• Ohne jetzt "Zeno" persönlich in die Enge treiben zu wollen (im Gegenteil, ich bin oft dankbar und interessiert an seinen Fotografien), muss ich dem "Münchner" hier in gewisser Weise recht geben. Diese Fixierung auf die Altstädte gehört für mich zu dem oft gehörten Argument, dass es in bestimmten "verhunzten" Quartieren doch ohnehin "egal" sei, was dort noch gebaut würde, sich dort die Modernisten "ruhig mal austoben" dürften (als ob sie das nicht ohnehin machen könnten). Man will also geschätzte 95 Prozent der Bevölkerung in ihrem Lebensumfeld einer teils modernistisch geprägten Stadtgestaltung überlassen, um im Gegenzug eine möglichst reine Traditionsinsel zu bewahren, die dann von dieser Bevölkerung vielleicht sonntags zum Kaffeetrinken besucht werden kann. Wie gesagt, ich bin für die Erhaltung bzw. Rekonstruktion von Altstadt-Zentren, da sie Identitäts-Symbole darstellen, aber hinsichtlich des sozialen und ästhetischen Auftrags ist mir das einfach zu wenig. Es geht schon um´s Ganze.

  • Das mit dem weitgehend leer stehenden Schwabencenter wundert mich nicht weiter. War dort (außer vorbeigefahren) seit den 70er Jahren nicht mehr. Dafür gibt es ja genug Einkaufsmöglichkeiten weiter draußen und eben die City-Galerie, die sicherlich auch dem Stadtzentrum ein wenig arg Konkurrenz macht.
    Die Hochhäuser vom Schwabencenter sind auch mit der Hauptgrund für diese fürchterlich hohen Vermauerungen der Bahnstrecke (vom Zug aus sieht man die Hochhäuser nicht mehr), die ich persönlich so krank finde wie wenig anderes, die Mauern mehr als diese Hochhäuser...

  • Ich denke es ist auch immer ein Unterschied, ob man aus der Ferne meckert, oder ob man sich vor Ort auskennt. Ich kenne Augsburg aus verwandtschaftlichen Gründen recht gut und muss sagen, dass mir die Existenz den Schwabencenters und der Hochhäuser gar nicht bewußt war. Diese "Bausünde" beeinträchtigt das Stadtbild wenn überhaupt nur marginal. Wer natürlich gezielt nach so was sucht, wird sich mit Grausen von jeder Großstadt abwenden, nicht nur in Deutschland.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Es geht schon um´s Ganze


    So sehe ich das auch. Natürlich haben die kriegzerstörten oder städteplanerisch verhunzten Innenstädte Priorität. Aber Städte wachsen nunmal über die Jahrzehnte und daher macht es aus meiner Sicht keinen Sinn, wenn 90 Prozent der Bevölkerung in Kuben und Kisten wohnen sollen und es 10 Prozent "Privilegierte" gibt, die sich ihre schöne Umgebung dann auch noch mit den Touristen und Stadtbummlern teilen sollen. Viertel wie die Dresdner Neustadt oder München Neuhausen waren früher auch mal Stadtrand. Es hätten seit 1945 theoretisch in jeder Stadt ein halbes Dutzend schöner neuer Stadtviertel entstehen können. Ist aber nicht passiert.

    " Dem Wahren, Schönen, Guten "

  • Das ist aber ein eindeutiger Widerspruch.

    Sehe ich nicht so :biggrin: . Der Teil der Stadt, der sich zu kennen lohnt, ist mir durchaus bekannt. Warum hätte ich das Schwabencenter je aufsuchen sollen, wenn man sich in der riesigen Altstadt so schön verweilen kann?


    Es hätten seit 1945 theoretisch in jeder Stadt ein halbes Dutzend schöner neuer Stadtviertel entstehen können. Ist aber nicht passiert.

    Wer sagt denn, das das nicht passiert sollte? Wir sehen das heute nur anders als damals. Damals wollten die Menschen in solchen Kuben leben. Was heute soziale Brennpunkte sind, waren in den 70ern begehrte Wohnviertel, während die Brennpunkte von damals heute eher "hip" sind. Jede Zeit hat einen anderen Blick auf ihre Wohnverhältnisse.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Das Wieselhaus hat zumindest eine angemessene Nutzung, wenn mir auch - wie schon mal geschrieben - ein Fugger-Welser-Museum in einem Fugger- oder Welserhaus logischer erschienen wäre. Am besten wäre es natürlich gewesen, wenn man das Welserhaus in der Karolinenstraße rekonstruiert und die erhaltene Kapelle dort wieder eingebaut hätte und wie früher als (Museums-)Cafe genutzt. Das wärs... Und das von-Stettenhaus rekonstruieren und wieder wie früher als angessenen Ort für das Naturkundemuseum nutzen...und und und...

  • Eines der Augsburger Sorgenkinder.

    „Das Gignoux-Haus hat nach langer Hängepartie einen neuen Besitzer. Damit wächst die Hoffnung auf eine Sanierung. Doch über die Pläne des Investors ist noch nichts bekannt“
    Problem-Immobilie – Jetzt ist das Herz der Altstadt verkauft
    http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Probl…id29622866.html
    April 2014

    Neuer Besitzer für das Gignoux-Haus
    http://www.stadtzeitung.de/nachrichten/au…us;art478,11629
    April 2014

    Neunjährige soll Gignoux-Haus erben:
    http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Neunj…id21953611.html
    Sept. 2012


    2009

    Weiß nicht ob im Internet dazu etwas Neueres zu finden ist...
    Offenbar besteht Anlass zur Sorge, dass dieses wertvolle Gebäude noch weiter verkommt...

  • Schön, dass die Synagoge in Kriegshaber endlich saniert ist. Wermutstropfen ist natürlich wie immer der Narbenkult, der ja in Deutschland bis zur Selbstzerfleischung betrieben wird. Durch die "Konservierung" der Decke raubt man dem Raum viel von seiner früheren Würde und Schönheit. In den vergangenen Jahren scheint sie auch aussen schon mal einen Anstrich erhalten zu haben, Wenn ich mich erinnere hatte sie in meiner Kinder- und Jugendzeit ein schmutzig-gelbliches Aussehen. Mir ist das Gebäude tatsächlich schon als Kind aufgefallen, meine Verwandten wohnten ein paar Straßen weiter. Der Ortskern von Kriegshaber hat sich leider anscheinend kaum verändert. So desolat sah es da schon vor 35 Jahren aus. Da wäre auch mal eine Sanierung vonnöten.
    So scheint es zur Zeit dort auszusehen:
    http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%…oge%2014050.jpg

    http://presse-augsburg.de/wp-content/upl…te-synagoge.jpg

    Wurde eigentlich schon mal die Synagoge in der Halderstraße thematisiert?
    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…rg_Synagoge.jpg

    http://www.jkmas.de/wp-content/upl…leinansicht.jpg

    http://www.jkmas.de/wp-content/gal…-02/jkm-202.jpg

    http://www.jkmas.de/wp-content/gal…-02/jkm-025.jpg

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Noch ein Artikel vom Februar 2014 aus der Augsburger Allgemeine.

    Hoffnung für Problem-Immobilien
    Etliche Gebäude in Augsburg stehen seit Jahren leer und verfallen. Oft leidet der Eindruck ganzer Viertel.


    Schmiedberg 6

    Zitat

    Unbekannte haben den Schriftzug „Na, das ist ja ganz bezaubernd“ an die Fassade gesprayt – bezaubernd ist der Anblick des Gebäudes zwischen Schmied- und Leonhardsberg aber nicht. Pläne, das zu ändern, gab es reichlich.

    Die einzig sinnvolle Lösung ist wegreißen, der Bau gehört eh zu den größten Katastrophen weit und breit, da nützt doch alles nichts. Man könnte ja eine kleine Parkanlage dort anlegen, auf eine „zeitgemäße“ Neubebauung kann ich getrost verzichten.

    Schmiedberg 6


    rechts Schmiedberg 6, in der Bildmitte der Prachtbau der Handwerkskammer, quer durchlaufend die nach 1945 durch die Altstadt durchgelegte W-O-Straße (hier Leonhardsberg), vorne der vor 1944 noch dicht bebaute Altstadtbereich und jetziger Platz Hinter der Metzg.


    Links der östliche Teil von Schmiedberg 6, der 3 historische Bürgerhäuser nördlich stark beschattet und allein schon deshalb weggehört.
    Rechts der ehem. Domkapitelhof Hinter der Metzg 12.


    Augusta-Arcaden

    Zitat

    Die Tage der Augusta-Arcaden sind gezählt, zumindest wenn es um die Einkaufspassage geht. Die meisten Läden stehen ohnehin leer, die Rolltreppen sind längst abgestellt. Im vergangenen Jahr überraschte Roy Walter, Vorstand der Walter Beteiligungen und Immobilien AG und Sohn des Eigentümers Ignaz Walter, mit der Ankündigung, die Arcaden zu einem Parkhaus umzubauen. Auch ein Supermarkt solle einziehen. Vier Monate sind seitdem vergangen. Auf Anfrage bestätigte Walter, dass die Planungen noch aktuell seien. 70 Stellplätze sind vorgesehen, ein Teil davon öffentlich. Derzeit verhandle man mit zwei möglichen Betreibern eines Supermarktes. Zum weiteren Verlauf und Baubeginn machte er keine Angaben. Drei bis fünf Millionen Euro würde der Umbau kosten.

    Auch hier gibt es eigentlich nur eine sinnvolle Lösung: Das 6-stöckige Gebäude, eine der größten Bausünden im Altstadtbereich, wegreißen und statt dessen das Höchstetterhaus (mit erhaltenem Erker), eines der bedeutendsten und schönsten alten Bürgerhäuser im Vorkriegs-Augsburg wiederaufbauen. Am besten gleich mit dem von-Stettenhaus. Das wäre mal Stadtbildreparatur auf höchstem Niveau.


    Augusta-Arcaden


    Quelle: Großdiathek der Universität Halle-Wittenberg


  • Auch hier gibt es eigentlich nur eine sinnvolle Lösung: Das 6-stöckige Gebäude, eine der größten Bausünden im Altstadtbereich, wegreißen und statt dessen das Höchstetterhaus (mit erhaltenem Erker), eines der bedeutendsten und schönsten alten Bürgerhäuser im Vorkriegs-Augsburg wiederaufbauen. Am besten gleich mit dem von-Stettenhaus. Das wäre mal Stadtbildreparatur auf höchstem Niveau.

    Tolle Idee, "Markus". Unterstütze ich sofort. :daumenoben:

  • Das "Problem" an Städten wie Augsburg ist, dass es schöne Städte sind, immer noch. Rekos haben es da schwerer als im plattgebombten Dresden oder in Frankfurt. Einem Reko-Haus steht eine große Menge "authentischer" Bausubstanz gegenüber. Zu rekonstruieren sind da meist nur besonders herausragende Ensemble oder Einzelgebäude, wenn überhaupt. Gab es in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] beispielsweise eine einzige Rekonstruktion von Grund auf?

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Nun, leider wird es da weder eine Reko noch eine historisierende Bauweise geben. Ein Investor aus Dubai, der den hässlichen Kasten nur entkernen und als Hotel neu betreiben will. Wahrscheinlich wird die Fassade auch noch etwas modern überformt, aber eine Verbesserung ist an dieser Stelle in Augsburg nicht zu erwarten.

    " Dem Wahren, Schönen, Guten "

  • Muss mal eben etwas weiter zurückgehen, Bilder vom Mai 2014. Ich frage mich immer wieder, was Architekten mit diesen seltsamen kassenbonartigen Strichcode-Fenstern erreichen wollen? (Heilig-Kreuz-Straße, Kohlergasse, Bilder von Zeno 1. Mai 2014). Mir scheint es manchmal, sie wollten unbedingt einen "eigenen Stil" entwickeln und haben eine ungeheure Angst davor, auf den über 2000 Jahre lang bewährten formensprachlichen Reichtum europäischer Architektur zurückzugreifen weil sie dann als "rückwärtsgewandt" oder ähnliches gebrandmarkt würden. Dieses System arbeitet mit Ausgrenzung und Diffamierung, auch in der heutigen "Baukunst" (welch Hohn, dieser Begriff) sieht man das ganz deutlich. Daher scheinen sie krampfhaft auf Teufel komm raus etwas "Neues" entwickeln zu wollen, Motto: "Auffallen um jeden Preis". Egal wie hässlich, egal wie absurd, egal wie unnötig bis hin zu stadtbildschädigend, Hauptsache es war noch nie vorher da.

    Indem ich Fenster wie ein Betrunkener wahl- und planlos anordne, und wild durcheinanderwerfe ohne Sinn und Verstand, erschaffe ich nichts wirklich Neues. Ein neuer Stil ergibt sich nicht, indem man ihn verbissen erzwingen will. Es kommen dann eben nur Kassenbon-Fenster dabei heraus, die rein gar nichts aussagen sondern nur das Stadtbild schädigen. Mit Kunst hat "Erzwingen wollen" nichts zu tun.

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Zitat

    Die Stadt Augsburg habe weder einem Abriss des Gebäudes noch größeren Veränderungen der Fassade zugestimmt.
    Dass die Stadt an dieser Stelle genau hinschaut, bestätigt Amtsleiter Sterz. Das Gebäude stehe nicht nur unter Ensemble-Schutz. (...) Das ehemalige Haus von Möbel Hess stehe an einem markanten Eingang zur Innenstadt. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei es von dem namhaften österreichisch-deutschen Architekten Raimund von Doblhoff geplant worden.
    Von Doblhoff spielte eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau der Stadt Augsburg, etwa bei den historischen Fuggerhäusern und der Fuggerei. Er habe auch moderne Architektur auf der Höhe seiner Zeit geschaffen, sagt Schulz. Aus all diesen Gründen es wichtig, bei der Modernisierung des Gebäudes strenge architektonische Maßstäbe anzulegen.

    Wenn ich mir dieses Gebäude optisch anschaue, kann ich nur hoffen, dass sich der Investor viel Zeit lässt, noch viele Fenster sich lockern (dabei natürlich keine Schäden bei Dritten verursachen), das Dach undicht wird usw. In diesem Fall würde ich mich mal freuen, wenn der Investor zu dem Ergebnis kommt, dass eine Sanierung finanziell nicht mehr zuzumuten sei und der "Schandfleck" deshalb nur abgerissen werden kann. Was nämlich in Süddeutschland bei Fachwerk- und in NRW bei Historismusgebäuden so gut funktioniert, sollte doch auf solch eine üble Nachkriegskiste übertragbar sein können.