Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Gerade wird das Erdgeschoss zum Lustgarten abgerüstet.

    Es ist aber offenbar nicht gestrichen - zumindest nicht in dem schönen blassockergelb sondern irgendwie ... grau?

    In den Visualisierungen zuvor war es m.E. immer im selben Farbton wie die Obergeschosse.

    Was soll denn das nun wieder? Weiß jemand mehr?

  • Herje, immer diese voreiligen Schlüsse!? disgust:)cool:)
    Das ist halt erst der graue Verputz, ist noch nicht fertig! Die Rustikaquaderung seitlich der Fenster ist ja noch nicht mal "stuckiert". Klares Zeichen: Wir sind noch lange nicht fertig und brauchen noch viele Spenden!

    EDIT: Im übrigen scheint es mir, daß die noch unfertige Fassade im EG recht geschickt vorbereitet wurde und didaktisch gut vermittelbar die verschiedenen Berabeitungsstufen aufzeigt: vom rohen Ziegelmauerwerk, zum ersten, zweiten Verputz, zu den Farbgrundierungen und den verschiedenen Gelb- und Ockertönen. Dazu wird es am Woe wahrscheinlich Erklärungstafeln geben oder Leute von Stiftung/Verein, die für Fragen zur Verfügung stehen!

  • Ein Beitrag von Philipp Oswalt, der durchaus bedenkenswert ist, auch wenn ich nicht in allen Punkten zustimme und er teilweise widersprüchlich ist:

    Zitat von tagesspiegel.de

    Das Kreuz ist nicht das Problem

    Zum Streit um das Humboldt Forum: Wo bleiben die europäischen ethnologischen Sammlungen?

    Ob nun die Hülle des Berliner Schlosses mit dem Kuppelkreuz rekonstruiert wird oder ohne, macht keinen wirklichen Unterschied. Weder wäre es dort ein Fremdköper noch müsste man es sonderlich vermissen, stand dass Schloss deutlich länger ohne dieses Kreuz als mit ihm. Weder steht noch fällt mit ihm das christliche Abendland, auch die vermeintliche weltanschauliche Neutralität des Humboldt Forums wird hiervon nicht berührt.

    [...]

    http://www.tagesspiegel.de/kultur/ein-bei…m/19952626.html

    und noch ein Artikel zur "Freilegung":

    Zitat von bz-berlin.de

    Endlich ohne Gerüst
    Das Berliner Schloss zeigt seine schönste Seite

    Seit Montag ist sie freigelegt: Die Fassade des Berliner Schlosses. Bis Ende des Jahres soll das komplette Gebäude in barockem Glanz erstrahlen.

    [...]

    http://www.bz-berlin.de/berlin/mitte/d…schoenste-seite

  • Ja, etwas schade ist es. Auch etwas schade, dass wir ein wikliches Highlight, sprich eines der Portale, wohl nicht entrüstet sehen werden. Oder meint ihr in den nächsten paar Tagen wird man noch blitzschnell die Balustrade auf Portal V aufsetzen und es rechtzeitig fürs Wochenende (unverputzt und ungestrichen) abrüsten?

  • Ich möchte die Kreuz-Kuppel-Zweifel Debatte nicht wieder anstoßen, wer aber den Newsletter des Förderverein Berliner Schloss e.V. gelesen hat, müsste folgende Textpassage aufgefallen sein.

    Auf der Kuppelspitze („Laterne“) werden acht Engelsfiguren stehen. Gekrönt wird alles mit einem goldenen Kreuz. Trotz der hierzu von Medien angefachten Kreuzdebatte steht fest: Das Kreuz kommt auf die Kuppel!

    (Quelle: Förderverein Berliner Schloss e.V.)

  • Hier wird erstmals (?) beschrieben, wie es zur Farbauswahl gekommen ist.
    Das sollte einige Forumsmitglieder beruhigen.

    War das bisher unklar? Ich wusste das schon länger. An die genaue Quelle erinnere ich mich indes nicht mehr. Genauso wie ich schon länger weiss, dass die Sandsteinelemente nun einmal ursprünglich auch einen Anstrich hatten. Auf den hat man ja verzichtet. Damit ist der Anstrich, könnte man ketzerisch sagen, eben nur halb fertig. Es war für den Barock auch eher untypisch, mit unbemaltem Sandstein zu arbeiten. Entweder stellte man die Farbigkeit durch Marmor und andere, sehr farbige Gesteine her oder, wenn das zu teuer war, durch Bemalung von "Baugestein" wie eben Sandstein. Und es sollte ja schließlich um die Rekonstruktion einer Barockfassade gehen und nicht darum, was mit den Generationen schließlich daraus wurde (als man die vom Sandstein abgefallene Farbe schon lange nicht mehr erneuerte und die Putzflächen dazwischen auch nur noch aus einem matschigen Braun bestanden). Aber ich will an diesem Freudentag nicht nörgeln und hoffe einfach, dass man die Sandsteinelemente bei Fassadeninstandsetzungen in Zukunft auch immer porentief mitreinigt, so dass diese nie so stark nachschwärzen, wie beim Dom nebenan zu sehen.

  • Auf der Kuppelspitze („Laterne“) werden acht Engelsfiguren stehen. Gekrönt wird alles mit einem goldenen Kreuz. Trotz der hierzu von Medien angefachten Kreuzdebatte steht fest: Das Kreuz kommt auf die Kuppel!

    (Quelle: Förderverein Berliner Schloss e.V.)

    Gut, dass dies nochmal klipp und klar gesagt wurde. Etwas Sorgen hat mir diese dumme Debatte nämlich letztendlich schon gemacht.

  • Wegen des Anstrichs im EG des Humboldtforums macht euch mal keine Sorge, die kommt noch dran, ob allerdings bis Samstag weiß ich natürlich auch nicht. Vielleicht bezweckt man damit auch einen pädagogischen, nämlich, um Spenden weiter zu generieren:

    Heute Vormittag:


    Man achte auf die Farbproben in den Feldern zwischen den Fenstern!


    Arbeiten an der Balustrade von Portal V:




    Das könnte noch bis Samstag klappen!

  • Ohne das Gerüst wird das Profil des Geländes zum ersten Mal direkt sichtbar.
    Man sieht hier, wie das Gelände von Portal V nach Westen hin abfällt. Später wird noch erkennbar, dass es auch nach Osten hin ein Gefälle gibt, falls der Höhenunterschied nicht durch nachträgliche Aufschüttung beseitig worden ist.

    Dieses Gefälle war sichtbar, seit Friedrich Wilhelm I einen Paradeplatz auf der Lustgartenseite anlegen ließ und gab dem Übergang zwischen Schloss und Umgebung ein unregelmäßiges Aussehen.
    Das wurde erst Anfang der 1840er Jahre behoben, als unter F.W. IV die Schlossterrasse angelegt wurde. Der Höhenunterschied wurde jeweils durch eine unterschiedliche Zahl Stufen bis zum Niveau der Terrasse ausgeglichen: Bei Potral V waren es zwei, bei Portal IV fünf und an der Ecke zur Schlossfreiheit sogar 10 Stufen. Durch diese Ergänzung wurde der vorbeiziehende Verkehr um immerhin 20 Meter vom Schloss fern gehalten, so dass es aussah als stünde es auf einem gleichmäßigen niedrigen Sockel.

    Ich bezweifle stark, dass den heutigen Planern des Schloss-Umfeldes dieser Sachverhalt bewusst war. Oder sie hielten ihn für unwesentlich. In jedem Fall waren sie inkompetent und mit der Planung überfordert.
    Auf der riesigen Steinfläche wird der Höhenunterschied sich optisch auffällig bemerkbar machen. Dann stehen sie um das Werk herum, mit langen Gesichtern und offenen Mündern und müssen mit einer hochtrabenden und geschwätzigen Erklärung ihr Versagen rechtfertigen.

    *grübel*

    Ich weiß eine!
    Also: "Die Krümmung der Oberfläche des Paradeplatzes korreliert auf das Intelligenteste mit der des Wackelbananendenkmals auf dem Sockel vor Portal III." Toll, oder?

    Einmal editiert, zuletzt von Barocksurfer (20. Juni 2017 um 19:27)

  • Im Grunde lässt sich das wirklich knapp zusammenfassen: das Gelände nördlich des Schlosses tendierte, nachdem es bis zum Dreißigjährigen Krieg als Nutzgarten gedient hatte, je nach Machthabern immer entweder in Richtung (Lust-)Garten oder eben Aufmarschgelände. Mithin sollte sich der Senat einfach fragen, ob er sich bei der Gestaltung dieses für die Anmutung der Mitte Berlins wesentlichen Territoriums wirklich die Traditionslinie des Soldatenkönigs, Hitlers und Ulbrichts verfolgen will, oder ob er sich nicht doch besser an Gilly, Schinkel und Lenné orientiert... Das sind nicht nur in puncto Ästhetik doch wohl eindeutig die besseren Namen, oder?

  • Auf der Homepage des Fördervereins ist übrigens ein Bericht der BZ zu lesen, in dem man erfährt, dass man an einem Bruchstück der Fassade des gesprengten Schlosses Untersuchungen gemacht hat und so die ursprüngliche Farbe rekonstruiert hat. Das Schloss dürfte also heute die selbe Farbe haben Wie vor 300 Jahren. Damit dürften doch alle hier zufrieden sein.

  • . Das Schloss dürfte also heute die selbe Farbe haben Wie vor 300 Jahren.


    Das kann durchaus sein. Mir berichteten anfang der 80iger Jahre zwei befreundete alte Damen (Magdalene und Erika Gühler - ja, es waren die Nichten des Honigfabrikanten) daß das Schloß elfenbeinfarbig war, ein Anstrich welchen man generell bei Villen der Gründerzeit gern verwendete. Der Grund des Gelbstiches war jener, daß ein Gebäude auch bei schlechten Wetter noch freundlich wirkte, wogegen ein reines weiß nur bei "Kaiserwetter" schön erschien, bei größerer Bewölkung oder gar Regen hingegen kalt, unfreundlich und abweisend wirkte.

  • Ich kann mir nicht richtig vorstellen, das das Schloß elfenbeinfarbig gewesen ist. Wir hatten das an den Innentüren zu Hause, aber das Schloß soll außen so angestrichen gewesen sein? Müßte man doch auf alten Bildern noch sehen können - ist mir aber bis dato noch nicht aufgefallen...

    In der Architektur muß sich ausdrücken, was eine Stadt zu sagen hat.
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten

    Einmal editiert, zuletzt von kaffeesachse (21. Juni 2017 um 22:46)

  • Der Fassadenabschnitt ist großartig und schließt an der Qualität der Frauenkirche an. Die Farbgebung mit dunklerer Gliederung gab es durchaus im Barock, es gab so wie die geschwungenen borrominesken Fassaden die vor allem im süddeutschen und österreichischen Raum weitertradiert wurden, auch die monumentale formal strenge Ordnung von Bernini und Fontana.
    Ebenso Vielfältig sind die Farbfassungen. Tendenziell sind im Hochbarock italienischer Prägung grau weiße (Weiß immer gebrochen mit ausgewaschenen Sand oder Holzkohle) Fassungen und Ockerbeige, gelbliche (kein sog. Schönbrunnergelb) präsent.
    Eines nur verwundert mich – vielleicht wurde es ja schon in der umfassenden Diskussion oder in den Extrablättern erläutert – und das sind die weißen Fenster. Im Hochbarock waren sie nahezu ausnahmslos geölte Eiche. Bleiweißfassungen kommen im Rokoko auf, verbreitert waren allerdings Graufassungen unter Zugabe von Pottasche.

  • Auf dieser nächtlichen Aufnahme des Schlüterhofrisaliten von Portal V läßt sich sehr schön - so finde ich - die ursprünglich offen angelegte Treppenhausanlage noch erkennen, sehr prägnant jetzt mit dieser Säulenbogenstellung, eine Treppenhauskulisse für höfische Repräsentationsaufführungen, lediglich eingehaust, vor Regen geschützt, sonst aber offen, vermittelnder Raum zwischen Hof(außen) und Abfolge der Prunkräume (innen). Seinsheim hatte das so schön und einsichtig kunsthistorisch gedeutet!

    Es gibt sie doch, die weiße Frau, nun im grünen Gewand. Freut sich halt auch auf's neue Schloß, da braucht es halt nach so vielen Jahrhunderten endlich auch eine neue Gewandung! :koenig:

    http://cam05.berlinerschloss-webcam.de/