zu, diesen Schmuck künftig einmal auszuführen, indem dieser Theil im Vergleich mit dem Schlüterschen, vorzüglich durch diesen Mangel, immer etwas nüchternes und kahles hatte."
Auch Friedrich August Stüler bemängelte die Nichtausführung der Schinkelschen Pläne und schlug vor, sich an den Plänen Paul Deckers zu orientieren und im Verhältnis zu diesen neue Skulpturen für die Attika zu schaffen. Ebenso hätte man sich an den Originalfiguren Schlüters orientieren können, die es ja an zahlreichen Orten Berlins gab (Villa Kameke). Aber die Geschicklichkeit der damaligen Bildhauer ließ zu wünschen übrig, wie man an den neugeschaffenen Figuren im Schlüterhof von Portal V sieht, die im Verhältnis zu den Schlüterschen zu groß geraten sind und geradezu gegensätzlich zu diesen wirken.