Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Wir können im Grunde für Franco Stella sehr dankbar sein. Die Klotzfassade zur Spree war ja politisch gewollt, und Stella hat so viel Schloss wie nur irgend möglich durchsetzen wollen. Auch deshalb waren die runde Ecke, der Schlüterhof, die Passage und gar die Kuppel so erst richtig möglich.

    Wenn jetzt die Spreefassade noch ordentlich mit Efeu o.ä. zurankt wie früher... ;)

  • @erbse Sehe ich auch so, wir haben Stella viel zu verdanken, v.a. die Innenseiten der Portale II bis IV. Er wollte sogar den Eosanderhof komplett rekostruieren. Das Rondell hat er allerdings keinesfalls gewollt - weil es seinem rationalistischen Verständnis von Kubaturen zuwiderlief. Aber er hat es auch nicht verhindert und seine Ostfront immerhin etwas gekürzt.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Noch besser: Ich habe mir die Grundrisse schon vor einiger Zeit genauer angesehen und festgestellt, dass ein - vielleicht auch schrittweiser - Rückbau des "Ostblocks" (wurde hier schon mal so genannt...) und Ersatz durch Rekonstruktionen in Hinblick sowohl auf die Statik als auch auf die Lage der Versorgungs - und Erschließungsräume relativ unproblematisch erfolgen könnte. Einzig die neue Terrassenanlage stände dann im Weg, und die gehört, denke ich mal, der Stadt Berlin und nicht dem Bund...

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

    Einmal editiert, zuletzt von Ein_Hannoveraner (12. Oktober 2018 um 17:04)

  • Es gab in der NYTimes am 12. einen journalistisch unglaublichen Artikel, auch auf Deutsch, zum Anlass einer Minidemo von 100 Hanseln beim Humboldtforum. Desinformation eines amerikanischen Kulturkorrespondenten.

    Einer der seltenen Artikel in der NYT über Vorgänge in Deutschland.

  • Weiß eigentlich irgendjemand, weshalb die Webcam für die Westfassade außer Betrieb ist?

    Gedankenübertragung :thumbup:

    Habe gerade mal beim Anbieter per Mail nachgefragt, sobald die Antwort da ist, werde ich sie einstellen (sofern nicht ein anderer Forist die Antwort bereits kennt und uns informiert).

  • Wenn man dem Artikel über das Humboldforum in der US-Zeitung "New York Times" glauben soll, haben also alle anderen Länder mit Kolonialgeschichte diese umfassend aufgearbeitet - nur Deutschland nicht.

    Nun, wo sind sie denn, die großen Museen und Denkmale in London, Paris, Madrid, Washington, welche deren grausame Kolonialgeschichte bzw. Indianergenozide und Pogrome ausführlich und rückhaltlos beschreiben bzw. anklagen?

    Aber ich weiß, das gehört nicht hierher...

    Einmal editiert, zuletzt von Bautradition (13. Oktober 2018 um 11:00)

  • Die Linken treiben doch alle par Jahre eine neue Sau durchs Dorf. Wie die "Feste" halt fallen. Früher hat sich dieser Unsinn allein im Umfeld von Blättchen wie der "taz" abgespielt. Seit Journalisten munteres Bäumchen-wechsle-dich betreiben, findet man den Stuss auch in seriösen Blättern.
    In Dahlem haben die "kolonialen Schatzkammern" keinen gestört. Jetzt nutzt man halt die Aufmerksamkeit um seine krude Ideologie vom ewig schuldigen Europäer unter die Massen zu bringen. Statt sich zu freuen, dass außereuropäische Kulturen einen so prominenten Platz zugewiesen bekommen, wird wieder nur skandalisiert. Das versteht ja kein Mensch. Jahrzehntelang mosert das post 68-er Feuilleton über Eurozentrismus im Kulturbetrieb. Dann macht man so einen mutigen Schritt wie in Berlin und es ist auch wieder falsch.

    Die Karavane einfach vorbeiziehen lassen sag ich.

  • Wenn die Exponate aus der Kolonialzeit speziell im Berliner Schloss ein so großes Problem darstellen, gibt es eine gute Alternative: sie andernorts aufstellen und die historischen Innenräume rekonstruieren.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Den Vorrednern volle Zustimmung.
    Das ist natürlich Stimmungsmache, die einem politischen Zweck dient. Über Schuldgefühle sich langfristig zu bereichern. Wir reden hier zudem von Vorgängen, die mehr als 100 Jahre zurückliegen, und die zu bewerten eines differenzierten Blickes bedarf, nicht nur der heutigen Moralbrille. So aber könnten ja z.B. auch die Nachkommen von durch Hereros oder Maji-Maji-Anhängern getöteter Deutscher heute Entschädigung von Namibia oder Tansania fordern, wenn das alles so einfach wäre.

    Dieses Zitat ist besonders amüsant:

    Zitat

    In einem Interview sagte er, die Sammlung umfasse Tausende umstrittener Objekte allein aus Afrika. „Die Lager sind bis oben hin voll. Die Menschen dort trauern noch immer. Sie konnten ihre Angehörigen nicht bestatten.“

    Der Maji-Maji-Aufstand wurde 1908 niedergeschlagen. Um die damals nicht bestatteten Angehörigen in lebendiger Erinnerung zu haben, müssten die bis heute Trauernden das stolze Alter von ca. 120 Jahren haben. Ich wusste gar nicht, dass die Leute in Tansania so alt werden.

    Auch das ist lustig:

    Zitat

    Den größten Tiefschlag musste das Forum vergangenen Sommer einstecken, als Professor Savoy, eine Kunsthistorikerin, aus dem Beirat austrat und erklärte, sie wolle wissen, „wie viel Blut von einem Kunstwerk tropft“. Sie verglich das Museum mit Tschernobyl, da die Verantwortlichen dazu neigten, alle Probleme unter einer Bleidecke zu begraben.

    Wenn einen solcher Grusel bei historischen Objekten ergreift, dürften eine Menge Museen wie Tschernobyl erscheinen.
    ...Man denke nicht nur an die mililtärhistorischen Museen mit ihren Waffensammlungen. (Wieviel Blut klebt an diesen Objekten?)
    ...Oder die Skelette in den naturwissenschaftlichen Sammlungen. (Wie sind sie ums Leben gekommen?)
    ...Oder frühgeschichtliche Objekte (Welcher Galerensklave trug diese Sandale? Wie viele Menschen ermordete der Träger dieses Römerhelmes? Wieviel Blut wurde für diese historische Goldmünze womöglich vergossen?)
    Geschichte ist eine einzige Horrorshow. Hätte man doch nur Botanik studiert...

    OK, alles Schwachsinn. Aber mit Methode. Auf das Humboldt-Forum bezogen zeigt sich die Tragik des Konzepts. Ein Preußenmuseum war nicht vermittelbar, da zu sehr auf das Nationale bezogen und nicht global und vielkulturell genug. Nun wird dem an sich gut gemeinten Konzept wiederum vorgeworfen, das Humboldt-Forum nicht ausreichend zur nächsten Schuld- und Bußestätte gestaltet zu haben. Die Betreiber sind Getriebene einer Tendenz, die nicht zu bändigen ist, wenn man sich auf sie einlässt. Wollten sie ihr nachgeben, hilft eigentlich nur noch, den Schlüterhof in einen Andachtsraum verwandeln, in dem von einem Brunnen in Form von Herero-Speeren massenweise Kunstblut fließt, während aus Lautsprechern die Schreie der Ur-Ur-Ur-Enkel einstmals ums Leben gekommener Maji-Majis schallen. Und den Besuchern dort an einer Zugangsschranke 15 Minuten Zwangsaufenthalt zu verordnen.

  • Wenn die Exponate aus der Kolonialzeit speziell im Berliner Schloss ein so großes Problem darstellen, gibt es eine gute Alternative: sie andernorts aufstellen und die historischen Innenräume rekonstruieren.

    Ich hätte auch noch eine Idee. D gibt seine kolonialen Exponate an die ursprünglichen Staaten zurück (und muss kein teures Kolonialmuseum mehr errichten und hat Geld für die Innenrekonstruktion) Im Gegenzug erhält es die Beutkunst zurück, die aus den deutschen Schlössern 1945 geraubt und nun in Archiven und Kellern der Siegerstaaten (teilweise) vergammeln - da würden so manche Exponate vielleicht wieder ins Schloss passen. Allein der Wettiner Familienschatz, der in St. Petersburg...

  • Ich finde, da beisst sich die Katze in den Schwanz und die Empörten merken es noch nicht einmal. Wenn es politisch korrekt wäre, alle "geraubten", gekauften oder in Zeiten kolonialer Oberherrschaft entwendeten Kunstobkejte weltweit wieder an ihre Ursprungsorte zurückzugeben, dann folgen daraus zwei Prämissen:

    1.) Es wird dann nirgendwo in Europa noch Museen mit orientalischen, ägyptischen oder asiatischen Kunstobjekten geben.

    2.) Dadurch wird zwangsläufig der Museumsbereich auf das Nationale verengt, denn nur preußische, deutsche und eventuell mitteleuropäische Kunstobjekte wären dann legitim ausgestellt zu werden. Also würde dann genau das Preußenmuseum entstehen, daß die selbsternannten Multikulturalisten so verabscheuen.

    Gerade die One-World-Apologeten und Multikulturalisten bestehen doch darauf, daß es egal ist, wo ein Mensch leben möchte. Dann ist es doch auch egal, wo ich mir die Kunstobjekte ansehe, denn Nationen sind doch in diesen Köpfen gar nicht mehr existent. Also können doch auch Namibia, Tansania, Samoa oder auch China und Ägypten keine nationalistischen Ansprüche stellen, oder?
    Es wird auch gerne übersehen, daß die Archäologie genau wie die Paläontologie eine europäische Erfindung waren. Die meisten Kunstobjekte wären für die Nachwelt für immer verloren oder würden immer noch tief unter dem Sand Mesopotamiens und Ägyptens verschimmeln wenn die Europäer nicht aktiv geworden wären.

    Bei Zoos und Tiergärten haben wir dieselbe Diskrepanz. Man kann argumentieren, daß diese Einrichtungen einem die weltweite Fauna näherbringen und auch das Überleben und den Nachwuchs bedrohter Tierarten sicherstellen. Man könnte aber auch den Tierraub aus exotischen Ländern anprangern und fordern, daß diese Tiere zurückgebracht werden müssen. Dann haben wir bald ausser rein deutschen Museen auch nur noch Wildparks mit einheimischen Tierarten wie Rehe, Hirsche, Füchse und ein paar Wölfe... ;)

    " Dem Wahren, Schönen, Guten "

  • @Der Münchner

    Ich verstehe, worauf Du hinaus willst, aber es ginge - meiner Meinung nach - natürlich und ganz selbstverständlich nicht um legal erworbene Besitztümer, wie dies unter den Habsburgern, Wettinern, Wittelsbachern und Hohenzollern usw geschah!

    Ein Großteil der zB in österreichischen und deutschen Museen ausgestellten Objekte wurde im Laufe der Jahrhunderte ganz legal angekauft (natürlich kann und wird auch das eine oder andere Stück Hehlerware darunter sein), jedoch handelt es sich im seltensten Fall um Raub- oder Beutekunst im eigentlichen Sinn (darunter versteht man entweder von den Nationalsozialisten oder den Siegerstaaten wie UDSSR et alii bzw von Nachfolgestaaten a la CSSR, Jugoslawien et cetera des 2. WK geraubtes bzw enteigentes Vermögen).

    Einmal editiert, zuletzt von Exilwiener (13. Oktober 2018 um 15:00)