Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Gerade dort ist das aber bei Bedarf wieder herstellbar, es sind ja keine tragenden Wände.

    Das ist schon richtig. Doch wird man bestimmt nicht den neuen Veranstaltungs- und Konferenzsaal dafür opfern. Der wird ja gerade erst eingebaut.
    Eher würde man dann im zweiten Stock, wo früher der echte Weiße Saal war, mehrere Räume einbauen.
    *verkehrte Welt* :thumbdown:

  • Manchen kann man es aber auch gar nicht recht machen... :augenrollengruen: Nun werden die exakten Fenstermaße wiederhergestellt und dann wird sich darüber aufgeregt, dass diese ja aber keinen Sinn mehr machen, weil sich dahinter nicht mehr der oder der Raum befindet. Wären die Fenster in ihren Maßen verändert worden, hätte es wiederum geheißen: "Meh! Das ist aber nicht originalgetreu. Das gießt wieder Wasser auf die Mühlen der Rekonstruktionskritiker."

  • Ich glaube manchmal, dass ich nicht fähig bin mich auszudrücken :crying:
    Ich bemängele nicht, dass die Fassade originalgetreu rekonstruiert wird, sondern, dass der neue Saal, der ja scheinbar benötigt wird, nicht an der alten Stelle zwei Etagen höher eingebaut wird. Erst schlicht, so dass er in einigen Jahren durch Spenden in alter Schönheit rekonstruiert werden könnte. Dort wären auch die Fensterbreiten gleich, was viel harmonischer aussähe, wenn man in dem Saal steht.

    Stattdessen wird nun ein genauso großer Saal im gleichen Flügel, aber im Erdgeschoß, wo die Fenster wegen der historischen Räume unterschiedliche Breiten haben, eingebaut. Aus meiner Sicht Irrsinn. :kopfwand: Übrigens heißt der Flügel sogar Weisse Saal Flügel

  • Ich bin mit der geplanten Umbauung nicht wirklich zufrieden.

    Nur mal zum Vergleich:

    Lt.Baunetz soll das ganze später so aussehen:

    Quelle: http://www.baunetz.de/meldungen/Meld…en_3062227.html

    Ist das noch der letzte Stand oder gab es da noch Planänderungen ?

    Ich hätte viel lieber den Zustand wie oben auf dem S/W Bild. Ist ja in Ordnung wenn da mehr grün vorhanden ist als früher. Aber die eckigen Blumenkübel und der ebenerdige Randbereich ist nicht wirklich schön und sieht viel zu gewöhnlich und zu modern aus. Dort gehören keine so glatten Strukturen hin.

    Hängt das jetzt mit diesem Saal zusammen, dass das Bodenniveau anders anliegt ?

    Auf dieser Montage sah es noch viel besser aus:

    Quelle: http://berliner-schloss.de/aktuelle-infos…-der-sachstand/

    Architektur ist nichts anderes als die Formensprache einer Kultur. Entweder sie lebt, oder sie ist tot.

  • An der Südwest-Ecke geht´s ganz gut voran, es werden schon ein paar Sandstein-Strukturen sichtbar. Bild von heute Nachmittag:


    Quelle: http://cam03.berlinerschloss-webcam.de

    Inzwischen haben sie allerdings ein Gerüst davorgebaut, so dass man´s nicht mehr sehen kann.

    Was mich aber wundert ist, dass der Sandstein zum größten Teil sehr grau ist - fast wie der Beton. Ich hatte erwartet, dass er insgesamt gelblicher sein würde. Einige (wenige) Steine sehen auch sehr gelblich aus. Ich finde diese erheblichen Farbunterschiede merkwürdig - war das Schloss im Original denn auch so "scheckig"?

    Noch eine weitere Frage: Weiß jemand, ob die Sandsteine irgendwie gegen Verwitterung (dieses unschöne Schwarzwerden und Erosionen) geschützt werden? Die Schäden treten ja bei der heutigen Luftverschmutzung (Feinstaub, saurer Regen usw.) sicher deutlich schneller auf als vor 300 Jahren. Es gibt doch meines Wissen inzwischen wirksame Beschichtungsmöglichkeiten, die das Erscheinungsbild nicht oder kaum verändern.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)


  • Was mich aber wundert ist, dass der Sandstein zum größten Teil sehr grau ist - fast wie der Beton. Ich hatte erwartet, dass er insgesamt gelblicher sein würde. Einige (wenige) Steine sehen auch sehr gelblich aus. Ich finde diese erheblichen Farbunterschiede merkwürdig - war das Schloss im Original denn auch so "scheckig"?

    Noch eine weitere Frage: Weiß jemand, ob die Sandsteine irgendwie gegen Verwitterung (dieses unschöne Schwarzwerden und Erosionen) geschützt werden? Die Schäden treten ja bei der heutigen Luftverschmutzung (Feinstaub, saurer Regen usw.) sicher deutlich schneller auf als vor 300 Jahren. Es gibt doch meines Wissen inzwischen wirksame Beschichtungsmöglichkeiten, die das Erscheinungsbild nicht oder kaum verändern.

    Ganz im Gegenteil, die Luftverschmutzung is heutzutage stark reduziert und es sollte eher länger dauern, bis sich der Stein zu verfärben beginnt. :lehrer:

    Was die derzeitige Fabe des Sandsteins angeht, so wird sie von der Bildquali der Webcam nicht richtig wiedergegeben. Dort sehen alle Farben arg ausgewaschen und ungesättigt aus. Die Fotos einiger Forumsmitglieder sowie Bilder aus der Presse lassen den Sandstein dunkler erscheinen.

  • Was ich am derzeitigen Farbkonzept des Schlosses reichlich daneben finde, ist die Tatsache, dass wohl nicht ein Sandstein gestrichen werden wird. Offensichtlich will man den noblen Spendern zeigen, was sie geleistet haben...

    Dies ist jedoch völlig ahistorisch. Im 18. Jh. waren alle Fassadenelemente - auch die aus Stein - nicht zuletzt auch aus Gründen der o. a. Verwitterung farbig gefasst. Auch überspielte man dadurch kleine Ungenauigkeiten im Stein...

  • Was ich am derzeitigen Farbkonzept des Schlosses reichlich daneben finde, ist die Tatsache, dass wohl nicht ein Sandstein gestrichen werden wird. Offensichtlich will man den noblen Spendern zeigen, was sie geleistet haben...

    Dies ist jedoch völlig ahistorisch. Im 18. Jh. waren alle Fassadenelemente - auch die aus Stein - nicht zuletzt auch aus Gründen der o. a. Verwitterung farbig gefasst. Auch überspielte man dadurch kleine Ungenauigkeiten im Stein...

    ...nur leider wird man kaum jemanden davon überzeugen können teuren Naturstein zu verwenden und diesen gleich wieder überzustreichen, da hätte man ja auch gleich billigen Stuck statt teuerer Sandsteinplastiken nehmen können, wird einem da wohl entgegnet werden. Aus selbige Grund war wohl schon der Historismus sehr Natursteinsichtig.
    Grundsätzlich habe ich aber nichts gegen "nackten" Sandstein, was ich viel bedauerlicher finde, ist. daß das mehrfarbige Farbkonzept, was auf den älteren Visualisierungen zu sehen ist, wohl einem einheitlichen Gelbton (oder ists jetzt doch ein Cremeton?) weichen wird. Aber ich denke, wenn der Putz drauf ist, wird man wohl noch einige Farbstudien durchführen, wie das ganze denn "am lebenden Objekt" ausschaut. Vielleicht wird da ja dann noch was geändert. Oder wurden alle Farbstudien schon an der Musterfassade geleistet?

  • Die Materialsichtigkeit ist ein Kind des Klassizismus. Im Barock war Sandstein kein teures Material, sondern das billigste, das den statischen Ansprüchen und der Haltbarkeit entsprach. Menschlich Arbeitskraft, die heute so teuer ist, spielte da eine geringe Rolle. Im Historismus sind viele Sansteine mit Ölfarben überzogen worden.

    Die Farbe "Sandstein", die bei Berliner Denkmalpflegern schlicht "Milchkaffee" heisst, ist jedoch inzwischen die dominierende Farbe der Mitte, egal ob Neu- oder Altbau. Da lob' ich mir Potsdam, dass eine buntere Stadt zulässt, nicht zuletzt im Farbkanon der 20er Jahre.

  • Ich bin da ganz bei Oktavian, da man ja auch am Dresdner Neumarkt sehr gut sehen kann, wie ein ahistorisch rekonstruiertes Gebäude mit Sandsteinelementen, das nicht historische korrekt angestrichen wurde, im Endeffekt aussieht - wie eine gescheckerte Katze (Hotel de Saxe und Haus daneben mit der Salomon Apotheke). Man merkt, dass da eben worauf vergessen wurde.

    Dennoch, das Stadtschloß wird großartig werden. Dass wir erst seit ein paar Jahren "wiedererlernen", was seit Jahrzehnten an Wissen komplett verschüttet war, das ist eben ein Prozess. Die heutigen Architekten müssen sich dieses Wissen erst mühsam wieder erarbeiten nach dem Motto "was Hänschen nicht lernt, das lernt Hans..."! Es sei Ihnen verziehen und unsere Nachfolger werden dieses Wissen vielleicht schon mitder Muttermilch aufgesaugt haben... . Spätestens in ein paar Jahren, wenn die Fassade ausschaut, wie eine schwarz-weiße Kuh, wird man es dann richtig machen. Dann ist auch innen sicher schon so einiges rekonstruiert worden (Boddien, sollte hierfür bittte auch nach Fertigsetllung Spenden vor Ort an einem Infopoint im Schloß bitte Spenden sammeln dürfen - für etwas mehr Schloß!). Ähnlich wie bei der Dresdner Frauenkirche, wo auch noch tagtäglich Spenden eingenommen werden! Dann geht sich irgendwann auch der Apotherkerflügel aus oder die Reko der Schloßfreiheit....

  • Die Schlossbaustelle und der Versuch einer Betrachtung von der Kuppel des Hugenottendoms.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Super, ungewohnte Ansicht! Ich finde die historische Silhouette Berlins in Kombination mit dem Fernsehturm sehr reizvoll. Klassisch-moderne Hochhäuser würden die Szenerie gut ergänzen.

    Frage: Wer ist nun konkret verantwortlich für die Umfeldgestaltung des Stadtschlosses, wer ist Ansprechpartner? Einfach die Senatsabteilung für Stadtentwicklung? Personen? Wir müssen da was tun, damit die einstige Pracht wiederherstellbar wird. Ohne seine Bezüge in den Stadtraum wirkt das Schloss nicht so gut.

  • Klassisch-moderne Hochhäuser würden die Szenerie gut ergänzen.


    Bloss nicht, die Silhouette Berlins (besonders die Sicht nach Osten) ist doch eh schon mit zu vielen Hochbauten gestört.

    Schön, dass jetzt endlich dieser hässliche Betonkern des Schlosses verschwindet!

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Oh, beim neuen Titanic Hotel hat es wohl nur zur Straße hin zum grün patinierten Dach gereicht. Schnöde Zinkdächer sehen so billig aus... :(

    Das Stadtschloss wird Berlins Skyline (wieder) wunderbar ergänzen und noch dazu wird sich ja der Turm der Parochialkirche gesellen. (Ich hoffe, da geht es nun wirklich endlich los...) Ansonsten finde ich Berlins Skyline in ihrem Mix aus alt und neu eigentlich sogar sehr sehenswert und spannend. International wird ja immer etwas gelästert, Berlin hätte keine richtige Skyline. Aber das stimmt nicht! Von der Siegessäule aus ergibt sich meiner bescheidenen Meinung nach einer der eindrucksvollsten und interessantesten Skylines, die europäische Metropolen zu bieten haben. Es braucht keine 300m Türme dafür. Und der Fernsehturm überragt eh (noch) alle Wolkenkratzer, die bisher in London, Paris, Madrid oder Warschau gebaut wurden.

  • erbse:
    Genau darum ging es diese Woche beim 11. Forum der SBS.
    Siehe auch "Steinwüste Schlossplatz - kein Grashalm, nirgends"
    Vielleicht war ja jemand da und kann berichten? :lachen:

    Hinsichtlich der maßgeblich von der Senatsbaudirektorin (die Senatoren sind ja seit kaum wahrnehmbar) betriebenen Vernüchterung und Freudlosigkeit, sei auf die folgende Zusammenfassung einer GHB-Veranstaltung aus dem Jahr 2013 verwiesen: Wieviel Moderne brauchen wir vor dem Schloss?

    Es gibt sie dann die Leute, die sind so 'ehrlich' und authentisch, die würden sich wohl einen Nagel im Kopf nicht herausziehen lassen, weil es ansonsten die Spuren des bisherigen Lebens verfälschen würde...

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Ich glaube manchmal, dass ich nicht fähig bin mich auszudrücken :crying:


    Doch, bist Du. Ich hatte es von Anfang an richtig verstanden.

    Der Weiße Saal ist eben leider "zu jung" und damit aus Sicht der Stiftung nicht rekonstruktionswürdig. Seien wir froh, dass die Kuppel wenigstens kommt. Wäre die auch unter Wilhelm II. entstanden, könnte man sie sich vermutlich ebenfalls abschminken.


  • Doch, bist Du. Ich hatte es von Anfang an richtig verstanden.

    Der Weiße Saal ist eben leider "zu jung" und damit aus Sicht der Stiftung nicht rekonstruktionswürdig. Seien wir froh, dass die Kuppel wenigstens kommt. Wäre die auch unter Wilhelm II. entstanden, könnte man sie sich vermutlich ebenfalls abschminken.


    Danke :wink: ich war kurz davor einen Rhetorikkurs zu besuchen. :biggrin:

    Ich finde es schade, dass ein Saal, der heute 130 Jahre alt ist, zu neu für eine Rekonstruktion ist. Wo liegt eigentlich die zeitliche Grenze?

    Jedenfalls wird es von den Touristen zukünftig beim Betrachten des neuen modernen Saales ständig Fragen geben, wie:
    "Warum sind denn in dem Saal die Fenster nicht einheitlich in der Breite? Hatte man damals keinen Zollstock?

    Und immer wird es die unverständliche Antwort geben: Der alte Festsaal war früher im 2. Stock direkt über diesem Saal, doch leider war er zu jung, erst 130 Jahre alt und durfte daher nicht mehr an alter Stelle eingebaut weden. Deshalb wurde er hier eingebaut, wo ursprünglich mehrere Räume gewesen sind.

    Die Gesichter von den Touristen möchte ich dann sehen. :wie: :blink: :gehtsnoch: :kopfschuetteln:

  • Zitat

    Ich finde es schade, dass ein Saal, der heute 130 Jahre alt ist, zu neu für eine Rekonstruktion ist. Wo liegt eigentlich die zeitliche Grenze?

    Eine rational fassbare Grenze gibt es da wohl kaum. Der Weiße Saal soll nicht rekonstruiert werden weil er aufgrund seiner Höhe das dritte Obergeschoss vollständig mit einnehmen würde (und damit das Asiatische Museum "stören" würde) und weil die schon langanhaltende Verachtung für die Architektur und Kunst der Wilhelminischen Zeit leider immernoch nicht vollends überwunden ist. Aus diesem Blickwinkel heraus wird der Rittersaal oder die Gigantentreppe eben als deutlich "wertvoller" als der Weiße Saal angesehen, auch wenn solche Wertungen nur auf grauer, verkopfter Schreibtischtheorie beruhen. :angry:


    Nicht so "wertvoll", ist ja "nur" wilhelminisch...
    .

    Einmal editiert, zuletzt von Maecenas (17. April 2015 um 14:36)

  • Da ich so furchtbar regelmäßig dort vorbei fahre und weil die Webcam auch nicht alles zeigt, noch ein paar Aufnahmen.

    Die Webcams sind übrigens derart detailliert, dass es an Arbeitnehmerüberwachung grenzt - andererseits: gäbe es solche auch bei anderen Berliner Baustellen, wären diese vielleicht schon fertig. floet:)

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)