Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Quote

    Hier hingegen vergleichst Du m.E. Äpfel mit Birnen. Die Notausgangsleuchten sind gesetzlich vorgeschrieben und können
    lebensrettend sein ....

    Diese Notausgangsdingens waren 20 Jahre lang dort auch anders gestaltet (gelb) - und niemand verbrannte. Das war wieder die scheiß EU-Norm, die das erforderte zusammen mit deutscher Obrigkeitshörigkeit. Im Pariser Opernhaus gibts das alles nicht !!!

    Ja und die Fresstheken brauchte man 20 Jahre lang an dieser eminent wichtigen Stelle auch nicht. Erst jetzt, wo man realisierte, was für einen Reibach man mit der Oper machen kann.

    Es kommt immer drauf an, was einem wichtig ist. Du denkst hier nur ans Stadtbild, als wäre dies alles, was auf der Welt zählt. Aber mir war dieses herrliche Opernhaus-Innere einmal sehr wichtig und wertvoll gewesen. Mittlerweile setz ich dort schon seit Jahren meinen Fuß nicht mehr rein. Künstlerisch hochwertigste Gestaltungen, die man erst mühsam der Vernichtung abtrotzt und die man danach mit so was verhunzt - das tut einfach nur noch weh....

    Ich bin mir nicht so sicher, ob es allen hier im Forum klar ist, dass es beim Berliner Stadtschloss nicht einfach nur um einen "Beitrag zu einer schöneren Berliner Stadtmitte" (an deren Stelle man ja vielleicht auch etwas anderes, historistisch-schnörkeliges setzen könnte) geht , sondern um die Wiedergewinnung eines Baukunstwerks von Weltrang!!!


  • Aber die beiden Dachbunker auf dem Humboldtforum, die entstellen wirklich den ganzen Bau! Warum muss sich Oberkellner Rettig dafür eigentlich nicht rechtfertigen? Warum wurde er nicht von der Presse zur Rede gestellt und mit den Visualisierungen konfrontiert, auf denen die Kästen nicht existent sind? Regt sich eigentlich außerhalb dieses Forums niemand darüber auf?

    Du sagst es selbst. Außerhalb der drei großen Architekturforen DAF, APH und SSC scheint keiner einen Plan davon zu haben, was sie erwarten wird. Den Schlosserbauern ist das nur recht und daher werden sie die Angelenheit weiter totschweigen...

  • Bei meinem Berlin-Besuch in der letzten Woche war ich natürlich auch auf der Siegessäule - sogar zweimal. Am 8.7. morgens - da hatte ich aber Gegenlicht und es war sehr diesig, so dass die Fotos nicht gut geworden sind. Und am 9.7. nachmittags. Als ich mich zum zweiten Mal bis nach oben "gequält" hatte (es ist wirklich anstrengend), empfingen mich zunächst Sturm und Regen. Ich wartete den in den Austritt gekauert ab und hoffte, dass der riesige goldene Engel über mir seine Flügel einfahren möge, um so die enorme Windlast zu mindern, denn ich hatte das Gefühl, dass die ganze Säule doch merklich schwankte. Zum Glück ließ der Regen dann nach und die Sonne zeigte sich nach ca. 15 Minuten wieder, so dass ich eine ganze Reihe schöner Fotos machen konnte (vor dem Brandenburger Tor stand allerdings leider das riesige Zelt der Berlin Fashion Week), von denen ich euch einige hier zeige: Das Schloss als Mittelpunkt der Stadt, von fern bis nah:

    Der Stadt wurde ein neues Herz eingesetzt - bald wird es beginnen zu schlagen! :harfe:

    Fotos von mir vom 9.7.2015

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Einen verrückten Moment lang hab ich gedacht, der Turm der Parochialkirche wäre schon ganz sang- und klanglos rekonstruiert worden... - Überschneidung Kuppel mit Schlot rechts.

  • Es kommt immer drauf an, was einem wichtig ist. Du denkst hier nur ans Stadtbild, als wäre dies alles, was auf der Welt zählt.


    Das Innere eines historischen Bauwerks ist auch mir nicht gleichgültig, natürlich nicht. Aber zum einen sind die von Dir genannten und gezeigten Veränderungen in der Dresdner Oper - egal für wie gravierend man sie nun hält - leicht korrigierbar, während die Berliner Dachbunker mit Sicherheit nie mehr verschwinden werden, weil sie ja irgendeine wichtige Funktion erfüllen. Und beim Stadtschloß alias Humboldtforum gibt es ja ohnehin wenig Aussichten auf eine Rekonstruktion von Innenräumen, hier geht es doch - auch wenn gottlob der großartige Schlüterhof rekonstruiert wird - vor allem um die äußere Erscheinung, um die Gestalt des "Schlosses" im Stadtbild. Und wenn nicht mal die ohne modernistische Entstellungen bleibt, dann ist das doch um ein vielfaches schlimmer als eine Sekttheke und Notausgangleuchten in grün statt gelb.

  • Wir sollten mal herausfinden wie Stella zu der ganzen Sache mit den Dachaufbauten steht!? Geht es auf seine Planungen zurück oder ist es die technische Erschließungsplanung der beteiligten Architekturbüros. Und was sagt Stuhlemmer dazu?
    Wie finden wir das heraus? stickpoke:)huh:)

    @ <<<<<Heimdall, hm der Raschdorff-entwurf hätte schon ne ziemlich wuchtige Präsenz gehabt. Ja, vielleicht in Teilen akzeptabel, weil auch in den klassischen Formenkanon eingebunden und wie mir scheint hat er Schlüters und Eosanders Erweiterungen respektiert. Nur die Ostseite radikal beseitigt. Aber der Turm ist mir definitiv zu hoch und zu dominant. Auch täte es, wie jetzt, eine Domkuppel. 3 Kuppeln hintereinander "aufzuzählen" ist mir etwas zu maniriert additiv und zu vordergründig imperiale Größe in den Sakralbau "hineingewollt". Und da muß er den Schloßturm extrem überhöhen, damit die weltliche der krichlichen Macht gegenüber noch mithalten kann. Na ja!?
    Wie klein die Stüler-Kuppel gegen das alles von Raschdorff wirkt!? Etwas reduzierter und einfühlsamer auf den Ort bezogen, ja. Ansonsten monumentaler Raschdorff pur auf der grünen Wiese! cool:)

  • Du sprichst mir aus dem Herzen, auch ich bin /war großer Fan unserer Semperoper. Jetzt regiert der Kommerz, alles muß Geld bringen. Und deutsche Gründlichkeit verlangt nunmal grüne Notausgangsschilder, damit alle den Weg nach draussen finden. Egal ob das dann hinpasst, es ist vorgeschrieben und basta! Ich sage dann nur:,,Armes Deutschland''!

    In der Architektur muß sich ausdrücken, was eine Stadt zu sagen hat.
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten

  • Du sprichst mir aus dem Herzen, auch ich bin /war großer Fan unserer Semperoper. Jetzt regiert der Kommerz, alles muß Geld bringen. Und deutsche Gründlichkeit verlangt nunmal grüne Notausgangsschilder, damit alle den Weg nach draussen finden. Egal ob das dann hinpasst, es ist vorgeschrieben und basta! Ich sage dann nur:,,Armes Deutschland''!

    Naja, sagen wir lieber: Armes Europa!
    Denn diese schönen grünen Notausgangsschilder befinden sich auch in anderen berühmten Opernhäusern:
    z.B. Mailänder Scala:
    https://schauwerte.files.wordpress.com/2015/03/3238356.jpg

    http://img.lumas.de/showimg_rne131_1600_1600.jpg


    Oder Wiener Opernhaus:
    https://viennaphoto.files.wordpress.com/2011/01/opera-b.jpg

    Hier ein schönes Fressensemble in der Wiener Oper:
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…/Oper_innen.jpg

    Das ist also doch eher ein gesamteuropäischer Sicherheitsstandard.

  • ...für das Gemecker über die grünleuchtenden Notausgangslampen. Wer mal für 5 Pfennig nachdenkt, kommt doch sicherlich zu dem Schluß, dass in einem grau-gelblich verqualmten Raum ein grünes Licht deutlicher zu erkennen ist, als ein gelbleuchtendes.
    Da werden hier immer wieder sozialistische und auch heutige Architektursünden gebilligt bis gelobt, aber bei überlebensnotwendigen Notausgangslampen wird eine heiße Grundsatzdiskussion begonnen. huh:)

  • Ich kann das auch nicht so richtig verstehen. Die Technikaufbauten auf dem Schloss sind etwas ganz anderes, als die Notausgangsleuchten oder Theken in diversen Opernhäusern. Wegen dem Kleinkram die Semperoper meiden? eek:) Ich wäre ja froh, wenn wir in Görlitz endlich mal wieder in unserem Kaufhaus einkaufen, oder in unsere Stadthalle zu einem Konzert gehen könnten. sad:)

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Ich mutmaße, dass diese Aufbauten bei technischen Umrüstungen innerhalb der nächsten Jahrzehnte durchaus verschwinden könnten. Immerhin sind sie ein sehr auffälliger Schandfleck. Das werden die meisten Leute jedoch erst zu dem Zeitpunkt bemerken, an dem die wunderbare Schlossfassade beginnt, mit jenen klobigen Kästen zu kontrastieren.
    Rettig & Co. müssen dann, meiner Meinung nach, ihre ganze Kreativität aufwenden, um den ästhetischen Schaden mit einer Verkleidung, Bemalung, o.ä. zu mildern. :biggrin::biggrin::biggrin:

    Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens. - Friedrich Schiller -

  • OK, ich gebe mich geschlagen, die grünen Notfalllämpchen müssen wohl halt sein. Passen trotzdem nicht so richtig in das Ambiente.
    Und ich frage nochmal: Was hatten diese kleinen Türmchen mit Krone an den Ecken der Westfront für eine Funktion? Hätte man diese Türmchen denn nicht für die Dacherschließung mit nutzen können? Sahen immerhin besser aus als diese ,,Dachbunker''!

    In der Architektur muß sich ausdrücken, was eine Stadt zu sagen hat.
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten

  • Habe mal im meinem Buch "[lexicon='Das Berliner Schloss'][/lexicon]" nachgeschaut. Dort kann man erkennen, das zurzeit des Baues, des Kaiser Wilhelm Denkmals, nur das Südwest Türmchen da war. Weiter habe ich gelesen, das Kaiser Wilhelm II, in der Hohenzollern Treppe, einen Aufzug hat einbauen lassen, die sich in dem Bereich befindet, und dafür wurde ein Maschinenhaus darauf gesetzt. Kann sein das der Turm einen Teil des Maschinenhauses ist!

  • Habe mal im meinem Buch "[lexicon='Das Berliner Schloss'][/lexicon]" nachgeschaut. Dort kann man erkennen, das zurzeit des Baues, des Kaiser Wilhelm Denkmals, nur das Südwest Türmchen da war. Weiter habe ich gelesen, das Kaiser Wilhelm II, in der Hohenzollern Treppe, einen Aufzug hat einbauen lassen, die sich in dem Bereich befindet, und dafür wurde ein Maschinenhaus darauf gesetzt. Kann sein das der Turm einen Teil des Maschinenhauses ist!

    Nun wird dieser eine Aufzug aber wohl nicht dafür reichen das ganze Schloß als Humboldtforum zu erschließen.
    Mich stören diese Aufbauten ja auch, und ich bin mir nicht sicher ob man das nicht hätte besser lösen können.
    Ich kenne mich zwar wirklich garnicht mit Aufzugstechnik aus, aber eine kurze Recherche ergab, daß meine Schnapsidee, man könne Aufzüge auch über einen seitlich des Fahrstuhlschacht gelegenen Maschinenraums, über Umlenkrollen, antreiben, garnicht ganz blöd ist und diese Antriebsart auch teilweise umgesetzt wird.
    Diese Umlenkrollen nehmen doch bestimmt nicht allzu viel Platz weg.

    Ist jemand vielleicht hier vom Fach? Warum konnte so eine Lösung nicht beim Stadtschloß umgesetzt werden?

  • Das südwestliche Türmchen; bzw. die südwestliche Nebenkuppel existierte ja schon vor 1800 (hatte mal eine Graphik von 1791 gesehen, wo das Küppelchen schon drauf war). Meine Theorie ist ja, dass diese als Glockenturm des Schlosses/der Schlosskapelle diente und die nordwestliche Nebenkuppel aus Gründen der Symmetrie hinzukam als man die Häuser der Schlossfreiheit abriss und der Blick auf die Westseite frei wurde.

  • Das südwestliche Türmchen; bzw. die südwestliche Nebenkuppel existierte ja schon vor 1800 (hatte mal eine Graphik von 1791 gesehen, wo das Küppelchen schon drauf war). Meine Theorie ist ja, dass diese als Glockenturm des Schlosses/der Schlosskapelle diente[...]


    Das ist keine Theorie, sondern eine Tatsache.

    Albert Kiekebusch, 1892 vor Abriss der Schlossfreiheit

    In diesem Stich von 1833 ist das Türmchen auch schon zu sehen.

    EDIT:
    Errichtet wurde das Türmchen auf der Südseite bereits unter Friedrich-Wilhelm I., d. h. kurz nach Fertigstellung des Bauabschnitts. Das nördliche Türmchen entstand 1894 und enthielt eine Uhr (ein Detailfoto habe ich mal gesehen, finde es aber nicht mehr wieder).

    Daher wird im südlichen Türmchen wohl zunächst das Geläut für die alte Schlosskapelle im Kapitelsaal installiert gewesen sein, da die Erasmuskapelle m. W. n. seinerzeit schon nicht mehr benutzt wurde.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

    Edited 3 times, last by Mantikor (July 16, 2015 at 11:24 AM).

  • Auf der Webcam ist zu sehen, dass im 2. Obergeschoss offenbar teilweise schon Fensterrahmen eingebaut wurden, die allerdings weit weniger tief zu sein scheinen, als in den Geschossen darunter. Kann mir jemand erklären, was es damit auf sich hat?

  • @Vulgow aber war der Kapitelsaal nicht auf der anderen Seite unter dem Türmchen von 1894


    Ich bin zwar nicht Vulgow, aber ich antworte trotzdem mal :wink:
    Der Kapitelsaal befand sich im Nordflügel (Paradekammern von Schlüter) hinter dem östlichen Ende der Bildergalerie im 2 Stock. Unter dem Nordtürmchen befand sich der Weiße Saal.

  • Du hast natürlich völlig recht....was ich sagen wollte ist, dass das Türmchen aus der Zeit von FW I ziemlich weit weg ist von der KInterimskapelle im Kapitelsaal...ein Türmchen an der Stelle des Aufbaus von 1894 wäre näher dran gewesen