Berliner Schloss - architektur- und kunstgeschichtliche Aspekte

  • Ein Humboldt-Forum ohne Kuppel darf es auf gar keinen Fall geben. Wenn der Staat nach den großzügigen Ausgaben für den Euro-Rettungsschirm kein Geld mehr für eigene nationale Projekte aufbringen will, finde ich das sehr sehr bedauerlich. - Ich hoffe ja noch immer auf einen netten Großspender, der die Kuppel sichert. Das Weglassen von Schmuckelementen an den Innenportalen könnte ich noch verkraften. Doch die Kuppel ist schon enorm wichtig für das Stadtbild und den gesamten Bau.

  • Ja, ja der gute alte Humboldt würde sich im Grabe umdehen, wenn er wüsste für WAS er heutzutage alles seinen Namen hergeben muss...
    Selbst wenn alle Leute sagen, dass die Humboldt-Box hässlich und klobig und was auch immer ist, ändert es nichts. Das Ding steht jetzt erstmal da rum und verschandelt das Stadtbild und wird mit Sicherheit nicht den Leuten die Schönheit des ehemaligen Schlosses näherbringen. Schade, die 9 Millionen und die 1 Million für den anderen temporären Bau hätte man wirklich gut für die ein oder andere Außen- oder Innenreko gebrauchen können. Je mehr Geld VOR dem eigentlichen Bau verbrannt wird, desto weniger Schloss wird rekonstruiert, wirklich clever... :daumenunten:

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Stern: Viel Polemik, wenig (keine?) Argumente. Der übliche Meinungsjournalismus, diesmal mehr oder weniger auf unserer Seite.

    Zitat

    Wehmütig denkt man an die schlichte, rote Infobox auf dem Potsdamer Platz zurück.

    Inwiefern war die besser?

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Am besten wäre gewesen, wenn die erst mal nur das Portal mit Kuppel gebaut hätten. Das beste Werbemittel ist ein Teil des Stadtschlosses. Überhaupt ist ja das Stadtschloss kein monolithischer Bau gewesen wie das nun der Stella-Entwurf macht. Ein solches "Schlossteil" wäre eine gute Infobox gewesen, wie damals die fertige Unterkirche der Frauenkirche.

  • Dies ist der Bereich, der am Ende in das Humboldtforum einbezogen wird:


    Das ist der Bereich unter dem Zelt auf diesem Bild, was zeigt, dass nur ein minimaler Rest der Schloßkeller erhalten bleiben.


    Diese neue Perspektive verdanken wir übrigens diesem albernen Klotz mit seiner als Aussichtsterrasse vermarkteten Gastronomie....

    Dem bald wieder aufgebauten Berlin stehen goldene Zeiten bevor .....

  • Dies ist der Bereich, der am Ende in das Humboldtforum einbezogen wird:
    Das ist der Bereich unter dem Zelt auf diesem Bild, was zeigt, dass nur ein minimaler Rest der Schloßkeller erhalten bleiben.


    Moment mal, das Zelt liegt doch ausserhalb des Schlosses, da die Eosanderportalfundamente doch diese Schwarzen Klötze sind, oder hab ich jetzt ein Knick in meiner Optik?

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • ^
    Das sind tatsächlich die Fundamente des Eosanderportals, allerdings nur des hinteren Teils. Die gehen zurück auf Umbauten in wilhelminischer Zeit, bei denen die innenhofseitigen Säulen des Eosanderportals einige Meter in den Hof versetzt werden sollten, um die Räume in dem Flügel dahinter zu vergrößern.
    Erste Phase dessen war unter anderem die Vergrößerung des Weißen Saals unter Federführung Ernst von Ihnes. Es erfolgte also die Neufundamentierung, letzendlich blieb es aber offensichtlich beim Ausbau des Ballsaals und es entstand die schon sehr kuriose Situation, daß lediglich eine der Portalsäulen mitsamt der Seitenwand vorversetzt wurde.

    Hier mal ein Bild:

    Quelle:Bildindex.de

    Eigentlich fast typisch für das Stadtschloß, an dem sich oft politische Wechsel, Geldmangel und Ähnliches physisch bemerkbar gemacht haben. Man denke nur an den Lynar-Nehringschen Querflügel zwischen den beiden großen Schloßhöfen, der niemals abgerissen oder barock überformt wurde, da mitten in den Umbauten zum Barockschloß damals der Soldatenkönig an die Macht kam und zur Auflage machte, daß nur noch die nötigsten Arbeiten vollendet werden sollten.

  • Am besten wäre gewesen, wenn die erst mal nur das Portal mit Kuppel gebaut hätten. Das beste Werbemittel ist ein Teil des Stadtschlosses. Überhaupt ist ja das Stadtschloss kein monolithischer Bau gewesen wie das nun der Stella-Entwurf macht. Ein solches "Schlossteil" wäre eine gute Infobox gewesen, wie damals die fertige Unterkirche der Frauenkirche.

    Eigentlich eine sehr gute Idee - so eine "Info-Box" würde vermutlich Spender anziehen wie das Licht die Motten.

    Ich hatte schon vor Jahren eine ähnliche Idee (die nicht ganz so spektakulär, aber dafür etwas billiger gewesen wäre): Einen "Kasten" (mit Ziegeln gemauert und in einen späteren Schloßbau integrierbar, also entsprechende Durchbruchsmöglichkeiten vorsehen) an die Stelle stellen, an der früher das Portal IV war, dann das Portal IV vom Ex-Staatsratsgebäude demontieren und an der Originalstelle einsetzen (der Staatsrat erhält stattdessen ein schlichtes Sandsteinportal). In diesen "Portal-IV-Bau" kommen die Stadtschloß-Einrichtungsgegenstände samt Schloßmodell, die im Charlottenburger Schloß ausgestellt sind (vielleicht rückt das Haus Doorn als Leihgabe noch etwas heraus) sowie die noch erhaltenen Originalteile (z.B. Figuren aus dem Schlüterhof) und eine ausführliche und reich bebilderte Daueraustellung über die lange Geschichte des Schlosses. Wäre relativ einfach zu realisieren gewesen, und ein Anfang wäre gemacht.

  • Ich hatte schon vor Jahren eine ähnliche Idee (die nicht ganz so spektakulär, aber dafür etwas billiger gewesen wäre): Einen "Kasten" (mit Ziegeln gemauert und in einen späteren Schloßbau integrierbar, also entsprechende Durchbruchsmöglichkeiten vorsehen) an die Stelle stellen, an der früher das Portal IV war, dann das Portal IV vom Ex-Staatsratsgebäude demontieren und an der Originalstelle einsetzen (der Staatsrat erhält stattdessen ein schlichtes Sandsteinportal).

    Au fein! Das Staatsratsgebäude erhält einen gesicherten Originaleingang eines DDR-Plattenbaus. Links und recht werden Marx und Engels in Bronze drappiert.

  • Keine zusätzlichen Steuergelder für die Kuppel

    Spar-Schloss: Sparplan: Fällt die Schloss-Kuppel weg? - B.Z. Berlin - Schloss, Kuppel, sparen, Steuer, Regierung, Berlin, Schlossplatz, Stella

    25 Millionen Euro - was für ein lächerlich kleiner Betrag im Vergleich zu den enormen Summen, die allerorts vergeudet werden oder in dunklen Kanälen versickern. Ganz zu schweigen natürlich von den Geldern, die wir unseren europäischen Unionsbrüdern bereit stellen.

    Die Welt muss romantisiert werden! - Novalis

  • Nur mal zum Vergleich: der Afghanistan-Einsatz kostete den Steuerzahler nach offiziellen Zahlen 2010 935 Millionen Euro (Quelle: Wikipedia, jedoch laut Fußnote beruhend auf einer Bundesdrucksache, was auch nachgelesen werden kann). Die realen Kosten und Folgekosten sind wahrscheinlich noch erheblich höher. Klar, Äpfel und Birnen, kann man da sagen, aber man muss sich schon fragen, worauf ein Land seine Prioritäten legt. Kultur ist offenbar uncool.

  • Zitat

    „Zusätzlicher Aufwand
    müsste durch Spendengelder finanziert werden.“

    War doch klar. Wenn es um solche Dinge geht, kann man auf den Staat pfeifen. Das müssen die Bürger schon selbst anpacken. Das Schloss wird ja, wohl auch wegen der Größe, gern und oft mit der Dresdener Frauenkirche verglichen. Bei der Kirche flossen die Spenden auch erst so richtig nach deutlchem Baufortschritt. Und ich bin fest davon überzeugt, daß das in Berlin mindestens genauso gut funktioniert. Berlin hat mehr Freunde als Dresden und deutlich mehr Besucher. Das mit der Kuppel und den Portalen wird schon klappen. :thumbup:

    Zitat

    „Wir wollen sicherstellen, dass spätere
    Nachbesserungen möglich sind. Die Statik soll so sein, dass die vollständige
    Rekonstruktion später darauf aufbauen kann.“

    Eben. Das hört sich, meiner Meinung nach, gar nicht so schlecht an. - Die Einnahmen aus der Humboldt-Box, plus die ein oder andere Großspende und schon ist die Sache gelaufen.

  • Kultur ist offenbar uncool.


    Hinzu kommt, dass die weitgehende Rekonstruktion der Schlossfassaden, speziell unter unseren Werktätigen in der Kreativwirtschaft, nicht gerade auf große Gegenliebe stößt. Hier hätte die Schöpfung eines echten "Stararchitekten" von internationalem Schrot und Korn sicherlich eine größere Lobby.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Zitat

    Grünes Licht für [lexicon='Berliner Schloss'][/lexicon]
    Seit zwei Jahrzehnten wurde über den Wiederaufbau gestritten, nun hat der Bundestag endgültig grünes Licht für [lexicon='das Berliner Schloss'][/lexicon] gegeben. Die Abgeordneten stimmten mit überwältigender Mehrheit dem Kostenanstieg um 38 Millionen Euro zu.

    Zitat

    ...überwältigende Mehrheit für ein Jahrhundertprojekt: Der Haushaltsausschuss des Bundestags gab am Mittwoch endgültig grünes Licht für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses - allerdings mit einer kahlen Kuppel. Bis auf die Linken stimmten alle Fraktionen einem Kostenanstieg um 38 Millionen Euro zu. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa von Teilnehmern...

    Jahrhundertprojekt: Grünes Licht für Berliner Schloss - Hintergründe - Politik - FAZ.NET

    Die Kuppel kommt auch in alter Form. Wenn der Anfang erst gemacht ist, kommt sicher noch der eine oder andere Mäzen oder Konzern mit ins Boot.

  • Ich habe mir mal die "Leser-Kommentare" auf "Spiegel Online" angeschaut. Abgesehen mal davon, daß die Häufung bestimmter Negativhaltungen zu der Einschätzung verleitet, daß bestimmte politische und gewerbliche Lobbygruppen ihre Anhängerschaft etwas mobilisiert haben dürften, kehrt ein "Argument" immer wieder hervor. Man versucht das Schloß über das Kosten-Argument madig zu machen. Dabei wird indes verschwiegen, dass aktuelle moderne Bauprojekte bisweilen teurer, mindestens aber in Reichweite des Schloßneubaus gelangen. Man denke beispielsweise an den BND-Neubau (siehe hier), der 720 Millionen Euro kostet (Gesamtkosten gar 1,5 Milliarden). Mit Stuttgart 21, das ja mehrere Milliarden Euro kostet, ist das Projekt zudem überhaupt nicht vergleichbar. Gelder werden an anderen Stellen in viel größerem Umfang ausgegeben, ohne dass die hiesige Allgemeinheit davon einen erfahrbaren Nutzen hätte. Beispiel Afghanistan-Einsatz, der insgesamt wohl bis zu 47 Milliarden Euro kosten wird (siehe hier). Auch über die Kosten von Bau und Betrieb der Humboldt-Box (immerhin 15 Millionen Euro) streiten sich diese Leute kaum. Man sieht, dass das Kostenargument nur ein vorgeschobenes Scheinargument ist, um bei einigen unkritischen und kulturell ignoranten Bürgern besser punkten zu können. Die selben Leute würden mit der Achsel zucken, wenn an die selbe Stelle ein Neubau mit Strichcode- statt Barockfassade käme. Die wirkliche Ursache dieser Scheinargumente, das liest sich auch an diesen "Leser-Kommentaren", die ja bisweilen auch mal offen auf das Thema Preußen und Monarchie kommen, ist ein tiefsitzender Hass auf die deutsche Geschichte, mindestens auf jene vor 1945. Das Schloß, wie auch Rekonstruktionen allgemein, sollen aus rein politisch-ideologischen Gründen verhindert werden. Koste es, was es wolle. Die Rekonstruktionen im Zentrum der Großstädte erinnern positiv und unbefangen an die Geschichte eines Volkes, der man sich eigentlich allenfalls ablehnend oder mit Büßermine zu nähern habe. Teils vermengt sich das alles noch mit dem Ressentiment alter DDR-Nostalgiker, die in jenem Stadtbezirk noch häufig zu finden sind und sich immer noch nicht mit ihrem historischen inneren Zusammenbruch abfinden wollen. Dieses Ablehnungsmuster von bestimmten politischen Aktivisten (der Linken) begegnet einem immer wieder mal. Erst dieses Jahr äußerte mir gegenüber ein junger Gegner der Altstadtrekonstruktion in Frankfurt ganz unverblümt die Ursache seiner teils wirren und fachlich unrichtigen Anti-Argumente: "Jeder Bau ist zuerst einmal ein Symbol."...

  • Meiner Auffassung nach ist es keineswegs zutreffend die kritischen Stimmen allesamt und ausschliesslich dem linken Lager zuzuordnen. Schon allein Anzahl der Kommentatoren auf den Leserforen bei FAZ und SPON lässt zweifeln, dass es sich hier allein Anhänger der „Linken“ handelt.

    Die Gegnerschaft der Schlossrekonstruktion ist durchaus heterogen. Dort befinden sich auf der einen Seite des Spektrums sicherlich das Antifa-Mitglied und auf der anderen Seite ein hippes, der FDP nahe stehendes Architektenpärchen. Mittendrin der deutsche Michel, dem nach Jahren des Gürtel-enger-schnallens ein wenig schwindlig geworden ist, bei all den Millionen- und Milliardenbeträgen, welche seit der Finanzkrise als Rettungspakte um den Globus transferiert wurden.

    Auch wenn bei einigen Linken ein ausgeprägter, das eigene Land betreffender Selbsthass zu konstatieren ist, halte ich dieses nicht für das grundsätzliche Problem. Schwerer wiegt eine weit verbreitete geschichtskulturelle Ignoranz, welche sich durch alle politischen und gesellschaftlichen Schichten zieht.

    Nur so ist z.B. zu erklären, dass zu bauende Autobahnkilometer gegen die Rekonstruktion des Schlosses aufgewogen werden!

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)