Jetzt erkennt auch langsam die "kulturelle Elite" das nichts passt:
Quote from welt.deDisplay MoreBerliner Irrsinn
So schlimm steht es wirklich um das Humboldtforum
Neil MacGregor geht 2019. Horst Bredekamp entschuldigt sich für eine Ausstellung. Die Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy vergleicht das Humboldt-Forum mit Tschernobyl. Das Scheitern kostet Milliarden.
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Heute aber halten alle erst mal die Luft an, wenn der Name Neil MacGregor fällt. Während selbst die eingefleischten Gegner des Stadtschlosses nicht mehr verdrängen können, dass es steht, während die verspielte Barockverzierung der auf den Rohbeton geklebten Fassade bereits wie eine Fata Morgana hinter den Planen des Baugerüsts am Humboldt-Forum schimmert, die noch ungeschmückte Kuppel wie aus Pappe wirkt und sich die kühle Betonfläche an der Spree mit ihrem Schriftzug „Humboldt Forum“ schon aggressiv in die Szene schneidet, während also das Gehäuse des Zukunftsprojekts endlich Gestalt annimmt, bekommt man von den Inhalten allenfalls in der Humboldt-Box eine Ahnung – jenem futuristischen Klotz von Marketing-Tool, indem zurzeit eine spröde Muster-Ausstellung zum Thema Kindheit gezeigt wird. Das nimmt die Zuversicht, dass dieses Megaunternehmen bald ein glückliches Ende findet.
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Und so ist die Vertragsverlängerung von Neil MacGregor nur ein Hinweis auf die letzte, allerletzte Galgenfrist, die – so darf man seit dieser Nachricht erwarten – ohne ein Wunder verstreichen wird. Wenn MacGregor nicht noch etwas ganz Großes einfällt, werden wir 2019 (oder realistischerweise vielleicht auch erst 2020) ein Humboldt-Forum eröffnen, das nicht wie beabsichtigt eine alte historische Wunde im Herzen der Stadt schließt, sondern vielmehr völlig unnötig eine neue offene Wunde aufreißt, an der dann lange, ja vielleicht jahrzehntelang schmerzhaft herumgedoktert werden wird.
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Jüngster Abgang in diesem unübersichtlichen Drama ist die Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy. In einem Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ unter der heftigen Überschrift „Das Humboldt-Forum ist wie Tschernobyl“ erklärt sie ihren Rücktritt aus dem Beirat des Museums und benennt mutig die bekannten Probleme: Nichts passe zusammen. Die Architektur nicht zum Inhalt, das Kreuz auf der Kuppel nicht in unsere Zeit und eine so belastete Sammlung nicht zu den kläglichen Best-of-Ausstellungen, die dort geplant seien. Sie gibt auf. Der Beirat sei eine reine Pro-Forma-Veranstaltung, für deren Überlegungen sich niemand interessiere. Der Rücktritt ist ein Akt, der eigentlich aufrütteln sollte, tatsächlich aber eher den Eindruck verstärkt, hier sei nichts mehr zu gewinnen. Diese Haltung aber kann sich niemand erlauben: Das Schloss steht, es muss etwas passieren. Als die Entscheidung für das Stadtschloss getroffen wurde, steckte das Ethnologische Museum, das den Hauptbestand des Museums liefern soll, noch tief in der Vergangenheit, und die lockte zuletzt in Dahlem kaum mehr Besucher an. Das erste Ausstellungskonzept von 2008 zeigt noch, dass sich die Planungen ganz an den Abteilungen im alten Museum in Dahlem orientierten. Man teilte die Schau im Humboldt-Forum säuberlich ein in Afrika, Ostasien, Musikethnologie und Südsee. Von moderner, interdisziplinärer Teamarbeit keine Spur. Ein Desaster für eine ambitionierte Museumsneugründung im 21. Jahrhundert – in einer Stadt wie Berlin, die sich als Weltstadt begreift.
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Der Artikel ist zwar etwas alarmistisch, und die Autorin ist sicherlich keine Freundin der Rekonstruktion, aber grundsätzlich hat die Autorin recht. Es wird viel gefaselt von mangelnder Interdisziplinarität, Zusammenarbeit etc... von in der Vergangenheit lebenden Völkerkunde-Museen die keine Gäste mehr anzögen, aber vielleicht verhält es sich einfach so: In einer Zeit in der man die Welt "zu Gast" hat weil eine großzügige Kanzlerin eingeladen hat, an jeder Ecke uns Spezialitäten aus aller Herren Länder angeboten werde, uns täglich die Initationsrituale von abgeschiedenen Südsee- und Amazonasvölkern auf Discovery Channel präsentiert werden, da verliert der Reiz des Fremden und exotischen einfach an Bedeutung.
weiter ein interessantes Detail:
Quote from welt.de[...]
Die jüngsten Versuche der Deutschen, auf Reisen in die beteiligten Länder zu vermitteln, Kuratoren nach Deutschland einzuladen, wirken eher befremdlich. Zumal rund 300.000 Objekte, gut zwei Drittel der Sammlung im Ethnologischen Museum, mit einem Chemikalien-Mix verseucht sind und gar nicht mehr gefahrlos an die Öffentlichkeit gegeben werden können.
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https://www.welt.de/kultur/art…um-das-Humboldtforum.html
Vielleicht spricht das dafür, dass der Angleich des Inneren an das Äußere schneller von statten gehen wird.